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Archiv "Maßnahmen zur Früherkennung von Hautkrebs in der Bundesrepublik Deutschland" (17.01.1980)

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(1)

Aktuelle Medizin

ÜBERSICHTSAUFSATZ

Seit dem zweiten Halbjahr 1975 wur- de das gesetzliche Krebsfrüherken- nungsprogramm in der Bundesrepu- blik Deutschland um die gezielte Frage nach krebsverdächtigen Haut- veränderungen als einfache Such- methode zum Auffinden entspre- chender Verdachtsfälle ergänzt. Die in Gang gekommene Diskussion über den Nutzen verschiedener Krebs- früherkennungsmaßnahmen legt na- he, diese Frage auch für die bösarti- gen Neubildungen der Haut anhand der heute verfügbaren Daten zu un- tersuchen. Die Vielfalt der mögli- chen malignen und semimalignen Hautveränderungen macht eine Ein- grenzung der Betrachtung notwen- dig. Unter dem Gesichtspunkt der Früherkennung wird hier das Mela- nom in den Mittelpunkt der Überle- gungen gestellt. Wegen der gele- gentlich angezweifelten zahlenmäßi- gen Bedeutung der Hautkrebse und des Fehlens zuverlässiger Angaben für die Bundesrepublik wird zur Dar- stellung des Problems zunächst auf die Inzidenz der Hautkrebse, dann auf Gesichtspunkte zur Bewertung der Früherkennung und Frühthera- pie eingegangen.

Flächendeckende Angaben zur Inzi- denz der Hautkrebserkrankungen in der Bundesrepublik liegen nicht vor.

Die jährlich zu erwartenden Neuer- krankungen sind abschätzbar, wenn man die Angaben des Krebsregisters Baden-Württemberg (10) hochrech- riet') (Tabelle 1). Danach kann jähr- lich in der Bundesrepublik bei Män- nern über 45 Jahren mit etwa 13 300 Fällen von Hautkrebserkrankungen gerechnet werden, bei Frauen über 30 Jahren mit etwa 14 400 Fällen 2).

Diese Schätzungen betreffen das Melanom (ICD 172) und sonstige

bösartige Neubildungen der Haut (ICD 173) einschließlich Basaliom.

Die Inzidenzraten, faßt man die Er- gebnisse der Krebsregister Saarland und Baden-Württemberg zusammen (Tabelle 1) (22, 10), betragen für Me- lanome (ICD 172): 3,1 bis 4,2 pro 100 000 Männer und 3,6 bis 4,9 pro 100 000 Frauen. Sonstige bösartige Neubildungen der Haut (ICD 173), einschließlich Basaliom: 18,2 bis 47,8 pro 100 000 Männer, 13,0 bis 30,1 pro 100 000 Frauen 3).

Die entsprechenden Werte für beide Geschlechter zusammen für die Deutsche Demokratische Republik (Jahre 1968 bis 1972 gemittelt) be- tragen: ICD 172 = 2,8/100 000, ICD 173 = 46,4/100 000 (2).

Die Werte zeigen größenordnungs- mäßig Übereinstimmung — bis auf die sehr niedrigen Zahlen des Saar- landes für nichtmelanotische Haut- krebse (ICD 173). Die Angaben für die Melanomhäufigkeit entsprechen größenordnungsmäßig Meldungen anderer Länder vergleichbarer geo- graphischer Breite (19, 11, 13).

Die Unsicherheiten der Inzidenzer- fassung verbieten allzu strenge Ver- gleiche, genauere Vergleiche liefern Mortalitätsdaten. In der internatio- nalen Literatur überwiegen derzeit Hinweise dafür, daß die Zahl der Me- lanome und der übrigen Hautkrebs- erkrankungen in den letzten Jahren deutlich zugenommen hat (6, 23, 11), auch bei jüngeren Personen (unter 65). Viele epidemiologische Befunde sprechen dafür, daß diese Zunahme mit der vermehrten UV-Ex- position durch Sonnenbaden zu- sammenhängt (6, 8, 11, 13). Wenige andere Beobachtungen werden be-

Hautkrebse gehören zu den häufigen Krebserkrankungen.

