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SACHSEN-ANHALT

LANDESVERWALTUNGSAMT

1. Vergabekammer beim Landesverwaltungsamt

Beschluss

AZ: 1 VK LVwA 31/04 Halle, 23.07.2004

§ 30 Abs. 1 VOL/A

§ 114 Abs. 1 GWB,

§ 97 Abs.. 7 GWB

- Dokumentationsdefizit in den Vergabeakten - Aufhebung

In dem Nachprüfungsverfahren der ... GmbH ...

Verfahrensbevollmächtigte RA'e ...

...

vertreten durch den RA Herrn ...

Antragstellerin

gegen

das ...

...

...

vertreten durch den Präsidenten Herrn ...

Antragsgegner

(2)

wegen

des gerügten Vergabeverstoßes im Offenen Verfahren zur Vergabe von Dienstlei-

stungen bezüglich der Qualifizierung, Betreuung und Begleitung von Existenzgründer/-innen im Land ... einschließlich der damit verbundenen Dienstleistungen im Bezirk der Agentur für Arbeit ... - Los 1, hat die 1. Vergabekammer beim Landesverwaltungsamt ohne mündliche Verhandlung unter Mitwirkung des Vorsitzenden Oberregierungsrat Thomas, der hauptamtlichen Beisitzerin Regierungsamtsrätin Katzsch und des ehrenamtlichen Beisit- zers Herrn Dolge beschlossen:

1. Der Antragsgegner wird angewiesen, das Vergabeverfahren zu Los 1 aufzuheben.

2. Die Hinzuziehung eines Verfahrensbevollmächtigten wird für not- wendig erklärt.

3. Die Kosten des Nachprüfungsverfahrens trägt der Antragsgegner.

4. Die Kosten (Gebühren und Auslagen) des Nachprüfungsverfahrens beziffern sich auf insgesamt ... Euro.

Gründe I.

Mit Veröffentlichung im Supplement zum Amtsblatt der Europäischen Union, abgesandt zur Bekanntmachung am ..., schrieb der Antragsgegner auf der Grundlage der Verdin- gungsordnung für Leistungen (VOL) im Wege des Offenen Verfahrens Dienstleistungsauf- träge im Bereich der Agentur für Arbeit ... für vier Lose aus. Gegenstand der Aufträge war die Qualifizierung, Betreuung und Begleitung von Existenzgründern/innen aus dem Land ... Entsprechend der Bekanntmachung konnten Angebote für mehrere Lose einge- reicht werden.

Als Kriterien für die Auftragserteilung wurden in der Bekanntmachung das wirtschaftlich günstigste Angebot unter Zugrundelegung der Gesichtspunkte Teilnehmerakquise, -auswahl und Vertragsgestaltung, Lehrmethodik und Didaktik, Qualität des Betreuungskonzeptes, Technische Ausstattung am Ort der Leistung, Kontinuität der Leistungserbringung und der Preis angegeben. Auch unter Ziffer 5.1 des Aufforderungsschreibens zur Abgabe eines An- gebotes machte der Auftraggeber deutlich, das Angebote für mehrere Lose abgegeben wer- den können, verband dies jedoch gleichzeitig mit dem Hinweis - Näheres siehe Leistungsbe- schreibung. In der Leistungsbeschreibung findet sich der angekündigte ergänzende Hinweis jedoch nicht.

Insgesamt gingen 14 Angebote für das Los 1 ein.

Aus der vom Antragsgegner übergebenen gemeinsamen Niederschrift über die Verhandlung zur Öffnung der Angebote zu allen vier Losen geht die Feststellung des Verhandlungsleiters hervor, dass 53 Angebote ordnungsgemäß verschlossen, in vorgegebener Weise äußerlich gekennzeichnet sowie fristgerecht bei der zuständigen Stelle eingegangen seien. Vier Ange- bote seien verspätet eingetroffen, wobei dies durch Umstände verursacht worden sei, die nicht vom Bieter zu vertreten seien.

Nach der Angebotsauswertung, welche durch die Hochschule ... durchgeführt wurde, ermittelte der Antragsgegner das Angebot des Bildungswerkes der Wirtschaft ... e.V.

für das Los 1 als das wirtschaftlich annehmbarste Angebot.

