• Keine Ergebnisse gefunden

Zukunft braucht alle Köpfe - Mitbestimmung gewinnt

N/A
N/A
Protected

Academic year: 2022

Aktie "Zukunft braucht alle Köpfe - Mitbestimmung gewinnt"

Copied!
3
0
0

Wird geladen.... (Jetzt Volltext ansehen)

Volltext

(1)

1. Mai

Zukunft braucht alle Köpfe - Mitbestimmung gewinnt

Von Jörg Radek

"Mehr Demokratie wagen", so titelte 1969 Willy Brandt seine Regierungserklärung. Diese Willenserklärung wird auch bei der Reform der betrieblichen Mitbestimmung 1972 mit Leben erfüllt. Damals ein praktischer Schritt zu mehr Demokratie in der Gesellschaft.

Aktuell erleben wir eine Debatte zur Novellierung des Betriebsverfassungsgesetzes. Nach 30 Jahren Stillstand bei der betrieblichen Mitbestimmung werden durch den Beschluss der Bundesregierung deutliche Signale gesetzt und den veränderten Anforderungen der Praxis Rechnung getragen.

Neue Themen wie die verstärkte Nutzung von Informations- und Kommunikationsmitteln oder die Einführung neuer Organisations- und Arbeitsstrukturen bedürfen neuer Formen und moderner Lösungen der Mitgestaltung und Mitbestimmung der Arbeitnehmer.

Und im öffentlichen Dienst und bei der Polizei?

Unter den verschiedensten Begriffen werden seit Anfang der 90er Jahre die Verwaltungen bei Bund, Ländern und Gemeinden reformiert und damit unternehmensähnlich gestaltet.

Ziele dieses Veränderungsprozesses sind Bürgerorientierung, Qualitätssicherung, Mitarbeiterorientierung und Wirtschaftlichkeit.

Die Bürger- und Mitarbeiterorientierung wird allgemein als eine Weiterentwicklung der Demokratie beurteilt.

Die persönliche Beteiligung der Mitarbeiter soll deren Selbstständigkeit und Eigenverantwortung stärken. Diese vermeintliche Stärkung der Individualrechte führt in der Praxis zu einer Schwächung der Kollektivrechte. Wer an dieser Stelle Beifall klatscht, lässt dabei einen wesentlichen Aspekt außer Acht.

Es ist gewerkschaftliche Aufgabe in den Personalvertretungen, sich mit der Allgemeinverträglichkeit von Einzelinteressen auseinander zu setzen. Die Mitarbeitervertretung ist der Ausgleichsfaktor zwischen den unterschiedlichen Interessenslagen innerhalb einer Dienststelle. Nur sie stellt dabei im Zeitalter der Privatisierung und des Outsourcing das soziale Gleichgewicht her.

Es geht nicht um die gewerkschaftliche Einflussnahme auf einen hierarchischen Apparat. Das Ausüben der Schutzes der berechtigten Interessen, vor allem das Bewahren vor persönlichem Schaden, das ist die Aufgabe der Personalvertretung als Teil der jeweiligen Verwaltung und ihrer Kultur im Rahmen von Verwaltungsmodernisierungen.

Das Bundesverfassungsgericht hat schon vor geraumer Zeit festgestellt, dass das Beteiligungsrecht der Personalvertretung in personellen und sozialen Angelegenheiten ein wichtiges Mittel zur Wahrung der Menschenwürde und zur Persönlichkeitsentfaltung in der Dienststelle ist.

Bei der Vorstellung der Regierungsprogramms "Moderner Staat - moderne Verwaltung" hatte der Bundesinnenminister Otto Schily die feste Erkenntnis "nur zusammen mit den Mitarbeiterinnen und

(2)

Mitarbeitern können wir eine leistungsstarke öffentliche Verwaltung schaffen" (Schöneberger Forum am 25.11.1999).

Im Grunde wäre es also nur konsequent, wenn diese Aussage des Bundesinnenministers zu einer Novellierung des Bundespersonalvertretungsgesetzes und im Anschluss daran zu einer Novellierung der Landespersonalvertretungsgesetze führt.

In einigen Ländern gab und gibt es in dieser Richtung recht zweifelhafte Bemühungen, die eher zu einer Reduzierung der Rechte der Personalvertretungen beigetragen haben und daher mit der beabsichtigten Novelle des Betriebsverfassungsgesetztes überhaupt nicht vergleichbar sind.