In der Bundesrepublik Deutschland kann man jähr- lich schätzungsweise mit 13 300 Fällen von Hautkrebs- erkrankungen bei Männern über 45 Jahren und mit 14 400 Fällen bei Frauen über 30 Jah- ren rechnen. Die Tendenz der Erkrankungen ist zunehmend.

Im Krebsfrüherkennungspro- gramm der Gesetzlichen Kran- kenversicherung wird auf ein- fache Weise, durch gezielte Befragung der Patienten, nach Hautkrebs gefahndet.

Insbesondere am Beispiel des Melanoms werden Ergebnisse und Probleme dieses Scree- nings dargestellt, das trotz seiner Einfachheit eine wichti- ge Zusatzmaßnahme der Krebsfrüherkennung ist.

richtet (19) oder Zweifel daran geäu- ßert, ob dies nicht vor allem ein Er- gebnis der verbesserten Erfassung neu aufgetretener Fälle ist (2, 4) 4).

Betrachtet man die Altersverteilung (getrennt nach Geschlechtern, Ta- belle 1), so findet sich in den bun- desdeutschen Registerdaten — ent-

*) Für die Berechnung der Tabelle 1 danke ich Herrn Diplom-Mathematiker Brecht.

**) Die Ziffern in Klammern beziehen sich auf das Literaturverzeichnis.

Inzidenz pro Altersgruppe in Baden-Würt- temberg, bezogen auf den Anteil der jeweiligen Altersgruppe in der Altersverteilung der Bun- desrepublik.

2) Hier macht sich der Altersaufbau der Bun- desrepublik bemerkbar: Eine größere Zahl von (krebsgefährdeten) alten Frauen führt zu einer erwartbaren Fallzahl, die höher liegt als für die Männer, obwohl die geschlechtsspezifische In- zidenz bei Hautkrebs für Frauen geringer ist.

3) Zugrunde gelegt wurden die Jahre 1974 Saarland (keine Angaben für 1975 und 1976) sowie 1975 und 1976 Baden-Württemberg. Die Bandbreite ergibt sich aus den Minima-Maxi- ma-Werten dieser Angaben — Inzidenz ohne Altersbeschränkung, bezogen auf die alters- standardisierte „Europa-Bevölkerung", Can- cer Incidence and Mortality in New York State, Greenwald, M. D. et al. (ed.), Bureau of Cancer Control New York State Department of Health, 1976, 5.

4) Sogar „Überdiagnostik" wird anhand der retrospektiven Analysen schwedischer Daten vermutet (14).

Maßnahmen zur Früherkennung von Hautkrebs

in der Bundesrepublik Deutschland

Friedrich Wilhelm Schwartz*)

DEUTSCHES ÄRZTEBLATT Heft 3 vom 17. Januar 1980 123

(2)

Tabelle 1: lnzidenzraten von Krebserkrankungen der Haut. Gesi- cherte Fälle je 100 000, standardisiert nach „Europabevölkerung" 1 )

ICD- Quelle lnzidenzraten

Code Gesamt M 45 J M 45 J

F 30 J F 30 J (z)*) (z`)**) (z")***)

172 2) Krebsregister Baden-Württemberg

1975, Männer 3,35 10,42 0,46

1976, Männer 4,23 9,13 2,23

1975, Frauen 4,79 8,15 1,43

1976, Frauen 4,88 8,39 1,37

Krebsregister Saarland

1974, Männer 3,06 7,85 1,10

1974, Frauen 3,59 6,62 0,56

1733) Krebsregister Baden-Württemberg

1975, Männer 34,79 111,57 3,42

1976, Männer 47,78 157,31 3,05

1975, Frauen 21,32 41,93 0,70

1976, Frauen 30,08 59,98 0,17

Krebsregister Saarland

1974, Männer 18,18 62,04 0,27

1974, Frauen 12,95 25,90 0,00

*) z = lnzidenz, bezogen auf die gesamte Standardpopulation

**) z' = Inzidenz, bezogen auf den Anteil der Frauen über 30 Jahren (50%) und der Männer über 45 Jahren (29%) in der Standardpopulation

