Dienstag, 20. Januar 2009
Schriftliche Prüfung BSc Frühling 2009
D – CHAB/BIOL
Vorname:... Name:...
Jede Aufgabe wird separat bewertet. Die maximal erreichbare Punktzahl beträgt 36.
Die Maximalnote wird mit mindestens 30 Punkten erreicht.
Zeit: 60 Minuten. Teilen Sie sich Ihre Zeit gut ein!
Unleserliche Texte, unklare Formulierungen oder unsaubere Skizzen können nicht bewertet werden. Bitte bemühen Sie sich um eine saubere Darstellung.
Beginnen Sie jede Aufgabe auf einem neuen Blatt und schreiben Sie jedes abzugebende Blatt einzeln mit Ihrem Namen an.
Dieses Deckblatt ist ausgefüllt abzugeben.
Wir bitten Sie um Fairness und wünschen Ihnen viel Erfolg!
Aufgabe 1 4 Punkte
Die drei Protonen in der folgenden Struktur sind zur Kennzeichnung mit den Indices A, B und C markiert.
H C C C C H
Br
Br H
Br
A
B C
a) Beschreiben oder skizzieren Sie die 1H-NMR-Teilspektren für die drei Protonen. Achten Sie dabei nicht auf die chemische Verschiebung, sondern ausschliesslich auf die Kopplungs- muster. Nehmen Sie Spektren erster Ordnung an.
b) Aufgrund der kurzen Dreifachbindung koppeln acetylenische Protonen, wie hier das HA, auch mit Protonen, die vier Bindungen entfernt sind. Die Kopplungskonstante beträgt zwar nur etwa ein Viertel einer üblichen Kopplung, ist aber genügend gross, um bei üblichen Spektrometern sichtbare Linienaufspaltungen zu bewirken. Beschreiben oder skizzieren Sie erneut die 1H-NMR-Teilspektren für die drei Protonen, diesmal unter Berücksichtigung der neuen Situation.
Aufgabe 2 8 Punkte
Auf den folgenden Seiten finden Sie das IR-, Massen-, 1H-NMR- und 13C-NMR-Spektrum der Verbindung S79. Sie hat folgende Konstitution:
Cl
O
O
O
Die Verbindung hat die relative Molmasse Mr = 242.
a) Ordnen Sie die Protonen des aliphatischen Teils den Signalen im 1H-NMR-Spektrum zu.
b) Erklären Sie das Signal bei m/z = 59 im Massenspektrum. Wenden Sie allfällige Frag- mentierungsregeln, die das Erscheinen des Signals stützen, erschöpfend an.
c) Erklären Sie das Signal bei m/z = 213 im Massenspektrum. Da es sich um ein schwaches Signal handelt, sind Fragmentierungsregeln wenig nützlich. Es kann sich keinesfalls um die Abspaltung eines C2H5-Radikals aus dem Molekülion handeln.
IR:
aufgenommen als Chloroform-LösungS79
100
80
60
40
20
0 [%]
4000 3000 2000 1500 1000 [cm ]–1 500
Cl
O
O O
MS:
EI, 70 eVS79
125
100
% 80 60 40 20
0
0 50 100 150 200 250 m/z
101
107
155 142
211 77
69 59
41
15 29 51 89
242 211
213
1 2
3
3
4 5
6
TMS
7
9 8 0 ppm
S79
S79
C-NMR:
13 50 MHz, protonen-breitbandentkoppelt aufgenommen in CDCl
H-NMR:
31 400 MHz, aufgenommen in CDCl
4.0 3.8 3.6
≈
7.0 6.8 6.6 2.6 2.4 2.2 2.0
≈
2 H 2 H 2 H
3 H 3 H
2 H 1 H
ppm 16.0 24.6CH3 CH51.63
CH2 30.5CH2 67.0
CH2
111.9CH 130.4CH
126.3CH
125.0C 128.7C
155.5C 173.5C
Lösungsmittel TMS
Cl
O
O
O
Aufgabe 3 4 Punkte
Für die Verbindung S79 werden die alternativen Strukturen 1 und 2 vorgeschlagen. Finden Sie für jede Alternative mindestens zwei spektroskopische Argumente, die gegen sie sprechen.
(1 Punkt für jedes Argument, maximal 2 Punkte pro Alternative.)
Cl
O
O
S79 O
1 O O Cl
O
2
Cl
O O
O
Aufgabe 4 10 Punkte
Polycyclische aromatische Kohlenwasserstoffe (PAH) sind allgegenwärtige, teilweise
carcinogene Xenobiotika in der Umwelt. Sie entstehen unter anderem bei der unvollständigen Verbrennung von Treibstoff im Dieselmotor. Die Gesetzgebung sieht vor, dass im Trinkwasser routinemässig einige ausgewählte PAHs quantifiziert werden müssen. Dabei darf ein Grenzwert von 200 ng/l nicht überschritten werden.
1. Fluoranthene
2. Benzo[b]fluoranthene 3. Perylene 4. Benzo[k]fluoranthene
5. Benzo[a]pyrene 6. Benzo[ghi]perylene 7. Indeno[1,2,3-cd]pyrene bp 375°C
bp 495°C
Die Substanzen sind gut löslich in Benzol, Chloroform und Tetrahydrofuran, mässig löslich in Aceton und kaum löslich in Ethanol. In Wasser beträgt die Löslichkeit etwa 10 μg/l.