Als Hemmnis verfemt

Hier die Stärkung der betriebsverfassungsrechtlichen Mitbestimmungsorgane, dort die Reduzierung der Rechte der Personalvertretungen. Einerseits wird der Ausbau der Mitbestimmungsrechte

begriffen, um das Unternehmensziel gemeinsam zu erreichen. Andererseits werden sie als Hemmnis des Verwaltungshandelns interpretiert, das es im Zuge der Haushaltssanierung abzubauen gilt.

Dabei ist es der Bundeskanzler selbst, der diesem traditionellen Missverständnis von Mitbestimmung widerspricht:

"Wer noch immer behauptet, Mitbestimmung sei zu aufwändig, zu teuer, zu schwerfällig und passe nicht mehr in unsere Zeit, der beweist nur, dass er immer noch nicht verstanden hat." Diese Aussage gilt auch jenen Adressaten, die Mitbestimmungsorgane als Bestandteil der "Lähmschicht" innerhalb eines Verwaltungsapparates verstehen.

Wenn es richtig ist, dass der Erfolg der Verwaltungsmodernisierung von der Beteiligung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter abhängt und der Einbeziehung der dienststelleninternen Interessenvertretung dabei eine herausgehobene Funktion zukommt, dann müssen auch die

Arbeitsmöglichkeiten der Personalvertretungen nicht verschlechtert, sondern verbessert werden. Eine Verbesserung zur Wahrnehmung der Funktion eines "Schutzschildes" gegen die Folgen und

Wirkungen einer ziellosen Modernität.

Es gilt dabei die Chancengleichheit zwischen Behördenspitze und Personalvertretung zu sichern.

Die Ausübung der Schutzfunktion der Mitarbeitervertreter setzt Kenntnis über Art, Umfang und

Wirkung der angewandten Methoden (zum Beispiel Controlling, Benchmarking, Balanced Scorecard u.

v. a. m.) voraus.

Personalräte werden bei der Bewältigung ihrer neuen Aufgaben nur dann eine Chance haben, wenn sie neue Kompetenzen, vornehmlich aus dem betriebswirtschaftlichen und organisationstechnischen Bereich, erwerben können.

Für ein positives Verhältnis zu einem Reformprozess reichen Slogans in der polierten Sprache der Hochglanzbroschüren wie: "Nichts verändert sich, außer wir verändern uns", nicht aus.

Personalvertretungen brauchen flexible Arbeitsformen (Klausurtagungen, Treffen aller

Personalratsmitglieder für einen überörtlichen Erfahrungsaustausch). Derartige Bedürfnisse werden mancherorts unter Hinweis auf das derzeitige formale Recht ablehnt.

Über 30 Jahre nach Willy Brandts Worten ist die Stärkung der Mitbestimmung innerhalb der Polizei, ob

(3)

in Thüringen, Hessen oder Rheinland-Pfalz, immer noch ein Machtabtritt und Wagnis. Veränderungen beginnen auch hier im Kopf.

Zukunft braucht alle Köpfe. Mitbestimmung gewinnt!

(aus DEUTSCHE POLIZEI 5/2001)

Referenzen

ÄHNLICHE DOKUMENTE

§ 58 Abs. Der Personalrat sei von der vorläufigen Regelung ausführlich.. Alternativen seien nicht gegeben. sei mit ihrem zweiwöchigen Einsatz einverstanden und wisse, dass es sich

– Ein Glücksfall für die Natur ist ab sofort im Internet zu besichtigen: Die drei großen bayerischen Naturschutzverbände präsentieren unter www.die- natur-gewinnt-immer.de das

Sie können als Antikörper auf der Oberfläche oder als Kinasehemmer in den Zellen andocken und die VEGF­Signale blockieren, was das Wachstum der Blutgefäße und damit auch des

Diese Problematik verschärft sich durch die SE, weil nunmehr die Möglichkeit besteht, dass sich ein Unternehmen kurz vor dem Erreichen des Schwellenwertes von mehr als

Diese Problematik verschärft sich durch die SE, weil nunmehr die Möglichkeit besteht, dass sich ein Unternehmen kurz vor dem Erreichen des Schwellenwertes von 2.000 Beschäftigten

der Deutschen Nationalbibliothek und der Gesellschaft für das Buch bezüglich der Alterungsbeständigkeit und entspricht sowohl den.. strengen Bestimmungen der US Norm Ansi/Niso

In einigen Fällen stabilisieren sich die Symptome, anderenfalls führen sie zu einer progressiven Muskelatrophie.. Impfen schützt Es existiert keine ursächliche Behand- lung

Am Ende des dualen Stu- diums erwirbst du den inter- national anerkannten Bache- lor- oder Masterabschluss. Zu diesem Zeitpunkt hast du aber nicht nur den Studien- abschluss in