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Merksätze Sinnvolles und Überflüssiges in der Diagnostik nach Zeckenstich Lyme-Borreliose BERICHT

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Während die durch Zecken übertra- gene virale Frühsommer-Meningo- enzephalitis (FSME) durch eine Schutzimpfung verhindert werden kann, bleibt die Angst vor einer Lyme-Borreliose nach Zeckenstich.

ANKA STEGMEIER-PETROIANU

Alarm ist dennoch Fehl am Platz: Bei einer raschen Entfernung der Zecke von der Stichstelle ist die Infektionsge- fahr mit dem Bakterium Borrelia burg- dorferi äusserst gering. Licht in das Dunkel der Vielzahl unterschiedlicher Laboruntersuchungen zur Diagnostik der Lyme-Borreliose brachte Professor

Dr. Dr. Klaus P. Kohse vom Institut für Laboratoriumsdiagnostik und Mikro- biologie, Klinikum Oldenburg.

Post-mortem-Untersuchung der Zecke unnötig

Entfernen Patienten oder Eltern die Zecke selbst und bringen sie zur Kon- sultation mit, ist das lobenswert, deren weitere Untersuchung im Labor (z.B.

PCR-Untersuchung auf Borrelien) er- laubt aber keine Vorhersage hinsicht- lich einer drohenden Infektion.

Zecken können zwar eine Borreliose übertragen, aber der Borreliennach- weis in der Zecke korreliert nicht mit der Entwicklung einer Lyme-Borre- liose. Das Übertragungsrisiko nach einem Zeckenstich, also die Serokon- version, liegt bei 4 Prozent und bleibt in den meisten Fällen ohne klinische Manifestation. Auch die prophylak - tische Antibiotikumgabe verhindert nicht sicher die Manifestation. Einer Studie zufolge sind bis zu 6 Prozent aller Jugendlichen seropositiv.

Wann sind Laboruntersuchungen angebracht?

Dazu muss man wissen, dass eine Lyme-Borreliose in Stadien verläuft. In 90 Prozent der Fälle zeigt sich im ersten

klinischen Stadium eine Lyme-Borre- liose auf der Haut: Das Erythema mi- grans, die sogenannte Wanderröte, ist ein fast untrügliches Zeichen für eine Borrelieninfektion. Es handelt sich dabei um eine sich ausbreitende Hau- trötung um die Einstichstelle herum, die 3 bis 30 Tage nach dem Stich auf- tritt. Die Diagnose wird klinisch ge- stellt, in seltenen Fällen mit Hilfe eines molekulargenetischen Erregernachwei- ses in einer Hautbiopsie (Tabelle 1).

Erythema migrans: Behandlungsindi - kation ohne serologischen Nachweis Die antibiotische Therapie wird eben- falls alleinig aufgrund des klinischen Befundes eingeleitet.

Grippeähnliche Symptome können auf eine durch Zecken übertragene Borreliose deuten. Insbesondere Kopf- schmerzen mit Meningismus oder eine Fazialisparese sind Zeichen einer frü- hen Neuroborreliose (Stadium 2) – chronische Kopfschmerzen, Kogniti- onseinschränkungen oder unspezifi- sche Befindlichkeitsstörungen hinge- gen nicht, so Kohse. Im (seltenen) Spät- stadium, das Monate bis Jahre nach der Infektion auftreten kann, sind Lyme- Arthritis sowie die Acrodermatitis atrophicans Leitsymptome.

BERICHT

396

ARS MEDICI 8 2013 3. Labormedizin-Update-Seminar Mannheim, 8. und 9. März 2013

Lyme-Borreliose

Sinnvolles und Überflüssiges in der Diagnostik nach Zeckenstich

Merksätze

❖Erythema migrans ist eine Blickdiagnose, die keine Laboruntersuchung erfordert.

❖Die Zecke selbst muss nicht untersucht wer- den: Der Nachweis von Borrelien in Zecken ist nutzlos.

