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ALLES GUTE KOMMT VON OBEN 1,16 21

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(1)

​3. Vorlesung

(2)

1. Der Text und seine Übersetzung 2. Die Makrostruktur des Abschnittes

3. Alles Gute kommt von oben: V. 16-18 Die Mikrostruktur

Die Kernaussagen und ihre Verbindung zu V. 2-15 Sternenmetaphorik und Gottesbild

Gottes Wille, die Mittlerschaft des Wortes und eine Zieldefinition für das „Wir“

4. Reden ist Silber, Schweigen ist Gold: V. 19-21 Die Mikrostruktur

Semantische Oppositionen

(3)

16a Μὴ πλανᾶσθε, ἀδελφοί μου ἀγαπητοί.

Irrt nicht, meine geliebten Brüder,

17a πᾶσα δόσις ἀγαθὴ καὶ πᾶν δώρημα τέλειον ἄνωθέν ἐστιν,

jede gute Gabe und jedes vollendete Geschenk ist von oben,

17b καταβαῖνον ἀπὸ τοῦ πατρὸς τῶν φώτων, herabkommend von dem Vater der Lichter,

17c παρ’ ᾧ οὐκ ἔνι παραλλαγὴ ἢ τροπῆς ἀποσκίασμα.

bei dem nicht ist eine Bewegung oder ein Schatten des Sonnenuntergangs/der Wende.

18a βουληθεὶς ἀπεκύησεν ἡμᾶς λόγῳ ἀληθείας,

(4)

Jak 1,16-21

18b εἰς τὸ εἶναι ἡμᾶς ἀπαρχήν τινα τῶν αὐτοῦ κτισμάτων.

auf dass wir seien so etwas wie Erstling/Anfang seiner Gründungen/Siedlungen.

19a Ἴστε, ἀδελφοί μου ἀγαπητοί.

Wisst, meine geliebten Brüder,

19b ἔστω δὲ πᾶς ἄνθρωπος ταχὺς εἰς τὸ ἀκοῦσαι,

es sei aber jeder Mensch schnell im Blick auf das Hören, 19c βραδὺς εἰς τὸ λαλῆσαι,

langsam im Blick auf das Reden, 19d βραδὺς εἰς ὀργήν·

langsam im Blick auf den Zorn.

20a ὀργὴ γὰρ ἀνδρὸς δικαιοσύνην θεοῦ οὐκ ἐργάζεται.

(5)

21a διὸ ἀποθέμενοι πᾶσαν ῥυπαρίαν καὶ περισσείαν κακίας ἐν πραΰτητι δέξασθε τὸν ἔμφυτον λόγον τὸν δυνάμενον σῶσαι τὰς ψυχὰς ὑμῶν.

Daher ablegend jeden Schmutz/jedes Elend und den Überfluss von Schlechtigkeit in Gelassenheit/Sanftmut nehmt gastlich auf das eingepflanzte Wort, das fähig ist, zu retten eure Seelen.

(6)

Makrostruktur

Gliederungskriterien - Anrede

- Semantische Schwerpunkte, Themenwechsel

(7)

V. 16-18: „Irrt nicht, meine geliebten Brüder“

Gottes Taten

V. 19-21: „Wisst, meine geliebten Brüder“

Das menschliche Verhalten

(8)

Mikrostruktur

V. 16a: Anrede und Aufforderung

V. 17f.: Der Inhalt, über den man sich nicht täuschen soll

V. 17ab: Die Herkunft guter Gaben

V. 17c: Wie ist Gott? Gottesprädikationen V. 18a: Gottes Tat im Blick auf uns

V. 18b: Der Zweck der göttlichen Tat: Was wir sein sollen

(9)

Im Blick ist das Handeln Gottes an den Menschen V. 17ab: Die Herkunft guter Gaben

V. 18ab: Was wir durch Gott sind und sein sollen

(10)

Kernaussagen und die Inhalte der Argumentation Im Blick ist das Handeln Gottes an den Menschen V. 17ab: Die Herkunft guter Gaben

Gute Gaben und vollendete Geschenke kommen von oben, von Gott.