Gemäß § 13 der Vergabeverordnung (VgV) informierte der Auftraggeber mittels Schreiben vom 27.05.2004 die Bieter über seine Absicht, den Zuschlag auf das Angebot des vorbe- zeichneten Bieters zu erteilen. Der Antragstellerin teilte er darin mit, dass ihr Angebot nicht

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berücksichtigt werden könne, da sie Änderungen an den Verdingungsunterlagen vorgenom- men habe.

Dagegen stellte die Antragstellerin nach fruchtloser Rüge vom 04.06.2004 mittels Fax- Schreiben vom 09.06.2004 einen Nachprüfungsantrag gleichen Inhalts bei der erkennenden Kammer. Dieser ist dem Antragsgegner am 10.06.2004 mit der Aufforderung zur Stellung- nahme und Übergabe der Vergabeunterlagen zugestellt worden. Gleichzeitig wurde er über die Unzulässigkeit einer Zuschlagserteilung gemäß § 115 Abs. 1 des Gesetzes gegen Wett- bewerbsbeschränkungen (GWB) belehrt.

Die Durchsicht der vom Antragsgegner vorgelegten Unterlagen ergab, dass das als Verga- bevermerk nach § 30 Abs. 1 VOL/A gekennzeichnete Schriftstück lediglich eine Wiedergabe des chronologischen Ablaufs des Verfahrens beinhaltet. Maßgebliche Feststellungen sowie Begründungen der einzelnen Entscheidungen im Rahmen des Vergabeverfahrens finden sich nicht. Vermerkt ist lediglich der Eingang seitens verschiedener Hochschulen erstellter Bewertungsergebnisse beim Auftraggeber zum 21.05.2004. Den der Kammer zum streitbe- fangenen Los übergebenen Unterlagen liegt jedoch ausschließlich eine Äußerung der Hoch- schule ... bei.

Darüber hinaus wurde das Verpackungsmaterial der Angebote der Kammer nur teilweise vorgelegt. Der Teil des Verpackungsmaterials, welcher als zum Angebot der Antragstellerin gehörend übergeben wurde, weist selbst keinerlei Zuordnungsmerkmale zu diesem Angebot auf. Ebenso findet sich darauf kein Eingangsvermerk des Auftraggebers.

Die Kennzeichnung des Angebotes der Antragstellerin zu Los 1 erfolgte am 21.04.2004 mit- tels Siegelung unter Verwendung eines Siegelbandes, während ein Konkurrenzangebot ausweislich dessen Siegelung jedoch bereits am 20.04.2004 geöffnet und gekennzeichnet wurde. Auf Hinterfragen durch die Kammer teilte die Vergabestelle mit, dass sie sich aus organisatorischen Gründen gerechtfertigt gesehen habe, mit der Öffnung der Angebote am 20.04.2004 zu beginnen und am 21.04.2004 fortzufahren. Die Fertigung einer über das streitbefangene Los 1 hinausgehenden gemeinsamen Niederschrift erfolgte dann am 21.04.2004, da für acht Vergabeverfahren insgesamt 195 Angebote eingereicht wurden.

Die Antragstellerin legt dar,

dass der Ausschluss ihres Angebotes sie in ihren Rechten verletze, da es dafür weder einen zwingenden Grund noch eine Rechtfertigung gäbe. So sei die Vergabestelle grundsätzlich nicht berechtigt, den Wettbewerb für die Antragstellerin willkürlich auf einige Lose eines Auf- trages zu beschränken. Ein derartiges Verhalten schließe ein Unternehmen ohne Rechtferti- gung pauschal vom Wettbewerb aus, so dass ein Verstoß gegen § 97 Abs. 1 GWB gegeben sei. Die Vergabestelle missverstehe insoweit das Gebot der Losaufteilung. Dieses Gebot solle mittelständischen Interessen entgegenkommen und es auch kleineren und mittleren Unternehmen ermöglichen, sich um Teile eines Auftrages zu bewerben. Keinesfalls bedeute dieses Gebot jedoch, dass größere Unternehmen, die auch den gesamten Auftrag ausführen könnten, hinsichtlich von Teilen des Auftrages vom Wettbewerb ausgeschlossen werden dürften oder gar müssten. Selbst wenn man dieses den Wettbewerb stark beschränkende Verhalten der Vergabestelle grundsätzlich stützen wollte, so wäre die Vergabestelle hier gleichwohl nicht berechtigt, das Angebot der Antragstellerin auf der ersten Wertungsstufe auszuschließen. An keiner Stelle der Vergabebekanntmachung bzw. den Verdingungsunter- lagen sei den Bietern mitgeteilt worden, dass ihre Angebote ausgeschlossen würden, wenn sie sich auf alle vier Lose bezögen.

