A 144 Deutsches Ärzteblatt
|
Jg. 107|
Heft 4|
29. Januar 2010 bildeten, sobald die Quelle derStrahlung entfernt oder gemieden wurde. Gegen die gängige Annah- me von Einbildungen und bloßen Nocebo-Effekten spricht die Tatsa- che, dass gerade auch Kleinkinder besonders intensive Wirkungen zeigten, übrigens auch Tiere.
Unbedenklichkeitserklärungen ent- gegen dem Stand der internationalen Wissenschaft durch Industrie und Politik rufen zum Widerspruch auf.
Engagierte Ärzte, Wissenschaftler und Techniker haben sich in der
„Kompetenzinitiative zum Schutz von Mensch, Umwelt und Demo- kratie e.V.“ zusammengeschlossen,
um über Gefahren der Funktechno- logie aufzuklären und zu verhin- dern, dass Gesundheit zu einer Han- delsware degradiert wird. Unter www.aerzte-und-mobilfunk.net fin- den Ärzte Informationen, die ihnen das IZMF, die Marketingabteilung der Mobilfunkbetreiber, vorenthält.
Das von der Mobilfunkindustrie her ausgegebene Ärztehandbuch wurde im DÄ vorgestellt – ohne kritische Prüfung . . . Wo bleibt die Vorstellung von Korrektiven, die den Stand der unabhängigen inter- nationalen Forschung zugänglich machen? . . .
Dr. med. Markus Kern, 87439 Kempten
FALLBESPRECHUNGEN
Patienten und Kran- kenhauspersonal profitieren von inter- professionellen Ge- sprächen (DÄ 43/
2009: „Ethische Fallbesprechungen:
Das Beste für den Patienten“ von Gisela Klinkhammer).
Hohe Akzeptanz
Der Gewinn von ethischen Fallbe- sprechungen wird von Ärzten mei- ner Erfahrung nach meist erst nach einer persönlichen Erfahrung gese- hen. Die in dem Artikel beschriebe- nen Bedenken und Widerstände, vor allem aus der Ärzteschaft sind mir und meinen Teamkollegen ebenfalls bekannt. Seit mehr als zehn Jahren begleiten wir Krankenhäuser und in den vergangenen Jahren auch ver- mehrt Altenheime bei der Imple- mentierung solcher Fallbesprechun- gen. Überall dort, wo wir zuerst die Beteiligten zu einer eigenen Erfah- rung motivieren können, steigt die Akzeptanz dieses Instruments der systematischen ethischen Reflexion.
Dies geschieht durch Trainings, die zuerst als „Trockenübung“ Fälle aus der Literatur retrospektiv zum Ge- genstand haben. Meist ist jedoch dann beim nächsten Training die Bereitschaft schon so gewachsen, dass das Team sagt: „Heute haben wir einen konkreten Fall.“ Die Rückmeldung danach ist durchweg
positiv: Entlastung wird empfun- den; Mitbeteiligung wird wahrge- nommen; andere Perspektiven wer- den als Mehrwert in der ethischen Qualität gesehen. Dabei bleibt die Entscheidung selbst immer der letztverantwortlichen Person vorbe- halten. Die Akzeptanz für ethische Fallbesprechungen steigt jedoch auch mit der Akzeptanz der Person, die als Moderator das Gespräch be- gleitet. In der Weiterbildung von Moderatoren wird zuerst methodi- sche Kompetenz mit dem Instru- mentarium der Köln-Nimweger- Leitfragen vermittelt. Aus der Erfahrung, dass von den Fallbe- sprechungsteilnehmern aber auch ethische Kompetenz erwartet wird, bieten wir im Modulsystem eine Qualifizierung zum Moderator Ethi - sche Fallbesprechung an. Sicher- lich ist die Kultur der inter- und multiprofessionellen Kommunika- tion im Krankenhaus noch unge- wohnt und ein Paradigmenwechsel.
Von daher braucht es einen langen Atem, bis sich die ethische Fallbe- sprechung als Form etabliert haben wird. Aber die zu treffenden ethi- schen Entscheidungen in Medizin und Pflege werden immer komple- xer, so dass mir dieser Weg not- wendiger denn je erscheint. Und mit erfahrungsgemäß einer einstün- digen Fallbesprechung alle vier bis sechs Wochen ist auch die Ressour- ce Zeit nicht allzu überstrapaziert.
Ulrich Fink P. R., Diözesanbeauftragter für Ethik im Gesundheitswesen, Erzbistum Köln, 50668 Köln
S
P k p p s 2 F Das Beste für den Pa
Leider kann die Genetik längst nicht so viele Fragen beantworten wie frü- her einmal erhofft, deshalb rückt heute die Epigenetik in den Fokus des humanwissenschaftlichen In - teresses. Nicht schon das Vorhan- densein spezifischer Gene kann be- stimmte Eigenarten des Individuums erklären, sondern das können erst Antworten auf die Fragen der Epige- netik, wie etwa: Unter welchen Vor- aussetzungen wird die genetische Ausstattung eines Menschen in wel- cher Weise wirksam? Durch welche Umweltfaktoren beziehungsweise lebensgeschichtliche Erfahrungen werden einzelne Gene des Erbguts aktiviert? Auf welche Weise und mit welchen Folgen sind Gene im Ge- hirn von Individuen aktiv? Mit sol- chen Fragen der Kommunikation zwischen Biologie und Umwelt be- fasst sich dieses Buch. Es geht um die Mechanismen, die es Umwelt- faktoren ermöglichen, Einfluss auf die Aktivität von Genen zu nehmen.
Das Buch bietet eine anschauliche Darstellung der Fragen und Erkennt- nisse einer neuen Wissenschaftsdis- ziplin, der Epigenetik.
Es nimmt detailliert Be- zug auf neue empirische Forschungen. Das Buch enthält zahlreiche An- merkungen, eine Litera- turliste, ein Glossar und ein Stichwortregister.
Der Autor ist Biologe und Wissenschaftspu - blizist.
Aus den Erkenntnis- sen der Epigenetik kann man sich auch therapeutische Ansätze für Patien- tengruppen erhoffen, für die es bis- her kaum erfolgversprechende An- gebote gab. Insofern ist das Buch ebenfalls von Interesse für Ärzte, auf jeden Fall aber ist das Thema spannend dargestellt für biologisch und naturwissenschaftlich interes- sierte Leser. Ingbert Weber
Bernhard Kegel: Epigenetik. Wie Erfahrungen vererbt werden. DuMont Buchverlag, Köln 2009, 368 Seiten, gebunden, mit Schutzumschlag, 19,95 Euro
EPIGENETIK