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Archiv "Histamin H2- Rezeptorantagonisten" (26.01.1978)

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ÜBERSICHTSAUFSATZ

Seit J. W. Black et al. (1) in Welwyn Garden City (England) die Entwick- lung eines neuen Arzneimitteltyps bekanntgegeben hatte, sind etwa 1000 Veröffentlichungen über die sogenannten H 2 -Rezeptorantagoni- sten erschienen. In Rundfunk und Fernsehen sowie in den größeren Tageszeitungen wurde über die „H 2

-Blocker" berichtet, ein neuer Star auf dem Pharmasektor wurde gebo- ren. Unmittelbar vor der Einführung einer dieser Substanzen, des Cimeti- din (Tagamet®), in den deutschen Arzneimittelmarkt stellt sich die Fra- ge, was hinter den H 2-Antihistamini- ka steht, was sie darstellen, wie sie wirken und welche klinischen Indi- kationen für sie bestehen oder zu erwarten sind.

Rolle von Histamin in der Pathophysiologie des Menschen Bei exogener, parenteraler Zufuhr von Histamin werden beim Men- schen die in Tabelle 1 dargestellten Wirkungen beobachtet. Im Gegen- satz aber zu früheren Untersuchun- gen genügen heute minimale Dosen dieses biogenen Amins (zum Bei- spiel 600 Nanogramm/Kilogramm; 1 Nanogramm = 1 Milliardenstel Gramm) um einen großen Teil dieser Effekte selbst bei gesunden, er- wachsenen Testpersonen hervorzu- rufen, wobei auch die im Plasma auftretenden Histaminspiegel heute durch eine äußerst verfeinerte Ana- lysentechnik (Fluorometrie oder en-

zymatische Radioisotopenmethode) meßbar sind. Allerdings sind nicht alle Menschen gegenüber Histamin in gleicher Weise empfindlich, wie dies in einem biologischen System auch nicht zu erwarten ist. In einer sogenannten prospektiven Studie an 40 freiwilligen Versuchspersonen zeigten zwar alle Probanden nach Gabe von 600 Nanogramm/Kilo- gramm eine Zunahme der objektiv meßbaren Plasmahistaminkonzen- tration auf durchschnittlich 1,5 Nanogramm/Milliliter.

Aber nur bei 36 Personen wurde ein Flush als empfindlichste Reaktion beobachtet, bei keiner eine Hypo- tension. Zum Vergleich sei die Hist- amindosis angegeben, die beim kli- nisch verwendeten maximalen Hist- amintest („augmented histamine test") zur Stimulierung der Magen- saftsekretion verabreicht wird: 15 Mikrogramm/Kilogramm intramus- kulär = 15 000 Nanogramm/Kilo- gramm.

Für eine pathophysiologische Rolle des Histamins beim Menschen sind nun folgende Fragen entscheidend:

• Treten unter klinischen Bedin- gungen meßbare Veränderungen des Plasmahistaminspiegels auf?

Q Werden diese zeit- und konzen- trationsabhängig von klinischen Symptomen und Reaktionen beglei- tet, die denen nach Histamingabe entsprechen?

Histamin spielt in der Patho- physiologie des chronischen Ulcus duodeni, bei Zwischen- fällen mit Narkotika und Blut- ersatzmitteln sowie bei be- stimmten chirurgischen Er- krankungen und bei operati- ven Eingriffen eine wichtige Rolle. Durch Cimetidin, einen H r Rezeptorantagonisten, las- sen sich diejenigen Wirkun- gen des Histamins erstmals blocken, die mit den klassi- schen Antihistaminika (H 1 -Re- zeptorantagonisten) nicht zu hemmen waren. Damit wurde ein neues Prinzip in die Be- handlung des Ulcus duodeni des Streßulkus und verschie- dener anderer histaminbe- dingter Erkrankungen einge- führt.

Sind diese Symptome und Reak- tionen durch Gabe von Antagoni- sten vollständig oder wenigstens teilweise zu blocken?

Diese Fragen wurden teilweise oder vollständig für eine Reihe von Vor- gängen und ärztlichen Maßnahmen während der Anästhesie und bei chirurgischen Eingriffen positiv be- antwortet (Tabellen 2 und 3). Be- rücksichtigt man dabei auch not- wendigerweise die Ergebnisse von Tierversuchen mit, da ein Teil der Prüfungen am Menschen aus ethi- schen Gründen nicht durchführbar ist, so muß die klinische Bedeutung des Histamins in der Narkoseeinlei- tung und nach Gabe von bestimm- ten Blutersatzmitteln als zweifelsfrei erwiesen angesehen werden (2).

