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Archiv "10. Jahreskongreß der IPPNW/Ärzte in sozialer Verantwortung: Die Krankheit unseres Planeten nicht tatenlos hinnehmen" (13.03.1992)

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DEUTSCHES

ÄRZTEBLATT

GUNGSBERICHT

Die Leibärzte der Mächtigen dieser Erde könnten wahrscheinlich am meisten für den Weltfrieden tun. Wenn der Doktor zum Beispiel beim Pulsfühlen mit ernster Miene sagte: „Leonid" (oder wie der Patient gerade heißt), „diese Raketen sind für Ihr Herz ungesund" - dann bringe das womöglich mehr als jahrelange Abrüstungsdebat- ten. Diese Überlegung beweist, daß es nicht durchweg themenge- recht todernst zuging auf dem 10. Jahreskongreß der deutschen Sektion der International Physicians for the Prevention of Nuclear War (IPPNW). Denn damit würzte Prof. Dr. Johan Galtung, Begrün- der der Friedensforschung, im Berliner Congress Centrum seinen Vortrag über die Zukunft Europas, die er in der Konföderation sieht, so schwer sich auch - nach seiner Prognose - vor allem manche osteuropäische Länder damit tun werden.

Die Krankheit unseres Planeten nicht tatenlos hinnehmen

10. Jahreskongreß der IPPNW/Ärzte in sozialer Verantwortung

Die Warnungen vor der atoma- ren Bedrohung sind heute nicht mehr die einzige Aufgabe der Verei- nigung. Das Kongreßprogramm spie- gelte das vielseitige soziale und poli- tische Engagement der über 2000 teilnehmenden Arzte wider. Da Par- teien und Politiker die langfristigen Überlebensprobleme der Mensch- heit zugunsten kurzfristiger Macht- vorteile immer wieder vernachlässig- ten, sollten Arzte sich aufklärend und mahnend einmischen, meinte Prof. Dr. Horst Eberhard Richter (Gießen), Gründungs- und Vor- standsmitglied der IPPNW. Ärzte sollten dafür sorgen, „daß die Politik medizinischer wird", indem der Schutz des Lebens und der Gesund- heit Priorität erhält.

Wie nötig dies ist, zeigte der Vortrag von Lester Brown, Präsident des Worldwatch Institute in Wa- shington, über die Lage unseres Pla- neten. Dessen Gesundheit habe sich in den zwei Jahrzehnten seit der UN- Konferenz, die offiziell die interna- tionale Umweltbewegung in Gang setzte, bedrohlich verschlechtert.

Brown nannte Fakten wie Entwal- dung und Bodenerosion, Aussterben vieler Tier- und Pflanzenarten, Hun- gersnöte, Klimaveränderung, be- schleunigter Abbau der Ozonschicht,

Beeinträchtigungen der Gesundheit und Übervölkerung der Erde. Die Verschlechterung der Lebensbedin- gungen, vor der damals nur ein paar Ökologen gewarnt hätten, sei heute für mehr als ein Sechstel der Menschheit zur Realität geworden.

Mit dem Verschwinden des Ei- sernen Vorhangs zwischen Ost und West sei der „Armutsvorhang" zwi- schen Nord und Süd noch deutlicher sichtbar geworden. Weltweit funktio- niere das Wirtschaftssystem nicht mehr; es zerstöre sich allmählich selbst. „Wenn unsere Generation es nicht schafft, den Trend zur zuneh- menden Zerstörung der Umwelt um- zukehren, dann hat die nächste kei- ne Gelegenheit mehr dazu. Sie als Ärzte sehen die hieraus resultieren- den Gesundheitsschäden besser als alle anderen. Sie sollten es zu Ihrer Hauptaufgabe machen, die ökologi- sche Revolution voranzubringen", sagte Brown.

Der starke Beifall aus dem größ- ten Saal des Kongreßzentrums, in den wegen des starken Andrangs vie- le Vorträge verlegt werden mußten, zeigte, wie sehr die IPPNW heute ökologisch engagiert ist. Sie ging aus einer Ärztebewegung „für soziale Verantwortung" hervor, die 1962 in den USA gegründet wurde. An die-

sen Namen knüpfte die deutsche Sektion, die jetzt ihr zehnjähriges Bestehen feierte, kürzlich wieder an:

Sie heißt nun „IPPNW/Ärtzte in so- zialer Verantwortung", und zwar seit dem Zusammenschluß der beiden deutschen Gruppen in Ost und West. Der neue Namensteil ist eine Mitgift aus dem Osten, deren Vorge- schichte wissenswert ist:

Das 1980 gegründete Komitee

„Ärzte gegen den Atomkrieg" der DDR hatte nur etwa vierzig Mitglie- der, die alle von Regierung und Par- tei eingesetzt waren und auf Staats- kosten bei den Kongressen im Aus- land und auch bei der Verleihung des Friedensnobelpreises an die IPPNW die DDR repräsentierten.

Andere Ärzte durften nicht beitre- ten, und Themen wie Abbau von Feindbildern oder auch Risiken der Kernkraftwerke waren tabu. Um 1982/83 bildeten sich dann unter dem schützenden Dach der Kirche unabhängige Gruppen, mißtrauisch von der Stasi überwacht; zuerst in Halle, dann zum Beispiel auch in Thüringen (Ilmenau, Erfurt) und in Berlin. Sie nannten sich „Ärzte für den Frieden" oder „Ärzte in sozialer Verantwortung". Streng geheim suchten sie Kontakte zur westdeut- schen IPPNW und durften schließ- lich dort eintreten.

Daraufhin wurden in der DDR 1984 offizielle Bezirkskommissionen gebildet, und nun konnten Ärzte von sich aus beitreten. Das galt sogar als karriereförderliche gesellschaftliche Betätigung. Unter den damals rund 6000 bis 7000 Mitgliedern waren aber auch die oppositionellen Ärzte aus den weiter bestehenden Frie- densgruppen, die immer dringlicher demokratische Strukturen forderten.

Erst nach der Wende, im Juni 1990, setzten sie Wahlen durch. Die alte Partei-Riege wurde abgewählt, die Friedens- und Bürgerbewegung stell- te den neuen Vorstand Ihm gehörte auch Dr. Eberhard Seidel/Berlin an, der dem Deutschen Ärzteblatt diese Vorgänge erläutert hat. Die Satzung wurde geändert, der Name erweitert.

Nun also fand in Berlin der erste Jahreskongreß der vereinten deut- schen Sektion statt, die in diesen Ta- gen ihr zehntausendstes Mitglied er- wartete. Rosemarie Stein 4,11-886 (26) Dt. Ärztebl. 89, Heft 11, 13. März 1992

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