• Keine Ergebnisse gefunden

Archiv "Unzureichende Qualität patientennaher Glucosebestimmungen: Ringversuche offenbaren erhebliche Unterschiede zwischen den benutzten Geräten" (19.09.2003)

N/A
N/A
Protected

Academic year: 2022

Aktie "Archiv "Unzureichende Qualität patientennaher Glucosebestimmungen: Ringversuche offenbaren erhebliche Unterschiede zwischen den benutzten Geräten" (19.09.2003)"

Copied!
2
0
0

Wird geladen.... (Jetzt Volltext ansehen)

Volltext

(1)

M E D I Z I N

A

A2454 Deutsches ÄrzteblattJg. 100Heft 3819. September 2003

D

ie Glucose ist die meistbestimmte Kenngröße in der Klinischen Che- mie. Ihre Analytik in Körperflüs- sigkeiten hat über einen ersten simplen Nachweis mithilfe des Geschmackssin- nes und unspezifischen Reduktionsme- thoden heute durch die Verwendung von spezifischen Enzymen eine hohe Zuver- lässigkeit erreicht. In Ringversuchen werden bei der enzymatischen Glucose- bestimmung in vollmechanisierten Ana- lysegeräten geringe Streuungen der Er- gebnisse mit Variationskoeffizienten un- ter 5 Prozent beobachtet.

Neben den Glucosebestimmungen mit Laboranalysegeräten sind im großen Umfang Messverfahren im Gebrauch, die im Rahmen eines „point of care testing“ (POCT) von medizinischem Personal oder zur Selbstkontrolle durch den Patienten eingesetzt werden (2).

Diese Messverfahren (Teststreifen-Me- thoden) beruhen in der Regel auf dem enzymatisch-amperometrischen Prinzip mit immobilisierter Glucoseoxidase oder auf der reflektionsphotometrischen Messung eines oxidierten Chromogens und umfassen ein großes wirtschaftliches Volumen mit einem Gesamtumsatz auf dem europäischen Markt im Jahre 2002 von circa 500 Millionen Euro.

Die Qualitätskontrolle der Glucose- bestimmung ist durch das Medizinpro- duktegesetz über die Richtlinie der Bun- desärztekammer zur Qualitätssicherung quantitativer laboratoriumsmedizini- scher Untersuchungen geregelt (4). Auf- grund der seit dem 1. Januar 2002 gülti- gen Richtlinien ist es erforderlich, dass in Krankenhäusern auch POCT-Geräte für die Glucosebestimmung an Ringversu- chen teilnehmen müssen (1, 5), sofern

die interne Qualitätssicherung nicht in der Verantwortung eines Zentrallabora- toriums durchgeführt wird. Obwohl in den kommerziellen POCT-Geräten Glu- cose aus unterschiedlichen Komparti- menten (beispielsweise Plasma, Plasma- wasser, Hämolysat) gemessen wird und von den Herstellern in der Regel keine definierten Angaben über die Volumen- bezugsgröße der ermittelten Konzentra- tionsergebnisse gemacht werden, gilt Glucose im Vollblut als die zu prüfende Messgröße im Sinne der Richtlinien (3).

Hier schreiben die Richtlinien vor, dass als Zielwert der Ringversuchsergebnisse ein Referenzmethodenwert zugrunde gelegt werden muss.

Laboranalysegeräte genauer

Die Auswertung der Ringversuchser- gebnisse auf dieser Basis ergab im Jah- re 2002 einen hohen Anteil von Ring- versuchsteilnehmern, die das Ziel nicht erreicht hatten: Im 1. Quartal 2002 wa- ren 65,2 Prozent der Messungen fehler- haft. Die hohe Durchfallquote und der dadurch bedingte Unmut der Ringver- suchsteilnehmer und Gerätehersteller hat die Ringversuchsorganisatoren be- wogen, in Absprache mit der Bundes- ärztekammer in den folgenden Ring- versuchen verfahrensabhängige Soll- werte als Zielwerte bei der Auswertung der Ringversuchsergebnisse heranzu- ziehen. Auf diese Weise wurden die

Durchfallquoten auf circa 15 Prozent gesenkt.

