Von Endee von Ivanka, Graz
Die jüngst erschienene Auswahlübersetzung aus der ,,Philokalia"i
erweckt in jedem Byzantinisten das Bedauern darüber, daß von orien¬
talistischer Seite — wenigstens in der dem Byzantinisten normalerweise
zugänglichen Literatur — kein Versuch gemacht worden ist, das in der
Philokalia so vielfältig behandelte ,, Gebet der Ruhe" durch einen Ver¬
gleich oder eine Gegenüberstellung mit dem indischen Yoga zu erläutern.
Es mag ja sein, daß in der Spezialliteratur über den Yoga hier und da
Bezug auf diese byzantinischen Erscheinungen genommen wird. Aber
eine auch für den Byzantinisten bestimmte Würdigung der Frage liegt
nicht vor. Das ist wenigstens daraus zu entnehmen, daß weder die mit
dem ,, Gebet der Ruhe", dem Hesychasmus, sich beschäftigende byzan-
tinistische Fachliteratur, noch auch die reichdokumentierte byzantini¬
sche Kulturgeschichte von L. Brehiee^ eine derartige Untersuchung
vermerkt.
Die Schuld mag an den Byzantinisten liegen, die ihrerseits die Unter¬
suchungen über den Hesychasmus in wenig zugänglichen Publikationen
versteckt haben, und man könnte hoffen, daß durch die vorliegende eng¬
lische Übersetzung ohnehin Gelegenheit und Anregung für eine weiter-
1 Es handelt sich um eine Auswahl aus der aszetischen Literatur des öst¬
hchen, byzantinischen Mönchstiuns, die (Texte aus dem Zeitraum zwischen
dem IV. imd dem XIV. Jahrhundert umfassend) im Wesentlichen schon im
XIV. Jaiirhundert zu einem „corpus" vereinigt gewesen sein muß, in der uns
vorliegenden Form aber erst im XVIII. Jahrhundert gesammelt und 1782 in
Venedig gedruckt wurde. 1793 schon folgte eine Übersetzung ins Kirchen-
slavische, die der moldauisch-bessarabische Mönch Paissij Welitschkowskij verfaßt hat, selbst ein Vertreter der in der Philokalia beschriebenen Gebets¬
übung und der Reformator des russischen Einsiedlermönchtums. Zu Ende
des XIX. Jahrhunderts erschien dann auch eine fünf bändige russische Über¬
setzung, von dem auch sonst aszetisch und theologisch tätigen Einsiedler
(früheren Bischof) Theophan von Tambow. Aus ihr (wenn auch mit Berück¬
sichtigung des griechischen Textes) haben E. Kadloubovsky und G. E. H.
Palmer diejenigen Abschnitte ins Englische übersetzt, die sich besonders
mit dem „Gebet der Ruhe" beschäftigen. Daher der Untertitel des Werks,
das in der englischen Übersetzung heißt : „Writings from the Philokalia. On
Prayer of the Heart. Translated from the Russian Text „Dobrotolubiye"
(dies die Übersetzung von „Philokalia") by E. K. and G. E. H. P. London, Faber & Faber Ltd 1951, 410 S.
