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Archiv "„Kann man Katzen rupfen?“" (24.06.1991)

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igentlich hat Norbert Blüm, Bundesminister für Arbeit und Sozialordnung, mit der Ge- sundheitspolitik im engeren Sinne nichts mehr zu tun. Das ist jetzt Sache von Gerda Hasselfeldt. Doch Blüm wirkt nach. So auch in der Debatte des Bundestages zum Einzelhaushalt Ge- sundheit, die auf die Aussprache zum Blümschen Ressort folgte. „Herr Blüm", begann Uta Titze (SPD) ihre Jungfernrede vor dem Hohen Haus,

„es würde mich ja reizen, zu Ihnen ei- niges zu sagen. Ich habe selten so ge- lacht, seit ich hier bin." Zuruf von der CDU/CSU: „Das ist immer so bei Blüm!" Uta Titze: „Da sagt man im- mer: Die Frauen fürs Gemüt, die Männer für den Verstand. Bei Blüm ist das gerade umgekehrt."

Der Auftakt zur Haushaltsde- batte über den Geschäftsbereich des Bundesgesundheitsministeriums ge- riet also eher heiter-ironisch als ernst und verbissen. Rund 45 Minu- ten hatte sich das Parlament zur Aussprache genehmigt. Es ging um einen Etatposten in Höhe von rund 1,36 Milliarden Mark: Gelder, mit denen Gerda Hasselfeldt eine Viel- zahl von gesundheitspolitischen Auf- gaben anpacken muß. Zu wenig Geld für zu viele Aufgaben, wie die SPD kritisierte. Für die Regierung spiele die Gesundheitspolitik offen- sichtlich eine untergeordnete Rolle, lautete der zentrale Vorwurf, der freilich mit einer leicht verunglück- ten Metapher vorgebracht wurde:

„Die Katze ist heute aus dem Sack", meinte Uta Titze mit Blick auf das angepeilte Haushaltsvolumen. „Und siehe da, es erweist sich, daß die Kat- ze ein arg gerupftes und mageres Tierchen ist." Zuruf von der CDU/

CSU: „Kann man Katzen rupfen?"

In der Sache wurde es dann aber doch ernst: „Kleinkrämerisches Feil- schen" um jede Ausgabe hielten die Sozialdemokraten der Koalitionsre- gierung vor. Uta Titze nannte bei- spielhaft die Aidsbekämpfung. Vor drei Jahren hatte die Bundesregie- rung noch 120 Millionen Mark in diesen Bereich investiert. Zwei Jahre darauf waren es 102 Millionen, jetzt sind es 91 Millionen Mark. Dem Haushalt insgesamt merke man nicht an, „daß die Gesundheit eines unse- rer höchsten Güter ist".

Nicht anders bewertete Dr. Ur- sula Fischer (PDS/Linke Liste) das Zahlenwerk. Die 1,36 Milliarden Mark seien gerade 3,4 Prozent des Gesamtetats. Die „einigungsbeding- ten" Ausgaben für Gesundheit machten lediglich 468 Millionen aus

— ein Drittel der vorgesehenen Haus- haltsmittel. Bundesgesundheitsmini- sterin Gerda Hasselfeldt konterte auf eine Art und Weise, die vor al- lem die Ärzteschaft aufhorchen las- sen würde, wenn es in Zukunft wie- der einmal um den Stellenwert der Selbstverwaltung gehen sollte: Daß

Josef Maus

„Kann man Katzen rupfen?"

Aus der Haushaltsdebatte des Bundestages zum Einzelplan Gesundheit

die Deutschen in den westlichen Ländern länger lebten, die Lebens- erwartung so deutlich gestiegen sei, sei nicht etwa milliardenschweren Staatssubventionen zu verdanken.

Umfassende Impfaktionen, hervorra- gende Medizintechnik und ein her- vorragendes Gesundheitswesen hät- ten vielmehr den Weg bereitet. Bei all dem, attestierte die Ministerin, zähle auch das Prinzip der Selbstver- waltung im Gesundheitswesen zu den Erfolgsfaktoren.

Daß die Opposition Haushalts- kürzungen in jedem Bereich angreife und statt dessen überall Erhöhungen fordere, sei durchaus verständlich, entgegnete Dr. Wolfgang Weng (FDP) den Sozialdemokraten. Bei allem, was wünschenswert wäre, müsse man aber die finanzielle Ge- samtsituation des Staates „gerade im Lichte der großen Aufgaben in den neuen Bundesländern" betrachten.

Und in dieser Hinsicht könne der Haushalt bestehen, meinte Arnulf

Kriedner, Neuparlamentarier aus dem östlichen Teil Deutschlands in den Reihen der CDU/CSU.

„Die Lage in den neuen Bundes- ländern war Anlaß für eine große Anzahl überproportionaler Ansatz- erhöhungen", sagte Kriedner und zählte auf, worum es dabei geht:

Aufklärungsmaßnahmen über die Krankenversicherung, ein Notpro- gramm für die modellhafte Aufberei- tung von Trinkwaser, Maßnahmen zur Vorsorge und Früherkennung von Krankheiten, Qualifizierung und verbesserte Information derjenigen, die im Gesundheitswesen der neuen Länder tätig sind, Erstattung der Kassenleistung für die Pflege er- krankter Kinder und nicht zuletzt Weiterbildung der dortigen Ärzte.

Alles in allem Maßnahmen, die mit rund 400 Millionen Mark zu Buche schlagen. Kriedel: „Zusammenge- faßt kann ich sagen, daß dieser Haushaltsplanentwurf für den Ein- zelplan Gesundheit den Erfordernis- sen der deutschen Einheit im Jahre eins nach der Erzielung der Einheit gerecht wird."

Gerda Hasselfeldt nutzte indes- sen die Gelegenheit, wiederholt zur Sparsamkeit im Gesundheitswesen anzuhalten. Gerade das anerkannt hohe Niveau könne nur erhalten werden, wenn es auch finanzierbar bliebe. Ein Stichwort, das wohl in der Haushaltsdebatte nicht fehlen durfte, kam dann auch prompt: die Beitragssatzstabilität, seit der Blüm- sehen Reform Zauberwort für die ei- nen und Reizwort für die anderen.

„Beitragsstabilität bedeutet — das sage ich ganz deutlich — nicht Stagnation", erklärte die Bundesgesundheitsmini- sterin. Sie bedeute auch nicht Ver- zicht auf medizinischen Fortschritt, denn mit steigenden Einkommen stie- gen auch die Beitragseinnahmen. In anderen Worten: So lange sich die Ko- sten des medizinischen Fortschritts an dem Anstieg der Einkommen orien- tieren, gibt es keine Probleme mit dem ehernen Grundsatz des Gesundheits- Reformgesetzes.

Fazit: Der Haushaltsplan Ge- sundheit, von der Opposition kriti- siert, von der Regierung verteidigt, passierte die parlamentarische Hür- de. Mit den Stimmen der Koalition ging der Etat durch. Dt. Ärztebl. 88, Heft 25/26, 24. Juni 1991 (39) A-2249

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