Ein Vergleich der Glucose-Ringver- suchsergebnisse, die in POCT-Geräten erstellt wurden, mit denen, die in Labor- analysegeräten gemessen worden sind, zeigte in den Ringversuchen des Jahres 2002 einen deutlichen Qualitätsunter- schied. So war die Streuung der mitge- teilten Glucose-Ringversuchsergebnisse bei POCT-Geräten (Variationskoeffizi- ent: 16,3 bis 24,8 Prozent) wesentlich größer als bei Laboranalysegeräten (Va- riationskoeffizient: 6,1 bis 8,0 Prozent).

Starke Abweichungen wurden vor allem zwischen den Ringversuchsergebnissen der verschiedenen POCT-Kollektive, die verschiedene Geräte benutzten, gefun- den. Die niedrigsten und höchsten Medi- ane dieser Kollektive unterschieden sich in den vier Ringversuchen um 37,5 bis 95,7 Prozent. Die entsprechenden Un- terschiede waren bei Glucosebestim- mungen mit Laboranalysegeräten und Verwendung verschiedener kommerzi- eller Reagenziensätze deutlich geringer und betrugen nur 5,6 bis 11,2 Prozent.

Auch die Durchfallquoten der Ringver- suchsteilnehmer, die Laboranalysegerä- te verwenden, waren mit 4,8 bis 8,8 Pro- zent geringer; der Referenzmethoden- wert wurde hier als Zielwert definiert.

In der Diskussion über die unzurei- chende Qualität der Glucosebestimmun- gen mit POCT-Geräten in Ringversu- chen wird von den Herstellern der Gerä- te darauf verwiesen, dass ungeeignetes Ringversuchsmaterial (lyophilisiertes Serum) für die Bestimmung in solchen Geräten zur Verfügung gestellt worden sei. In der Tat bereitet die Herstellung und der Versand eines für POCT-Geräte

Institut für Laboratoriums- und Transfusionsmedizin (Di- rektor: Prof. Dr. med. Knut Kleesiek), Herz- und Diabetes- zentrum Nordrhein-Westfalen, Universitätsklinik der Ruhr-Universität Bochum

Kommentar

Unzureichende Qualität patientennaher

Glucosebestimmungen

Ringversuche offenbaren erhebliche Unterschiede zwischen den benutzten Geräten

Knut Kleesiek

(2)

geeigneten Ringversuchsmaterials für die Organisatoren aus zwei Gründen Probleme:

>Vollblut, das gemäß der Definition von POCT-Geräten bei der Glucosebe- stimmung ohne Probenvorbereitung den Geräten zugeführt wird, ist in stabi- ler Zusammensetzung nur einige Tage haltbar. Der Zusatz von Stabilisatoren kann die Bestimmung in POCT-Geräten stören.

>Blutfraktionen (beispielsweise Se- rum, Plasma, Hämolysat), die eine grö- ßere Stabilität besitzen, sind nur in einigen der kommerziellen Geräte zu verwenden, da in diesen Geräten die Glucosebestimmung, je nach Messver- fahren in unterschiedlichen Komparti- menten, durchgeführt wird.

Allerdings zeigt der Ringversuch vom 1. Quartal 2003, dass auch durch die Verwendung von frischem Vollblut als Ringversuchsmaterial die große Streu- ung der Ringversuchsergebnisse bei POCT-Geräten nicht verringert werden kann (Variationskoeffizient: 20,7 Pro- zent). Offensichtlich sind die auch in die- sem Ringversuch festgestellten starken Abweichungen zwischen den POCT- Geräten (Differenz zwischen dem nied- rigsten und höchsten Median: 91 Pro- zent) vor allem in den unterschiedlichen Messverfahren zu suchen. So haben sol- che Geräte, die Glucose aus Hämolysat messen, die Bedingungen des Ringver- suchs erfüllt, auch dann, wenn als Ziel- wert ein Referenzmethodenwert für die Bestimmung der Glucose aus Hämoly- sat zugrunde gelegt wird.