2 L. Bh^hier, La civilisation byzantine (le monde byzantin III) Paris 1950.
Byzantinische Yogis? 235
greifende Beschäftigung mit der Frage gegeben sei. Diese Erwartung
wird aber wesentlich eingeschränkt durch die Beobachtung, daß gerade
<iie auf das ,, Technische" des ,, Gebets der Ruhe" bezüglichen Abschnitte
gekürzt sind. Das stellen die Übersetzer ausdrücklich fest'^ und es ist
auch begreiflich, wenn man bedenkt, daß die englische Übersetzung
praktisch-aszetischen Zwecken dienen soll, und daher (wie es teilweise
schon die russische Übersetzung getan hat) Dinge wegläßt, die heute
nicht mehr so gehandhabt werden. Es läßt sich aber feststellen, daß noch
im XVIII. Jahrhundert die Übung und die Anschauung, die man davon
hatte, genau dieselbe war wie in der PhUokalia selbst. J. Hausherr hat
in seiner Abhandlung über ,,La M6thode d'Oraison H6sy chaste" ^ im Vor¬
wort der Textausgabe einer der wichtigsten Darstellungen dieser Methode
(aus der Philokalia — sie ist, wenn auch mit der oben erwähnten Kür¬
zung, in der englischen Übersetzung enthalten) festgestellt, daß der
Herausgeber der Ausgabe von 1782, der Athosmönch Nikodemos, in
seinem 1801 veröffentlichten , ,Encheiridion" ganz genau dieselbe Theorie vorträgt und sie sogar mit einer beigegebenen Zeichnung veranschaulicht,
die die Funktionen der Atmung und des Herzschlags bildlich darstellt*.
Hausherr knüpft daran die Bemerkung: ,,Cela prouve bien combien ils
prenaient au serieux ces bases physiologiques de leur oraison mentale."
Die beste Darstellung der ganzen Frage, nicht nur des ,, Technischen"
der Konzentrationsmethode also, sondern auch der Ziele, die damit ver¬
folgt werden, und der Erscheinungen, die nach der Ansicht des Hesychas-
ten sich als ihr Ergebnis einstellen, liegt in der ,, Zenturie" (d. h. Samm¬
lung von hundert Kapiteln) der Mönche Kallistus und Ignatius vor. Der
erste war, als Kallistus II, 1397 einige Monate Patriarch von Konstanti¬
nopel. (Die biographische Notiz der Philokalia verwechselt ihn mit
Kallistus I (1350-1354 und 1355—1363.) Ihr Bemame „Xanthopouloi"
ist wohl nicht Familienname, sondern Name des Gründers des Klosters,
dem sie angehörten. Die ,, Zenturie" ist in der englischen Übersetzung unter dem Titel ,, Directions to hesychasts" enthalten*. Die hier folgenden
Zitate sollen aber nach der Übersetzung von A. M. Ammann gegeben
werden* deren Vorwort auch einen Überblick über die byzantinologische
Literatur zur Hesychastenfrage gibt. Nach den vorbereitenden Kapiteln
über Aszese, Gehorsam, Schweigen und Demut, als die Vorbedingungen
des mystischen Lebens, setzt Kapitel 19 mit der Schilderung der eigent-
1 Seite 32 Anmerkung 12 und Seite 158 Anmerkimg 158 des Buches:
Writings. . ."
" Orientalia Christiana (Rom, Pontif. Instit. Orient. Stud.) IX (1927)
101—210. 3 gbgjida 107— III. ^ „Writings. .." S. 164—270.
^ Die Gottesschau im palamitischen Hesychasmus. Ein Handbuch der
spätbyzantinschen Mystik. 2. Auflage. Würzburg, Augustinusverlag 1948.
16 ZDMO 102/2
liehen hesychastischen Gebetsübung ein, (die sich übrigens sehr eng an
die Darstellung eines Vorgängers, des Einsiedlers Nikephorus, anlehnt) :
,,Du weißt, Bruder, daß der Atem, den wü- einatmen, diese unsere Luft
ist. Wir atmen sie aber für nichts anderes ein als für unser Herz. Denn
dies ist die Ursache unseres Lebens und der Wärme unseres Leibes. Das
Herz zieht den Atem ein, um die eigene Wärme durch das Ausatmen
nach außen zu entladen und sich selbst Kühlung zu verschaffen. Der
Urheber oder vielmehr das Werkzeug dieser Einrichtung ist die Lunge,
die zwar gebrechlich vom Schöpfer geschaffen, aber doch kräftig wie
ein Blasebalg, ohne sich weh zu tun, das, was um sie herum ist, einzieht
und ausstößt. So zieht das Herz die kühle Luft an sich, die warme aber
stößt es aus, und hält sich auf diese Weise unverbrüchlich an den Dienst,
dessenthalben es zur Erhaltung des Lebens eingerichtet wurde. Du aber
sitze in der stillen Zelle und sammle deinen Geist (voC?), führe ihn hinein,
den Geist nämlich, auf dem Wege über die Nase, wo der Atem (uvsufxa)
zum Herzen eingeht, und treibe ihn an und zwinge ihn, mit der einge¬
atmeten Luft ins Herz hinab zu steigen^. Wenn er dorthin eingegangen
ist, wird das, was folgt, nicht ohne Lust und ohne Freude für dich sein.
