• Keine Ergebnisse gefunden

Frommelt, Christian (2014): Ein Modell für die Schweiz? Gastkommentar. Tagesanzeiger, 26.2.2014.

N/A
N/A
Protected

Academic year: 2022

Aktie "Frommelt, Christian (2014): Ein Modell für die Schweiz? Gastkommentar. Tagesanzeiger, 26.2.2014."

Copied!
3
0
0

Wird geladen.... (Jetzt Volltext ansehen)

Volltext

(1)

Von Christian Frommelt*. Aktualisiert um 07:20 17 Kommentare

Artikel zum Thema

Die liechtensteinische Lösung – ein Vorbild für die Schweiz?

«Schweiz ist nicht fremdenfeindlicher als andere Länder»

«Die Menschen sind nicht glücklicher»

Bildstrecke

Ein Modell für die Schweiz

Liechtenstein könnte der Schweiz in den kommenden Verhandlungen mit der EU als Vorbild dienen. Insbesondere die Sonderregelung der Zuwanderung dürfte dabei von Interesse sein.

Sonderlösung mit Einschränkungen: Das Schloss Vaduz in Liechtenstein, Sitz des Fürstenhauses Liechtenstein.

Bild: Martin Rütschi/Keystone

Kaum war das Abstimmungsergebnis zur

Masseneinwanderungsinitiative bekannt, wurde auch schon über die Aussichten der Schweiz spekuliert, der EU eine Sonderregelung abzuringen. In der Tat hat sich die Union gegenüber Mitglieds- wie Drittstaaten oft flexibel gezeigt. Ein herausragendes Beispiel dafür sind die vielen Ausnahmen, die Brüssel Liechtenstein gewährt hat – vor und nach dessen Beitritt 1995 zum Europäischen

Wirtschaftsraum (EWR).

Besonders hervorzuheben ist die sogenannte

Sonderlösung, wonach Liechtenstein sich verpflichtet,

SCHWEIZ

Analyse: Ein Modell für die Schweiz - Schweiz: Standard - tagesanzeig... http://www.tagesanzeiger.ch/schweiz/standard/Ein-Modell-fuer-die-Sc...

1 von 3 26.02.2014 09:12

(2)

Nach Annahme der

SVP-Zuwanderungsinitiative

Wie könne ein Kontingentsystem aussehen?

Die EU droht, der Bundesrat will einen Vorschlag zur Umsetzung der SVP-Initiative

«gegen Masseneinwanderung» vorlegen.

Teilen und kommentieren

Die Redaktion auf Twitter

Stets informiert und aktuell. Folgen Sie uns auf dem Kurznachrichtendienst.

Stichworte

Meinung & Analyse Europapolitik

BLOG

jährlich eine Mindestzahl an Aufenthaltsgenehmigungen zu erteilen. Darüber hinaus ist es aber frei, die

Zuwanderung zu beschränken. Die Mindestzahl ist

statisch und wurde auch im Zuge der Osterweiterung nicht angepasst. Sie entspricht 1,75 Prozent der vor

Vertragsabschluss in Liechtenstein erwerbstätigen EWR-Staatsangehörigen, was heute weniger als 0,2 Prozent der Gesamtbevölkerung ausmacht.

Einschränkungen

Die liechtensteinische Sonderlösung unterliegt allerdings mehreren Einschränkungen. So hat die Hälfte der zu erteilenden Genehmigungen dem Grundsatz der

Chancengleichheit zu folgen. Darum führt die Regierung jährlich eine Verlosung von Aufenthaltsgenehmigungen durch. Auch bei der Erteilung der restlichen

Genehmigungen sind Diskriminierungen und

Wettbewerbsverzerrungen zu vermeiden. Ferner unterliegt der Nachzug von Familienangehörigen keiner

Kontingentierung, und schliesslich hat die Sonderlösung – im Unterschied zur Masseneinwanderungsinitiative – keine Inländerbevorzugung auf dem Arbeitsmarkt zur Folge. Kurz: Liechtenstein kann die Zuwanderung zwar kontingentieren, eine gezielte Rekrutierung von

Fachkräften ist aber nicht gestattet.

Entsprechend überrascht es nicht, dass die im Rahmen des Kontingents erlassenen Bewilligungen nur etwa 40 Prozent aller ausgestellten Aufenthaltsgenehmigungen für Bürger von EWR-Staaten ausmachen. Das Prinzip des Familiennachzugs zeigt auch, dass sich Liechtenstein trotz seiner Sonderlösung nicht der Weiterentwicklung des EU-Freizügigkeitsrechts verschliessen konnte.

