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Merksätze Insektengiftallergie

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Academic year: 2022

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Insekten-, besonders Bienen- und Wespenstiche sind ein häufiges Problem in der Allgemeinarzt - praxis. Solange es sich dabei nur um Lokalreaktio- nen handelt, kann eine entsprechende Therapie mit Eis, essigsaurer Tonerde oder Lokalantihistaminika gut helfen. Gefährlich wird es, wenn eine allergische Reaktion vorliegt, weil hierbei auch systemische Kreislaufreaktionen bis hin zum tödlichen anaphy- laktischen Schock drohen.

WOLFGANG SIEBER

Schätzungsweise 50 Menschen pro Jahr kommen durch ana- phylaktische Reaktionen nach Bienen- und Wespenstichen ums Leben, wobei es sicher zusätzlich eine hohe Dunkelziffer gibt. Im nachfolgenden Artikel soll auf die Epidemiologie, Diagnostik und Therapie der Insektengiftallergie eingegan- gen werden. Relevant für Allergiker sind vor allem Biene und Wespe, welche für zirka 25 Prozent (Biene) beziehungsweise 73 Prozent (Wespe) der Reaktionen verantwortlich sind. Die anaphylaktischen Reaktionen auf Hornisse betragen zirka 2 bis 3 Prozent, anaphylaktische Reaktionen nach Hummel- stichen werden nur anekdotisch berichtet.

Häufigkeit von Insektengiftallergien

Knapp 60 Prozent aller Deutschen sind schon einmal von einem Insekt gestochen worden, dabei geben 4 Prozent an, allergisch zu sein. Die Daten der Europäischen Allergiegesell- schaft gehen von einer Prävalenz systemischer Reaktionen auf Insektenstiche von 0,8 bis 5 Prozent aus. Aufsehen er- regte eine Studie von 1995, die bei vielen ungeklärten Todes-

fällen im Freien signifikant erhöhte IgE-Spiegel auf Biene und Wespe zeigte. Damit kann eventuell auch ein bestimmter Pro- zentsatz der plötzlichen Todesfälle, zum Beispiel auf Sport- plätzen, erklärt werden. Andererseits sind rund 25 Prozent aller Erwachsenen auf Biene und Wespe serologisch sensibili- siert, wobei die meisten dieser Personen keine systemischen Reaktionen zeigen. Der Stechapparat der Wespe besteht aus einem Stachel, den sie wieder herauszieht, der Stachel der Biene bleibt meistens stecken, da er Widerhaken hat. Das Hauptallergen der Biene ist die Phospholipase A2, der Wespe die Hyaluronidase.

Reaktionen auf Insektenstiche können lebensgefährlich sein aufgrund der Lokalisation (z.B. ein einzelner Stich im Bereich der oberen Luftwege) oder aufgrund der hohen Menge an Histamin bei mehreren 100 bis 1000 Stichen. Was den Schweregrad der allergischen Reaktion angeht, so unter- scheidet man hier anaphylaktische Reaktionen nach Grad I bis IV (Tabelle). Von einer starken Lokalreaktion (Abbildung 1) geht man aus, wenn über mehr als 24 Stunden eine Schwel- lung von mehr als 10 cm besteht. Fortbildungsbedarf besteht offensichtlich vor allem bei der Diagnostik und Therapie der Insektengiftallergie. Relativ erschreckend war die Auswertung von Münchner Notarztprotokollen aus dem Jahr 1995. Da - bei erhielten nur 2 Prozent der Patienten nach Notarzteinsatz und Verbringen des Patienten in die Klinik trotz nach gewie - sener Anaphylaxie auf Insektenstiche das richtige Notfallset, nur 20 Prozent erhielten die Empfehlung, zum All ergo logen zu gehen, und nur 4 Prozent wurden direkt der potenziell lebensrettenden Hyposensibilisierung zugeführt.

Diagnostische Massnahmen

Die Diagnostik der Insektengiftallergie besteht einerseits aus der Anamnese, andererseits aus Hauttests (Prick-Test, Intrakutantest) sowie Labortests, wobei hier der Rast-Test mit spezifischen IgE auf Bienen- und Wespengift durch - geführt wird. Bei bestimmten Fällen sind hier auch zusätz - liche Tests wie zum Beispiel der Basophilen-Degranulations- test durchzuführen.

