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Das AirWb. im Lichte von ZDMG. 59. 686 flf.
Von Chr. Bartholomae.
Was ich auf Gmnd weitrer Forschung oder neuen Materials
an meinem AirWb. zu bessern oder ihm zuzufügen habe, das be¬
absichtige ich , von Zeit zu Zeit zu veröffentlichen , um so den
Benutzer meines Buchs auf dem Lanfenden zu erhalten. Dabei
gedenke ich auch auf die Einwendungen nnd Belebrungen einzu¬
gehen , die ich von den Rezensenten des Buchs und andem , die
sich gelegentlich darüber äußern, erfahren habe und erfahren werde.
Aber gegenüber der Besprechung des AirWb.s, die Scheftelowitz
an der oben angeführten Stelle hat abdrucken lassen*), glaube ich
eine Ausnahme machen und sofort erwidern zu müssen, schon zur
Aufklärung derer, die, der Iranistik fern stehend, doch mein Buch
benutzen wollen oder müssen.
Das Bild, das Sch. von der Einrichtung des AirWb.s ent¬
wirft, ist stark verzeichnet. S. 687 heißt es*): ,Die zum Teil alten,
sicherlich aus altiranischer Zeit stammenden Varianten , die das
Awesta aufweist, sind in dieses Wörterbuch gar nicht aufgenommen".
Soweit das richtig ist, hat es seinen guten Gmnd. Gewiß sind die
Stellen häufig, wo die Handschriften zwei verschiedene Wortformen
geben, die beide an sich gleich möglich sind, z. B. die mediale
neben der aktiven Form eines Präsens: vazaite — vazaiti Yt.S. 33,
die da- neben der t - Form des Ablativs : yenhäda — yei^hät
Y. 57. 34 u. a. m. Aber die gleichmöglicben Wortformen sind meines
Ermessens an keiner Stelle gleichberechtigt. Berechtigt ist an jeder
einzelnen Stelle nur die 6ine Form, die die Diaskeuasten setzten,
als sie in der Sasanidenzeit »aus vorhandenen Resten und Bruch¬
stücken einen neuen Kanon zusammenstellten" (Geldner, GIrPh.
1) Sie ist mir nnterm 5. XI. 05 zugegangen.
2) leb bemerke hier, dafi ich aUe Anführungen genan so gebe, wie sie a. O. gedrnckt sind, also mit allen Fehlem.
770 Bartholomae, Das Air Wb. im Lichte von ZDMG. 59. 686 f.
2. 35), und es ist eben die Aufgabe des Awestaberausgebers ,to
give as good and correct a text as possible, attempting thereby
to reach the Sassanian original" (Westergaard, Zendavesta,
Preface 23). Ich babe oft genug auf Varianten verwiesen , wo es
mir zweifelhaft war, ob die Herausgeber dieser Aufgabe gerecht
geworden sind , und bin auch oft genug von ihnen abgewichen,
weil mir eine andre, von ihnen verworfene Lesart die des sasani¬
dischen Kanons zu sein schien ; in diesem Fall ist entweder die
Lesung der Ausgaben ausdrücklich angeführt, oder es ist, wenn es
sich um häufig wiederkehrende, insbesondre orthographische Kleinig¬
keiten handelt, die von mir bevorzugte Lesung durch die Marke f
(s. AirWb., Vorwort XXXII) als eine von der der Ausgaben ab¬
weichende gekennzeichnet. Was nun aber das eine Beispiel angeht,
mit dem Sch. den gerügten Mangel beleuchtet, so steht es damit
folgendermaßen: Im AirWb. 972 m. wird die Stelle V. 17. 4 so
zitiert: „yat türa . . . varasasca (sd.) ^hqm.räzayardha varasasöa
•^pairi.brinaKha^)" , und die Note *) lautet: „So Mf 1, Jp 1 u. a.
Them.". Durch ^pairi.brlnaräha gebe ich zu erkennen, daß die
Ausgabe eine andre Lesart bietet; indem ich aber diese Lesart
nicht besonders anführe, zeige ich zugleich, daß es sich dabei nur
um eine der sich oft wiederholenden geringfügigen Differenzen
handelt. Geldner liest pairi.brlnanuka und zwar mit den Hand¬
schriften L 1, 2, Br 1, K 10, während ich mich an Jp 1, Mf 2,
M 2, Dh 1 angeschlossen habe. Dazu kommen dann noch die
beiden Handschriften K 1 und L 4, die pairi.barsnaKuha bieten :
doch steht in L 4 das M-Zeichen über der Linie und ist vielleicht
erst nachmals zugefügt. Ich habe aber nicbts dagegen, wenn man
beide Handscbriften zugunsten der Gel dne r'schen Lesung in An¬
schlag bringt. Gleichwohl halte ich Sch.'s Satz „Daher hätte B.