***) z" = lnzidenz, bezogen auf den Anteil der Frauen unter 30 Jahren und der Männer unter 45 Jahren in der Standardpopulation

1) Cancer Incidence and Mortality in New York State, Greenwald, M. D., et al. (ed.). Bureau of Cancer Control, New York State Department of Health, 1976, 5

2) Melanom

3) Sonstige bösartige Neubildungen der Haut, einschließlich Basaliom (das Basaliom wird im Krebsregister Baden-Württemberg gesondert ausgewiesen, es wurde für die vorlie- gende Tabelle mit ICD 173 zusammengefaßt.)

(Berechnungen: Zentralinstitut 1979)

Hautkrebs-Früherkennung

sprechend den internationalen Er- fahrungen - eine ganz überwiegen- de Häufung der Hautkrebsfälle in höheren Altersgruppen. Die Tabelle legt die gesetzlichen Altersgrenzen für Krebsfrüherkennungsmaßnah- men zugrunde (Frauen ab dem 30.

Lebensjahr und Männer ab dem 45.

Lebensjahr).

Vergleicht man die relative Häufig- keit der jährlich entdeckten Haut- krebse in der Bundesrepublik mit denen anderer Krebslokalisationen, so zeigt sich, daß Hautkrebs bei den Männern immerhin etwa halb so

häufig ist wie das Prostatakarzinom (ICD 185) und etwa gleich häufig wie das Rektumkarzinom (ICD 154). Bei den Frauen ist Hautkrebs.etwas sel- tener als das Rektumkarzinom und etwa sechs- bis siebenmal weniger häufig als die Krebse der Brustdrüse (ICD 174) und des Uterus (ICD 180 und 182). In der Deutschen Demo- kratischen Republik teilen die Karzi- nome der Haut hinsichtlich ihrer Häufigkeit bei beiden Geschlechtern den ersten Platz, zusammen mit den Malignomen des Atmungssystems (2). Hautkrebse können demnach nicht zu den seltenen Krebserkran-

kungen gezählt werden, wenngleich sie hinsichtlich der Folgen, gemes- sen an Arbeitsunfähigkeit, Invalidität und Mortalität, weniger gravierend einzustufen sind als die anderen ge- nannten Krebsformen.

Die Prognose des Melanoms hängt von seiner biologischen .Natur, sei- nem Stadium bei der Entdeckung und Behandlung und seiner Inva- sionsstiefe ab. Die Melanome der Frau verlaufen günstiger als die des Mannes (Darstellung 1). Von Einfluß auf die Prognose sind auch die Lo- kalisation (ungünstig: Stamm), we- niger das Alter des Patienten (4, 6, 13, 12, 23) 5).

Nicht bestätigen ließ sich bisher die Annahme, daß frühere Schwanger- schaften ein prognostisch günstiger Faktor sind. Nach einer Zusammen- stellung von Storck (Zürich) (23) be- trägt die Fünf-Jahre-Überlebensquo- te im Stadium 1 (Primärtumor ohne klinisch feststellbare regional ver- größerte Lymphknoten) 51 Prozent, beim Stadium 2 (Primärtumor mit re- gional vergrößerten Lymphknoten) knapp 13 Prozent und im Stadium 3 (Primärtumor mit und ohne regional vergrößerten Lymphknoten sowie lymphogenen und hämatogenen Disseminationen) 0 Prozent (4, 5).

Nach der gleichen Zusammenstel- lung zeigen die männlichen Patien- ten aller Stadien eine Fünf-Jahre- Überlebensquote von 18 Prozent, die weiblichen von 31 Prozent.

Günstigere Überlebensraten erge- ben sich aus den Daten des norwegi- schen (12) und des finnischen Krebsregisters (Darstellung 1) (18), ebenso aus den Ergebnissen von Ironside et al. (Melbourne) (9) 6). >

5) In der Studie von Elias, E. G., et al. (5) konnte keine signifikante Beziehung zwischen Alter beziehungsweise Lokalisation und Überle- benszeit gezeigt werden (248 Fälle).

