K a pi te l 1
Vo ra b
EinnotorischesProblemimLehramtsstudiumPhysikistdieMathematikausbildung,dieimVergleichzum1-FachstudiumPhysikmagerausf¨allt.Betro↵ensindinsbeson-dereLehramtsstudierende,diewederimHaupt-nochimNebenfach(Studienordnungvor2013)bzwalsanderesFach(Studienordnungab2013)Mathebelegthaben.Ih-nen–abernichtnurihnen–sollendie“MathematischeMethodenderPhysik”dasn
¨otigeHandwerkszeugvemittelnumimPhysikstudium
¨ub
erdieRundenzukom-men.
DieMathMethwerdeninPotsdam
¨ub
erzweiSemestergestreckt.ImWintersemesterwerdenimFormat2V1¨UdieVektorrechnung,komplexeZahlenundGrundlagenderreellenAnalysisbehandelt.ImSommersemesterfolgenimFormat2V1¨UdieVektor-felder,DivGradRotunddieIntegralstzevonGaussundStokes. 1DiePortionierung
1xVy¨Ustehtf
Unirum... semesterhat15Wochen.EntsprechendsitzenSieimForma2V1genau45Schulstundeninder¨U ¨ur“xSemesterwochenstunden(SWS)VorlesungnebstySWSung”.DasNorm-¨Ub
cMartinWilkens1522.August2014
16Vorab
derInhaltefolgtderRegel“eineWoche–einThema–einKapitel(imSkript)”.
AußerdemkleinenEin-Mal-Einsundeinergeh
DieNotizenerhebenkeinerleiAnspruchaufOriginalit erinnert. hat–unddaskannjaschonmalpassieren–wirdindenerstenVorlesungenansie nerleiKompetenzenvorausgesetzt.WerdieRegelnderBruchrechnungvergessen ¨origenPortionDisziplinwerdenkei-resMaterialzurVorlesungfindenSieimOrdner“Teaching”aufhttp://www.quantum.physik.uni-potsdam.de. vollst¨andigundvollerunbeabsichtigterFehler.Aktualisierungenundweite- ¨at,sindvollst¨andigun-
1 .1 P h y si k und M a the
PhysikundMathematiksindwieeinZwillingspaar.Daseineistohnedasanderenichts,undkeinerwarehrda. 2WarumallerdingseineempirischeDisziplin,derenletzterRichterimmerdasExperiment,undeinetheoretischeDisziplin,derenletzteInstanzimmerdieBeweisbarkeit(dasManipulierenvonAussagen),sowundersamverschr
¨ank
tsind,weißmannichtsorecht.“Warum”,fragtEugeneWignerineinembemerkenswertenAufsatzvon1960,“istdieMathematikinderPhysiksoe↵ektiv?”. 3
EineAntwortkannWignerauchnichtgeben.LesenswertistderAufsatzallemal.
GalileiGalileo,derVaterderexperimentellenNaturwissenschaften,hatsichwenig
2Ineinergl
Arnol’dseineFachkollegen,sieh¨attensichinderLehrevonderVerschr http://pauli.uni-muenster.de/munsteg/arnold.html)geißeltdergroßeMathematikerV.I. ¨anzendenPhilippikaOnteachingmathematics(1997,nachzulesenauf:
Mathematikunverh ¨ankungvonPhyskund
¨altnism
¨aßi
gweitentfernt.Insbesonderedieehermittelm
¨aßi
gbegabtenMa-thematikerw
¨urde
nnurnocheinemblutleerenG
CommunicationsinPureandAppliedMathematics,vol.13,No.I(Februar1960). EugeneWignerTheUnreasonableE↵ectivenessofMathematicsintheNaturalSciencesin:3 Mediokrizit¨atzuverbergen. ¨otzenderreinenAxiomatikhuldigenumihre
22.August201416cMartinWilkens
1.1PhysikundMathe17
umdas“Warum”geschert,sondernkurzundb
¨undig
konstatiert:
DasBuchderNaturkannmannurverstehen,wennmanvorherdieSpra-cheunddieBuchstabengelernthat,indenenesgeschriebenist.EsistinmathematischerSprachegeschrieben,unddieBuchstabensindDreiecke,KreiseundanderegeometrischeFiguren,undohnedieseHilfsmittelistesMenschenunm
¨oglich,auchnureinWortdavonzubegreifen.