in diesem Fall unbedingt dem Geldner folgen müssen" für nicht
zutreffend. Denn das zahlenmäßige Übergewicht der Handschriften
ist dabei nicht ohne weiteres ausschlaggebend ; „die fraglichen Fälle
müssen aucb hier individuell behandelt werden" ; s. Geldner,
Prolegomena L. Nun steht fest, daß in arischer Zeit -sua den
Ausgang des Imperativs, -sa den des Präteritums und Optativs
bildete; weiter, daß diese Verteilung der Suffixe im Gathisch-
Awestischen durchweg festgehalten ist, vgl. die Präterita aoyzä,
mänghä, diSä (AirWb. 673 o.), dötSä (ebd. 672 u.) und die Impera¬
tive karBSvä, äraSvä, f9rcbsva, dasvä, güSahvä, baxäö.hva; endlich,
daß diese Suffixe in gleicher Weise auch im Jung -Awestischen
bei der unthematischen Konjugation, sowie beim Optativ gebraucht
werden, vgl. jiy aeäa Prät., dasva Imp., yazaeäa, ähi§a Opt. Die
Frage, um die es sich handelt, ist also die : Ist im Jung-Awestischen
bei der thematischen Konjugation das alte Suffix des Imperativs
der 2. Sg. Med. auch als Präteritalsuffix verwendet worden? Die
Möglichkeit gestehe ich ohne weiteres zu; sie war dadurch ge¬
geben, daß außer in der 2. Sg, für die War- und So 11 bedeutung
Bartholomae, Das Air Wb. im Lichte von ZDMG. 59. 686 ff. 771
des Verbums verscbiedene Formen nicbt vorhanden waren, und daß
auch hier, in der 2. Sing, die War form in S o 11 bedeutung ver¬
wendet werden konnte. Die Tatsache aber ist erst noch zu er¬
weisen. Mich dünkt es weit wahrscheinlicher, daß die Abschreiber
die sehr ähnlichen Ausgänge verwechselt und den viel häufiger
bezeugten des Imperativs gelegentlich an die Stelle des präteritalen
gesetzt haben. In welchem Maß die beiden Ausgänge in den Hand¬
schriften durcheinanderlaufen, mag man aus den Stellen Y. 9. 2,
10. 6 ersehen, wo Geldner ebenfalls °rduha bevorzugt hat —
yäsamika, hunvaauha , varadayarduha —, obwohl nicht nur die
Zahl, sondern auch die Güte der Handschriften für -mha spricht.*)
Ich kenne nur eine SteUe , an der eine unzweifelhaft präteritale
Form von den Handschriften einmütig mit °nuha geschrieben ist:
ava.mairyanuha H. 2. 34; aber bei zwei Handschriften besagt
solche Einmütigkeit nicht viel ; zudem ist der Text von H. 2, beson¬
ders in seinem zweiten , nur in abgekürzter Form erhaltenen Teil
keineswegs glänzend überliefert ; auch die Schreibung mairy{amha), wie hier beide Handschriften bieten, ist falsch ; zu H. 2. 19 stimmen
.sie dagegen in der richtigen Schreibung miry{ar3uha) zusammen. —
Ich bemerke übrigens, daß ich nicht etwa erst durch S c h.'s Tadel
dazu angeregt worden bin , die Frage eingehender zu untersuchen ;
als Beweis dafür mag dienen , was ich vor 28 Jahren in meinem
AirVerbum 34 habe drucken lassen.
Der weitre Fehler, den ich nach Sch. an der gleichen Stelle
gemacht haben soll, ist der, daß ich die Variante in L 4, Kl
nicht besonders angeführt und als ,echte Variante' ins Wörterbuch
aufgenommen habe. „Neben brlnarauha ist aber aucb barmianuha
eine aus altiranischer Zeit herstammende Variante, denn auf bara-na-
geht ja np. burridan ,schneiden', pbl. buräk ,schneidend' (Y. 56,
12, 4) zurück (vgl. Hübschmann, Pers. Stud. p. 18)'.^) Soll
Hübschmann als Gewährsmann dafür einstehen, daß das np. -urr-
1) Allerdings folgt Y. 0. 2 der Imperativ stüiÖi; s. aber z. B. Y. W. 32, wo ebenfalls verschiedene Modusformen nebeneinander stehen.
2) Wenn die weiter folgenden Bemerkungen über lat. forare u. s. w.
etwa zu meiner Belehrung dienen sollen, so weifi ich wirklich dafür keinen Dank. Ich erinnere mich, über diese Dinge einen recht umfangreichen Aufsatz in Studien 2 veröffentlicht zu haben. Wenn Sch. die im AirWb. a. 0. ver¬
zeichnete Literatur nachzusehen Zeit gehabt hätte, würde er darauf gestoßen sein. Aber dieser Pflicht des Bezensenten, die Zitate des Verf.s nachzuschlagen
und das dort Gesagte bei der Beurteilung mit zu erwägen, ist Sch. weder hier noch sonstwo nachgekommen. Vgl. S. 294: „Woher weifi B. , dafi vam-ay
,Rahm' bedeutet?'. Wie ich zu der Bedeutung gelangt bin, konnte ihm
IF. 9. 260 zeigen , worauf Sp. 1029 u. unter vaoray- verwiesen ist. Ferner 8. 698: „p. 784. Zu &akatay nnd sak- ,vorübergehen' wäre O. Hoffmann, BB. 18, 289 zu berücksichtigen gewesen'. Warum ich aus der umfangreichen, aber mit Hilfe des Zitats leicht zu findenden Literatur über ap. &akatay- ge¬
rade den Aufsatz von Hoffmann hervorhebend hätte nennen sollen, von dem Foy KZ. 33. 427 mit Recht tadelt, daß er alle Vorarbeiten ignoriert, vermag ich nicht einzusehen. — Weitere Beispiele finden sich unten.