6) Die Verbesserung der Überlebensrate nach den Daten des norwegischen Krebsregisters (3000 Fälle, 1953 bis 1971) werden unter ande- rem durch eine vermehrte Frühdiagnose er- klärt (13). Ein australischer Bericht vermutet demgegenüber Änderungen der Malignität (21); ein solcher Effekt würde allerdings Lang- zeitvergleiche von Therapie und Screening- effekten sehr erschweren.

(3)

Darstellung 1:

Melanome in Finnland 1963 bis 1968, relative Liberlebenskur- ven nach Ge- schlecht und Stadium (I bis III)

-N = 693, NC = 311, N9 = 382 (Pakkanen, M.:

Survival Rates of Patients with Malignant Me- lanoma of the Skin, Ann. Chir.

Gynaecol. 66 [1977] 31)

111---• Männer 0 0 Frauen Relative

Überlebensrate (%) 100

50

5 Jahre 10

Hautkrebs-Früherkennung

Melanome aus Naevi oder aus ge- sunder Haut heraus entstandene zei- gen eine deutlich schlechtere Pro- gnose als solche aus melanotischen Präkanzerosen.

Wegen der Abhängigkeit der Pro- gnose vom Stadium und von der Tiefenausdehnung werden die Früh- diagnose und Frühtherapie des Me- lanoms in der Literatur überwiegend bejaht (3, 10, 9, 13, 16, 4, 23, 5).

Allerdings wird in einigen Berichten die Begrenzung von Suchprogram- men auf Personen mit hohem Risiko befürwortet (7, 3). Die diagnostische Sicherung von Verdachtsfällen soll immer histologisch erfolgen (23, 16).

Die Rate der histologischen Fehldia- gnosen wird zwischen 4 Prozent und 25 Prozent angegeben (14, 23) 7). Die bioptische Exzision verdächtiger Lä- sionen scheint die Prognose nicht zu verschlechtern (23, 16), es sei denn, sie wurde inadäquat durchge- führt, das heißt, wenn der Tumor den Rand des bioptischen Materials überschreitet, Ironside et al. emp- fehlen daher, die Biopsie nur durch den endversorgenden Operateur durchführen zu lassen (9).

Als Frühtherapie der Wahl wird die operative Exzision im Gesunden empfohlen (2, 23, 4, 5, 1). Die pro- phylaktische Lymphknoten-Dissek- tion steigert nach einer vergleichen- den Studie von Elias et al. offenbar nicht die Überlebenszeit (5) 8).

Für nichtmelanotische Hautkrebse sind die entsprechenden Daten je nach Krebsform sehr unterschied- lich. Ihr biologischer Verlauf ist im allgemeinen günstiger als der des Melanoms. Es liegen wenig Erfah- rungsberichte über gezielte Früher- kennungsmaßnahmen vor. Ebenso sind epidemiologisch befriedigende Berichte aus Krebsregistern selten (1). Die Frühfahndung und -therapie gilt als sinnvoll, allerdings wird auch hier die Beschränkung auf Risiko- personen befürwortet (7).

Der Kreis der Risikopersonen für Melanome und nichtmelanotische Hautkrebse wird nicht einheitlich definiert. Während der Bericht der kanadischen Arbeitsgruppe hierun-

ter von allem „out-door"-Arbeiter und Personen in Kontakt mit polyzy- klischen aromatischen Kohlenwas- serstoffen (PAH) versteht (7), bezie- hen andere Autoren zusätzlich Per- sonen höheren Alters mit Neigung zu Sonnenbrand ein und solche, die eine nicht heilende Läsion ha- ben oder einen wachsenden, jucken- den oder blutenden Pigmentnaevus (3, 23).

Die Empfehlung einer Untersuchung von „out-door"-Arbeitern basiert auf dem wahrscheinlichen Zusammen- hang von UV-Exposition (11, 13, 6, 8,)9) und Erkrankungsrisiko. Als wei- tere Risiken gelten Rasse, familiäre Belastung, eigene Vorerkrankung an Hautkrebs, ionisierende Strahlen und Arsenzufuhr.

