Brustkrebs: Sind Anthrazykline in der neoadjuvanten Therapie unnötig?
Die Primäranalyse der TRAIN-2-Studie hat eine hohe Rate an Komplettremissionen nach neoadjuvanter Chemotherapie mit und ohne Anthrazykline unter doppelter ERBB2-Blockade ergeben.
Nun liegt die Sekundäranalyse nach drei Jahren vor.
I
n der TRAIN-2-Studie haben niederlän- dische Brustkrebsspezialisten unter- sucht, welche Folgen der Verzicht auf An- thrazykline in der neoadjuvanten Brust- krebstherapie hat. Dazu erhielten 438 Patientinnen mit ERBB2-positivem Mammakarzinom im Stadium II oder III, entweder drei Zyklen mit Epirubicin, Flu- orouracil und Zyklophosphamid, gefolgt von sechs Zyklen mit Paclitaxel und Car- boplatin – oder unter Verzicht auf Anth- razykline neun Zyklen mit Paclitaxel und Carboplatin. Beide Gruppen standen zu- dem unter doppelter ERBB2-Hemmung mit Trastuzumab und Pertuzumab.Die Erstanalyse der TRAIN-2-Ergeb- nisse hatte eine hohe Rate kompletter Re- missionen in beiden Gruppen ergeben, sie lag bei 67 % oder 68 % in der Gruppe mit oder ohne Anthrazyklin in der neo- adjuvanten Therapie. In der Sekundär- analyse, die einen Zeitraum von drei Jah- ren seit der Randomisierung überblickt, ging es um das Gesamt- und das ereignis- freie Überleben, wobei die Tumorpro- gression bis zur Inoperabilität, Rezidive, sekundäre Primärmalignome und Tod als Ereignisse gezählt wurden.
Die Ereignisrate betrug 10,5 % in der Gruppe mit und 9,6 % in der Gruppe
ohne Anthrazykline. Die 3-Jahres-Raten für das ereignisfreie Überleben wurden auf 92,7 % und 93,6 % taxiert. Für das Gesamtüberleben ergaben sich Anteile von 97,7 % und 98,2 %. Ein statistisch si- gnifikanter Unterschied bestand nicht.
Fazit: Der Verzicht auf Anthrazyklin in der neoadjuvanten Therapie von ERBB2- positivem Brustkrebs birgt keine Nach- teile für die Rate an Komplettremissio- nen, ereignisfreies und Gesamtüberleben.
Die Forscher betonen aber, die Teststärke der Studie sei nicht dafür ausgelegt gewe- sen, Unterschiede im ereignisfreien und Gesamtüberleben aufzudecken. Ihre Be- funde seien deshalb als deskriptiv zu ver- stehen. Dr. Robert Bublak
van der Voort A et al. Three-Year Follow-up of Neoadjuvant Chemotherapy With or Without Anthracyclines in the Presence of Dual ERBB2 Blockade in Patients With ERBB2-Positive Breast Cancer. A Secondary Analysis of the TRAIN-2 Randomized, Phase 3 Trial. JAMA Oncol 2021;
7:978-84
Wie schädlich sind Mammakarzinom-Therapien fürs Herz?
Die Überlebensrate bei Brustkrebs steigt, gleichzeitig können die Therapien das Herz schädigen. Eine Studie, in der verschiedene Behandlungen daraufhin verglichen wurden, kam zu einem überraschenden Ergebnis.
M
it der zunehmenden Lebenserwar- tung von Brustkrebspatientinnen rücken langfristige Nebenwirkungen von Krebsbehandlungen immer mehr in den Fokus. Sowohl Bestrahlung als auch Che- motherapie können Kardiotoxizität indu- zieren, sodass oft Jahre nach der Krebsdi- agnose kardiovaskuläre Erkrankungen festgestellt werden.An einer einschlägigen Studie aus den USA nahmen mehr als 200 Patientinnen mit Mammakarzinomen teil, die bereits mindestens sechs Jahre behandelt wor- den waren und zum Zeitpunkt der Dia- gnose keine kardiovaskulären Erkran- kungen gehabt hatten. Sie wurden je nach Therapie in vier Gruppen einge- teilt: kardiotoxische linksseitige Be- strahlung (31,5 %), kardiotoxische anth- razyklinbasierte Chemotherapie (16 %),
beides (8,5 %) oder keine kardiotoxische Behandlung (44 %).
Primärer Endpunkt waren präklini- sche oder klinische kardiovaskuläre Er- krankungen. Um das zu untersuchen, wurden die Patientinnen jeweils einer Elektrokardiografie (EKG), einer Stress- Echokardiografie (TTE) und einer CT- Koronarkalkmessung (CAC-CT) unter- zogen.
Bei 76 % der Frauen stellten die Medi- ziner präklinische und/oder klinische und bei 52 % klinische kardiovaskuläre Erkrankungen fest. Mithilfe der EKG ent- deckten sie 27 % aller und 10 % der klini- schen Erkrankungen, bei der TTE unter Belastung 50 % und 25 % sowie bei der CAC-CT 51 % und 46 %. Zwischen den Gruppen wurde jedoch kein statistisch signifikanter Unterschied festgestellt.
Die Rate der kardiovaskulären Er- krankungen unter den Studienteilneh- merinnen war unerwartet hoch. Selbst in der Gruppe, die sich keiner Hochrisi- kobehandlung unterzogen hatte, zeigte sich eine hohe Inzidenz. Diese Frauen hatten rechtsseitige Bestrahlung, niedrig dosierte (< 300 mg) und nicht anthrazy- klinbasierte Chemotherapien, eine Tras- tuzumab-Behandlung, Hormontherapi- en oder eine alleinige Operation erhal- ten. Möglicherweise erhöhe allein die Tatsache, dass jemand Brustkrebs über- lebt hat, das kardiovaskuläre Risiko, ver- muten die Forscher.
Fazit: Ein langfristiges Screening auf kardiovaskuläre Erkrankungen für eine breitere Gruppe von Brustkrebs- überlebenden könnte wertvoller sein als bisher angenommen. Die drei in der Studie angewandten bildgebenden Ver- fahren seien für ein weit verbreitetes Screening geeignet, so die Studienauto-
ren. Joana Schmidt
Puckett LL et al. Cardiotoxicity screening of long-term, breast cancer survivors—The CAROLE (Cardiac-Related Oncologic Late Effects) Study. Cancer Med 2021;10:5051-61
Literatur kompakt
20 gynäkologie + geburtshilfe 2021; 26 (5)