Wie ein Maim nämlich, der fort war von seinem Heim und nun nicht
weiß, wie ihm whd vor Freude, weil er gewürdigt wurde, seine Frau und
seine Kinder wieder anzutreffen, so wird auch der Geist, wenn er mit der
Seele vereint ist, von unaussprechlicher Freude und Wohlbefinden er¬
füllt werden. Also, Bruder, gewöhne den Geist daran nicht schnell von
dort sich zu entfernen. Denn im Anfang ist er sehr gelangweilt wegen der
Abgeschlossenheit und Enge daselbst; wenn er sich aber eingebürgert
hat, verlangt er nicht mehr nach dem Herumschweifen draußen." Das
20. Kapitel setzt so fort: ,,Wenn wir unseren Geist angelernt haben, zu¬
gleich mit dem eingezogenen Atem hinabzusteigen, so sollen wir genau
erfassen, daß er, der sich dergestalt hinabgesenkt hat, nicht eher damit
beginnen kann, als bis er nicht zuvor alles Überlegen vertrieben und ein¬
sam und bloß geworden ist, keinem andern Erinnern mehr hingegeben,
als nur der Amufung unseres Herrn Jesus Christus." Zu der Übung der
, ,Versammlimg des Geistes im Herzen" gehört nämlich das, im Rhythmus
des Atmens gesprochene ,, Jesusgebet", ein kurzes Stoßgebet mit der
Erwähnung des Namens Jesu.
Das wird von Nikodemus in seinem Encheiridion noch näher ausge-
führt^ : , ,Da der Geist von Jugend auf gewohnt ist, sich über die sicht-
^ Auch dieser Satz fehlt — gegenüber dem griechischen Original — in dem
entsprechenden Abschnitt der „Instructions to Hesychasts" des big. Gregors
des Sinaiten in der englischen Übersetzung (und wahrscheinlich schon in der
russischen), ohne daß eine Anmerkung darauf hinweist.
2 HAUsmsEE, La Methode . . . Orientalia Christiana IX (1927) 109.
Byzantinische Yogis? 237
baren Dinge der Außenwelt zu zerstreuen, soll man bei diesem Gebet
nicht ununterbrochen atmen, wie man es natürlicherweise gewohnt ist,
sondern seinen Atem ein wenig anhalten, bis man innerlich dieses Gebet
gesprochen hat, und dann erst mit dem Atmen fortfahren. Das geschieht
darum weil das Herz durch dieses zeitweilige Anhalten des Atilens eine
Hemmung und ein Leiden empfindet, weil es nicht die gewohnte Luft
empfängt und der Geist seinerseits sich so leichter sammelt und zum
Herzen zurückkehrt, sowohl wegen der Mühe und des Schmerzes, den das
Herz empfindet, als wegen der Freude, die aus dem warmen und leben¬
digen Gedanken an Gott entspringt. .. Durch dieses zeitweilige Anhalten
des Atems wird das harte Herz weicher, die Flüssigkeit im Herzen, die
zusammengepreßt und erwärmt ist, wird zarter, empfindlicher und zu
Buße und Demut geneigter, das Gehirn wird feiner, der Geist wird geeinter, durchscheinender und der übernatürlichen Erleuchtung zugänglicher."