Histaminfreisetzung läßt sich aber nicht nur direkt durch Bestimmung des erhöhten Aminspiegels im Plas- ma messen, sondern auch indirekt durch die Abnahme des Histaminge- halts im Gewebe. Ein Beispiel hier- für ist das chronische Ulcus duodeni beim Menschen. In einer prospekti- ven Studie fanden Troidl et al. (3) erniedrigte Histamingehalte in der säurebildenden Magenschleimhaut von Ulcus-duodeni-Patienten wäh-

Histamin H2- Rezeptorantagonisten

Ein neues Prinzip in der Behandlung des Ulcus pepticum und anderer histaminbedingter Erkrankungen

Wilfried Lorenz

Abteilung für Experimentelle Chirurgie und Pathologische Bioche- mie (Vorstand: Professor Dr. Wilfried Lorenz)

an der Chirurgischen Klinik

(Direktor: Professor Dr. Horst Hamelmann) der Universität Marburg

DEUTSCHES ÄRZTEBLATT

Heft 4 vom 26. Januar 1978 173

(2)

AR Azetylcholin

•••%„444.e

Hlstamin ••

H2 R •••

• • •

b.) Ulkus duodeni

Darstellung 1: Schema der Wirkung von Histamin und Azetylcholin bei der Stimulierung der Magensaftsekretion - HMT - Histaminmethyltransferase (histaminabbauend), AR = Azetylcholinrezeptor, H 2 R = Histamin-H 2 -Rezeptor.

4-normale Wirkung, ♦verstärkte Wirkung. - - abgeschwächte Wirkung,

>4> Säurekanälchen,

0

Bläschen mit Azetylcholin, • Körnchen mit Histamin.

Azetylcholin wirkt am Azetylcholinrezeptor und an der Mastzelle durch Hist- aminfreisetzung. Histamin wird aus der Mastzelle freigesetzt und wirkt am H 2 -Rezeptor. Histaminmethyltransferase inaktiviert Histamin

Belegzelle

1 AR Azetylcholin

endigung Nerven-

v Histamin

H2 R

(H MT) Mastzelle a.)

Gesund

c.) Vagotomie

- Azetylcholin - - - - - Histamin.

-

4 M T) AR

H2 F

d.)

H2-

Rezeptor antagonist

AR Azetylcholin

H2 R

(HMT)

v

Tabelle 1: Hauptsächliche pharmakologische Wirkungen von Hist- amin beim Menschen

• Stimulierung von Tränen-, Speichel-, Nasen- und Magensaftsekre- tion. Hämorrhagische Erosionen der Magenschleimhaut.

(!) Metallischer Geschmack, Flush (Gesichtsrötung mit Hitzewallung) und krampfartige Kopfschmerzen.

• Rötung, Quaddeln, Juckreiz und brennender Schmerz bei lokaler Applikation.

(3

Magen- und Darmkontraktionen mit Koliken und Durchfällen.

fp

Nasen- und Rachenenge, Erhöhung des bronchialen Widerstandes bis zum Bronchospasmus.

• Herzfrequenzzunahme (Tachykardie), arterielle Blutdrucksenkung, Arrhythmie, AV-Überleitungsstörungen, Herzstillstand (in sehr hohen Dosen)

H2 - Rezeptorantagon isten

rend bei allen übrigen Magenerkran- kungen normale Histaminkonzen- trationen gemessen wurden. Nach der Durchtrennung des Vagus, dem in der Pathogenese des Ulcus duo- deni eine wesentliche Rolle zuge- schrieben wird, stiegen die Hist- amingehalte der Korpusschleimhaut über die Norm an, es wurde also vermehrt Histamin gespeichert. Je höher der Histamingehalt anstieg, um so größer war die Reduktion der Säuresekretion nach der Operation.

Diese Befunde sprechen für eine chronisch vermehrte Histaminfrei- setzung beim Ulcus duodeni des Menschen (Darstellung la-1d) und bilden eine Erklärung für die Wirk- samkeit der H 2-Rezeptorantagoni- sten bei dieser Erkrankung (Darstel- lung 1d).