Im Blick auf diese theologische Aussage, die die Herkunft guter Gaben erklärt, sollen sich die Brüder nicht täuschen.

Gute Gaben kommen nicht aus des Menschen Werk selbst, sondern von Gott; und (implizit) umgekehrt: Das Schlechte und die üblen

Widerfahrnisse kommen nicht von Gott.

Das erinnert an V. 5.13; → Verknüpfung zu V. 2-15

(11)

V. 17ab: Die Herkunft guter Gaben

5a Εἰ δέ τις ὑμῶν λείπεται σοφίας,

Wenn aber einer von euch Mangel an Weisheit hat, 5b αἰτείτω παρὰ τοῦ διδόντος θεοῦ πᾶσιν ἁπλῶς καὶ μὴ

ὀνειδίζοντος,

erbitte er sie von dem allen freimütig gebenden und nicht Vorwürfe machenden Gott,

5c καὶ δοθήσεται αὐτῷ.

und ihm wird gegeben werden.

(12)

Kernaussagen und die Inhalte der Argumentation V. 17ab: Die Herkunft guter Gaben

V. 13-15

Gott ist nicht die Ursache von Versuchungen, er versucht niemanden

Die Ursache von Versuchungen sind die im Menschen selbst liegenden Begierden

Und darüber soll man sich nicht täuschen (V. 16a)!

(13)

V. 16-18 beinhaltet nicht nur Aussagen über das Handeln Gottes, - er schenkt gute Gaben und vollendete Geschenke (V. 17ab) - er hat uns durch das Wort der Wahrheit hervorgebracht (V. 18a) sondern auch über sein Sein und sein Wesen: V. 17bc

(14)

Sternenmetaphorik und Gottesbild

V. 16-18 beinhaltet nicht nur Aussagen über das Handeln Gottes, - er schenkt gute Gaben und vollendete Geschenke (V. 17ab) - er hat uns durch das Wort der Wahrheit hervorgebracht (V. 18a) sondern auch über sein Sein und sein Wesen: V. 17bc

→ Astrale Metaphorik

(15)

16a Μὴ πλανᾶσθε, ἀδελφοί μου ἀγαπητοί.

Irrt nicht, meine geliebten Brüder,

17a πᾶσα δόσις ἀγαθὴ καὶ πᾶν δώρημα τέλειον ἄνωθέν ἐστιν,

jede gute Gabe und jedes vollendete Geschenk ist von oben,

17b καταβαῖνον ἀπὸ τοῦ πατρὸς τῶν φώτων, herabkommend von dem Vater der Lichter,

17c παρ’ ᾧ οὐκ ἔνι παραλλαγὴ ἢ τροπῆς ἀποσκίασμα.

bei dem nicht ist eine Bewegung oder ein Schatten des Sonnenuntergangs/der Wende.

(16)

Sternenmetaphorik und Gottesbild

16a Μὴ πλανᾶσθε, ἀδελφοί μου ἀγαπητοί.

Irrt nicht, meine geliebten Brüder,

17a πᾶσα δόσις ἀγαθὴ καὶ πᾶν δώρημα τέλειον ἄνωθέν ἐστιν,

jede gute Gabe und jedes vollendete Geschenk ist von oben,

17b καταβαῖνον ἀπὸ τοῦ πατρὸς τῶν φώτων, herabkommend von dem Vater der Lichter,

17c παρ’ ᾧ οὐκ ἔνι παραλλαγὴ ἢ τροπῆς ἀποσκίασμα.

bei dem nicht ist eine Bewegung oder ein Schatten des Sonnenuntergangs/der Wende.

(17)

16a Μὴ πλανᾶσθε, ἀδελφοί μου ἀγαπητοί.