Die Latenzzeit zwischen Exposition und Hautkrebserkrankung kann in seltenen Fällen wenige Wochen be- tragen (hochdosierte ionisierende Strahlung), meist jedoch mehrere Jahrzehnte (8, 1).

Ein statistisch erhöhtes Erkran- kungsrisiko für Melanome weisen die Ehepartner von Melanomträgern auf, wobei unklar ist, ob Partnerse- lektion oder gemeinsame Exposition von Bedeutung sind (17).

Die Ausschaltung oder Verminde- rung wahrscheinlicher auslösender Risiken bietet auch Ansatzpunkte ei- ner primären Verhütung von Haut- krebserkrankungen. Daneben gilt nach heutigem Kenntnisstand die Früherfassung und operative Früh- therapie von Hautkrebsen als sinn- voll. Wegen der deutlichen Abhän- gigkeit der Prävalenz in der Bevölke- rung vom Alter und bestimmten an- deren Risiken ist eine Eingrenzung des Personenkreises sinnvoll. Dies geschieht im Rahmen des geltenden Programmes der Gesetzlichen Kran- kenversicherung (GKV) der Bundes- republik in doppelter Weise:

0 durch die vorgegebene Altersbe- grenzung

(9

durch die Befragung der Teilneh- mer nach „Wachstum, Verfärbung oder Blutung eines Pigmentfleckens oder Knotens der Haut."

Es ist wichtig hervorzuheben, daß das GKV-Programm ausschließlich diese Frage enthält und keine routi-

7) Bei Kindern scheint die Möglichkeit histolo- gisch falsch positiver Diagnosen erheblich hö- her zu liegen (95 Prozent) (15).

8) Dazu wurden Einschränkungen in Abhängig- keit von der Tumorgröße geltend gemacht (4).

9) Zur Kritik an dieser These vgl. (23)

DEUTSCHES ÄRZTEBLATT Heft 3 vom 17. Januar 1980 125

(4)

1 2 3 4 133

2 017 470 74 240 698

15 011 4 070 1 744 5 701

19,1 13,4 11,5 4,2 4,2 Haut

Prostata Rektum/Kolon Äußeres Genitale Nieren/Harnwege

2 934 27 244

Insgesamt 10,3

Beantwortete Fälle

Gesicherte Diagnosen absolut in % v. 2 Organ

1 2 3 4

184 4 005 295 698 3 148 119 1 320

60 218 5 352 13 115 109 065 17 502

13,9 6,7 5,5 5,3 2,9 0,7 Haut

Uterus Rektum/Kolon Übriges Genitale Mamma

Nieren/Harnwege

8 449 206 572

Insgesamt 4,1

Tabelle 2: Relation von Krebsverdachtsdiagnosen zu gesicherten Diagnosen (positive Prädiktionswerte)

Männer 1977, Bundesrepublik

Frauen 1977, Bundesrepublik Beantwortete

Fälle

Gesicherte Diagnosen absolut in % v. 2 Organ

gäri2lavirägänn

Hautkrebs-Früherkennung

nemäßige Inspektion aller Teilneh- mer auf Hautveränderungen hin vor- sieht, und es sich ferner um eine additive Leistung zu einem beste- henden präventiven Programm han- delt. Bei Bejahung der Frage durch den Patienten ist der befragende Arzt zur eigenen oder konsiliari- schen Abklärung verpflichtet.

Trotz der Einfachheit dieser Methode ist der positive Prädiktionswert der bejahten Frage höher als der der an- deren Untersuchungsmaßnahmen des GKV-Programms (Tabelle 2). Die

verneinte Frage scheint dagegen ei- nen relativ geringen Filtereffekt (ne- gativen Prädiktionswert) zu haben, eventuell wegen zahlreicher Fälle mangelhafter Selbstbeobachtung von Teilnehmern. Genügend gesi- cherte Daten über diesen Zusam- menhang liegen allerdings noch nicht vor (20).