Die Antragstellerin beantragt,

1. die Vergabestelle anzuweisen, die Angebotswertung unter Einbezie- hung des Angebotes der Antragstellerin zu wiederholen,

2. hilfsweise

die streitgegenständliche Ausschreibung aufzuheben und

3. die Hinzuziehung des Verfahrensbevollmächtigten der Antragstellerin für notwendig zu erklären.

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Der Antragsgegner beantragt,

den Antrag und den Hilfsantrag zurückzuweisen.

Zur Begründung führt der Antragsgegner im Schreiben vom 10.06.2004 aus, dass der Aus- schluss des Angebotes der Antragstellerin diese nicht in ihren Rechten verletze, da das An- gebot zu Recht ausgeschlossen worden sei. Soweit die Antragstellerin meine, die Vergabe- stelle sei nicht berechtigt den Wettbewerb für die Antragstellerin auf nur einige Lose eines Auftrages zu beschränken, so gehe sie fehl. Vielmehr sei eine Begrenzung der Bewerber auf mehrere Lose grundsätzlich möglich, so dass deshalb nicht auf alle Lose geboten werden dürfe. Sofern dies doch geschehe, läge ein formeller Fehler vor, der zum Ausschluss der Angebote führen müsse. Dies könne die Antragstellerin auch nicht überraschen, da in der Aufforderung zur Abgabe eines Angebotes eindeutig festgelegt sei, dass sich die Vergabe- stelle die Vergabe nach Losen vorbehalte und dass Angebote für mehrere Lose abgegeben werden können. Die Angebotsabgabe für alle Lose müsse zum logischen Ausschluss der gesamten Bewerbungen führen. Auch könne die Antragstellerin aus der Zusendung der Un- terlagen für alle Lose nicht die Schlussfolgerung ziehen, dass auch die Angebotsabgabe für alle vier Lose zulässig sei, wenn ausdrücklich und einschränkend festgelegt worden sei, dass Angebote für mehrere Lose abgegeben werden können.

Die Beteiligten haben übereinstimmend auf die Durchführung der mündlichen Verhandlung verzichtet.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten zum Sachverhalt wird auf die ausgetauschten Schrift- sätze, die Verfahrensakte der Vergabekammer sowie die Vergabeakten, soweit sie der Ver- gabekammer vorgelegen haben ergänzend Bezug genommen.

II.

Der Nachprüfungsantrag der Antragstellerin ist zulässig.

Die sachliche Zuständigkeit der Vergabekammer richtet sich nach § 100 GWB bzw. Ab- schnitt II Abs.1 - Einrichtung und Zuständigkeit der Vergabekammer - des Runderlasses des Ministeriums für Wirtschaft und Technologie (MW) - Richtlinie über die Einrichtung von Ver- gabekammern in Sachsen-Anhalt - vom 04.03.1999, AktZ.:63-32570/03, geändert durch Runderlass des MW vom 08.12.2003, AktZ.:42-32570/03. Der Nachprüfungsantrag wird im Rahmen eines Vergabeverfahrens erhoben, welches einen Dienstleistungsauftrag i.S. von

§ 99 Abs. 1 und 4 GWB zum Gegenstand hat.

Bei der ausgeschriebenen Leistung - Qualifizierung, Betreuung und Begleitung von Exis- tenzgründer/'innen aus ... - handelt es sich um eine Dienstleistung im Sinne § 1a VOL/A Fassung 2002. Da der Gesamtauftragswert der Maßnahme 200.000,- Euro über- schreitet, sind die Bestimmungen der a-Paragraphen zusätzlich zu den Basisparagraphen anzuwenden.

Der Anwendungsbereich des 4. Teiles des GWB (§§ 97 ff) ist eröffnet.

Die 1. Vergabekammer beim Landesverwaltungsamt ist nach Abschnitt l Abs. 2 der gemein- samen Geschäftsordnung der Vergabekammern (vgl. Bek. des MW vom 22.01.2004 -42- 32570-17, MBI. LSA Nr. 8/2004 v. 23.02.2004) örtlich zuständig, da der Antragsgegner sei- nen Sitz innerhalb der Grenzen der kreisfreien Stadt ... hat.

Der Antragsgegner ist öffentlicher Auftraggeber gemäß § 98 Nr. 1 GWB.