Irrt nicht, meine geliebten Brüder,

πλανᾶσθε: von πλανάομαι: irren, umherirren, wandern

πλανήτης: Planet, bewegten Gestirne am Himmel, deren Bewegung man auch in der Antike sieht und interpretiert (astronomisch,

astrologisch)

Frei übersetzt: „Seid keine irrlichternden Planeten“

(18)

Sternenmetaphorik und Gottesbild

17a πᾶσα δόσις ἀγαθὴ καὶ πᾶν δώρημα τέλειον ἄνωθέν ἐστιν,

jede gute Gabe und jedes vollendete Geschenk ist von oben,

17b καταβαῖνον ἀπὸ τοῦ πατρὸς τῶν φώτων, herabkommend von dem Vater der Lichter, Gott ist oben und der Vater der Lichter:

Schöpfungstheologische Anklänge

Das Schöpfungswerk des 4. Tages nach Gen 1,14-19

(19)

Gen 1,14-19

Dann sprach Gott: Lichter (φωστῆρες) sollen am Himmelsgewölbe sein, um Tag und Nacht zu scheiden. Sie sollen Zeichen sein und zur Bestimmung von Festzeiten, von Tagen und Jahren dienen; sie sollen Lichter am Himmelsgewölbe sein, die über die Erde hin leuchten. So geschah es. Gott machte die beiden großen Lichter, das größere, das über den Tag herrscht, das kleinere, das über die Nacht herrscht,

auch die Sterne (ἀστέρας). Gott setzte die Lichter an das

Himmelsgewölbe, damit sie über die Erde hin leuchten, über Tag und Nacht herrschen und das Licht von der Finsternis scheiden. Gott sah, dass es gut war. Es wurde Abend und es wurde Morgen: vierter Tag.

(20)

Sternenmetaphorik und Gottesbild

Gen 1,14-19

Dann sprach Gott: Lichter (φωστῆρες) sollen am Himmelsgewölbe sein, um Tag und Nacht zu scheiden. Sie sollen Zeichen sein und zur Bestimmung von Festzeiten, von Tagen und Jahren dienen; sie sollen Lichter am Himmelsgewölbe sein, die über die Erde hin leuchten. So geschah es. Gott machte die beiden großen Lichter, das größere, das über den Tag herrscht, das kleinere, das über die Nacht herrscht,

auch die Sterne (ἀστέρας). Gott setzte die Lichter an das

Himmelsgewölbe, damit sie über die Erde hin leuchten, über Tag und Nacht herrschen und das Licht von der Finsternis scheiden. Gott sah, dass es gut war. Es wurde Abend und es wurde Morgen: vierter Tag.

→ Gott als Urheber der Gestirne und Lichter am Himmel, als

(21)

Gott ≠ Sonne oder Mond

Gott ≠ der Sonnengott (Helios, sol invictus)

Gott ≠ die Mondgöttin (Selene, Artemis, Danae, Kallisto, Luna, Diana) Gott ≠ ein Sternbild

Gott = Vater der Lichter, ihre Ursache und ihnen übergeordnet;

radikal theozentrisch und monotheistisch

17c παρ’ ᾧ οὐκ ἔνι παραλλαγὴ ἢ τροπῆς ἀποσκίασμα.

(22)

Sternenmetaphorik und Gottesbild Gott = unbewegt!

Gott als unbewegter Beweger

Im Hintergrund steht ein aristotelischer Gedanke (Metaphysik XII 1069a, 1071b), der sich in adaptierter Form etwa auch bei Philo findet

Ein höchstes, erstes Prinzip: Der „unbewegte Beweger“ als

Kraft/Energie, die zur Erstursache aller Bewegung im Universum geworden ist und die durch ihr Dasein anderes in Bewegung setzt, selbst aber unveränderlich ist; für Aristoteles = ein ewiger Gott, das

(23)

Gott = unbewegt!

Einen Teilaspekt dieser aristotelischen Philosophie überträgt der Jak in sein Gottesbild: Gott als ein Unbewegter, der aber personaler

gedacht ist als bei Aristoteles: Man kann ihn bitten, er kann

innerweltlich und damit in der Welt der endlichen Dinge handeln, er achtet die menschliche Freiheit und er kann aus eigenem Wollen heraus handeln und andere sowie anderes hervorbringen (Lichter, gute Gaben usw.)