Beim chronischen Ulcus duodeni ist aber nicht nur die Histaminspeiche- rung gestört, sondern auch der Hist- aminstoffwechsel. Im Gegensatz zu allen übrigen Magenerkrankungen ist die Aktivität der Histaminmethyl- transferase, die Histamin inaktiviert beim Ulcus duodeni erniedrigt, nach Vagotomie aber erhöht (Darstellung 1b und 1c). Damit macht sie bei die- ser Erkrankung dieselben Verände- rungen mit wie der Histamingehalt.

Da somit beim Ulcus duodeni ver- mehrt Histamin freigesetzt und die- ses freie Histamin vermindert abge- baut wird, verstärken sich beide Ver- änderungen gegenüber der Norm und liefern eine wesentliche Be- gründung für die beim Ulcus duode- ni beobachtete Hypersekretion, Hy- perchlorhydrie und Hyperazidität (Darstellung 1b). Da die H 2 -Rezep- torantagonisten auch die Aktivität der Histaminmethyltransferase be- einflussen (4), ist dieser Befund für die Erklärung der Wirksamkeit die- ser Substanzen von Bedeutung.

2. Pharmakologische Wirkungen und Chemie der H 2 -Rezeptorant- agonisten

Histamin wirkt im Organismus durch Bindung an Rezeptoren. Diejenigen Effekte, die durch die klassischen Antihistaminika, wie Fenistil, Atosil und Antistin verhindert werden kön- nen, werden als Effekte an H,-Re-

(3)

Epontol 24 Trapanal 15 Brevimytal 10 Althesin

„Glaxo" 8 Rohypnol

„Roche" 10 Anästhetika

und Hypnotika

5-7 5 2,5 0,075 0,02

Etomidate 39 0,2

Muskel- Lystenon 8 0,7

relaxantien Alloferin 8 0,15

Pancuronium 8 0,1

Prämedi- Atropin 36 0,01

kation Atosil 10 0,4

Fenistil 8 0,04

Protease- inhibitoren Plasma- substitute

Haemaccel Gel ifu ndol Macrodex Plasmasteril

Trasylol 10 6000 E/kg

80 6

10 6

35 6

20 6

(1) Burimamid HN

CH3 CH2SCH2CH2NHCNHCH3 II

(2) Metiamid HN N

CH3

Darstellung 2:

Chemische Strukturen von H 2 -Rezeptor - antagonistenund von Histamin.

Aus Burland and Simkins (5) CH 2CH2CH2CH2NHCNHCH3

II S

N

CH2SCH2CH2NHCNHCH3 N — C = N

II

(3) Cimetidin

(Tagamet®) HN / N

CH2CH2NH3

(4) Histamin HN

Tabelle 2: Histaminfreisetzung beim Menschen durch Arzneimittel, die während Anästhesie und chirurgischen Eingriffen verwendet werden. Nachweis durch Plasmahistaminbestimmung nach Lorenz (2). + = nachgewiesen, — = nicht nachweisbar.

Arzneimittel

Zahl der

Testpersonen

Dosis Ergeb- [mg/kg nis der bzw. ml/kg] Prüfung zeptoren bezeichnet. Eine Reihe von

Histaminwirkungen lassen sich aber durch diese Arzneimittel nicht blok- ken, sondern nur durch die neuen Substanzen von SKF, Welwyn Gar- den, wie Burimamid, Metiamid und Cimetidin. Diese Histaminwirkungen werden als Effekte an H 2-Rezepto- ren bezeichnet. Aus der Verteilung der verschiedenen Histaminrezepto- ren im Organismus wird verständ- lich, warum die bisherigen „klassi- schen" Antihistaminika bei der Ma- gensaftsekretion und auch zum Teil im Kreislauf gegenüber Histamin un- wirksam waren; Sie konnten die H2- Rezeptoren nicht besetzen. Nach heutiger Nomenklatur nennt man sie H 1 -Rezeptorantagonisten oder H 1

-Blocker (zum Beispiel [Dimetinden], [Fenistil®], [Promethazin], [Atosil®], [Antazolin], [Antistin®]). Die Stoffe, welche die Magensaftsekretion hemmen, werden dagegen H 2-Re- zeptorantagonisten oder H 2-Blocker genannt (zum Beispiel Burimamid, Metiamid, Cimetidin [Tagamet®]).

