Deutsches Ärzteblatt
|
Jg. 106|
Heft 44|
30. Oktober 2009 A 2169 Das Herkunftsland, die sozialeSchicht, die Einkommensverhält- nisse sowie das persönliche und be- rufliche Umfeld haben erheblichen Einfluss darauf, wie viele gesunde Lebensjahre einen EU-Bürger er-
warten. Die Differenz kann dabei bis zu 20 Jahre (Estland: 48 Jahre; Dänemark: 68,5 Jahre) betragen, wobei Bürger aus den neu en EU-Staaten schlech - tere Aussichten auf ein langes, gesundes Le- ben haben als West- und Südeuropäer. Frau- en in Frankreich, Ita- lien oder Spanien bei- spielsweise leben im Schnitt acht Jahre länger als ihre Ge- schlechtsgenossinnen in Bulga- rien, Lettland oder Litauen. Bei Männern kann der Unterschied bis zu 14 Jahre betragen. Dies geht aus einer Analyse der Europäischen Kommission hervor.
Der Bericht zeigt auch auf, dass es Unterschiede im Gesundheitszu- stand der Bevölkerung und in der
GESUNDHEIT IN DER EU
Herkunftsland und Bildungsstand entscheidend
Lebenswartung nicht nur zwischen den Mitgliedstaaten gibt, sondern auch innerhalb einzelner Nationen.
Dabei gilt die Faustformel: Je ärmer das Land und je geringer der Bil- dungsstand sind, desto höher ist das Krankheits risiko vor allem für Herz- Kreislauf-Erkrankungen und Krebs.
„Um die Gesundheitsungleichheiten in der EU zu beseitigen, benötigen wir politikübergreifende Ansätze auf europäischer, nationaler, regionaler und lokaler Ebene“, forderte EU- Gesundheitskommissarin Androulla Vassiliou bei der Vorstellung des Berichts in Straßburg.
Zu einer Verbesserung beitragen könnten beispielsweise flächende- ckende Rauchverbote, gezielte Impf- aktionen bei Kindern aus niedrige- ren sozialen Schichten, die Anrei- cherung von Trinkwasser mit Fluor, vermehrter Sportunterricht in Schu- len und eine verbesserte betriebli- che Arbeitsorganisation. Die EU könne wiederum zum Abbau der Ungleichheiten beitragen, indem sie Finanzierungshilfen leiste, Sta- tistiken erstelle und die Mitglied- staaten bei ihrem Erfahrungsaus- tausch unterstütze. ps Zum 18. Mal in Folge werden die
Mitgliedstaaten der Vereinten Na- tionen Ende Oktober über die Ku- ba-Blockade der USA abstimmen.
Auch dieses Mal ist zu erwarten, dass dabei die Strafmaßnahmen Washingtons auf breite Ablehnung stoßen. Bei der UN-Generalver- sammlung im vergangenen Jahr hatten sich 185 der 192 Mitglied- staaten gegen die Politik der USA ausgesprochen, die seit 1960 eine umfassende Wirtschafts- und Han- delsblockade gegen den Inselstaat aufrechterhalten.
Seit 1991 legt Kubas Regierung der UN-Generalversammlung jähr- lich einen Bericht über die Folgen dieser Politik vor. Dem diesjährigen Dokument zufolge ist auch das Ge- KUBA
US-Blockade schadet Gesundheitssystem
sundheitswesen des Landes beein- trächtigt. Die Verluste beliefen sich in diesem Bereich in den vergange- nen zwölf Monaten auf 25 Millio- nen US-Dollar. In vielen Fällen müssten medizinische Geräte aus den USA über Dritthändler impor- tiert werden, was die Kosten erheb- lich erhöhe. Zudem verhinderten die US-Gesetze den Kauf von IT- Systemen der US-amerikanischen Firma Applied Biosystems zur Gen- sequenzanalyse. Aus Angst vor Strafmaßnahmen lehnte es auch der US-Hersteller Cook Medical ab, kardiochirurgisches Gerät nach Ku- ba zu liefern. Zudem blieb dortigen Krankenhäusern der Zugang zum Zytostatikum Oncaspar des Phar- makonzerns Merck verwehrt. HN
Große Unter - schiede zwischen
den Mitgliedstaa- ten in Bezug auf die Gesundheits- versorgung offen- bart eine aktuelle Studie.
Foto: Fotolia
RANDNOTIZ
Thomas Gerst
Als neutrale Moderation lässt sich kaum bezeichnen, was Frank Plas- berg in seiner Sendung „Hart aber fair“ zum Thema „Testfall Schweine- grippe – sind wir Versuchskaninchen der Pharmaindustrie?“ zu bieten hatte. Kritikern der Arzneimittelin- dustrie wurde ausgiebig Gelegenheit geboten, Mutmaßungen über deren Machenschaften zu verbreiten, dem
Geschäftsführer des Verbandes for- schender Pharmaunternehmen fuhr Plasberg patzig in die Parade.
Wohltuend waren da die nicht immer politisch korrekten, aber zu- treffenden Anmerkungen des Berner Immunologen Prof. Beda Stadler. An- statt darüber zu lamentieren, dass hier gute Geschäfte mit bösen Viren gemacht würden, sollte man lieber darüber nachdenken, warum dieser für die Volksgesundheit wichtige Be- reich komplett der Industrie überlas- sen werde. Es sei doch klar, „dass die bösen Buben in dieser Situation mit dem Preis handeln“. Man müsse dafür sorgen, dass künftig so etwas nicht mehr möglich sei.
Auch als Plasberg überflüssiger- reise am Beispiel einer angeblich gegen Neurodermitis und Schup- penflechte Wunder wirkenden Salbe die Pharmaindustrie, die das Produkt nicht vermarkten wollte, anpranger- te, fand sein Gast aus der Schweiz deutliche Worte: „Wenn man hier so tut, als würde ein blödes Avocadoöl mit Vitaminen drin eine schwere Krankheit vom Erdboden verschwin- den lassen, dann ist das Betrug“, schimpfte Stadler.
Die von Plasberg behaupteten
„besten klinischen Studien“ erwie- sen sich nach der Sendung bei kriti- scher Überprüfung als unzureichend, die Vermarktung der Salbe startete bereits vor Ausstrahlung der Sen- dung. Sicher ist nur: Die bösen Bu- ben sitzen überall.