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Archiv "Der Papstbrief: Balanceakt der Bischöfe" (06.02.1998)

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A-259

P O L I T I K LEITARTIKEL

Deutsches Ärzteblatt 95,Heft 6, 6. Februar 1998 (15)

Der Papstbrief

Balanceakt der Bischöfe

ereits Wochen vor seiner Veröffentlichung wurde hef- tig über Inhalt und Auswir- kungen spekuliert, inzwischen liegt er vor: der Brief von Papst Johannes Paul II., der sich mit der Arbeit der katholischen Schwangerenbera- tungsstellen in Deutschland ausein- andersetzt. Das Schreiben und die ebenfalls mit Spannung erwartete Reaktion der katholischen Bischöfe darauf wurden Ende Januar in Mainz vorgestellt.

Zur Erinnerung: Nach der im Jahr 1995 beschlossenen Neurege- lung des Abtreibungsrechts bleibt ein Schwangerschaftsabbruch in den ersten zwölf Wochen dann straffrei, wenn die Frau nachweist, daß sie ei- ne Beratung wahrgenommen hat.

Auch die Beratungsstellen der ka- tholischen Kirche bescheinigen das.

Die Mehrheit der katholischen Bischöfe sieht in der gegenwärtigen Praxis die Möglichkeit, Frauen zur Fortsetzung der Schwangerschaft be- wegen zu können. Der Fuldaer Erz- bischof Johannes Dyba dagegen be- trachtet den Schein als „Lizenz zum Töten“. Eine Ansicht, die offenbar vom Papst geteilt wird.

In seinem Schreiben „bittet“ er höflich, aber mit deutlichen Worten darum, daß ein Beratungsschein „in den kirchlichen oder der Kirche zu- geordneten Beratungsstellen nicht mehr ausgestellt wird“. Der Papst begründet dies damit, daß der Schein die Kirche „in die Tötung un- schuldiger Kinder verwickelt und ihren unbedingten Widerspruch ge- gen die Abtreibung weniger glaub- würdig macht“. Es sei nicht zu über- sehen, daß der gesetzlich geforderte Beratungsschein, der gewiß zu- nächst die Pflichtberatung sicher- stellen wolle, „faktisch eine Schlüs- selfunktion für die Durchführung straffreier Abtreibungen erhalten hat“. Die katholischen Beraterinnen

und die Kirche gerieten dadurch in eine Situation, die mit ihrer Grund- auffassung in der Frage des Lebens- schutzes und dem Ziel ihrer Bera- tung in Konflikt stehe.

Trotz dieser massiven Kritik an den Beratungsscheinen sieht der Vatikan eine Fortsetzung der Beratungstätigkeit vor. Doch müsse sie neu definiert werden. In Würz- burg suchten die Bischöfe nach einer Lösung, wie sie dieser „eindringli- chen Bitte“ nachkommen und gleichzeitig dem geltenden Gesetz gerecht werden könnten, wohl wis- send, daß ein Ausstieg aus der Bera- tung die Rolle der Kirche als morali- sche Instanz weiter schwächen wür- de. Die Mehrheit der Bischöfe habe das Verbleiben im staatlichen Bera- tungssystem verteidigt, sagte der Vorsitzende der Deutschen Bi- schofskonferenz, der Mainzer Bi- schof Prof. Dr. Karl Lehmann. Der Schein sei aber auch auf Grund man- cher „Verteufelung“ in ein Zwielicht geraten. Deshalb könne man der Eindringlichkeit des Papstes den Re- spekt nicht versagen.

Anerkennung,

Verständnis und Kritik

In seiner einstimmig ausgear- beiteten Erklärung ruft der Ständige Rat der Deutschen Bischofskonfe- renz die Politiker auf, nach Wegen zu suchen, wie eine künftige Bera- tungstätigkeit ohne die Zweideutig- keit des Scheins im bisherigen Sinn möglich sei. Denkbar sei „zum Bei- spiel statt des Scheins in der bisheri- gen Form ein Beraterbrief, eine

Art eidesstattliche Erklärung, eine Rückfrage des abtreibenden Arztes bei der Beratungsstelle usw.“. Diese Ideen seien jedoch zunächst nur

„bescheidene Geistesblitze“ gewe- sen. Deshalb würde Anfang März ei- ne Arbeitsgruppe eingesetzt, die ei- nen Vorschlag erarbeiten soll. Die bisherige Beratungspraxis solle fort- gesetzt werden, bis es eine Lösung gebe. Grundsätzlich soll die Bera- tungsarbeit der kirchlichen Stellen sogar verstärkt werden.

Die Entscheidung der Bischöfe hat ein unterschiedliches Echo aus- gelöst. Der Deutsche Caritasver- band begrüßte die Erklärung des Ständigen Rates, die es ihm und dem Sozialdienst katholischer Frauen weiterhin ermögliche, dem Schutz des ungeborenen Lebens zu dienen und Frauen in schwerwiegenden Konfliktsituationen zu erreichen.

Verständnis für die Bischöfe zeigte der Ratsvorsitzende der Evangeli- schen Kirche in Deutschland, Präses Manfred Kock. Die katholische Kir- che sei durch das Schreiben in eine schwierige Lage gebracht worden, erklärte er. Auch ohne daß es die höchste lehramtliche Autorität in Anspruch nehme, enge das Schrei- ben den Beurteilungs- und Hand- lungsspielraum der deutschen Bi- schöfe erheblich ein. Kock betonte, daß die evangelische Kirche sich weiterhin an der gesetzlich vorge- schriebenen Schwangerschaftskon- fliktberatung beteiligen werde.

Der Berufsverband der Frau- enärzte und die Deutsche Gesell- schaft für Gynäkologie und Ge- burtshilfe warnen die katholischen Bischöfe davor, das Papstwort um- zusetzen. Durch eine Verweigerung der Beratungsbescheinigung, die ei- ner Verweigerung zur Beratung na- he komme, werde die Gesamtzahl der Abbrüche in Deutschland stei- gen. Gisela Klinkhammer

B Keine Scheine für

Schwangere, aber auch

kein Ausstieg aus

der Beratungstätigkeit

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