Nachdem das 23. Kapitel der ,, Zenturie" nochmals auf die Gefahr der
Zerstreuung hingewiesen hat (,,denn das Sehen mit den Augen imd das
Hinschauen auf Sichtbares und Betrachtbares ist ganz natürlicherweise
geeignet, die Überlegungskraft zu zerstreuen und aufzuspalten, ja sie zu
verwirren und schillern zu machen") und in den Kapiteln 25 bis 53 ge¬
naue Anweisungen für die Lebensweise des Hesychasten und die Übung
des Jesusgebets gegeben worden sind, geht Kapitel 54 auf die Begleit¬
erscheinungen und Folgen dieser Gebetsübung über. ,,Dies also ist das
reine und dauernde Herzensgebet, aus welchem eine gewisse Wärme im
Herzen entspringt nach dem Schriftwort : Mein Herz ist entbrannt in mir,
und in meiner Betrachtung wird sich Feuer entzünden (Psalm 39,3) ....
Es schreibt auch der big. Isaak (der Syrer) : Aus der angestrengten Arbeit
entsteht ungemessene Wärme; sie entzündet sich im Herzen an den
warmen Erwägungen, die neu in der Denkkraft sich aufhalten Und
der hlg. Elias Ekdikus sagt: Wenn die Seele die äußeren Dinge verläßt
und sich selbst im Gebete anhaftet, so umgibt dies diese wie eine Feuer¬
flamme, und macht sie, wie das Feuer dies beim Eisen tut, ganz feurig. ."
Weim auch die angeführten Schriftstellen meist nur allegorisch zu ver¬
stehen sind, so sprechen die Hesychasten von dieser •ö-epjj.y), der aus dem
Gebet folgenden Herzenswärme, als von etwas ganz Konkretem, einer
fühlbaren Wärme, die sogar den Schnee um den in Meditation versunke¬
nen Einsiedler zum Schmelzen bringen kann, wie dies von den russischen
Einsiedlern des vorigen Jahrhunderts erzählt wird. Das Entscheidende
ist aber die Lichtvision, die darauf folgt. Im 66. Kapitel heißt es: ,,Der
hlg. Nilus sagt^: Wenn jemand den Ruhestand seines Geistes sehen will,
1 In Wirkhchkeit ist es Euagrius Pontikus. Vgl. Fbankenbero, Euagrius
Ponticus, S. 425 in: Abhandlungen der königl. Gesellschaft der Wissen¬
schaften zu Göttingen, Phil.-hist. Klasse N.F. Bd. XIII.
16»
so beraube er sich, aller Gedanken, und dann wird er ihn sehen wie einen
Saphir und wie von der Farbe des Himmels."^ Und im 68. Kapitel heißt
es dann :, ,Wir reden jetzt von dem vollendeten, wesenhaften Aufleuchten
in welchem die Auserwählten unter den Aposteln, nämlich die, welche
mit Jesus auf den Berg Tabor gestiegen, unaussprechlicherweise die
schöne und in Wahrheit selige Entäußerung erlitten haben und gewürdigt
wurden, mit ihren sinnlichen, zu etwas Göttlicherem verwandelten
Augen. .. die unschaubare Herrlichkeit der Gottheit zu sehen." Von
hier aus eröffnet sich die ganze Problematik der ,, Schau des ungeschaffe¬
nen Lichtes," die im Mittelpunkt des Palamismustreites steht^ es ge¬
hören aber hierher auch Schilderungen wie die des Gutsbesitzers Moto-
wilow von der Lichterscheinung, die — für den Beschauer sichtbar
den seligen Seraphim von Sarow umgab.* Im 85. Kapitel werden schon
wunderbare Eigenschaften des Körpers als Folgeerscheinungen des
,, Gebets der Ruhe" angeführt: Gewichtlosigkeit, das Wandeln auf
Flüssen und Meeren, Schweben im Gebet, und schließlich — mit einer
gewissen Logik, da dies in der Ostkirche als Kennzeichen der Heiligkeit
gilt — die Unverweslichkeit des Körpers. Das sind alles Dinge (bis auf
das Letzte) die auch in der westlichen Tradition als Begleiterscheinungen
der Mystik betrachtet werden. Speziell hesychastisch daran ist aber die
Auffassung, daß sie das Ergebnis einer eigenen, lehrbaren Gebetsmethode
sein können (wenn auch zu deren Erfolg — das lehrt auch der Osten —
nicht das bloß Technische dieser Methode hinreicht, sondern eine beson¬
dere Gnade notwendig ist.) Freilich — das betont der Osten gleichfalls
kann diese Gebetsmethode mit Erfolg nur unter der Ausübung eines
erfahrenen Seelenführers (russisch: eines ,,Starez") ausgeübt werden.