Aus dieser Unsicherheit kann aller- dings nicht die Forderung abgeleitet werden, jeden Teilnehmer einer Ganzkörperuntersuchung zu unter- ziehen. Dies hätte ein ungezieltes

und aufwendiges Inspektionspro- gramm zur Folge und damit höchst- wahrscheinlich eine stark ver- schlechterte Aufwand-Ertrags-Rela- tion. Vielmehr sollte der erzieheri- sche und aufklärende Effekt der ge- zielten Befragung der Teilnehmer hervorgehoben werden und dieser Aspekt den Ärzten vermehrt deutlich gemacht und von ihnen vermittelt werden. („Daran denken, danach fragen. Falls beobachtbare Verände-

rung, sofortige Vorstellung beim Arzt.") Davon unabhängig sind ge- zielte betriebsgebundene Program- me in speziellen Arbeitsstätten mit hohem Risiko (PAH-Exposition, UV- Belastung) zu empfehlen.

Obwohl nur wenige direkt verwert- bare Daten zur Qualität der jetzigen Früherkennungs- und Frühtherapie- maßnahmen auf diesem Sektor vor- liegen, erscheint es empfehlenswert, diesen Teil des GKV-Programms in der ärztlichen Fortbildung vermehrt zur Geltung zu bringen und dabei auf Aspekte der anamnestischen Be- fragung, der Risikoexposition, der histologischen Diagnosesicherung, der Frühtherapie und der Nachkon- trolle einzugehen.

Die Beurteilung der Früherken- nungsmaßnahme der Bundesrepu- blik auf Hautkrebs, im Rahmen des Programms der GKV, läßt sich dahin zusammenfassen, daß es sich nach dem Stand des Wissens um eine sinnvolle Maßnahme handelt, wobei diese Beurteilung allerdings davon ausgeht, daß das Screening nur als zusätzliche Leistung zu einem be- stehenden Programm und mit den einfachsten Mitteln durchgeführt wird. Die sinnvollen Möglichkeiten einer Frühdiagnostik und -therapie und die Probleme ihrer sachgerech- ten Durchführung sollten von den Ärzten deutlicher gesehen, ernster genommen und noch intensiver wis- senschaftlich diskutiert werden.

Lite ratu r

(1) Andrade, R., et al. (Hrsg.): Cancer of the Skin, Biology—Diagnosis—Management, Phil- adelphia, London, Toronto 1976, 2 Bände — (2) Berndt, H.: Epidemiologie der bösartigen Neu- bildungen in: A. Keck et al. (Hrsg): Epidemiolo- gie nicht übertragbarer Krankheiten, Berlin 1978, Schriftenr. d. Akademie für ärztl. Fort-

(5)

Mancher Arzt bezeichnet die Psy- chotherapie auch heute noch als

„Außenseitermethode". Anderer- seits ist die Behandlung seelischer Störungen ein aktuelles Thema.

Nicht erst das sogenannte „Psycho- therapeutengesetz", sondern vor al- lem die Fortschritte der somatischen Medizin haben immer deutlicher ge- macht, daß Soma und Psyche eng zusammengehören. Zumindest der Arzt in der Praxis — und hier insbe- sondere der Allgemeinarzt — ist tag- täglich mit dem Problem konfron- tiert, sowohl den somatischen wie den psychischen Anteil einer Krank- heit im Sinne der Gesamtdiagnose (Bahnt) erkennen zu müssen. Diese Erfahrung aus der Praxis macht es eigentlich schon deutlich, daß die Psychotherapie ein fester Bestand- teil der Medizin ist. Es ist daher dan- kenswert, daß der alle zwei Jahre stattfindende gemeinsame Kongreß der Allgemeinen Ärztlichen Gesell- schaft für Psychotherapie und der Deutschen Gesellschaft für Psycho- therapie, Psychosomatik und Tiefen- psychologie sich das Leitthema wählte: „Psychotherapie in der Me- dizin." Bewußt wurde nicht das Leit- thema: „Psychotherapie in der Psychiatrie" gewählt, denn die Psy- chotherapie ist kein Teilgebiet der Psychiatrie. Sie ist vielmehr in den verschiedensten Fachgebieten an- gesiedelt, wobei das enge Verhältnis zur Psychiatrie natürlich zu beach- ten ist. Wie sehr die Psychotherapie ein fester Bestandteil der Medizin ist

— der Kongreß diente der Standort- bestimmung — ergab sich aus der Fülle der Referate.