Bd. LIX. 51
5 6 *
772 Bartholomae, Da» Air Wb. im Lichte von ZDMG. 59. 686 f.
in burridan im jAw. -aran- wäre? Er wird sich, glaub ich
hüten; denn er weiß so gut wie ein jeder, der mit der iranischen
Lautlehre vertraut ist, daß jenes np. -urr- auf ar. -rn- zurückgeht
(s. IFAnz. 11. 53), und daß ar. -rn- im jAw. durch -9r9n- , nicht
jedoch durch -arm- vertreten ist. Wie nun aber die Variante
barsnanuha , die eben keineswegs als „echte" im Sinn Sch.'s an¬
gesprochen werden darf, entstanden ist, das sieht man, wenn man
im Text um zwei Paragraphen zurückgeht. In V. 17. 2 lesen wir
an einer mit der oben zitierten eng zusammenhängenden Stelle :
yö . . . varasasäa pairi.brinanti. Hier hat sich Geldner, was
die Gestalt des Verbums anlangt, an Jp 1, Mf 2, L 1, 2, 0 2, B 2
angeschlossen. Außerdem notiert er folgende Varianten: „barlndnti
K 10, Br 1 (hier a ausgestrichen); barinanti L 4, barmti K 1,
M 2'. barinsnti in K 10 und barinanti in L 4 bezeichnen die
Etappen, über die man von der Lesung brinarsuha zu barmarMha
gelangt ist; s. auch die vielfach bezeugte Schreibung bar° statt
br° in dem etymologisch verwandten Wort br5i&rö.°. Ein fast bis
aufs letzte genaues Analogon zu der Verderbnis von brinanuha
finden wir in den Handscbriften Jp 1, Mf 2 zu V. 18. 51: statt
nisrinaomi bieten sie niiaranaöme.
„Ebensowenig', heißt es dann weiter, ,wie die alten Varianten
ist auch das in andern Sprachen entlehnte Sprachgut berücksichtigt
worden'. Ganz richtig ist das auch nicht; denn ich habe oft ge¬
nug auf altiranische, von den Griechen überlieferte Namen auf¬
merksam gemacht. Sie aber in ihrer Gesamtheit aufzunehmen,
das scbien mir allerdings ganz außerhalb des Rahmens meiner Auf¬
gabe*) zu liegen, und ich konnte auch um so eher darauf ver¬
zichten., als sie ja bereits von Justi im Iran. Namenbuch zu¬
sammengetragen sind.
Eine weitre Rüge erhalte ich dafür, daß ich „hinsichtlich der
Aufstellung der altiranischen Grundform zuweilen ganz inkonsequent
verfahren" sei. „Altiranische Grundformen' habe ich nur ge¬
legentlicb in den Noten aufgestellt. Sch. meint aber vielmehr
meine Stamm formansätze. Ich könnte mich gegenüber einem
Tadel, der sich darauf erstreckt, einfach auf das berufen, was ich
im Vorwort XIII über den Wert angemerkt habe, den ich den
„Stämmen' zuweise; sie sind dort als „Etiketten'*) bezeichnet, die
nur dazu dienen sollen, das Suchen der Wörter zu erleichtern. Da
aber Sch. bestimmte Belege für seinen Tadel gibt, muß ich doch
darauf eingehen. „So z. B. ist im Iranischen ar. zu sp geworden.
Daher setzt Bartholomae ganz richtig span- : sün- (p. 1610) an, da¬
gegen aber ganz unrichtig svar : sür (p. 1631), asvar : asür (p. 221),
was sich weder vom arischen noch vom iranischen Standpunkt aus
verteidigen läßt." Ich meine, bei Benutzung des Sp. 1631 ge-
1) Sie ist im ersten Absatz des Vorworts genau bestimmt.
2) Demselben Auidruck daflir begegne ich jetzt bei Brugmann, IF. 18.61.
5 6 *
Bartholomae, Das Air Wb. im Lichte von ZDMG. 59. 6S6 f. 773
gebenen Zitats wäre der Grund des verschiedenen Ansatzes wohl
zu ermitteln gewesen. Daß ar. su im Iranischen als sp erscheint,
ist mir aus GIrPh. 1. 29 bekannt. Ebenda 155 unter 12 finde ich,
daß ar. -u- und -mm- in der awestischen Schrift nicht geschieden
werden; der Buchstabe, den wir (im Wortinnern) mit v umscbreiben,
kann gesprochenes m, aber aucb uu zum Ausdruck bringen. Gerade
nun dadurch, daß ich die Stammform für sürdm „früh" nicht mit
sp°, sondern mit sv° gab, wollte ich dem Benutzer meines Buchs
klar machen , daß ich dafür eben nicht ar. su°, sondem vielmehr
tuu° voraussetze. Warum ich aber das tue, geht aus GIrPh. 1. 99
hervor; es verhält sich eben m. E. ar. *%ür- in jAw. süram, np. sür
(AirWb. 1586 0.) zu einem *suuar- ebenso wie ar. *sür- in ai. sürah
„solis" zu *suuar- in svhh ,sol" und wie ai\ *%ü- in jAw. süs
„Nutzen", np. süd „Nutzen" zu *%uu- in jAw. svö „des Nutzens"
(AirWb. 1581 u.), ein Wort, das es ja nach Scb. gar nicht geben
dürfte (ebensowenig wie hva „wo ?", to^m „du" u. a. m.).