(24)

Gottes Wille, die Mittlerschaft des Wortes und eine Zieldefinition für das „Wir“

Im Blick ist erneut das Handeln Gottes an den Menschen

18a βουληθεὶς ἀπεκύησεν ἡμᾶς λόγῳ ἀληθείας,

Wollend brachte er uns hervor/gebar er uns durch das Wort der Wahrheit,

Geburtsmetaphorik: ἀπεκύησεν (vgl. V. 15b: vollendete Sünde gebiert Tod)

Gott hat uns, d.h. die Adressaten des Briefes und den Absender, die der Verfasser hier zum ersten Mal als Kollektiv anspricht (!), auf der Grundlage seines freien Willens „geboren“ durch λόγῳ ἀληθείας

(25)

Im Blick ist erneut das Handeln Gottes an den Menschen Was meint λόγος ἀληθείας?

christologische Interpretation im joh. Sinne (Joh 1,1-18): der Logos ist Fleisch (sarx) geworden: Jesus als Logos (Ich bin der Weg, die Wahrheit und das Leben [Joh 14,6])

kerygmatische Interpretation (Erzähltradition/Verkündigung): Das Wort der Wahrheit als Evangeliumsverkündigung (geprägte

Metapher in 2 Kor 6,7; Eph 1,13; Kol 1,5); zudem ist λόγος im Jak sonst eindeutig nicht auf Jesus bezogen, sondern meint das

Evangelium, die geteilten Überzeugungen, das, woran man sich

(26)

Gottes Wille, die Mittlerschaft des Wortes und eine Zieldefinition für das „Wir“

Im Blick ist erneut das Handeln Gottes an den Menschen

V. 18a sagt: Gott selbst will die Gemeinschaft derjenigen, die durch das Wort der Wahrheit gebildet wird; er hat sie durch die

Evangeliumsverkündigung „geboren“, durch Gottes Willen wurden die Vielen zu einem „Wir“ (Prädestination?).

Ein offenkundig metaphorischer Geburtsvorgang: Die Annahme des Wortes des Wahrheit, das Hören und Tun dieses Wortes (vgl. V. 22- 27), wird als Geburt verstanden; erst dadurch entsteht ein „Wir“

(27)

Die Zieldefinition für das „Wir“

18b εἰς τὸ εἶναι ἡμᾶς ἀπαρχήν τινα τῶν αὐτοῦ κτισμάτων.

auf dass wir seien so etwas wie Erstling/Anfang seiner Gründungen/Siedlungen.

εἰς τὸ + Infinitiv: Finale Bedeutung („um zu, auf dass, damit“)

τινα: eine Abmilderung der Zielaussage: „sozusagen“, „gleichsam“

(28)

Gottes Wille, die Mittlerschaft des Wortes und eine Zieldefinition für das „Wir“

Die Zieldefinition für das „Wir“

Was genau sollen „wir“, die Perspektive des Kollektivs bleibt erhalten, sein?

Ein Übersetzungsvergleich für V. 18b

(29)

Die Zieldefinition für das „Wir“

„Wir“ = ἀπαρχήν τῶν αὐτοῦ κτισμάτων

MNT auf dass wir seien eine Art Erstling seiner Geschöpfe

EÜ 1980 damit wir gleichsam die Erstlingsfrucht seiner Schöpfung seien

EÜ 2016 damit wir eine Erstlingsfrucht seiner Schöpfung seien Zürcher 2007 damit wir gleichsam die Erstlinge seiner Geschöpfe seien Luther 2017 damit wir die Erstlinge seiner Geschöpfe seien

(30)

Gottes Wille, die Mittlerschaft des Wortes und eine Zieldefinition für das „Wir“

Die Zieldefinition für das „Wir“

„Wir“ = ἀπαρχήν τῶν αὐτοῦ κτισμάτων

ἀπαρχή; LSJ:

1. beginning of a sacrifice, primal offering; later, a banquet held on this occasion

2. firstlings for sacrifice or offering, first-fruits 3. tax on inheritances

4. entrance fee

5. board of officials

(31)

