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«Investitionen sind' meist kein Problem»

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Donnerstag, 14. Juni2012

VVochengespräch 11

Ernst A.Müller, Geschäftsführer von InfraWatt, sprach am Montag am 41. ITSTechno-Apere. Fotos: Peter Pfister

Ernst A. Müller setzt sich für die Energiegewinnung in Infrastrukturanlagen ein

«Investitionen sind' meist kein Problem»

• Thomas Leuzinger

az Die Energiewende ist beschlos- sen, und wir sprechen oft von erneu- erbaren Stromlieferanten: Solaran- lagen, Wasserkraft- und Windktaft- werke. Sie hingegen sind in Projekte in der Wasserversorgung, Kehricht- verbrennungsanlagen und Kläranla- gen involviert, welche die vorhande- ne Energie besser nutzen wollen. Wer- den diese Potenziale in der Energiede-

~batte vergessen?

Ernst A. Müller Von den Infrastruktur- anlagen spricht man tatsächlich welliger.

Die energetische Bedeutung der Kläranla- genetwa wird noch nicht erkannt: Inder Schweizverbrauchen siemehr Strom als alle Schulen in den Gemeinden zusam- men. Wenn man da mit wenigen betrieb-

liehen Massnahmen Energie spart, dann ist das schnell mal so viel,wie alle Kinder- gärten oder Sportanlagen in der Schweiz verbrauchen. Auf der andern Seite-auch das wird vergessen - liefern Infrastruk- turanlagen zwei Drittel der ganzen er- neuerbaren .Stromproduktion in der Schweiz, ohne dieWasserkraft.

Wieträgt denn etwa eine Kläranlage oder die Wasserversorgung zur Ener- giegewinnung bei?

Zum Beispiel ,produziert die Kläranla- ge Röti aus dem organischen Material von uns Menschen Methangas, aus dem mit einem Blockheizkraftwerk (BHKW) Strom und Wärme erzeugt wird. Klär- anlagen können so energieautark wer- den oder sogar Energie verkaufen. InAr- bon werden eine solche BHKW-Anlage,

Verein InfraWatt

Der Verein InfraWatt wurde im Jahr 2010 gegründet und ist das Kompe- tenzzentrum Energie des Verbands Schweizer Abwasser- und Gewässer- schutzfachleute (VSA),des Verbands Betreiber Schweizeflscher Abfallver- wertungsanlagen (VBSA),des Schwei- zerischen Vereins des Gas- und Was- serfaches (SVGW)und des Verbands Fernwärme' -Schweiz, Der Verein fördert die Energieproduktion und Energienutzung aus Abwasser, Ab- fall, Abwärme und Trinkwasser, in- dem er Gemeinden und Anlagen-Be- treiber bei der'Umsetzung V~)llPro- jekten unterstützt. (tl.)

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12 VVochengespräch

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ein Holzheizkraftwerk, eine Biogasanla-·

ge und ein Abwasserkraftwerk gebaut, die etwa fünf bis zehnmal mehr Strom produzieren werden, als die Kläranlage für den eigenen Betrieb benötigt. Dieses Vorzeigeprojekt versorgt zudem die hal- beGemeinde mit Heizwärme.

Auch das Abwasser kann genutzt wer- den, um Energie zu gewinnen. Wie geht das?

Ich bin schon etwas stolz darauf, dass wir in Schaffhausen eineeinmalige Vor- zeiganlage haben, welche die IWC rea- lisiert hat. Mit einfachen Wärmetau- schern wird über eine Längevon nicht einmal 70 Metern dem Abwasser im Ka- nal unter der Rheinuferstrasse Wärme entzogen und so werden mittels um- weltfreundlicher Wärmepumpen die IWC-Gebäudebeheizt und gekühlt. Die Abwasserwärmenutzung lohnt sich aber im Moment erst beigrösseren Gebäuden wie eben Firmengebäuden, Schulen oder Mehrfamilienhäusern.

Ernst A.Müller ist Initiant und seit der Gründung vor zwei Jahren Ge- schäftsführer desVereins InfraWatt.

Er hat an der Universität Zürich Geografie studiert. «Ich interessier- te mich schon immer mehr für Zu- sammenhänge, anstatt Hauptstäd- te auswendig zu lernen», meint er.

Müller liebäugelte mit der Meteoro-. logie, entschied sich dann aber für die Energie. Seine Diplomarbeit hat er über Sonneneinstrahlung verfasst und ist dadurch zum Energiethema gestossen. Er ist seit über 20 Jahren bei Energie2000, welches von Adolf Ogi ins Leben gerufen wurde, bzw.

beim Nachfolgeprogramm Energie-:

Schweiz dabei und ist heute im In- und Ausland als Berater oder Refe- rent ein gefragter Mann.