Das zweite Beispiel für die gerügte „Inkonsequenz" findet Sch.
in meinem Stammansatz des Worts für „Ameise". „Das Awesta
überliefert maoiri- {maoirim V. 16, 12; maoirinam V. 14, 5;
18, 73). Dieses geht auf idg. *marvai zurück (vgl. J. Schmidt,
Krit. d. Son. 29 f.). Man hätte nun erwartet , daß Bartholomae
dieses Wort entsprechend dem aw. *paoirya (aus ar. *parvyd) oder
baoirya (aus ar. *barvya) als maoiray ansetzen würde ; statt dessen
gibt er aber maurvay an. Wenn B. in diesem Fall das Wort
schon ändert , so hätte er doch wenigstens die uriranische Form
^marvay geben sollen." Wenn Sch. Zeit zu genügender Unter¬
suchung gehabt hätte — nach S. 711 hatte er sie leider nicht —,
so würde er gefunden haben, daß bei mir alles durchaus in Ord¬
nung ist. Er hätte nur das Zitat GIrPh. 1, § 268. 44 nachschlagen
müssen, um zu seben, daß das von ihm empfohlene maoiray- dämm
ganz unmöglich ist, weil aoir nur vor unmittelbar folgendem ?
oder y geschrieben wird*). Wäre der Nom. Plur. (mask.) „die
Ameisen" belegt, so würde er gar nicht anders als *maurvayö (oder
allenfalls *maourvayö , GIrPh. 1. 157, § 268. 43) lauten können.
Das aber zerlegt sich genau ebenso in maurvay- (Vollstamm) -f- ü
(Suffix des Nom. Plur.) wie z. B. aiayö „die Schlangen", garayö
„die Berge" u. s. w.
Ein fernerer Tadel: „Das zweite Glied eines Kompositums hat
B. nur zum Teil bebandelt. Daher finden sich z. B. nicht in seinem
Wörterbuch )(raöäy (in avUo.^raöäy) , dasura (in tizi.dasura),
dqsfra (in tizi.dqstra), miita (in baevara.miSta), &rcfsa (in udaro.-
^refsa), stak (in &raoto-stah) , kaozda (in aäta-kaozda)" . Wenn
Sch. Sp. 348, 653, 653, 914, 387, 800, 261 nachzuschlagen Zeit
1) Wie wenig Sch. über diese, sagen wir: orthographischen Fragen unter¬
richtet ist, zeigt auch der Artikel &ätairö S. 698 (im Wesentlichen gleich ZDHO. 57. 135).
61*
774 Bartholomae, Das Air Wb. im Lichte vori ZDMG. 59. 686 ff.
findet , wird er erkennen , daß keins der zweiten Glieder dieser
Komposita nicht behandelt ist. Ich habe durchgängig ein Wort,
das bloß in der Komposition und bloß in einem einzigen Kompositum
vorkommt, unter diesera besprochen. Nur dann erscheint es in
einera besondern Artikel, wenn es zwei oder raehreren Korapositen
eignet ; das sind die Artikel mit nicht fettgedrucktem Stichwort ;
zum Aufsuchen der Komposita mit dem gleichen Schlußglied dient
der Index. Das zu erraitteln war doch nicht allzu schwer.
Aber nach Sch. habe ich nicbt nur eine Anzahl von Kom¬
positionsgliedern zu behandeln vergessen , er vermißt auch ver¬
schiedene selbständige Wörter. Sehen wir zu, wio es sich damit
verhält.
S. 702 heißt es: ,p. 1173. Es fehlt die Form msranäainiS
pl. f. V. 8, 21 ,zerstörbar, das was zerstört werden soll', raä-maran-
^ainls gae'ö-ii astvaitiS aSahe ,Nicht zu zerstören sind die bekörperten
Welten der Heiligen'.' Die Form ist tatsächlich samt Literatur¬
angabe Sp. 1146 verzeichnet — s. auch 1095 und 1168 —, freilich
nicht als Nominalforra , was es auch seiner Forra nach und weil
hinter mä „p;" stehend, gar nicht sein kann. — Ebenda lesen wir
weiter: ,p. 1283. Unter yäta verraisse ich Y. 86, 2 , Geschick';
hvö nä yätäyä paiti jamya ,dieser Mann soll entgegengehen
dem Geschick'." Das Wort steht tatsächlich samt Literaturangabe
Sp. 1284, freilich nicht als Kasusform eines Stamms yäta-, was es
aber auch gar nicht sein kann. — S. 693: ,Es fehlt Yas- ,teilen,
scheiden' mit nis . . .; y. 50, 2 nis-asyä absol."*) Das Wort steht
tatsäcblich Sp. 1771, und Sp. 1887 ist auf diese Stelle verwiesen.
Nachträglich hat denn Sch. es auch wirklich gefunden, S. 711.
Nun aber muß ich freilich gestehen, was Sch. sonst noch
vermißt, das fehlt im AirWb. wirklich. S. 701 schreibt er:
,p. 1148.*) Ich verraisse para.mdratö V. 8, 31 ,vor dem Tode be¬
findlich' ; pasca.maratö V. 8, 31 ,nach dem Tode befindlieb' (vorl.
ZDMG. 57, 150)"; ferner S. 694: ,p. 392. Es feblt das Wort
upa.vi V. 8.17. 18 instr. ,mit Eifer, willig' . . . vgl. ZDMG. 57,147".
Sehen wir uns jedoch die zitierten Stellen in der Neuausgabe an,
so finden wir, daß sie die von Scb. vermißten oder als fehlend
bezeichneten Wörter gar nicht entbält. In der Ausgabe steht para
mBrdtö, pasca maratö, upa vi. Von diesen Wörtern ist keines im
AirWb. vergessen; vgl. Sp. 852 u., 1173 o., 1344 o. Es ist doch wirklich
ein starkes Stück, wenn Sch. es als etwas selbstverständliches be¬
ansprucht, daß der Herausgeber eines Wörterbuchs in Fällen, wo
er, Sch., Änderungen des Standardtextes vornimmt, sich nun nicht
raehr an diesen , sondern an seinen , S c h.'s Text zu halten habe.