Wenn man Vergleichsmessungen am Patienten durchführt, wird vollends deutlich, dass die abweichenden Ring- versuchsergebnisse nicht in erster Linie auf die Art und Beschaffenheit des Ring- versuchsmaterials, sondern vielmehr auf die unterschiedliche Qualität der Mess- verfahren der POCT-Geräte zurückzu- führen sind (Versuche von Priv.-Doz. Dr.

Gerhard Schumann, Referenzlaborato- rium der Deutschen Vereinten Gesell- schaft für Klinische Chemie und Labora- toriumsmedizin, DGKL, Medizinische Hochschule Hannover). Unter den Be- dingungen der patientennahen Diagno- stik wurden bei der Bestimmung mit zehn verschiedenen POCT-Geräten aus derselben Patientenprobe, abhängig von der Höhe der Glucosekonzentration,

Differenzen zwischen dem niedrigsten und höchsten Wert von maximal 64 Pro- zent gefunden. Selbst zwischen den ver- schiedenen Modellen eines Herstellers zeigten diese Vergleichsmessungen Un- terschiede von bis zu 41 Prozent.

Es gibt nur wenige Laboranalysen, bei denen die Richtigkeit des Ergebnisses eine solche Bedeutung hat, wie bei einer Glucosebestimmung. Die Diagnose ei- ner diabetischen Stoffwechsellage ba- siert vor allem auf dem Vergleich der beim Patienten gemessenen Glucose- konzentrationen mit definierten Grenz- werten (beispielsweise Nüchtern-Blut- zuckergrenzwert, Zwei-Stundengrenz- wert im Glucosetoleranztest). Auch für die Bestimmung der Glucosekonzentra- tion bei Patienten mit Diabetes mellitus und den daraus abgeleiteten therapeuti- schen Maßnahmen, wie Dosierung der Insulingabe, sind richtige Ergebnisse ei- ne wichtige Bedingung. Aus den Ergeb- nissen der externen Qualitätssicherung geht allerdings hervor, dass POCT-Gerä- te im Gebrauch sind, die diesen ärztli- chen Forderungen nicht genügen. Auch durch Angaben einiger Hersteller in der Betriebsanleitung, dass dieses Gerät für die Diagnose des Diabetes mellitus nicht geeignet sei, kann diesem Mangel nicht abgeholfen werden, da Geräte, die für die Selbstkontrolle der Patienten ge- dacht sind, ebenso Qualitätsanforderun- gen erfüllen müssen und in der Praxis die Grenzziehung zwischen Benutzung sol- cher Geräte durch Patienten in der Selbstkontrolle und Benutzung durch medizinisches Personal in der Kranken- versorgung unscharf ist.

Es ist zu erwarten, dass die derzeitige Auswertung der mit POCT-Geräten er- stellten Ringversuchsergebnisse auf der Basis eines gerätespezifischen Sollwer- tes auch formal so durch die Richtlinien der Bundesärztekammer festgeschrie- ben wird (Aufnahme des verfahrensab- hängigen Sollwertes als Zielwert in An- lage 1 der Richtlinien). Auf Dauer be- deutet dies allerdings keine befriedi- gende Lösung und sollte nur für eine Übergangsfrist gelten, da so zwar die Erfolgsquote der Ringversuchsteilneh- mer erhöht, aber die offensichtlich un- zureichende analytische Qualität vieler patientennaher Glucosebestimmungen nicht verbessert wird. Die bisherigen Ringversuchsergebnisse haben nämlich

deutlich gemacht, dass der Versuch ei- niger Hersteller von Glucose-POCT- Geräten, sich einer richtlinienkonfor- men Bewertung durch den Verweis auf nicht geeignete Ringversuchsmateriali- en zu entziehen, nicht begründet ist.

Auch die Verwendung von frischem Vollblut als Ringversuchsmaterial führt nicht zu akzeptablen Ergebnissen. Die Referenzinstitutionen sollten daher in künftigen Ringversuchen stabile Pro- benmaterialien (Serum, Hämolysat) zur Verfügung stellen und fordern, dass die in der Praxis benutzten POCT-Geräte qualitätskontrolltauglich sind, das heißt gemäß den Richtlinien der Bundesärzte- kammer die auf Referenzmethoden be- ruhenden Zielwerte erreichen. Denn nur so kann es in Zukunft gelingen, nach ärztlichen Erfordernissen die Spreu vom Weizen zu trennen.