Mit zwei Podiumsdiskussionen, über dreißig Referaten und zwei Work- shops stand in Hannover ein um- fangreiches Angebot bereit.

KONG RESS

-

BERICHT

Der Vormittag des ersten Kongreßta- ges war speziell dem Leitthema ge- widmet. H. Enke, Stuttgart, provo- zierte bewußt die Podiumsdiskus- sion, als er Elsevier, Amsterdam, zi- tierte, der die Psychiatrie als biologi- sche Psychiatrie auffaßt, und als er der Allgemeinmedizin nachsagte, daß sie große Angst habe, sich zu weit von der zukunftssicheren, klei- nen Zitadelle der kurativen Akutme- dizin zu entfernen und sich in das zwar noch zukunftssichere, aber un- gewohnte, ängstigende Grenzland Psychotherapie hineinzubegeben, von dem man noch nicht wissen kann, wie es später zur Medizin ge- hören wird. Die Diskussion wurde entsprechend lebhaft, und es war er- freulich zu sehen, wie klar es promi- nenten Vertretern der Allgemeinme- dizin ist, daß für ihre Praxis die Psy- chotherapie unentbehrlich ist. Vor allem wurde immer wieder auf die Balint-Methode verwiesen, die als besonders gute Einstiegsmöglich- keit in die Psychotherapie und als besondere Hilfe und Supervision für den Allgemeinmediziner gilt.

Die Diskussion zum Thema des zweiten Tages „Psychoanalyse und Psychiatrie" war nicht weniger le- bendig. Bedauert wurde, daß keine ausgesprochenen Gegner der Psy- choanalyse mit auf dem Podium sa- ßen. H: Bach, Berlin, gab zusam- menfassend folgende Anregungen zur Bewältigung der gegenwärtigen Situation:

• Abbau von paranoiden Projek- tionen zwischen Psychoanalyse und Psychiatrie.

• Intensiver Gedankenaustausch unter Berücksichtigung der Tatsa- che, daß die Psychoanalyse und die

Hautkrebs-Früherkennung

bildg. der DDR, Bd. 51,310-311 — (3) Biro, L., Price, E.: Skin Cancer. Screening in Urban Community, N. Y. State J. Med. 78 (1978) 753-755 — (4) Blois, M. S., Epstein, W. L., Me- lanoma: Value of early Detection and Treat- ment, Postgrad. Med. 61 (1977) 82-88 — (5) Elias, E. G., et al.: A Clinicopathologic Study of prognostic Factors in cutaneous Malignant Melanoma, Surg. Gynaecol. Obstet. 144 (1977) 327-334 — (6) Elwood, M. J., Lee, J. A. H.:

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Ergebnisse der gesetzlichen Krebsfrüherken- nung unter Effektivitätsgesichtspunkten, Öff.

Gesundh.-Wesen 41 (1979) 347-354 — (21) Shaw, H. M., McCarthy, W. H., Milton, G. W.:

Changing Trends in Mortality from Malignant Melanoma, Med. J. Aust. 2 (1977) 77-80 — (22) Statistisches Amt des Saarlandes (Hrsg.): Saar- ländische Krebsdokumentation 1972-1974, Saarbrücken 1976, Einzelschriften zur Statistik des Saarlandes Nr. 51 — (23) Storck, H.: Klinik, Statistik und Risikofaktoren des Malignen Melanoms, Dermatologica 155 (1977) 129-142

Anschrift des Verfassers:

Dr. med. Friedrich Wilhelm Schwartz Zentralinstitut

für die kassenärztliche Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland Haedenkampstraße 5

5000 Köln 41

Psychotherapie in der Medizin

Bericht über den Kongreß

der Allgemeinen ärztlichen Gesellschaft für Psychotherapie und der Deutschen Gesellschaft für Psychotherapie,

Psychosomatik und Tiefenpsychologie vom 28. bis 30. September 1979 in Hannover

DEUTSCHES ÄRZTEBLATT

Heft 3 vom 17. Januar 1980 127

Referenzen

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