Auf Sp. 1879 f. des AirWb.s ist Beginn und Ende der Drucklegung
1) Eine solche Absolutivform kommt sonst im Awesta nicht vor. Auch erwartete ich *n&qsyä, mit z; s. AirWb. 752 m.
2) Die Zahl stimmt nicht. Es müfite 854 und 884 heißen.
Bartholomae, Das Air Wb. im Lichte von ZDMG. 59. 686 ff. 775
angegeben. Sch. hätte daraus leicht entnehmen können, daß mir
die Verwertung seines Anfang Mai 1903 erschienenen Aufsatzes in
ZDMG. 57. 107 fF. — und gar in dem Maß, wie er es verlangt; zitiert
er ihn doch nicht weniger als 38 mal *) —, nicbt mehr möglich war.
Was insbesondre die von ihm vermißten Wörter angeht, so stelle
ich fest, daß der Druck der mit it und mit p anlautenden Wörter
im Mai 1903 längst beendet war. Aber Sch. hat offenbar solche
Erwägungen nicht angestellt. Auf S. 711 schreibt er: ,p. 1874.
y^aata ist von Justi und Darmesteter durch „gekocht" übersetzt
worden, wogegen ich ZDMG. 57, 137 festgestellt habe, daß es nur
„gedroschen" heißen kann. Ebenso übersetzt es nun auch B.". Da
muß man denken, daß ich die richtige Fassung Scb. zu danken,
und sich wundern, daß ich ihn nicht zitiert habe. Aber der Artikel
a-x"aista- „nicht gedroschen", der auf Sp. 299 steht, war schon
länger als ein Jahr gedruckt, bevor das 1. Heft von ZDMG. 57
erschienen ist.
Ähnlich steht es nun endlich auch mit dem Letzten , was
Sch. im AirWb. vermißt, S. 692: ,p. 166 f. ah ,sein'. Ebenso
wie im Griechischen nÜQu für naqtaxi steht, so ist zuweilen auch
im Awesta das Hülfsverb ah, wenn es mit einer Präposition ver¬
bunden ist, ausgelassen, so z. B. mit upairi, mit ö, us, paiti, vgl.
ZDMG. 57, 118. Alles dieses sucbt man in B.'s Wörterbuch ver¬
geblich". Gemeint ist 57. 117, wo folgende Stellen für die Aus¬
lassung der „Copula" bei „Präpositionen" angefiihrt werden : V. 5. 22 (= 23) bei upairi"^); V. 5. 54 (= 56), 8. 100, Y. 30. 1«) bei paiti;
Y. 43. 8 bei ä; V. 5. 54 (= 56, 9. 33, 34) bei us; zusaramen 6
verschiedene Stellen. Sch. fordert auch hier, daß ich seine An¬
sicht annehrae und wiedergebe, bevor ich sie kenne. Aber ganz
abgesehen davon : es ist rair völlig unbegreiflich , wie Sch. auf
den Gedanken koramen kann, die vermißten Stellen unter ^ah-
„sein" zu suchen. Daß Auslassungen des finiten Verbums vor¬
kommen, ist eine auch mir bekannte Tatsache; nicht rainder die,
daß hinter einem Präverb das Verbum öfters unterdrückt ist. Li
der Syntax stellt man solche Fälle in einera Kapitel über die Ellipse
zusammen ; vgl. z. B. Delbrück, VglS. J. 117 ff. Im AirWb.
finden sich Beispiele für die Ellipse des Verbums bei einera Präverb
Sp. 72, 88, 163, 302, 824. Aber selbstverständlich sind sie unter
1) Während auf den Aufsatz in BB. 28, 29 doch nur 13 mal verwiesen ist. — Den weitaus größeren Teil von Sch.'s Besprechung meines Buchs bilden Wiederholungen aus ZDMG. 57. 107—172. Ab und zu ist die Anfübrung unter¬
blieben; so S. 692 (zu p. 190), 695 (zu 525), 696 (zu 655), 698 (zu 786), 700 (zu 697), 702 (zu 1173), 705 (xu 1564), 707 (zu 1587); s. noch unten 8. 814 zu S. 703 (Sp. 1465).
2) D. h. diese Stelle mit upairi meint Sch. ZDMG. 59. 692. In der Freude, auf eine Kntdeckung in ZDMG. ^7. 117 u. zurückkommen zu können, hat er ganz übersehen, daß an der u^a:rt-Stelle „das Hülfsverb äh' wirklich bezeugt ist, daß also das Beispiel gar nicht paßt.
3) Gemeint ist 30, 2.
776 Bartholomae, Dae Air Wb. im Lichte von ZDMG. 59. 686 f.
dem Prä verb verzeicbnet, nicbt aber unter ^ah- „sein" oder irgend
einem andern Verbum ; es steht ja eben keines da, und der Lexiko¬
graph hat doch wohl die Aufgabe, den bezeugten Wortstoflf zu ver¬
zeichnen, nicht aber Wörter, die sich der oder jener zur Erleichte¬
rung des Verständnisses in den überlieferten Text hineindenkt. Ich
glaube nicbt, daß es schon einmal jemandem beigefallen ist, die
Aufführung der Redensart ne quid nimis unter esse oder agere
oder weiß Gott welchem andern Verbum zu vermuten oder gar zu
verlangen. — Übrigens ist von den 6 Stellen, die Sch. verzeichnet
im AirWb. keine einzige vergessen: vgl. der Reibe nach Sp. 395 o •
833 u., 1238 0.; 178 u., 1603 m.; 918 o., 1568 u.; 302 u.'