DassollnunerstmalalsBegr¨undungreichen,warumSieausgerechnetMathestu-dierensollen,wosiedochPhysikstudierenwollen...
Abb1.1Euklids“Elemente”–dieSpra-chederMathematikzuGalileisZeit. HeutzutagesindallerdingsnichtgeometrischeFigurendie“BuchstabenderMathe-matik”,sondernZahlen,VektorenundMorphismen,undauchdieSprache–ehemalsArithmetikundGeometrie–istumAnalysisundLineareAlgebraerweitert.
Sokommtes,dassindenEinf
¨uhr
ungsvorlesungeneinesPhysikstudiumsohnevielFederlesensogleichvonFunktionen,AbleitungenundIntegralendieRedeist,somancheFunktionineinerTaylorreiheentwickeltoderineinerFourierreihedarge-stelltwird,kurzmalebenDi↵erentialgleichungenintegriertundVektorenindereinenoderanderenArtmutlipliziertwerden.IndenerstenVorlesungenzurExperimentalphysik,beispielsweise,kommenausderAnalysiszumEinsatz
•DiequadratischeFunktionf(x)=ax 2+bx+c,nebstderFormelf¨urihreNullstellen
x1,2= b± pb24ac2a (1.1)
•KomplexeZahlenmitderimagin
¨arenEinheiti,definierti=1. 2
cMartinWilkens1722.August2014
18Vorab
•DieExponentialfunktione xunddieTrigonometrischenFunktionensin(x),cos(x),ihrecharakteristischenMerkmale,insbesonderee axe bx=e (a+b)x,sin 2(x)+cos 2(x)=1,nebstihrerjeweiligenAbleitungf 0(x):= ddx f(x)undStammfunk-tionF(x):= Rxf(x 0)dx 0.
•DieProdukt-undKettenregelderDi↵erentialrechnungunddieTechnikderpartiellenIntegrationf¨urdieIntegralrechnung.
•DieTaylorentwicklungbzwTaylorapproximationeiner“komplizierten”Funk-tiondurcheine“einfache”Funktion
•Di↵erentialgleichungen,etwainForm“Masse-mal-BeschleunigunggleichKraft”.BeschleunigungistdiezweiteAbleitungdesOrtesnachderZeit,unddasbe-sagteGesetznimmtdannimeinfachstenFalldieFormdergew
¨ohnlic
heDif-ferentialgleichungm d2
dt2q(t)=F(q(t))an.GesuchtistbeisoeinerDi↵erential-gleichungimmereineFunktiondiedieDi↵erentialgleichungbefriedigt,inunse-remBeispielalsoirgendeineFunktionq(t),die–wennmansiezweimalableitetundmitmmultipliziertdasgleicheliefertwiedieFunktionf(t)=F(q(t)).
undausderlinearenAlgebra
•Vektor,bildlich“Pfeil”
•L
¨ang
eeinesVektors,Skalarprodukt~a·~b,Kreuzprodukt~a⇥~bundSpatprodukt~a·(~b⇥~c).
•Matrix,insbesondere3⇥3Matrixf¨urdieDarstellungvonTensoren(Tr¨agheits-tensoretc.)undKoordinatentransformation,insbesondereDrehungdesKoor-dinatensystems
22.August201418cMartinWilkens
1.1PhysikundMathe19
•Determinante,f¨urdieBerechnungvonVolumina,aberauchzurBestimmungdescharakteristischenPolynomseinerlinearenDi↵erentialgleichungusw.
Wieschongesagt–indenerstenpaarVorlesungen...unddanngehtdasgenausoweiter.DieListesoll
¨ubr
igenskeinsfallsbehaupten,dassSiedasallesschoninderSchulegehabthaben.DashabenSiewahrscheinlichnicht.EsistnureineListevondenDingen,mitdenenSievermutlichganzschnellkonfrontiertwerden.