Chemisch leiten sich alle H 2-Rezep- torantagonisten vom Histamin ab (Darstellung 2). Die Verlängerung der Seitenkette und die Einführung einer Guanidinogruppe beziehungs- weise eine ihrer Alternativen sind das entscheidende Struktur- merkmal.

3. Klinische Befunde

mit H 2-Rezeptorantagonisten H 2-Rezeptorantagonisten wurden bisher klinisch vor allem beim chro- nischen Ulcus duodeni erprobt. In einer ganzen Serie von prospekti- ven, kontrollierten Doppelblindstu- dien, die an Einzelkliniken in Eng- land, Skandinavien, Südafrika, den USA und in der Erlanger Medizini- schen Klinik (6) durchgeführt wur- den, beschleunigte Cimetidin aus- nahmslos die Abheilung des floriden Ulkus und beseitigte schneller als die Plazebomedikation Schmerzen und dyspeptische Beschwerden (5).

In einer multizentrischen Doppel- blindstudie an zehn Krankenhäu- sern wurden 89 Patienten mit endo- skopisch gesichertem chronischen Ulcus duodeni entweder mit einer oralen Gabe von 2 Gramm oder 1 Gramm Cimetidin oder mit Plazebo-

DEUTSCHES ÄRZTEBLATT

Heft 4 vom 26. Januar 1978 175

(4)

H2-Rezeptorantagonisten

tabletten behandelt. Vier Wochen nach Beginn der Behandlung betrug die endoskopisch gesicherte Abhei- lung des Ulkus bei beiden Cimeti- dingruppen etwa 70 Prozent, bei der Plazebogruppe etwa 25 Prozent (5). Außer beim Ulcus duodeni wurde Ci- metidin noch beim Ulcus ventriculi, bei Ulkusblutung, beim Zollinger-EI- Iisonsyndrom (rezidivierende Ulcera duodeni und ventriculi infolge ga- strinproduzierender Tumoren), bei erosiver hämorrhagischer Gastritis und beim StreBulkus sowie bei Re- fluxösophagitis erprobt. Beim Ulcus ventriculi, in dessen Pathogenese die Säuresekretion nicht so im Vor- dergrund steht wie beim Ulcus duo- deni, waren die Erfolge mit Cimeti- din vorhanden, aber nicht so offen- sichtlich wie beim Ulcus duodeni.

Bei Ulkusblutung stoppte Cimetidin in vielen Fällen die Blutung. Beim Zollinger-EIIison-Syndrom heilten die Ulzera ab und die meisten Patien- ten waren bereitsfür 1 bis 2 Jahre be- schwerdefrei (5). Die prophylakti- sche Gabe von Cimetidin bei Risiko- patienten (Leberversagen) verhin- derte weitgehend die Entstehung von Streßulzera, während bei der Refluxösophagitis die Ergebnisse bisher nicht überzeugten.

4. Wirkungsmechanismus

von H2-Rezeptorantagonisten beim chronischen Ulcus duodeni

Cimetidin hemmt die basale, interdi- gestive und nächtliche Säuresekre- tion bei gesunden Testpersonen und

bei Ulcus-duadeni-Patienten (5). Es reduziert auch erheblich die nah- rungsmittel-stimulierte Magensaft- sekretion und erreicht dabei beim Ulkuskranken Werte, die denen nach chirurgisch optimal durchge- führter Vagetornie entsprechen. Die generelle Reduzierung der Säurese- kretion des Magens könnte teilweise die Erfolge von Cimetidin erklären. Diese These läßt aber unberücksich- tigt, daß die vagal stimulierte Säure- sekretion durch Cimetidin nicht im selben Maße gehemmt wird wie die durch Histamin und Gastrin. Cimeti- din ist nicht ein unspezifischer

"Säureblocker", sondern ein defi-

nierter H2-Rezeptorantagonist, der an Histamin H2-Rezeptoren der säu- rebildenden Belegzellen wirkt. Au- ßerdem aktiviert Cimetidin die Hist- aminmethyltransferase der Magen- schleimhaut bereits in einer mil- lionstel molaren Konzentration, also bei einer sehr niedrigen therapeu- tisch erreichbaren Dosis (4) (Darstel- lung 1d). Warum soll also Cimetidin das Ulcus duodeni heilen, wenn freies Histamin dabei garnicht im Spiele ist?