1267 0., 1346 m.; 1385 m. , 1628 m. Nur freilich fasse ieh sie
anders auf als Sch. Das mag ja recht töricht sein, es recht¬
fertigt aber nicht den Vorwurf der Nachlässigkeit.
II.
Aber nicht nur Nachlässigkeiten in der Sammlung und An¬
ordnung des Sprachstoffs hat Sch., trotz der Kürze der Zeit, die
ihm dafür zur Verfügung stand, in Pülle entdeckt, er findet aucb,
daß es mir auf dem Gebiet der Wort- und Texterklämng, sowie der
Etymologie gar sehr an der nötigen Sorgfalt und Einsicht fehle.
Vgl. S. 711: . . da sehr viele Wortbedeutungen in diesem Wörter¬
buch nicht genügend untersucht sind , so erscheint es notwendig,
die meisten von B. angegebenen Bedeutungen nachzuprüfen'. Jede
wissenschaftliche Aufgabe muß solang als nicht genügend unter¬
sucht gelten, bis sie endgiltig gelöst ist. In d^m Sinn sind selbst¬
verständlich noch sehr viele Textstellen und Wörter der altiranischen
Denkmäler „nicht genügend untersucht", und ich wünsche aufs leb¬
hafteste, daß sich recht viele und auch Herr Sch. selber an deren
weiterer üntersuchung beteiligen. Aber wie die zuvor abgedruckten
Belege zeigen, will Scb. sein „nicht genügend untersucht" nicht
in dem angegebenen, sondern in dem Sinn von „nicht mit der ge¬
nügenden Sorgfalt und Umsicht untersucbt" verstanden wissen. So
muß ich denn Sch.'s Belege für meine „nicht genügende Unter¬
suchung" selber wieder einer Untersuchung untei-werfen, nicht alle, aber doch einige, und darunter die beweiskräftigsten.
S. 696: „p. 655. tütak ,Lehm' ist unmöglich. Pü. tüj(s-
enttar^) = np. tüsak , Decke', dann pbl. -mitar^) ist Suffix, vgl.
pedäkenitar^) neben pedäk, tarvenitar^) : aw. taurvayö. Aw. tiituk
ist reduplizierte Bildung von ar. Y tvak (wie dädrva : ai. dru, oder
aw. vävarsa, duduwi), es ist lautlich identisch mit np. tutuk ,Vor-
hang', pbl. täk (V. 7,10) .Decke', ved. tvac ,Fell, Haut', ätuc
1) So. Das Pahlavisuffix ^j»^ umschreibt Sch. immer mit tar; s. S. 696 u.;
fireftar, ferner ZDMG. 57. 133 o., ebd. 114 m. (kartarih), 172 u. {tüy^ginitar);
nur ebd. 142 m. steht böxter, mit e.
Bartholomae, Das Air W6. im Lichte von ZDMG. 59. 686 f. 777
,Umhüllen', ksl. tükati jWeben'.' Der Leser soll und wird staunen
über die Pülle von Gelehrsamkeit. Und doch bringt Scb. mit all
dem — von der unverständlichen Gleichsetzung des mp. tü^senitar
mit np. tüSak abgesehen ') — nichts, was nicbt schon längst gesagt
und oft wiederholt worden wäre. Daß ich das alles wußte , geht
doch klar aus meiner Note a. 0. hervor."^) Glaubt denn Sch.
wirklich, daß mit seinem „unmöglich" die Sache erledigt sei?
Roma locuta, causa finita? Mit mehr oder minder zweifelhaften
Etymologien werden Fragen, die religiöse Gebräuche betreffen, nicht
entschieden. Dazu bedarf es sachlicher Gründe.
S. 688: ,p. 42. äo&ravana'^) V. 8, 23 päd väp =
np. päi bäbeh . . .) ist nicht verderbt aus ä&ravana^ sondern ersteres
ist eine Weiterbildung von ao&ra ,Schuh' , vgl. lit. aütas ,Fuß-
lappen'." Wie man nur solch einfacbe Dinge überseben kann!
Ich bitte aber, das Zitat IF. IL 126 nachzuschlagen, und man wird
finden, daß ich die Gründe, die für und gegen Geldner's Lesung
ao&ravana sprechen, schon lang vor dem Erscheinen von ZDMG.
57. 148 überlegt und mitgeteilt habe.
S. 707: „Bereits Geldner hat gesehen , daß np. si/cär ,Kohle'
auf aw. skairya zurückgeht." Mir ist Geldner's Ansicht in
KZ. 25. 566 gar wohl bekannt gewesen; aber ebenso wußte ich,
daß seine Etymologie falsch ist, und zwar deshalb, weil iran. sk im
Anlaut np. Sak- oder sik- wird. Hätte sich Sch. ordentlich an¬
gesehen, was Gel dner a. 0. schreibt, so würde er unter garamö.-
skarana- Sp. 516 — *skarana- ist das Wort, das nach Geldner
in np. sakär steckt! — gefunden haben, wie es mit dem Wert
jener Etymologie bestellt ist, und er wäre davor bewabrt geblieben,
zu dem erwäbnten Fehler selber noch einen zweiten zu fügen, den
nämlich , np. -är und Aw. -airya° gleichzusetzen ; dem würde ja
doch np. -er entsprechen. Np. sakar oder sikar „Kohle" enthält
ebenso wie np. sikäl „Gedanke" (AirWb. S. 582 0.) das Präfix us;
darauf weist auch np. nigal „glühende Kohle" (Hübschmann,
PSt. 76), worin das Präfix ni steckt. Die Wörter gehören mit
den von Walde, LatEtWb. 96 unter carbo aufgeführten zusammen.