Müller wohnt seit 50 Jahren in Schaffhausen und ist verheiratet.

«Ich bin beruflich stark ausgelastet», sagt er. «Joggen habe ich sträflich vernachlässigt.» Wenn er aber Zeit hat, wandert oder reist der Geograf gerne, dann gehört neben gutem Es- sen auch ein Blick auf die (energe- tisch nicht immer unbedenklichen) Baudenkmäler zum Programm. (tl.)

~ Ernst A. Müller

I~

Ernst A.Müller: «Jedes fünfte Gebäude kann mit Abwärme oder Fernwänne beheizt werden.»

Das ist alles öffentliche Infrastruk- tur. Das heisst, die Politiker und Be- hörden sind gefordert?

Ja. Da sind die Vorstände der Wasser- versorgungen, die Kläranlagenverbände oder die Politiker angesprochen, welche sich dieRealisierung der gesamten Ener- giepotenziale zum Ziele setzen können.

DerKanton Schaffhausen hat bereits vor zehn Jahren die Potenziale der-Abwasser- wärmenutzung un-

tersuchen lassen.

Da waren wir aber wohl noch zu früh.

Zurzeit arbeiten wir mit unseren

Gutachtern von EnergieSchweiz mit ver- schiedenen Kantonen - auch Schaffhau- sen- daran, die Energiepotenziale im Be- reich Wasserversorgungen und Klärallla- gen zu ermittelri.

nungsanlagen und mit Trinkwasserkraft- werken inder Schweiz nochmals verdop- peltwerden kann. Das zwar noch nichtbis 2013, aber bereits bis2020 oder 2030.

Sie bieten in erster Linie Beratung an.

Reicht das denn, um die ambitionier- ten Ziele zu erreichen?

Mit unserem Programm von Energie- Schweiz haben wir in den letztenzehnjah-

ren mit einer Milli- on Franken allein durch Informati- on und Beratungen von Kläranlagen landesweit Investi- tionen in der Höhe von 100 bis 200 Millio- nen Frankenausgelöst. Aber es istrichtig, dass die Beratungen noch wirksamer sind, wenn die empfohlenen Machbarkeitsstu- dien auch finanziell unterstützt werden.

Da ist der Kanton Schaffhausen Vorbild.

Grössere Subventionen sind hingegen nicht notwendig, weil viele Massnahmen wirtschaftlich sind. Esbraucht aber ent- sprechende Rahmenbedingungen, wie die Kostendeckende Strorneinspeisevergü- tung KEV,welche in unseren Bereichen in- nerhalb weniger Jahre einen nicht erwar- teten Boom ausgelöst hat.

«Die KEVhat einen Boom ausgelöst»

Was sind denn Ihre Visionen?

Jedes·funfte Gebäude kann vom Ange- bot her heute schon mit Abwärme oder umweltfreundlicher Fernwärme beheizt werden. Diese Zahl wird noch ansteigen, wenn wir davon ausgehen, dass sich der Wärmebedarf durch bessere Isolierung und andere Massnahmen stetig verrin- gert. Bezüglich der erneuerbaren Strom- produktion bin ich überzeugt, dass die- se bei den Kläranlagen, Kehrichtverbren-

Nun werden aber in vielen Kantonen Sparprogramme lanciert. Haben Sie

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Angst, dass der Ausbau zum Beispiel auch in Schaffhausen an Fahrt ver- liert?

Die Investition sind meist kein Problem, da die Projekte wie gesagt rentabel sind.

Das Personal hat abervor allem die Auf- gabe sicherzustellen, dass sauberes Trink- wasser aus.der Leitung kommt oder in der Kläranlage die Reinigungsanforderungen erfüllt werden. Das Problem ist, es darauf aufmerksam zu machen, dass ihnen Geld davon fliesst.Da muss jemand von aussen kommen und es aus dem Alltag reis sen.

Wenn eine Studie mit konkreten Mass- nahmen auf dem Tisch liegt, dann wer- den diese meist auch umgesetzt.

Gibt es eine solche Studie auch im Kanton Schaffb.ausen?

Ja, bereits vor Jahren haben die Städti- schen Werke eine energetische Feinana- lyse an der Wasserversorgung durchge- führt. Und auch im Bereich der Warme- gewinnung aus Abwasserkanälen war der Kanton Schaffhausen ein Vorreiter, in- dem er für alle Gemeinden Potenzialab- klärungen durchführen liess.