Die Zieldefinition für das „Wir“

„Wir“ = ἀπαρχήν τῶν αὐτοῦ κτισμάτων

ἀπαρχή; LSJ:

1. beginning of a sacrifice, primal offering; later, a banquet held on this occasion

2. firstlings for sacrifice or offering, first-fruits 3. tax on inheritances

4. entrance fee

5. board of officials

(32)

Gottes Wille, die Mittlerschaft des Wortes und eine Zieldefinition für das „Wir“

Die Zieldefinition für das „Wir“

„Wir“ = ἀπαρχήν τῶν αὐτοῦ κτισμάτων κτίσμα; LSJ:

1. colony, foundation, 2. foundation of a temple 3. generally, building,

→ κτίσις

(33)

Die Zieldefinition für das „Wir“

„Wir“ = ἀπαρχήν τῶν αὐτοῦ κτισμάτων κτίσις; LSJ:

1. founding, settling, 2. creation,

3. created thing, creature,

4. authority created or ordained

(34)

Gottes Wille, die Mittlerschaft des Wortes und eine Zieldefinition für das „Wir“

Die Zieldefinition für das „Wir“

„Wir“ = ἀπαρχήν τῶν αὐτοῦ κτισμάτων

Die allermeisten Übersetzungen verstehen - vermutlich im Licht der Geburtsmetaphorik und angesichts der Primärbedeutungen von ἀπαρχή - den Halbvers schöpfungstheologisch: „Wir“ = Anfang

„seiner Neuschöpfung“ (dann analog zu 1 Kor 15,20: der auferweckte Jesus als „Erstling/Anfang der Entschlafenen“) oder die ersten

Früchte „seiner Neuschöpfung“, wobei τινα das Bild abmildert.

Für dieses Verständnis muss in jedem Fall die Primärbedeutung von

(35)

Die Zieldefinition für das „Wir“

„Wir“ = ἀπαρχήν τῶν αὐτοῦ κτισμάτων

Alternative:

18b εἰς τὸ εἶναι ἡμᾶς ἀπαρχήν τινα τῶν αὐτοῦ κτισμάτων.

auf dass wir seien so etwas wie Erstling/Anfang seiner Gründungen/Siedlungen/Kolonien

Gott gründet gleichsam Siedlungen, seine Kolonien in der Welt - und die Adressaten des Jak, die „Wir-Gruppe“, sollen sich in der

Diasporasituation als Anfang dieser göttlichen Kolonisierung der Welt

(36)

Gottes Wille, die Mittlerschaft des Wortes und eine Zieldefinition für das „Wir“

Die Zieldefinition für das „Wir“

→ Kolonisierungsmetaphorik

Das Leben in der Diaspora als Leben in einer Kolonie zu verstehen, ist im hellenisierten Judentum verbreitet: Sowohl für Philo (LegGai, SpecLeg) als auch Josephus (Bell) hat die Mutterstadt Jerusalem in der Diaspora überall „Kolonien“ gegründet – in Form von

Diasporasynagogengemeinden. Zwar ist es nicht Gott, der Kolonien gründet, aber die Kolonisierungsmetaphorik ist doch bezeugt.

(37)

Die Zieldefinition für das „Wir“

Gott hat uns durch das Wort der Wahrheit geboren, damit wir …

… Anfang einer Neuschöpfung sind (Beginn eines Prozesses)?

… die ersten guten Früchte einer Neuschöpfung sind (Folge eines Prozesses)?

… als Siedlungen Gottes der Anfang der göttlichen Kolonisierung der Welt sind (Beginn eines inhaltlich anders gefüllten

(38)

Wisst, meine geliebten Brüder,

19b ἔστω δὲ πᾶς ἄνθρωπος ταχὺς εἰς τὸ ἀκοῦσαι,

es sei aber jeder Mensch schnell im Blick auf das Hören, 19c βραδὺς εἰς τὸ λαλῆσαι,

langsam im Blick auf das Reden, 19d βραδὺς εἰς ὀργήν·

langsam im Blick auf den Zorn.

