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Der Nagäsi Ashama imd sein Sohn Armä.
Von M. Hartmann.
Tabari I, 1-568 flF. wird die Correspondenz zwischen Muj^ammed
und dem Nagäsi betreflfend die Annahme des Islam mitgetheilt. Der
Prophet nennt den König: annagöM alaskam malik alhaiaia;
der Abessinier schreibt: ,von annagöM alasham tbn abgar" und
erwähnt im Laufe des Briefes seinen Sohn „arhä üm alasham ibn
abgar". Bei der bekannten Neigung der Araber zur Fabrikation von Schriftstücken, welche den Eindruck authentischer Aktenstücke
maehen soUen, wird man den Bekehrungserlass des Propheten und
die Antwort des dunklen Kömgs als apokryph betrachten dürfen,
und auch die neben dem annagääi, das die Araber selbst schon
früh als Gattungswort erkannt haben , vorkommenden Eigennamen
neigt man für völlig freie Erfindung zu halten, so dass die mannig¬
faltigen Formen, unter denen diese Eigennamen hier und an anderen
Stellen auftreten, kein Interesse haben.
Dem gegenüber ergiebt eine Durchsicht der abessinischen
Königslisten ZDMG. 7., 338 fll'. ein so auffallendes Zusammentreffen,
da.ss an demselben nicht wohl ohne Beachtung vorübergegangen
werden darf'. Denn dass Nachrichten der Araber über einen
abessinischen König der Zeit des Propheten um 200 d. H. sollten
aus damals schon bestehenden apokrj^phen abessinischen "Listen ge¬
flossen sein, ist sehr unwahrscheinlich, und ebensowenig ist an¬
zunehmen, dass die abessinischen Listen mit Benutzung arabischen
Materiales fabricirt sind.
Man vergleiche die Könige der dritten Periode No. 19 eia
saham. Nr. 20 eia gabaz und Nr. 24 armäck mit den oben nach
Tabari angeführten Namen des Königs, seines Vaters und seines
Sohnes. ^^^Sii ist für die Araber natürlich ein Farbenadjektiv
der Foim af'al ; nichts hindert zu lesen : ^! , das genau dem
eia saham entspricht. Der Vater abgar ist mit dem König Abgar
zusammengeflossen : dem wahren Namen steht näher das pÄ>J! des
Assuhaill in arraud (nach TA. 3. 354j: auch hier steckt in dem
Bd. XLIX. 20
300 Hartmann, Der Na^äSi Ashama und sein Sohn Armä.
eia, nnr ist eine, bei dem Labial und Guttural häufige Um¬
stellung eingetreten und der Punkt des ^ verloren gegangen: es
ist ^1 = eia gabaz herzustellen. Pür das U^l bei Tabari ist
schon in der Note b a. a. 0. L^^! als Porm des Namens bei Ihn
Alatir und Ihn Hagar nachgewiesen; diesem armä steht sehr nahe
das armäch der abessinischen Liste. Nach Tab. I, 1720 ist der
NagäSl im Jahi-e 9 d. H. = 630 gestorben. Setzt man den eia
sakam der Listen gleich diesem Pürsten , so erhält man für den
Regierungsanfang des eia abreha das Jahr 478; das stimmt ziemlich
gut mit der Angabe ZDMG. 7, 354 unten, dass von bäzen in dessen
achtem Jahre Christus geboren wurde, bis eia abreha 471 Jahre
sind. Dass die abessinische Liste zwischen eia saham und armäch
vier Könige hat, würde sich aus der Willkür erklären, mit welcher
die Abessinier offenbar die Listen zurechtgemacht haben , ebenso
die Umstellung von eia saham und eia gabaz in der Reihenfolge.
Dr. Mordtmann macht mich aufmerksam, dass der Name eia
^aham der abessinischen Listen schon von ihm angezogen ist
ZDMG. 31, 68 n. 1. Doch dürfte die Gleichstellung des Arjät
ibn a^ham (var. ■üm adham, ibn aladcham) mit diesem eia saham
nach den vorstehenden Ausführungen ausfallen.
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Anzeigen.
Keilins ehr if tliche Bihliothek. Sammlung von assy¬
rischen und babylonischen Texten in Umschrift und Über¬
setzung. In Verbindung mit L. Abel, C. Bezold, F.E.
Peiser, H. Winckler herausgegehen von E. Schräder.
Bd. III, I.Hälfte. Berlin 1892. H.*Eeuther. IVu. 212 Ss. 8.
Die vorliegende erste Hälfte des dritten Bandes umfasst die
historischen Texte „altbabylonischer (besser wäre wohl: „älterer
babylonischer') Herrscher", im Gegensatz zu den „historischen Texten des neubabylonischen Eeiches", die in der früher erschienenen,
und in der Berliner philologischen Wochenschr. 1892 Sp. 1428—31
und 1462 — 65 von mir besprochenen zweiten Hälfte des Bandes
umschrieben und übersetzt sind ').
Sie bietet — mit Ausnahme der zu gesonderter Bearbeitung
vorbehaltenen Texte aus dem Funde von el Amama — das Wich¬
tigste , was an inschriftlichem Material (vorwiegend) historischen
Characters vorliegt aus dem nahezu 2500 Jahre umfassenden Zeit¬
raum vom Beginn unserer historischen Kunde über das Zweistrom -
land (mehr als ein halbes Jahrtausend vor Begründung des gesammt-
babylonischen Eeiches durch Hammurabi) bis zum Untergang Assy¬
riens und der Wiederaufriehtung eines selbstständigen Babylonien
unter- chaldäischer Herrschaft. (Ueber Babyloniens Verhältniss zu
Assyrien gegen und zu Ende dieses Zeitraums vgl. Berl. philol.
Wochenschr. 1894 Sp. 238 f.)
Den vorliegenden Band wird man unbedenklich als den wissen¬
schaftlich werthvollsten unter den bisher erschienenen Theilen der
Sammlung bezeichnen dürfen, einmal weil er verhältnissmässig am
meisten ganz unbearbeitetes oder doch wenig behandeltes wichtiges
Material bringt; namentlich aber, weil der weitaus grössere Theil
der Bearbeitung von demjenigen unter den jüngeren Mitarbeitern
herrührt , dessen Beiträgen wir schon früher hervorragende Sach¬
kenntniss und Sorgsamkeit nachrühmen konnten , von P. Jensen.
Von ihm sind bearbeitet die Abschnitte: 1) „Inschriften der Könige (Herren) und StatHialter von LagaS" (Telloh), der Stadt, von welcher
zur Zeit unsere älteste Kunde über altbabylonische Geschichte und
1) Die Besprechung des ersten Bandes (Historische Texte des altassyrischen Reiches) s. Berl. PhiU Wochenschr. 1889 Sp. 794—97 u. 832—37; die des zweiten (Historische Texte des neuassyrischen Reiches), ebenda 1891 Sp. 788—96.
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