6.1 Eigenwert, Eigenraum, Eigenvektor
Definition 6.1. Es sei V ein Vektorraum und f : V → V eine lineare Abbildung. Ist λ ∈ K und v ∈ V mit v 6= 0 und f (v ) = λv gegeben, so heißt die Zahl λ Eigenwert (EW) von f , und v heißt Eigenvektor (EV) von f . Spricht man von Eigenwerten bzw.
Eigenvektoren einer Matrix A ∈ K
n×n, so meint man die Eigenwerte/Eigenvektoren der durch A induzierten Abbildung f
A(v) = Av. Zu einem gegebenen Eigenwert λ heißt U = {v ∈ V | f(v) = λv} Eigenraum zum Eigenwert λ, und man schreibt U = Eig(f, λ) bzw. U = Eig(A, λ).
Beispiel 6.2.
Satz 6.3. Der Eigenraum Eig(f, λ) einer linearen Abbildung f : V → V zu einem Eigenwert λ ∈ K ist ein Untervektorraum von V .
Beweis.
6 Eigenwerte und Eigenvektoren
Satz 6.4. (i) Eine Zahl λ ist Eigenwert einer Matrix A, genau dann, wenn det(A − λ · E
n) = 0.
(ii) Der Ausdruck det(A − λE
n) ist ein Polynom in λ und heißt charakteristisches Polynom von A und wird mit χ
A(λ) = det(A − λE
n) bezeichnet.
(iii) Es gilt χ
A(λ) = (−λ)
n+ Spur(A)(−λ)
n−1+ · · ·+ det(A). Hier bei ist die Spur einer Matrix Spur(A) = P
ni=1
a
iidie Summe ihrer Diagonalelemente.
Beweis.
Beispiel 6.5.
Definition 6.6. In der Zerlegung χ
A(λ) = Q
rk=1
(λ − λ
k)
mkdes charakteristischen Po- lynoms in Linearfaktoren (in C , alternativ in lineare und quadratische Faktoren in R ) sind λ
kdie Eigenwerte von A, und m
kist die algebraische Vielfachheit des Eigenwerts λ
k.
Satz 6.7. Es sei A ∈ K
n×neine Matrix mit dem Eigenwert λ.
(i) Der Eigenraum Eig(A, λ) ist die L¨ osungsmenge des linearen Gleichungssystems (A − λE
n)x = 0. Das heißt, der Eigenraum ist der Kern der Abbildung f
A−λEn. (ii) Die Dimension des Eigenraums Eig(A, λ) ist q = Dim(Eig(A, λ) = n − Rang(A −
λE
n). Die Zahl q heißt geometrische Vielfachheit des Eigenwerts λ.
Beweis.
Beispiel 6.8.
Satz 6.9. (i) Die geometrische Vielfachheit eines Eigenwert ist immer kleiner gleich seiner algebraischen Vielfachheit.
(ii) Sind λ
1, . . . , λ
rverschiedene Eigenwerte einer Matrix A und v
1, . . . , v
rzugeh¨ orige Eigenvektoren, so ist die Menge {v
1, . . . , v
r} linear unabh¨ angig.
Beispiel 6.10.
6.2 Basiswechsel und Diagonalisierbarkeit
Definition 6.11. Zwei Matrizen A, B ∈ K
n×nheißen ¨ ahnlich, wenn einer regul¨ are Matrix T existiert, so dass
AT = T B, bzw. A = T BT
−1, bzw. B = T
−1AT.
Satz 6.12. Zueinander ¨ ahnliche Matrizen haben das gleiche charakteristische Polynom, und damit die gleichen Eigenwerte.
Beweis.
Satz 6.13. Ist A die Darstellungsmatrix einer linearen Abbildung f : K
n→ K
nin der
kanonischen Basis E
n= (e
1, e
2, . . . , e
n), so ist die Matrix B
−1AB die Darstellungsmatrix
von f in der Basis B = (b
1, b
2, . . . , b
n). Mit der Schreibweise B = (b
1, b
2, . . . , b
n) ist
einerseits die geordnete Basis mit den Vektoren b
1, . . . , b
n, und andererseits die Matrix
mit den Spalten b
1, . . . , b
ngemeint.
6 Eigenwerte und Eigenvektoren Beispiel 6.14.
Definition 6.15. Eine Matrix A ∈ K
n×nheißt diagonalisierbar, wenn es eine Matrix B ∈ K
n×ngibt, so dass B
−1AB eine Diagonalmatrix ist, d.h., wenn diese Matrix nur auf der Diagonalen Eintr¨ age ungleich Null hat (a
ij= 0 f¨ ur i 6= j ).
Satz 6.16. (i) Eine Matrix A ist diagonalisierbar, genau dann, wenn eine Basis des K
naus Eigenvektoren von A existiert. Die Matrix B ist dann die Matrix, die entsteht, wenn man als Spalten die Basisvektoren nimmt (vgl. Satz 6.13).
(ii) Es existiert eine Basis aus Eigenvektoren von A, wenn die geometrische Vielfach- heit jedes Eigenwerts gleich seiner algebraischen Vielfachheit ist.
Beispiel 6.17.
Definition 6.18. Eine Matrix A ∈ C
n×nheißt hermitesch, wenn ¯ A
>= A (d.h. a
ij= ¯ a
jif¨ ur i 6= j ) ist. Eine Matrix A ∈ R
n×nheißt symmetrisch, wenn A
>= A ist (d.h. reelle hermitesche Matrizen sind symmetrisch).
Satz 6.19. (i) Hermitesche Matrizen besitzen nur reelle Eigenwerte.
(ii) Aus a) folgt, dass das charakteristische Polynom einer reellen symmetrischen Ma- trix in Linearfaktoren zerlegt werden kann.
(iii) Sind λ, µ zwei verschiedene Eigenwerte einer symmetrischen Matrix, so sind die
zugeh¨ origen Eigenvektoren zueinander senkrecht.
Satz 6.20. Ist A ∈ R
n×nsymmetrisch, so existiert eine Orthonormalbasis B, so dass die Darstellungsmatrix BAB
−1der Abbildung f
Abez¨ uglich der Basis B eine Diagonalmatrix ist. Ist B eine Orthonormalbasis, so ist B
−1= B
>.
Beispiel 6.21.
Bemerkung 6.22 (Vgl. Aufgaben V 9.3, S 9.6a)). Es sei A ∈ K
n×neine Matrix, D = diag(d
1, d
2, . . . , d
n) ∈ K
n×nsei eine Diagonalmatrix, und B ∈ K
n×nsei invertierbar, so dass A = BDB
−1gilt. F¨ ur nat¨ urliche Zahlen k ∈ N ist die k-te Potenz einer Matrix definiert als A
k= Q
ki=1
A = A · A · · · · · A, und A
0= E
n. Damit kann man Matrizen in Polynome und in Potenzreihen einsetzen. Insbesondere ist exp(A) = P
∞k=0 1 k!