Der Autor ist Ringversuchsleiter des Referenzinstitutes für Bioanalytik, Bonn, und Vizepräsident der Deutschen Ver- einten Gesellschaft für Klinische Chemie und Laboratori- umsmedizin (DGKL).

Manuskript eingereicht: 23. 5. 2003, angenommen:

11. 6. 2003

Zitierweise dieses Beitrags:

Dtsch Arztebl 2003; 100: A 2454–2455 [Heft 38]

Literatur

1. Briedigkeit L, Müller-Plathe O, Schlebusch H, Ziems J: Re- commendations of the German Working Group on medi- cal laboratory testing (AML) on the introduction and quality assurance of procedures for point-of-care testing (POCT) in hospitals. Clin Chem Lab Med 1999; 37:

919–925.

2. Felding P, Jensen I, Linnet K, Manford G: Estimation of in vivo capillary or venous blood glucose concentration from analysis on stored venous blood or its plasma and use in quality control of near-patient glucose tests.

Scand J Clin Lab Invest 2002; 62: 201–210.

3. Fogh-Andersen N, D'Orazio P, Kuwa K, Külpmann WR, Mager G, Larsson L: Recommendation on reporting re- sults for blood glucose (from an IFCC stage 1 docu- ment) IFCC Scientific Division Working Group on selec- tive electrodes. http://www.ifcc.org/ejifcc/vol12no4/

vol12no4a4.htm.

4. Richtlinie der Bundesärztekammer zur Qualitätssiche- rung quantitativer Laboratoriumsmedizinischer Unter- suchungen. Dtsch Arztebl 2002; 99: A 1187 [Heft 17].

5. Wood WG, Hanke R, Meissner D, Reinauer H: Experience with an external quality assessment programme for point-of-care-testing (POCT) devices for the determina- tion of blood glucose. Clin Lab 2003; 49: 151–159.

Anschrift des Verfassers:

Prof. Dr. med. Knut Kleesiek

Institut für Laboratoriums- und Transfusionsmedizin Herz- und Diabeteszentrum Nordrhein-Westfalen Universitätsklinik der Ruhr-Universität Bochum Georgstraße 11, 32545 Bad Oeynhausen M E D I Z I N

Deutsches ÄrzteblattJg. 100Heft 3819. September 2003 AA2455

Referenzen

ÄHNLICHE DOKUMENTE

In reducing microalbuminuria or clinical proteinuria, certain angiotensin converting enzyme (ACE) inhibi- tors have been more effective than other antihyperten- sive

Weitere Symptome sind eine Dysplasie der Nierentubuli ähnlich wie bei der genetisch bedingten re- nal-tubulären Dysgenesie, die im Fall einer sartanbedingten Störung zu

United Kingdom Prospective Diabetes Study Group: Intensive blood-glucose control with sulphonylureas or insulin compared with conventional treatment and risk of complications

Der Diabetes mellitus ist eine „Sy- stemerkrankung"; deshalb wundert es nicht, daß auch der Verdauungs- trakt mitreagiert, sei es im Rahmen diabetischer

Im Zusammenhang mit für einen Diabetes bedeutsamen Hautverän- derungen sind Alterationen an der Mundschleimhaut weniger hinweis- trächtig, wenn man von einer Xe- rostomie, einem

> Am DMP für Diabetiker Typ 2 nehmen inzwischen rund 1,5 Millionen Patienten teil und folgen einer struk- turierten, gesetzlich vorgegebenen Be- handlung; dies entspricht einer

Fazit: Es gibt keinen Anhalt da- für, daß eine Störung der Glukose- homöostase eine Lebererkran- kung verursacht oder eine zusätz- lich bestehende Lebererkrankung im Sinne

Eine Empfehlung für Patienten lautet, den Diabetes am Arbeitsplatz nicht zu verschweigen und Kollegen über die Erkrankung zu informieren, sodass diese bei einer Hypo -