Die Antragstellerin ist nach § 107 Abs. 2 GWB antragsbefugt. Nach dieser Vorschrift ist jedes Unternehmen antragsbefugt, das ein Interesse am Auftrag hat und eine Verletzung in seinen Rechten nach § 97 Abs. 7 GWB durch Nichtbeachtung von Vergabevorschriften geltend macht. Dabei ist darzulegen, dass dem Unternehmen durch die behauptete Verletzung der Vergabevorschriften ein Schaden entstanden ist oder zu entstehen droht. Die Antragstellerin

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trägt vor, durch den Ausschluss aus der Wertung in den Losen 1-4 in ihren Rechten nach

§ 97 Abs. 7 GWB verletzt zu sein. Die Antragstellerin geht davon aus, dass ein Verbot der Abgabe von Angeboten zu allen ausgeschriebenen Losen willkürlich sei und daher nicht wirksam hätte erfolgen können. Da das Angebot der Antragstellerin den Ausschreibungser- fordernissen ansonsten entspricht, bestehen keinerlei Anhaltspunkte für ein Nichtvorliegen der Antragsbefugnis.

Dem Erfordernis der rechtzeitigen Rüge wurde ebenfalls entsprochen. Die Antragstellerin wurde erst durch den Eingang des Informationsschreibens nach § 13 VgV am 01.06.2004 über ihren Ausschluss aus der Werfung aufgrund der nach Auffassung des Antragsgegners vorliegenden Unzulässigkeit der Abgabe von Angeboten zu allen 4 Losen in Kenntnis ge- setzt. Die Rüge vom 04.06.2004 war somit unter dem Gesichtspunkt der besonderen Schwierigkeit des Vergaberechtes als rechtzeitig zu bewerten.

Die Formerfordernisse des § 108 GWB wurden ebenfalls eingehalten.

Der Nachprüfungsantrag ist auch begründet.

Die Antragstellerin konnte zwar nicht mit ihrem Hauptantrag, jedoch mit ihrem Hilfsantrag auf Aufhebung des Vergabeverfahrens zu Los 1 durchdringen. Die Aufhebung ist diesbezüglich unter dem Gesichtspunkt des Verstoßes gegen § 30 Abs. 1 VOL/A i.V.m. § 97 Abs. 7 GWB unausweichlich, da dass seitens des Antragsgegners ausdrücklich als Vergabevermerk nach

§ 30 Abs. 1 VOL/A ausgewiesene Schriftstück nicht einmal in seinen Ansätzen dem Sinn und Zweck eines ordnungsgemäßen Vergabevermerkes entspricht.

Es gehört zum Gebot der Transparenz des Vergabeverfahrens, dass der öffentliche Auftrag- geber den Gang, vor allem aber die wesentlichen Entscheidungen des Vergabeverfahrens in den Vergabeakten dokumentiert. Diese Dokumentation dient dabei dem Ziel, die Entschei- dung der Vergabestelle sowohl für die Nachprüfungsinstanzen als auch für die Bieter über- prüfbar zu machen. Es genügt dabei nicht, dass der Vergabevermerk erst nach Abschluss des Vergabeverfahrens und Zuschlagserteilung vorliegt. Vielmehr muss die Dokumentation aus eben diesen Gründen zeitnah nach jeder Einzelentscheidung erfolgen und laufend fort- geschrieben werden. Dabei muss so detailliert vorgegangen werden, dass die das gesamte Vergabeverfahren tragenden Aspekte für einen mit der Sachlage des jeweiligen Vergabever- fahrens vertrauten Leser nachvollziehbar sind (OLG-Düsseldorf, Verg 4/01, Verg 46/03;

BayObLG, VergabeR 2002, 63, 69; VergabeR 2001, 65, 68; Brandenburgisches OLG, NZBau 2000, 44f; Müller-Wrede, Verdingungsordnung für Leistungen , 1 Aufl., § 30 Rn. 12).

Daran fehlt es hier.

So findet das seitens des Auftraggebers zur Gewährleistung des Wettbewerbs für erforder- lich gehaltene Verbot der Beteiligung eines Bieters an allen ausgeschriebenen Losen keine Erwähnung.

Unabhängig davon, ob dem Auftraggeber in seinen Schlussfolgerungen zuzustimmen ist, hätte dieser seine Erwägungen unverzüglich nach dem Treffen der entsprechenden Ent- scheidung detailliert im Vergabevermerk niederlegen müssen. Dies ist insoweit erforderlich, da die Einschränkung der Beteiligungsmöglichkeit eine Entscheidung darstellt, die sich un- mittelbar auf alle potentiellen Bieter auswirkt und so in grundsätzlich geschützte Rechtsposi- tionen eingreift.