20a ὀργὴ γὰρ ἀνδρὸς δικαιοσύνην θεοῦ οὐκ ἐργάζεται.

Denn Zorn des Mannes bewirkt nicht Gerechtigkeit Gottes.

21a διὸ ἀποθέμενοι πᾶσαν ῥυπαρίαν καὶ περισσείαν κακίας ἐν πραΰτητι δέξασθε τὸν ἔμφυτον λόγον τὸν δυνάμενον σῶσαι τὰς ψυχὰς ὑμῶν.

Daher ablegend jeden Schmutz/jedes Elend und den

(39)

V. 19a: Erneute Anrede der geliebten Brüder

V. 19b-d: Aufforderung im Blick auf das Verhalten der Menschen V. 20a: Theologische Begründung (γὰρ)

V. 21 Abschließende Mahnung in Form einer Schlussfolgerung (διὸ)

(40)

Semantische Oppositionen

Der Gegensatz von ταχὺς und βραδὺς, von schnell und langsam, prägt V. 19b-d

Jeder Mensch (nicht Mann!) sei:

ταχὺς ἀκοῦσαι

βραδὺς λαλῆσαι

ὀργήν

(41)

Der Gegensatz von ταχὺς und βραδὺς, von schnell und langsam, prägt V. 19b-d

Jeder Mensch (nicht Mann!) sei:

ταχὺς ἀκοῦσαι

βραδὺς λαλῆσαι

ὀργήν ἐν πραΰτητι

(42)

Der Sitz im Leben der Mahnungen und ihre theologische Implikation

Die Mahnung will den menschlichen Zorn zügeln (V. 19d). Dabei legt die Kombination von Hören und Reden (V. 19bc) einen menschlichen Kommunikationsprozess als Sitz im Leben und inhaltlichen Horizont für die Mahnung nahe.

Im zwischenmenschlichen Streit soll jeder Mensch (vgl. V. 19b) vor allem zuhören und erst im Anschluss und ohne Eifer dann selbst reden oder gar zornig werden.

Streit nicht eskalieren zu lassen, ist die Sinnspitze von V. 19!

(43)

Die theologische Implikation der Begründung von V. 20a

20a ὀργὴ γὰρ ἀνδρὸς δικαιοσύνην θεοῦ οὐκ ἐργάζεται.

Denn Zorn des Mannes bewirkt nicht Gerechtigkeit Gottes.

Der menschliche Zorn produziert, im Gegensatz zu den vielfarbigen Versuchungen als Test der Pistis, der Geduld bewirkt (V. 3), gerade nicht die göttliche δικαιοσύνη.

(44)

Der Sitz im Leben der Mahnungen und ihre theologische Implikation

Die theologische Implikation der Begründung von V. 20a Gott lässt sich durch die zornige Anklage nicht zwingen:

Weder schafft er Gerechtigkeit, wenn man ihn selbst zornig angeht, weil man auf Gott zornig ist. Bitten gewährt er, wenn sie in der Pistis wurzeln und nicht im Zorn.

Noch schafft er Gerechtigkeit zwischen Menschen, wenn man ihn im Streit mit dem Mitmenschen um das Wirken seiner göttlichen

Gerechtigkeit bittet.

(45)

Dass die Logik von V. 20a in ihrer Umkehrung durchaus einen Sitz im Leben hat, zeigt sich schön mit Blick auf das Feld der paganen tabula defixiones und der Gebete um Gerechtigkeit, mit denen Menschen in praktisch der gesamten antiken Welt und durch alle Jahrhunderte unter Rekurs auf die Welt der Götter erlittenes Unrecht

auszugleichen suchen und ihrem Zorn ein Forum bieten, in dem die Götter adressiert werden.