Die Befunde einer gestörten Hist- aminspeicherung und -inaktivierung beim menschlichen Ulcus duodeni (Darstellung 1 b) sprechen dagegen.

Ähnlich wie der Effekt der Vagoto- mie (Darstellung 1 c) läßt sich auch die Wirkung von H2-Rezeptorant- agonisten sinnvoll erklären, wenn man diese Befunde mitberücksich- tigt:

Tabelle 3: Erhöhte Plasmahistaminspiegel während Erkrankungen mit chirurgischer Indikation oder während operativer Maßnahmen. Nachweis durch Plasmahistaminbestimmung nach Lorenz (2).

+ =

nachweisbar, -

=

nicht nachweisbar. Erhöht

=

mehr als 1 Nano- gramm/Milliliter.

Erkrankung oder Maßnahme Ulcus duodeni

Pankreatitis Ileus Urämie

Abdominelle Eingriffe Extrakorporaler Kreislauf Nierentransplantation

Ergebnis der Prüfung

+ + + + + +

..,.. Beim Ulcus duodeni verdrängen die H2-Biocker das vermehrt freige- setzte Histamin von seinen Rezepto- ren an der Belegzelle und fördern durch Aktivierung der Histaminme- thyltransferase seine Inaktivierung (Darstellung 1d)

Bedeutung

der H2-Rezeptorantagonisten bei erhöhten Plasmahistaminspiegeln Mit Ausnahme des Streßulkus, bei dem in verschiedenen Fällen erhöh- te Plasmahistaminspiegel nachweis- bar waren, wurden bis heute H2-Re- zeptorantagonisten bei Erkrankun- gen mit Histaminfreisetzung in das Plasma beim Menschen nicht ange- wendet. Berücksichtigt man aber zahlreiche Vorgänge und Maßnah- men während Anästhesie und chir- urgischen Eingriffen (Tabellen 2 und 3), bei denen mit erhöhten Plasma- histaminspiegeln gerechnet werden muß, so eröffnet sich ein neues sehr weites Feld für die Anwendung von Cimetidin, allerdings mit der Beson- derheit, daß im Kreislauf ja H1- und H2-Rezeptoren für Histamin zusam-

men

vorkommen. Sie müssen des- halb auch durch die gemeinsame

Applikation von H1- und H2-Rezep- torantagonisten blockiert werden.

Ein erster Versuch in dieser Rich- tung wurde bei den anaphylaktoiden Reaktionen nach Gabe des Plasma- ersatzmittels Haemaccel gemacht.

Von 40 Hunden wurden in einer pro- spektiven, kontrollierten Studie 20 Tiere mit der Kombination Fenistil/

Tagamet behandelt, 20 Tiere mit Pla- zebolösung (Kochsalz). Zehn Minu- ten später wurden 500 Milliliter Blut arteriell entzogen und 500 Milliliter Haemaccel infundiert. Bei den Kon- trolltieren kam es in 10 Fällen zum anaphylaktoiden Schock, bei den 20 mit H1- und H2-Rezeptorantagoni- sten vorbehandelten Tieren trat kei-

ne

derartige Reaktion auf, obwohl auch bei ihnen HistaminfreisetzunQ im Blut gemessen werden konnte.

Da HistaminfreisetzunQ bei Narkose und Operation durch viele Arznei- mittel und Prozesse ausgelöst wird (siehe oben), eröffnet sich hier bei positiven Ergebnissen klinischer Studien die Möglichkeit, durch die

(5)

Datenverarbeitungssystem für das medizinische Labor Werkfoto

H 2 -

Rezeptorantagon isten

TECHNIK IN DER MEDIZIN

entsprechende Prämedikation in Zu- kunft derartige Reaktionen zu unter- binden (2).

Datenverarbeitungs-System für das Labor

6. Nebenwirkungen

von H 2-Rezeptorantagonisten Nach längerer Behandlungsdauer mit Metiamid wurden in einigen Fäl- len Schäden des Knochenmarks be- obachtet. Sie wurden auf die Thio- harnstoffgruppe in der Seitenkette des Moleküls zurückgeführt (Dar- stellung 2), die deshalb im Cimetidin durch eine Cyanoguanidingruppe ersetzt wurde. Mit Cimetidin sind bislang noch keine Auswirkungen auf das blutbildende Knochenmark festgestellt worden. Über die Routi- neüberwachung von Blutbild, Le- ber- und Nierenfunktion hinaus soll- te das Augenmerk besonders auf eine mögliche Rückkopplung der Säureproduktion des Magens mit der Sekretion von Gastrin gelenkt werden: die ständige Hemmung der Säureproduktion könnte zu einer Überproduktion von Gastrin führen.