Fragt man sich nun, wie weit diese Tradition im byzantinischen Raum
zurück zu verfolgen ist, und woher sie möglicherweise abgeleitet werden
kann, so ergibt sich zunächst eindeutig (wie Hausherr in der öfters
^ Es sei hier erinnert an die Plotinstelle, (Enneaden VI, 9,9): Dort kaim
man Ihn (Gott) und sich selbst sehen, soweit es einem zu sehen erlaubt ist,
sich selbst erstrahlend imd voll von geistigem Licht — vielmehr selbst Licht
geworden, rein, gewichtlos und leicht . . . Auch für Proklos (In Piatonis
Timaeiun, ed. Diehl I, 211, 27) ist die oberste Stufe des Gebets diejenige, in der ,,die eins gewordene Seele in dem göttlichen Lichte verweilt und von ihm rings umgeben ist." In der oben (S. 235, Anm. 2) zitierten Schrift (Hausherr
a. a. 0. 165) heißt es: „Wenn der Geist den Ort des Herzens gefunden hat,
sieht er, was er nie gekannt hat; er sieht die Luft um sein Herz, und sich
selbst erglänzen."
2 Darüber handelt der Tomus hagioriticus Migne, Patrologia Graeca, 150
Spalte 1225—1236.
^ Der Bericht findet sich in vielen Schriften, die das östliche Frömmigkeits¬
leben oder das russische Starzentum behandeln, so z. B. in Lossky: Essai
sur la Theologie Mystique de l'Eghse d'Orient Paris 1944, S. 225—227.
Byzantinische Yogis ? 239
zitierten Abhandlung^ nachgewiesen hat), daß sie erst im XIV. Jahr¬
hundert von sinaitischen Mönchen auf den Athos gebracht worden ist.
Sie berufen sich zwar auf die Tradition Symeons des Neuen Theologen.
Insofern haben sie damit Recht, als Symeon das visionäre Element, und
insbesondere den hesychastischen ganz ähnlich geschilderte Lichtvisionen
für eine notwendige Begleiterscheinung des mystischen Gebets, ja sogar
überhaupt des Besitzes der Gnade hält. Aber eine eigene Gebets methode
hat er nicht gelehrt. Die ihm zugeschriebene ,,Methodos" widerspricht
in vielen Einzelpunkten seiner Lehre.^ Andererseits beruft sich Symeon
mit Vorliebe auf ältere sinaitische Texte*, in denen die Wurzeln dieser
hesychastischen Gebetsübung schon angedeutet sind*. Eventuelle Zu¬
sammenhänge müßten also in dieser Richtung gesucht werden. Sollte
man an Einflüsse aus dem ferneren Osten denken, die auf demselben
Wege und etwa zur gleichen Zeit wie die Barlaam- und Josaphat-Legende
in das vorderasiatische Mönchstum eingedrungen sind ? Es ist Sache der
Indologen, zu entscheiden, ob die Analogien so stark sind, daß sie diese
Annahme nahelegen.