Der in Gebetsform kanalisierte Zorn soll dabei tatsächlich göttliche δικαιοσύνη bewirken:

(46)

Beispiel

Gebet um Gerechtigkeit aus West Hill, Uley, Gloucestershire (2. Jh.

n. Chr. [Uley 72])

“Honoratus to the holy god Mercury. I complain to your divinity that i have lost two wheels and four cows and many small belongings from my house. I would ask the genius of your divinity that you do not

allow health to the person who has done me wrong, nor allow him to lie or sit or drink or eat, whether he is man or woman, whether boy or girl, whether slave or free, unless he brings my property to me and is reconciled with me. With renewed prayers i ask your divinity that my petition may immediately make me vindicated by your majesty”

(http://www.britishmuseum.org/research/collection_online/search.asp x [Inventarnummer: 1978,0102.148])

(47)

Gebet um Gerechtigkeit aus West Hill, Uley, Gloucestershire (2. Jh.

n. Chr. [Uley 72])

deo sanc'to' Mercurio Honoratus.

conqueror numini tuo me perdidisse rotas duas et vaccas quattuor et

resculas plurimas de hospitiolo meo.

rogaverim genium numinis 'tu(u)i' ut ei qui mihi fraudem fecerit sanitatem ei non permittas nec iacere nec

sedere nec Io bibere nec

manducare si baro si mulier si puer si puella si servus si liber nis(s)i meam rem ad me pertulerit et meam concordiam habuerit. iteratis

(48)

Der Sitz im Leben der Mahnungen und ihre theologische Implikation

Das Gebet um Gerechtigkeit adressiert eine Gottheit, deren Hilfe angerufen wird, benennt das erlittene Unrecht, formuliert extrem inklusiv im Blick auf den Täter (magisch), bittet die adressierte Gottheit um eine temporäre Bestrafung (mit z.T. konkreten

Strafvorschlägen) des Täters, dies mit dem Ziel, das erlittene Unrecht auszugleichen, und verspricht für den Erfolgsfall einen in der Regel materiellen Dank der Gottheit zu stiften (letzteres im zitierten Beispiel im Übrigen nicht).

Der im Gebet kanalisierte Zorn soll die göttliche Gerechtigkeit bewirken!

(49)

Das Gebet um Gerechtigkeit adressiert eine Gottheit, deren Hilfe angerufen wird, benennt das erlittene Unrecht, formuliert extrem inklusiv im Blick auf den Täter (magisch), bittet die adressierte Gottheit um eine temporäre Bestrafung (mit z.T. konkreten

Strafvorschlägen) des Täters, dies mit dem Ziel, das erlittene Unrecht auszugleichen, und verspricht für den Erfolgsfall einen in der Regel materiellen Dank der Gottheit zu stiften (letzteres im zitierten Beispiel im Übrigen nicht).

Der im Gebet kanalisierte Zorn soll die göttliche Gerechtigkeit bewirken!

„Mit Frieden wird die Frucht der

Gerechtigkeit den Friedensstiftern gesät“

(Jak 3,18)

(50)

Der Sitz im Leben der Mahnungen und ihre theologische Implikation

Die Schlussmahnung

21a διὸ ἀποθέμενοι πᾶσαν ῥυπαρίαν καὶ περισσείαν κακίας ἐν πραΰτητι δέξασθε τὸν ἔμφυτον λόγον τὸν δυνάμενον σῶσαι τὰς ψυχὰς ὑμῶν.

Daher ablegend jeden Schmutz/jedes Elend und den Überfluss von Schlechtigkeit in Gelassenheit/Sanftmut nehmt gastlich auf das eingepflanzte Wort, das fähig ist, zu retten eure Seelen.

(51)

Die Schlussmahnung

V. 21 mahnt Gelassenheit und Sanftmut als Alternative zum Zorn an, dafür freilich muss man die eigenen Laster (πᾶσαν ῥυπαρίαν καὶ

περισσείαν κακίας) ablegen und das bereits eingepflanzte Wort – gemeint wird damit das Wort der Wahrheit aus V. 18a sein, dem hier soteriologische Kraft zugewiesen wird – selbst mit Sanftmut gastlich aufnehmen. Heiliger Eifer legt sich insofern auch nicht im Rahmen der Evangeliumsverkündigung nahe, weder im Blick auf das eigene Selbst noch mit Blick auf andere.

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