Nun muss man aber das Potenzial die- ser Abwärme auch nutzen.

Selbst wenn die Anlagen wirtschaftlich sind und die Technologie erprobt ist,gibt es vielleicht manchmal noch Zurückhal- tung. Ich kenne aber Firmen,die sich da- rauf spezialisiert haben, solche Anlagen

zu planen, zu finanzieren, zu betreiben und dieWärme zu verkaufen. DieseFir- men machen das nicht nur wegen der Umwelt,sondern weil sie damit Geldver- dienen können. Ich bin überzeugt, dass sich auch den Elektrizitätswerken des Kantons Schaff-

hausen (EKS)und den Städtischen Werken (StWSN) in den Bereichen Abwärmen u tzung

und auch beim Einspar-Contracting ein grosser Markt auftut. Die Schaffhauser kennen die Standorte und die Kunden viel besser als auswärtige Konkurrenten und haben gute Chancen, sich im'regio- nalen Markt gut zupositionieren.

den Bescheidwarten. Dafür wird sichIn- fra Watt inBern einsetzen.

Hat der Atomausstieg EnergieSchweiz denn nicht Rückenwind verschafft?

Ich war zunächst etwas enttäuscht vom' Bundesparlament.

Man muss bereit sein,für die Förde- rung der erneuer- baren Energien und der Energieeffizi- enz auch etwas zuinvestieren. Ich denke danicht zuletzt ökonomisch: Wenn man dieRisiken der Atomkraftwerke monetari- sierenwürde,dann kämen deren Stromge- stehungskosten auch in einenanderen Be- reich zu liegen. Kantone wie Basel-Stadt, welche mehrere Kernkraftwerkein unmit- telbarer Nähe haben,machen etwas schnel- ler vorwärts. Der Chef derstädtischen Wer- ke Basel-Stadt will das Geschäftsmodell umkehren, um mit Anreizen das Energie- sparen zu fördern. Solche Modelle sollten wir auch inSchaffhausen entwickeln.

«Man muss bereit sein, zu investieren»

Dann ist alsoalles auf gutem Weg?

Die Richtung stimmt, es braucht aber noch viel Arbeit. Ich hoffe, dass mit der Energiestrategie 2050, die jetzt auf Bun- desebene erarbeitet wird, die Rahmenbe- dingungen verbessert werden und grif- fige Massnahmen kommen. Das betrifft etwa die kostendeckende Einspeisever- gütung (KEV),welche die Stromprodu- zenten erneuerbarer Energie beantragen können und diegerade bei Trinkwasser- kraftwerken oderKlärgas-Blockheizkraft- werken viel bewirkt hat. Esmuss mehr Geld für die KEVzur Verfügung stehen, denn viele Bauherren haben ein Gesuch schon eingereicht und müssen noch auf

Ernst A. Müller schlägt vor, durch höhere Strompreise Anreize zum Energiesparen zu schaffen.

Was kann man sich unter diesen Mo- dellen vorstellen?

Heute ist es häufig so, dassjemand, der mehr Stromverbraucht, noch mit Rabat- ten belohnt wird. Genau das sollte man umkehren. Oder man macht grösseren Un- ternehmen dasAngebot, ihre Beleuchtung oder ihre Pumpen energetisch zu optimie- ren und finanziert das. So kann derStrom- tarif etwas höher ausfallen, das schadet der Firma nicht, weil sie weniger Strom verbraucht. Das Elektrizitätswerk hinge- gen verkauft weniger Strom,was ja grund- sätzlich erwünscht ist, kann aber dank der höheren Tarife dennoch Geld einnehmen.

Grundsätzlich könnte man soden Strombe- darfreduzieren. Zudemprofitiert das ört- liche Gewerbe, weil es bei den Sanierun- gen Aufträge erhält. DassindModelle,die schon umgesetzt werden.

Viel zu tun gibt es auf jeden Fall. Aber bei all dem Abfall, den Kläranlagen und Abwasserkanälen: Stinkt Ihnen die Arbeit nicht manchmal?

Nein, mir stinkts überhaupt nicht. Ich bin ab und zu in Deutschland unter- we~sund wenn ich in Düsseldorf in den Rhein schaue und hier in Schaffhausen im Schaaren in den Rheinspringen darf, dann ist es für mich Grund genug, mich in dieser Branche für denGewässerschutz einzusetzen. Ich will unserer Zielvorgabe noch einige Schritte näher kommen.

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