S. 703: ,p. 1368. varta, nicht varata Parh. 8 = Vü. vast,
1) „Pü. iü%Senltar = np. tüSak", so schreibt Sch. tatsächlich. — Ich möchte jedenfalls bei der Gelegenheit bitten, die Angaben in den etymologischen und grammatiscben Bemerkungen des AirWb.s in aller Schärfe zu fassen. So scheide ich streng zwischen gleichen und nur mehr oder weniger nah ver¬
wandten Wörtern; die ersteren werden ohne weitre Marke in den Noten ein¬
gestellt, die letztern mit „vgl."; so z. B. stehen Sp. 1566 unter ^sargd- „Jahr' ooss. särd und np. säl ohne Marke verzeichnet, aber dann „ai. vgl. iardd-'^.
Ferner halte ich streng Ableitung oder Herkunft und Zugehörigkeit eines Worts durch aus und zu auseinander: srlrö.tai!a- Sp. 1647 ist Ivompar. aus srira-, srayah- Sp. 1639 dagegen zu sr'ira--p-u»s selber wieder 1647 als zu sräy- gehörig bezeichnet wird. Ich hoffe dadurch etwaigen Mißdeutungen vorzubeugen.
2) Wo bones statt bancs zu lesen ist.
3) So!
778 Bartholomae, Dae Air Wb. im Lichte von ZDMG. 59. 686 ff.
was p. p. von vaStan = gaätan ,sich wenden , drehen' ist. varta
bedeutet daher , gewendet, gedreht'. Wieso Bartholomae die Be¬
deutung ,Ball, Kloß' angibt, ist mir unbegreiflich. Np. gtrd ,rund,
Umkreis', gardanä ,Eundung, Kreis'." Wenn mir die Arbeit doch
auch so leicht von statten gegangen wäre! — Daß in F. 8 vartö,
nicht varatö bezeugt ist, brauchte dem Benutzer des AirWb.s nicht
noch besonders mitgeteilt zu werden, das ersieht er aus der Note,
ich habe also in der Hinsicht nichts versäumt. Weiter: ich weiß
sehr gut, daß mp. vaäi „gedreht" bedeuten kann. Warum ich
gleichwohl das jAw. varota nicht mit „gedreht" wiedergegeben
habe, hat darin seinen Grund, daß zwar das mp. vast auf das
Part. Perf. Pass, aus ar. *y,art- zurückgeführt und somit gleich
ar. *iir&ta- (ai. vfttd-) gesetzt werden kann, nicht aber jenes jAw.
Wort; denn dem ai. vrttdh entspräche jAw. *v9rastö. Perner:
warum ich die Bedeutung „Ball, Kloß" angebe, hätte Sch. mit
Hilfe des Index leicht ermitteln können, wo die Komposita, auf die
mit „KompE." verwiesen wird, am gehörigen Ort Sp. 1919/20 a
verzeicbnet sind. Er würde dann gefunden haben, daß das wegen
des Worts zam.varata- geschieht, das ich Sp. 1691 als „Erdkloß,
Klumpen" fasse. Endlich, weshalb ich das ri'^. gird „rund" nicht
zum Vergleich herangezogen habe, auch das hat seinen guten Grund,
den man IF. 10. 7 auseinandergesetzt findet; Sch. zitiert S. 701 für
die Ansicht, daß das n-p. gird zu ai. vartati gehöre, Hübschmann,
PSt. 91; aber da steht ja gerade das Gegenteil davon.
Zum Schluß zwei schlagende Beweisstücke dafür, daß ich doch
noch recht wenig Awesta gelesen haben muß.
S. 703: „p. 1465. vispamäi soll nach B. dat. von einem adj.
vispema ,jeder' sein. Dieses ist aber unmöglich, denn im Awesta
ist nie von , jeder bekörperten Welt', sondern nur von ,der be¬
körperten Welt', die Rede." Die Übersetzung ,jeder bekörperten
Welt" stammt nicht von mir, sondern ist von Sch. gegeben, um
die Verkehrtheit meiner Anschauung recht klar zu verdeutlichen.
An der -zitierten Stelle, die er wieder nicht nachgeschlagen hat,
ZDMG. 46. 305, würde er vielmehr „für jedwedes irdische Wesen"
gefunden haben. Die Verbindung des Adjektivs „omnis" mit dem
Namen anhav- ist aber nicht nur nicht unerhört, sondern wie man
sich aus Sp. 108 überzeugen kann, überaus geläufig. — Sch. benutzt
die Gelegenbeit, die bereits ZDMG. 57. 114 vorgetragene Erklärung
von buchpahl. -"jy „immer" in breiterer Weise zu wiederholen. Es
wäre besser nicht geschehen. Sch. liest das Wort hamäi, und
das soll zu np. hame geführt haben. Aber bp. apurnäi wird doch
nach Sch.'s eigener Angabe zu np. bumäl Wie das bp. Wort zu
fassen und zu lesen ist, das ergibt sich in endgiltiger Weise aus
den von FWKMüller veröffentlichten Turfanhandschriften , die
für das Wort „immer" an zwei Stellen (bei Müller, Handschriften¬
reste 32, 76) hamev (hamiv) bieten. Und so ist auch das bp. Wort
zu lesen, in dem So .eins" mit der Ziffer, wenn man so sagen darf.