❖Bei unspezifischen Befindlichkeitsstörungen nach einem Zeckenstich ist keine Antikörper- bestimmung indiziert.

❖Bei fehlender klinischer Symptomatik hat ein positiver Antikörpertest keinerlei Relevanz.

❖Bei Verdacht auf eine Lyme-Arthritis kann eine Borrelien-PCR aus Synovialflüssigkeit nützlich sein.

❖Die Bestimmung borrelienspezifischer Anti- körper ist frühzeitig indiziert, sofern extraku- tane Manifestationen einer Borrelieninfektion vorliegen.

Tabelle 1:

Diagnostisches Vorgehen bei Verdacht auf Borreliose

Erythema migrans Blickdiagnose, keine Laboruntersuchung Verdacht auf frühe Neuroborreliose Liquor: lymphozytäre Pleozytose

Serum/Liquor: IgM-Antikörper gegen Borrelien

Verdacht auf späte Neuroborreliose IgG-Antikörper gegen Borrelien in Serum und Liquor bestätigt durch IgG-Immunblot Verdacht auf Lyme-Arthritis Serum: IgG-Antikörper gegen Borrelien

Synovialflüssigkeit: Borrelien-PCR

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BERICHT

ARS MEDICI 8 2013

397

Die Kommission für Infektionskrank- heiten und Impffragen der Deutschen Akademie der Kinder- und Jugendme- dizin hat kürzlich eine Konsensusemp- fehlung zur Diagnostik der Lyme-Bor- reliose herausgegeben. Demnach ist die Bestimmung borrelienspezifischer An- tikörper frühzeitig indiziert bei klini- schem Verdacht auf eine Borreliose, vor

allem zur Diagnose einer Neuro - bor reliose. Nicht zielführend sei der Lymphozyten-Transformationstest, der eine Aktivierung borrelienspezifischer T-Helferzellen nachweisen soll, da er häufig falsch positiv ausfällt.

Mit Ausnahme der Diagnostik bei Neuroborreliose werden alle Labor - untersuchungen zurückhaltend bewertet.

Der molekulargenetische Borrelien- nachweis mit Hilfe der PCR besitzt lediglich bei der Lyme-Arthritis, in der sie bis zu 80 Prozent positiv ausfällt, einen diagnostischen Stellenwert. Bei Kindern mit einer frühen Neuroborre- liose konnte in einer US-Studie nur in einem von 20 Fällen ein PCR-Nach- weis erfolgen. Umgekehrt schliesst ein negatives PCR-Ergebnis weder in der Synovialflüssigkeit noch im Liquor eine Borreliose aus.

Borrelien können im Prinzip alle Or- gane befallen (Haut, ZNS, Augen, Herz, Gelenke) (Tabelle 2). Deshalb kann die Borreliose zu sehr unter- schiedlichen und damit unspezifischen Krankheitsbildern führen.

Bei Spätfmanifestation der Borreliose sind die IgG-Titer immer erhöht, bei Infektion des ZNS können zusätzlich intrathekal produzierte Antikörper nachgewiesen werden. Bei Verdacht auf eine Lyme-Arthritis kann der direkte Borreliennachweis in der Synovialflüs- sigkeit aus dem Gelenkpunktat mittels

PCR gelingen. ❖

Anka Stegmeier-Petroianu Tabelle 2:

Manifestationen einer Borreliose

Organbeteiligung Frühmanifestation Serologische Spätmanifestation Serologische

Befunde Befunde

Haut Erythema migrans keine Acrodermatitis IgG + IB

Lymphozytom chronica atrophicans

ZNS Meningitis IgM + IB Radikuloneuritis IgG + IB

Fazialisparese Enzephalomyelitis inthrathekale Antikörper- produktion

Herz Myoperikarditis IgM + IB Kardiomyopathie IgG + IB

Auge Konjunktivitis IgM + IB Uveitis, Keratitis IgG + IB Bewegungsapparat Arthralgien IgM + IB chronische Arthritis IgG + IB

Sommergrippe IB: Immunblot

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