Weiterhin findet sich im Vergabevermerk weder das Ergebnis der Auswertung der eingegan- genen Angebote noch eine Begründung der getroffenen abschließenden Entscheidung durch den Auftraggeber. Der bloße Hinweis auf den Eingang von Auswertungsergebnissen der beauftragten Hochschulen kann nicht als eine ausreichende Bezugnahme auf ein vorliegen- des Auswertungsergebnis einer derartigen Institution gewertet werden, welches man sich gewissermaßen zu Eigen machen will und damit zum Bestandteil des Vergabevermerkes zu rechnen wäre. Denn die bloße Dokumentation des Eingangs der Stellungnahme eines mit der Auswertung beauftragten Dritten stellt keinerlei Willenserklärung des Auftraggebers dar.

Im Übrigen entspricht auch die sog. Auswertung der Hochschule ... nicht dem denklogi-

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schen Erfordernis einer Analyse der abgegebenen Angebote unter Darlegung der Vor- und Nachteile eines jeden Angebotes mit einer daraus sich ergebenden nachvollziehbaren Schlussfolgerung. Es reicht eben die Feststellung grundsätzlich nicht aus, dass ein Anbieter ein annehmbares Angebot abgegeben hat, vielmehr muss auch detailliert festgehalten wer- den, weshalb alle übrigen Anbieter weniger annehmbare Angebote abgegeben haben. Diese Darlegungen müssen aus sich heraus verständlich sein. Formelhafte Erläuterungen, die kei- nen Bezug zum jeweils überprüften Angebot haben, reichen grundsätzlich nicht.

Darüber hinaus sei der Hinweis erlaubt, dass die Erwähnung von Bewertungsergebnissen verschiedener Hochschulen, neben den bereits dargelegten Unzulänglichkeiten, generell etwas pauschal anmutet, da zu Los 1 offenbar nur ein Bewertungsergebnis einer Hochschule eingegangen zu sein scheint.

Da der Antragsgegner seiner Dokumentationspflicht nicht oder zumindest nicht ausreichend nachgekommen ist, liegt ein rechtswidriges Versäumnis seinerseits vor, welches grundsätz- lich nicht durch ein nachträgliches Ergänzen des Vergabevermerks geheilt werden kann. Es muss dem Auftraggeber verwehrt sein, zu einem späteren Zeitpunkt ergebnisorientiert sein Ermessen nachschieben zu können. Die hier festgestellten erheblichen Dokumentations- mängel führen im Zusammenhang mit dem Vortrag der Antragstellerin dazu, dass das Ver- gabeverfahren ab dem Zeitpunkt, ab dem die Dokumentation unzureichend ist, zu wiederho- len ist. Eine bloße Wiederholung der Auswertung reicht somit nicht aus, da neben der feh- lenden Darlegung zur Auswertung selbst auch bereits ein Dokumentationsdefizit im Rahmen der Erstellung der Ausschreibungsbedingungen (Verbot der Beteiligung an allen Losen) fest- gestellt werden musste.

Im Übrigen weist die erkennende Kammer darauf hin, dass den Auftraggeber gemäß § 22 Nr. 1 VOL/A auch die Verpflichtung zur Dokumentation des rechtzeitigen Eingangs durch Anfertigung eines aussagefähigen Eingangsvermerkes trifft. In diesem Zusammenhang ist grundsätzlich festzustellen, dass die lediglich nachträgliche Behauptung des Auftraggebers, die Angebote seien alle rechtzeitig eingegangen nicht ausreichend sein kann, da es gerade zum Pflichtenkreis der Vergabekammer gehört, die Entscheidungen und Feststellungen des Auftraggebers zu kontrollieren. Bestünden Zweifel an der Rechtzeitigkeit des Einganges, so hätte der Auftraggeber auch diesbezüglich die Folgen seines Dokumentationsdefizits zu tra- gen.