1 Vgl. S. 235, Anm. 2. 2 Haushebb a. a. O. 116.
ä Haushebb a. a. O. 121.
* Besonders auf Joharmes Klimakus wäre hier hinzuweisen, und auf seinen
Schüler Hesychius, dessen Sprüche auch in die englische Übersetzung auf¬
genommen wurden. (Writings. . . 279ff). Vgl. besonders Spruch 189, 166, 171,
175. Als zufällig herausgegriffenes Beispiel für das Fortleben dieser Tradition auf dem Sinai ließe sich der Bericht (in einer Handschrift des 16. Jhdts.) von
einer Theophanie auf dem Sinai anführen, die vor 800 armenischen Pilgern
erfolgte, von denen jeder die anderen von Feuer umgeben sah, und wovon
sogar ihre Stöcke Brandspuren davongetragen haben sollen, sie selb.st aber
unverletzt bheben. Dobschütz Byz. Zeitschrift XV (1906) 246.
Von Eeich Feaüwallneb, Wien
Die buddiiistisciien Konzile haben früh lebhaftes Interesse erweckt,
weil man in ihnen wichtige historische Ereignisse sah, die man genauer
bestimmen zu können glaubte und die dann als feste Marksteine bei der
Erforschung der Geschichte der buddhistischen Gemeinde und ihrer
Lehren dienen sollten. Aber diese Hoffnungen haben sich nicht erfüllt.
Die Überlieferung über die Konzile ist so schwankend und widerspruchs¬
voll, daß sie aller Versuche, einen verläßlichen historischen Kern heraus¬
zuschälen, bisher spottete und daß immer wieder Stimmen laut wurden,
welche zu schärfster Skepsis mahnten. Immerhin war die aufgewendete
Mühe nicht verloren. Die Arbeiten Pkzylüskis haben z. B. gezeigt, daß
sich aus den Konzilberichten, auch ohne Rücksicht auf die historische
Wirklichkeit der berichteten Vorgänge, wertvolle Erkenntnisse gewinnen
lassen. Und selbst was die historischen Ereignisse betrifft, die den Be¬
richten zugrunde liegen, wird sich durch geduldige und fleißige Arbeit
noch manches erreichen lassen. Und einen kleinen Beitrag dazu soll der
folgende Aufsatz darstellen.
Viel Verwirrung haben bei der Beurteilung der buddhistischen Konzile
die falschen Vorstellungen gestiftet, die man mit den Konzilen zu ver¬
binden pflegt. In der Überlieferung erscheinen die Konzile nämlich als
wenige große Versammlungen, bei denen, meist unter königlichem
Schutz, die Ältesten der Gemeinde zusammentraten, um den Kanon der
heiligen Schriften festzulegen und Entscheidungen zu treffen, die für die
Gemeinde von größter Bedeutung waren. Daß das nicht zutreffen kann,
hat man früh gesehen. Ich verweise nur auf H. Oldenbeeg, der in sei¬
nem ,, Buddha" (12. Aufl., S. 388—393) gezeigt hat, daß die buddhistische
Gemeindeordnung keine Konzile kennt, deren Beschlüsse für die Ge¬
meinde bindend waren, oder auf die in gleichem Sinn gehaltenen vor¬
sichtigen und besonnenen Ausführungen L. de La Vallüe Poussins in
J. Hastings' Encyclopaedia of Religion and Ethics (Vol. IV, Edinburgh
1911, S. 179ff.). Man hat aber, soviel ich sehe, bisher versäumt, aus
dieser Erkenntnis konsequent die Folgerungen zu ziehen.
Daß es Gemeindeversammlungen gegeben hat, läßt sich angesichts
der reichen Überlieferung nicht leugnen. Welcher Art aber waren diese
Gemeindeversammlungen ? Zunächst finden wir die Konzile in der Über¬
lieferung meist mit Berichten über Schismen verbunden. Es scheint nun