Zudem musste Liechtenstein unter Druck zahlreiche gesetzliche Bestimmungen überarbeiten, welche die Ausübung einer bestimmten beruflichen Tätigkeit an einen Wohnsitz in Liechtenstein koppelten. Ungeachtet dieser Einschränkungen ist die Sonderlösung für Liechtenstein aber von grosser Bedeutung und ein Grund dafür, dass die Europapolitik von der Bevölkerung mitgetragen wird.

Diese Sonderlösung wurde allerdings unter deutlich günstigeren Umständen ausgehandelt, als sie sich für die Schweiz abzeichnen. So fanden die entscheidenden Verhandlungen im

öffentlichkeitsfernen Rahmen der EWR-Institutionen unter liechtensteinischem Vorsitz statt. Das geringe internationale Interesse und die Kleinräumigkeit Liechtensteins minderten die Angst der EU vor einem Präzedenzfall. Schliesslich honorierte die Europäische Union von Beginn weg den liechtensteinischen Integrationswillen.

Flexibilität und ihr Preis

Analyse: Ein Modell für die Schweiz - Schweiz: Standard - tagesanzeig... http://www.tagesanzeiger.ch/schweiz/standard/Ein-Modell-fuer-die-Sc...

2 von 3 26.02.2014 09:12

(3)

In der Schweiz ist ein solcher Integrationswille kaum auszumachen. Umso mehr ist der Bundesrat gefordert, den bilateralen Weg durch Verhandlungen über institutionelle Fragen zu stärken. Die Schweiz könnte dabei materielle Flexibilität zum Preis von institutioneller Integration erlangen.

Substanzielle Ausnahmen vom EU-Recht, wie sie die Masseneinwanderungsinitiative fordert, müssen nicht zwangsläufig den Zugang zum EU-Binnenmarkt erschweren – solange die Schweiz bereit ist, sich institutionell stärker an die EU zu binden.

Insofern könnte Liechtenstein als Modell für die Schweiz dienen, zeigt es doch, dass die EU eine Kontingentierung der Zuwanderung nicht per se ausschliesst, wenn der betreffende Staat nicht die Weiterentwicklung von EU-Recht ablehnt, den Grundsatz der Nichtdiskriminierung berücksichtigt und einen mit der EU vergleichbaren Überwachungsmechanismus akzeptiert. Ob dieser Weg innenpolitisch gangbar ist, muss sich zeigen.

Die EU ihrerseits könnte durchaus verhandlungsbereit sein, zumal die differenzierte Integration – also die unterschiedlich starke Integration einzelner Staaten – zu einem Wesensmerkmal der EU geworden ist.

*Christian Frommelt ist Forschungsbeauftragter am Liechtenstein-Institut mit Schwerpunkt europäische Integration.

(Tages-Anzeiger)

Erstellt: 26.02.2014, 07:20 Uhr

Analyse: Ein Modell für die Schweiz - Schweiz: Standard - tagesanzeig... http://www.tagesanzeiger.ch/schweiz/standard/Ein-Modell-fuer-die-Sc...

3 von 3 26.02.2014 09:12

Referenzen

ÄHNLICHE DOKUMENTE

Ziel des EWR ist die Er- richtung eines dynamischen und homogenen Wirtschaftsraums un- ter der «weitestmöglichen Verwirk- lichung der Freizügigkeit und des freien

Christian Frommelt vom Liechtenstein- Institut unterstreicht in seinem Artikel, dass sich unser Land dennoch einer sachlichen Diskussion rund ums Thema Migration nicht entziehen

Mit der Schweiz und Liechtenstein könnten als- bald zwei der demokratischsten Länder der Welt ein Papier un- terschreiben, das ohne ihr Mit- wirken und auf undemokra - tische Art

Zu gross sind die Sorgen über die Auswirkungen, welche eine konsequente Umset- zung der Masseneinwanderungsini- tiative für Liechtenstein haben könnte.. Im Zentrum steht die Fra-

Die Modellierung der Murgänge mit RAMMS war sowohl für die Gefahrenbeurteilung als auch für die Beurteilung einer Ausleitung grosser Murgänge sehr hilfreich.. Die Simulationen

Die Fachreferentinnen oder Fachreferenten kann laut §66 und §70 vom Diözesanvorstand berufen werden.. Diese haben ein beratendes Stimmrecht in

Männer essen sowohl mehr unverarbeitetes Fleisch (85 g) als auch mehr verarbeitete Fleischprodukte (55 g) als Frauen, die im Durch- schnitt täglich 49 g unverarbeitetes Fleisch und

Nimmt ein Entsandter im Beschäftigungsstaat Wohnsitz 10 , so benutzt er bei Krankheit und Mutterschaft die Bescheinigung S1 des schweizerischen Krankenversicherers. Meldet er sich