Literatur

(1) Black, J. W., Duncan, W. A. M., Durant, C. J., Ganellin, C. R., Parsons, E. M.: Definition and antagonism of histamine H 2 -receptors, Nature 236 (1972) 385-390 — (2) Lorenz, W.: Histamine release in man, Agents Actions 5 (1974) 402 bis 416 — (3) Troidl, H., Lorenz, W., Rohde, H., Häfner, G., Ronzheimer, M.: Histamine and peptic ulcer: a prospective study of mucosal histamine concentration in duodenal ulcer pa- tients and in control subjects suffering from various gastrointestinal diseases, Klin. Wschr.

54 (1976) 947-956 — (4) Barth, H., Niemeyer, I., Lorenz, W.: Studies on the mode of action of histamine H,- and H 2 -receptor antagonists on gastric histamine methyltransferase, Agents Actions 3 (1973) 138-147 — (5) Burland, W. L., Simkins, M. A.: Cimetidine — Proceedings of the second international symposium on hist- amine H2-receptor antagonists, Excerpta Medica, Amsterdam—Oxford, 1977 — (6) Domschke, W., Domschke S. and Demling L.: A double-blind study of cimetidine in patients with duodenal ulceration: clinical, kinetic and gastric and pancreatic secretory data. In:

Cimetidine, W. L. Burland and M. Alison Sim- kins, eds., Excerpta Medica, Amsterdam—Ox- ford, 1977, p. 217.

Anschrift des Verfassers:

Professor Dr. med. Wilfried Lorenz Abteilung für

experimentelle Chirurgie und pathologische Biochemie der Chirurgischen Universitätsklinik Robert-Koch-Straße

3550 Marburg an der Lahn

Ein Datenverarbeitungssystem für das medizinische Labor ist auf die Informations- und Rationalisie- rungsbedürfnisse des Krankenhaus- und Gemeinschaftslabors ausge- richtet. Es beinhaltet ein neues Or- ganisationsmodell, das die homoge- ne Anpassung von Labordatenverar- beitung an die organisatorischen Abläufe des Krankenhauses oder — in einer anderen Version — des prak- tischen Arztes gewährleistet. Das Labor-Informations-System soll ne- ben der üblichen Labordatenverar- beitung weitere Informationen be- reitstellen, die für betriebswirt- schaftliche Kontrollen und damit für die Verbesserung der Wirtschaft- lichkeit des medizinischen Labors von Bedeutung sind:

aktuelle und kumulierte Leistungs- statistik pro Analysengerät;

aktuelle und kumulierte Leistungs- statistik pro Patient und Arzt;

aktuelle und kumulierte Statistik der Leistungen pro Tarif und pro Patient und Arzt bzw. pro Patient und Kostenträger.

Es werden zwei schlüsselfertige Lö- sungen angeboten: ein System für die Labordatenverarbeitung im Ge- meinschaftslabor sowie ein System für Labordatenverarbeitung im klei- neren Krankenhaus- und Notfall- labor.

Beide Systeme haben in der Grund- version die gleiche Zentraleinheit mit 48 KB Hauptspeicher, das glei- che Bildschirmterminal und den gleichen Schnelldrucker. Der Unter- schied liegt in den Datenspeichersy- stemen. Das eine verfügt über ein Doppellaufwerk für Miniplatten mit je 256 KB Speicherkapazität, das an- dere dagegen über einen Wechsel- plattenspeicher von 2,4 bis 40 MB.

Beide Systeme sind in der Program- miersprache Basic programmiert, wobei alle Eingaberoutinen unter selbsterklärender Bedienerführung im Dialog ablaufen. Auch unge- schultes Personal erlernt die Bedie- nung des Systems in einigen Stun- den. Ha Hersteller: Eppendorf Gerätebau Netheler + Hinz GmbH, Postfach 63 03 24, 2000 Hamburg 63

DEUTSCHES ÄRZTEBLATT

Heft 4 vom 26. Januar 1978 177

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