Neben den nicht vorhandenen bzw. unzureichenden Eingangsvermerken leidet der gesamte Ablauf der Angebotsöffnung an weiteren erheblichen Mängeln. So wurden die unterschiedli- chen Vergabeverfahren offenbar miteinander vermischt und die entsprechenden Angebote nicht getrennt voneinander geöffnet. Nur so ist erklärlich, dass Angebote zu ein und demsel- ben Vergabeverfahren an zwei unterschiedlichen Tagen geöffnet und gekennzeichnet wur- den. In diesem Zusammenhang ergeht der Hinweis, dass die Niederschrift über die Eröff- nung für jedes Vergabeverfahren separat und unverzüglich nach der Öffnung und Kenn- zeichnung eines jeden Angebotes zu erstellen bzw. fortzuführen ist.

Eine Anweisung zur Aufhebung des Vergabeverfahrens war daher gemäß § 114 Abs. 1 GWB zur Durchsetzung des geltend gemachten Rechtsanspruches auf Einhaltung der ver- gaberechtlichen Regelungen gem. § 97 Abs. 7 GWB notwendig.

III.

Kosten

Die Kostenentscheidung beruht auf § 128 Abs. 3 GWB. Der Antragsgegner hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

Die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten durch die Antragstellerin war angesichts der sach- lichen und rechtlichen Schwierigkeiten des Falles notwendig, § 128 Abs. 4 Satz 3 GWB in Verbindung mit § 80 Abs. 2 Verwaltungsverfahrensgesetz des Landes Sachsen-Anhalt (VwVfG LSA).

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Gemäß § 128 Abs. 3 GWB sind die Kosten des Nachprüfungsverfahrens vor der Vergabe- kammer von demjenigen bzw. denjenigen zu tragen, die im Verfahren unterliegen. Für die Beurteilung des Obsiegens bzw. Unterliegens eines Beteiligten ist allein der Ausgang des Nachprüfungsverfahrens im Verhältnis zu dem von ihm gestellten Antrag in diesem Verfah- ren maßgeblich. In diesem Nachprüfungsverfahren wird dem Hilfsantrag der Antragstellerin entsprochen. Somit kommt es zum Unterliegen des Antragsgegners, so dass dieser die Kos- ten des Verfahrens zu tragen hat. Unter Berücksichtigung des geringen Aufwandes der Ver- gabekammer und im Hinblick darauf, dass über den Antrag ohne mündliche Verhandlung entschieden werden konnte, hält die Vergabekammer aus Gründen der Billigkeit eine Halbie- rung der Gebühr für angemessen.

Die Höhe der Gesamtkosten für das Verfahren beläuft sich hier auf ... €,

§ 128 Abs. 1 Satz 1 GWB. Die Kosten gliedern sich auf in Gebühren in Höhe von ... € (§ 128 Abs. 2 Satz 2 GWB) und Auslagen in Höhe von ... € (§ 128 GWB i.V.m. § 10 VwKostG LSA).

Die Einzahlung des Betrages in Höhe von ... € hat durch den Antragsgegner unter Verwendung des Kassenzeichens 3301-... auf das Konto... bei der Landes- hauptkasse Dessau , Deutsche Bundesbank Magdeburg, BLZ 810 000 00 zu erfolgen.

Der seitens der Antragstellerin bereits geleistete Kostenvorschuss von 2.500,00 € wird dieser nach Eintritt der Bestandskraft des Beschlusses zurückerstattet.

Rechtsbehelfsbelehrung

Gegen den Beschluss der Vergabekammer ist die sofortige Beschwerde zulässig,

§ 116 Abs. 1 GWB. Sie ist schriftlich innerhalb einer Frist von zwei Wochen, die mit Zustel- lung des Beschlusses beginnt, beim Oberlandesgericht Naumburg, Domplatz 10 in 06618 Naumburg, einzulegen, § 117 Abs. 1 GWB.

Die sofortige Beschwerde ist zugleich mit ihrer Einlegung zu begründen. Die Beschwerdebe- gründung muss die Erklärung enthalten, inwieweit der Beschluss der Vergabekammer ange- fochten und eine abweichende Entscheidung beantragt wird sowie die Tatsachen und Be- weismittel bezeichnen, auf die sich die Beschwerde stützt, § 117 Abs. 2 GWB.

Die Beschwerde muss durch einen bei einem Gericht zugelassenen Rechtsanwalt unter- schrieben sein. Dies gilt nicht für Beschwerden von juristischen Personen des öffentlichen Rechts, § 120 Abs. 1 GWB.

Die sofortige Beschwerde hat aufschiebende Wirkung. Die aufschiebende Wirkung entfällt zwei Wochen nach Ablauf der Beschwerdefrist, § 118 GWB.

gez. Thomas gez. Katzsch gez. Dolge

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