Bartholomae, Das Air Wb. im Lichte von ZDMG. 59. 686 ff. TJQ
geschrieben ist, ebenso wie z. B. in -"^-»if) katärcev , •^ayf'r) katämcev, ■^o^ya^cikämcev.
S. 690: ,p. 91. ajicz-i^-äy , obliegend, sich befassend mit'. Dieses ist falsch. B. hätte ja hier nur die Stelle V. 18, 17 durchübersetzen
sollen : mä •öray^m vahi§tanq,m aiun&yö buyata humataheca ma-
naohö hü%taheca vacaiahö hwarstaheca SyaO'^'nahe ■Sray^m aciStan^m
aitoi&yo buyata duSmataheSa mananhö duXüjjtaheca vacarahö dui-
warStaheSa SyaoSnahe. Nacb Bartholomae ist es folgendermaßen
zu übersetzen: , Nicht befaßt euch mit den drei besten Dingen,
nämlich mit gutgedachten Gedanken , mit gutgesprochenem Wort,
gutgetanem Werk, vielmehr befaßt euch mit den drei schlimmsten
Dingen , mit bösgedachten Gedanken , mit bösgesprochenem Wort,
bösgetanem Werk.' Daß hier Bartholomae's Auffassung ganz im
Widerspruch zu der ZaraOnStra-Lehre steht, erkennt jeder, der sich
nur ein wenig mit Awesta befaßt hat; vgl. y. 11, 17. aim.&äy +
bavaiti bedeutet nur ,lässig sein, verschlafen', vgl. Geldner, S. Preuß.
A. W. 1903, 424. Nur so gibt die Stelle einen guten Sinn . .
Wahrhaftig, eine hervorragende Leistung! Daß die verschiedene
Auffassung von aiwi&yö davon abhängt, wem die Worte in den
Mund zu legen sind , ob dem ahurischen Hahn, wie G e 1 d n e r
will, oder der daivischen Büäyastä, wie ich mit der Tradition und
fast allen annehme, die die Stelle behandelt haben, das weiß Sch.
nicht; die Noten sich anzusehen, die es ihm hätten sagen müssen,
dazn hat er keine Zeit; so greift er denn zur Feder und belehrt
die Mitglieder der Deutschen Morgenländischen Gesellschaft, daß
der Verfasser eines neuerdings erschienenen Altiranischen Wörter¬
buchs awestischen Dingen gegenüber eine geradezu bedauernswerte
Verständnislosigkeit an den Tage lege.
Gießen, 10. November 1905.
780
Antwort auf Herm Prof. Bartholomae's
vorstehenden Artikel.
Von I. Scheftelowitz.
Ich danke Herrn Prof. Bartholomae bestens dafür, daß er mir
Gelegenheit bietet, denjenigen Punkten in meiner Besprechung des
Wörterbuches, welche leicht anfechtbar zu sein scheinen, eine aus¬
führliche Begründung geben zu können. Ich werde hier auf alle
Angriffe, soweit sie einen rein sachlichen Charakter tragen, eingehen und zwar in derselben Eeihenfolge, wie sie Herr Prof. B. vorbringt.
1. aw. barana- verhalt sich zu np. burridan wie aw. y^arancdi :
np. yurra, oder umgekehrt wie ai. drnäti : np. darridan, aw. parana
„Feder* : n-p. parr, aw. varanvaite : pbl. varraviatan , np. girav
„Glauben* (vgl. Grdr. ir. Phil. I, 303); altir. ä-barata : mp. äiard
(F. W. K. Müller, Handschriftenreste p. 35). Eine andere sehr be¬
achtenswerte Variante ist z. B. aw. baxtarufm, abaytanqm (V. 7, 35),
wie die Mss. Lj. 2, Br^, O2, Mg für batanqm „enthüllst*, abatanam
„nicht enthüllst" überliefern, aw. bayta- : pbl. bayt, np. beyteh
„dem die Haut abgezogen ist" ; bayta- ist pp. von altir. *bang =
ai. bhanj „brechen".
2. Auf S. 694 habe ich nachgewiesen, daß B.'s Annahme,
vaaray bedeute „Eahm" unhaltbar sei. Herr Prof. B. entgegnet
hierauf: „Wie ich zu der Bedeutung („Rahm") gelangt bin, konnte
ihm 1. F. 9, 260 zeigen, worauf Sp. 1029 u. vaoray verwiesen ist".
Diesen Artikel in I. F. 9 kannte ich sehr gut und gerade gegen
diesen wende ich mich. Dort sagt nämlich B. : „Ich nehme vamay-
in der Bedeutung Rahm, Sahne. Die Bezeichnung der fetten
Bestandteile der Milch , die sich oben im Milchgefäß ansammeln,
die insbesondere dann , wenn die Milch gekocht ist , eine zäh zu¬
sammenhängende , von der darunter lagernden Magermilch leicht
abhebbare Schicht, die Milchbaut bilden, als „Decke, Hülle" der
Milch , setzt meines Erachtens keinen erheblichen Aufwand von
Phantasie voraus". Ich bitte nun auf diese Worte des Herm Prof.
B. meinen Artikel über us-vaoray durchzulesen , dessen Eesultat
auch Herr Prof B. anzuerkennen scheint, da er ja keinen sachlichen
Einwand dagegen erhebt.