Beratung des Patienten

Wird durch diese Tests (systemische Reaktion und Nachweis von spezifischem IgE) eine Insektengiftallergie diagnostiziert, sollte der Patient entsprechend beraten werden. Eine Mei- dung der Insekten ist, ausser natürlich im Winter, kaum mög- lich. Tipps, wie zum Beispiel sich im Sommer nicht im Freien aufzuhalten, keine bunten Kleider anzuziehen sowie nicht draussen zu essen, sind nicht praktikabel.

FORTBILDUNG

Insektengiftallergie

Notfallset nicht vergessen!

ARS MEDICI 8 2012

385

Merksätze

❖In 73 Prozent der Fälle sind Wespen für ein anaphylaktische Reaktion nach einem Insektenstich verantwortlich.

❖Ein Notfallset bei Insektengiftallergie sollte aus einem schnell wirk samen Antihistaminikum, einem oralen Prednisolonpräparat und einem Adrenalinpen bestehen.

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Verordnung eines Notfallsets

Den Patienten sollte auf jeden Fall ein Notfallset verordnet werden, bestehend aus einem schnell wirksamen Antihist - aminikum, einem oralen Prednisolonpräparat sowie auch aus einem Adrenalinpen.

Diese Medikamente sollten angewendet werden, falls der Patient noch nicht hyposensibilisiert wurde und gestochen wird. Bei nicht hyposensibilisierten Patienten mit Z. n. Ana- phylaxie besteht eine rund 60-prozentige Wahrscheinlich- keit, dass der Patient wieder systemisch reagiert, vom nur auf die Haut bezogenen Ereignis bis hin zum anaphylaktischen lebensbedrohlichen Schock Grad IV.

Hyposensibilisierung

Die einzige kausale Therapie ist eine Hyposensibilisierung, wobei die Hyposensibilisierung hier meist als sogenannte Schnellhyposensibilisierung in allergologisch spezialisierten Kliniken über mehrere Tage durchgeführt wird. Die Nach - injektionen erfolgen meist beim Hausarzt und laufen laut neuen Leitlinien 3 bis 5 Jahre.

Im ersten Jahr soll laut aktueller Leitlinien der Therapieerfolg mittels einer Stichprovokation unter klinischen Notfall - bedingungen überprüft werden.

Der Erfolg der Insektengift-Hyposensibilisierung beträgt je nach Studie zwischen 80 und 100 Prozent, wird der Patient trotz Hyposensibilisierung gestochen und reagiert nochmals, kann hier eine Verdoppelung der Dosis nochmals etwa 50 Prozent der Patienten schützen.

Insgesamt stellt die Insektengift-Hyposensibilisierung die Therapie der Wahl dar bei Patienten mit anaphylaktischen Reaktionen. Eine Ausnahme können hier Kinder sein, die nur mit der Haut reagiert haben, da sie normalerweise bei wei teren Stichen keine Eskalation der Anaphylaxie zeigen.

Die alleinige Hautreaktion bei Kindern stellt deswegen keine absolute, sondern nur eine relative Indikation zur Hypo - sensibilisierung dar.

Kontraindikationen zur Hyposensibilisierung sind zum Bei- spiel aktive Tumorerkrankungen, Therapie mit Betablockern, ACE-Hemmern sowie schwere Autoimmunerkrankungen.

Dr. med. Wolfgang Sieber

Facharzt für Innere Medizin – Allergologie – Pneumologie Innere Abteilung

KKH Wörth a.d. Donau D-93152 Wörth

Interessenkonflikte: keine deklariert

Diese Arbeit erschien zuerst in «Der Allgemeinarzt» 6/2011.

Die Übernahme erfolgt mit freundlicher Genehmigung von Verlag und Autor.

FORTBILDUNG

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ARS MEDICI 8 2012 Tabelle:

Schweregrade der allergischen Reaktion

Grad 0 starke Lokalreaktion:

0 > 10 cm, länger als 24 h

Allgemeinreaktionen

Grad I generalisierte Urtikaria, Pruritus, Übelkeit

Grad II Angioödem, Engegefühl, Erbrechen, Durchfall, Schwindel (Abbildung 2)

Grad III Atemnot, Giemen, Stridor, Dysphagie, Dysarthrie, Heiserkeit, Schwäche, Benommenheit, Todesangst

Grad IV Blutdruckabfall, Kollaps, Bewusstlosigkeit, Inkontinenz, Zyanose, Atemstillstand, Kreislaufstillstand

Abbildung 1: Starke Lokal- reaktion nach Insektenstich (Schwellung des rechten Fussrückens)

Abbildung 2: Allgemein - reaktion Grad II nach Insek- tenstich (Quincke-Ödem)

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