Eine gut ausgearbeitete HPLC-Methode zur Trennung der Substanzen existiert bereits:
Säule: YMC PAH (Umkehrphase C-18, 5μm), Länge 125 mm, Innendurchmesser: 4.0 mm Eluent: Acetonitril : Methanol (95 : 5), isokratisch
Flussrate: 1.0 ml/min Temperatur: 25°C
erwarteter Druck: <100 bar
Ein typisches Testchromatogramm zeigt folgendes Resultat:
Die folgende Tabelle zeigt einige Kennzahlen des Chromatogramms:
Peak No. Retentionszeit Basispeakbreite (wb) Intensität Fläche
min min mV mVs
Totzeit tM 1.15
1 1.55 0.10 41 123
2 2.70 0.15 66 297
3 2.90 0.14 19 80
4 3.25 0.19 38 217
5 3.75 0.21 45 284
6 5.20 0.25 12 90
7 6.15 0.29 24 209
Sie haben die Aufgabe, aus den vorhandenen Angaben eine vollständige Analysenmethode zu entwickeln, die sich in einem Routinelabor der öffentlichen Trinkwasserversorgung zur Quantifizierung der PAHs einsetzen lässt. Es stehen Ihnen Proben beliebigen Umfangs zur Verfügung.
a) Berechnen Sie die Anzahl Böden und die Bodenhöhe der Säule unter Zuhilfenahme des Peaks 6.
b) Welche Detektionsmethode schlagen Sie vor?
c) Halten Sie eine Aufarbeitung der Wasserprobe für notwendig?
d) Die Peaks 2 und 3 sind nur knapp getrennt. Berechnen Sie die Auflösung dieser Peaks.
e) Sie wünschen eine Auflösung von mindestens 2 zwischen allen Peaks. Ist diese Bedingung für die Peaks 2 und 3 erfüllt? Falls nicht, versuchen Sie, die Bedingung durch Verlängern der Säule zu erreichen. Wäre das nach dem jetzigen Stand der Technik für ein Routinelabor sinnvoll machbar?
Begründen Sie jeweils alle Antworten. Unbegründetes wird nicht bewertet.
Aufgabe 5 8 Punkte
Naphthalensulfonate werden in vielen industriellen Prozessen eingesetzt. Sie lassen sich nur schwer aus dem Abwasser entfernen und stellen daher ein potentielles Risiko für das
Trinkwasser dar.
SO3–
SO3–
SO3–
–O3S
–O3S S O3–
SO3– NH2
S O3– SO3–
NH2 –O3S
H2N
SO3–
S O3–
4 5
6
3 2
1
7 8
OH
–O3S SO3–
NH2 OH
–O3S SO3–
9 OH
–O3S S O3–
Die gezeigten Verbindungen 1–9 wurden über Kapillarzonen-Elektrophorese getrennt:
Apparatur: HP 3D-CE
Kapillare: "fused silica", unbelegt, Länge 645 mm, innerer Durchmesser 75 μm Detektor: UV, 230 nm, Fenster auf der Kathodenseite der Kapillare
In einem ersten Versuch wurden folgende Bedingungen eingehalten:
Puffer: 20 mM Natriumtetraborat (pH=9.1) mit 15% 2-Propanol Spannung: 30 kV
Temperatur: 45°C
20 30 40
10
Zeit (min) 1 2
5/6
3
74 9 8
A b sor b anz
Es lässt sich keine vollständige Trennung erreichen. Daher wurde dem Puffer der Mizellbildner SDS zugesetzt. Es handelt sich also jetzt um eine mizellar-elektrokinetische Kapillarchromato- graphie (MEKC).
Puffer: 20 mM Natriumtetraborat (pH=9.1), 75 mM SDS, 5% Acetonitril Spannung: 30 kV
Temperatur: 40°C
20 30 40 50
10
Zeit (min)
Absorbanz
1 2 3 4
7 8 9
5/6
O S O O O
– Na+
SDS (Sodium dodecyl sulfate)
Auch bei diesem Versuch ist die Trennung nicht vollständig. Daher wurde bei einem weiteren Versuch mit einer MEKC-Methode ein nichtionischer Mizellbindner zugesetzt.
Puffer: 20 mM Natriumtetraborat (pH=9.1), 25 mM Brij 35 Spannung: 20 kV
Temperatur: 25°C
15 20 25
10
Zeit (min)
Absorbanz
3 4
9 5/6
8 2 1
7
O OH
[ ]
9
Brij 35
(polyethylene glycol dodecyl ether)
Auch hier wurde keine vollständige Trennung erreicht.
a) Betrachten Sie das erste Elektropherogramm, bei dem kein Mizellbildner eingesetzt wurde.
Das Fenster des Detektors befindet sich am Kathodenende der Kapillare. Warum können mit dieser Anordnung anionische Substanzen getrennt und auch noch detektiert werden?
b) Betrachten Sie wiederum das erste Experiment. Die Substanzen 8 und 9 verfügen über OH- Gruppen, die nicht durch intramolekulare Wasserstoffbrücken zu einer benachbarten Sulfatgruppe stabilisiert werden. Die Protonen dieser Gruppen sind relativ sauer. Erklären Sie, warum die beiden Substanzen so spät im Chromatogramm erscheinen?
c) Die Zugabe eines nichtionischen Mizellbildners verkürzt die Analysendauer, während ein anionischer Mizellbildner die Dauer verlängert. Begründen Sie dieses Verhalten.
d) Keine der betrachteten Methoden hat zu einer vollständigen Trennung geführt. Schlagen Sie ein alternatives Verfahren vor, das zum Erfolg führen könnte.
Begründen Sie jeweils alle Antworten. Unbegründetes wird nicht bewertet.