MathematiklernenentsprichtdemErlerneneinerFremdsprache.EineFremdspracheaber,indersienichtirgendwanneinkaufenoderimRestaurantbestellenk
¨onne
n,sonderneinerFremdsprachemitdersiesicheineandereFremdsprache–diePhy-sik–erschließen.WennSien
¨amlic
hphysikalischeSachverhaltebeschreiben,undschließlichauchverstehen,danntre↵enSiemathematischeAussagen
¨ub erphysika-lischeGr¨oßen.JohannKeplers“DieQuadratederUmlaufzeitenverhaltensichwiedieKubendergroßenHalbachsen”istsoeineAussage–auchwennSiehierkeinGleichheitszeichensehenundkeineFormel.VerstehentunSiedieseAussagealsma-thematischnotwendigeKonsequenzeinerKombinationdesNewton’schenGravitati-onsgesetzes,demzufolgedieAnziehungskraftzweierMassenumgekehrtproportionaldemQuadratihresAbstands,mitdem¨Aquivalenzprinzip,demzufolgesichtr
schwereMasseeinesK ¨ageund
sindPhysik,dieKonsequenzensindnichtsalseinmathematischesEssay. 4 ¨orpersbisaufsHaargleichen.Wohlgemerkt,diePrinzipien
SolcheEssayszulesen,undimt¨aglichenPhysikerdaseinselberkleineEssayszuverfassenbedarfesmehralsnurdie“Buchstaben”zukennenundzuerkennen.Siem
¨ussenauchW
¨orterundvollst¨andigeS
¨atzebildenk
¨onne
n,m
Kommasetzung.Siem ¨oglichstmitrichtiger
¨ussen–kurzgesagt–auchdieGrammatikderMathematik
4Newtonginghier
desKurses. malebenkurzausderTaufehob–vgl.dieHandreichung“Kepler,Newtonundso”aufderWebseite drittesGesetz.SeinEndpunktwarseinGravitationsgesetz,wobeideraufdemWegdieAnalysis ¨ubrigensgenauinderanderenRichtungvor.SeinAusgangspunktwarKeplers
cMartinWilkens1922.August2014
20Vorab
zumindestinihrenGrundz
¨ug
enbeherrschen.
EsgibtKollegendie
¨ub
erzeugtsind,dassbeispielsweisedieganzenGrenzwert-BetrachtungenderAnalysis–imJargongenannt“dieEpsilontik”–f¨urdenwahrenPhysiker
¨ub
erfl
integrieren!DerRestistwasf¨urErbsenz ¨ussigeGrammatikist:Hauptsache,mankanndenSinusableitenund
¨ahler
sagensie,undf¨ursErbsenz
¨ahlen
hatmaninderPhysikschongarkeineZeit.DerKollegehatnat¨urlichv
¨ollig
Recht:nie-mand,dernochalleTassenimSchrankhat,wirdimt¨aglichenGesch
Aberwennerzur dament–dieEpsilontik–konnteihmdabeigetrostausseinemBlickfeldgeraten. undnungehtdasbeiihmganzmechanisch(er“sieht”sofortCosinus).DasFun- kommtnurdurch.DerKollegehatdenSinusschontausendmalabgeleitet,¨Ubung leitungdesSinuszurEpsilontikgreifen.DasmussZack-Zackgehen,undZack-Zack ¨aftbeiderAb-
parathaben,abererwirdho↵entlicheinenWegzur 5 gefragtwird,wiemandenn2ausrechnet,dannwirderzwardieAntwortnicht p laubthat,sichausdemKellerindieoberenEtagenzubewegen.Undwennerdenn geradeseineeigeneEinsichtindieFestigkeitdesFundamentsesihmschließlicher- ¨uckdenktanseineeigeneStudienzeitf¨alltihmvielleichtauf,dass
dorteineEckeamFundamentangebenk ¨uckindenKellerkennen,und
¨onne
n,womandieAntwortfindet.
Eshilftalsonichts.Nur“Rechnenk
¨onne
n”reichtnichtaus.ManmussauchdieFundamentekennenundsichihrerFestigkeitselbstvergewisserthaben.Manmuss–umnocheinBildzubem
¨uhe
n–beiAdamundEvaanfangen.BeiMengeundZahl,beiFolgeundReihe,beiKleinundGroß.Dabeimussmanaberm
schnellauchSinusableitenundTangensintegrierenk ¨oglichst
¨onne
n.Tja–wenndasmalgutgeht...
5esseidenergreiftzubesondersgeistreichenAntwortMitdemComputer!
22.August201420cMartinWilkens
1.2Literatur21
1 .2 L it e ra tur
MathematiklernenSienichtinderVorlesung.DiezeigtallenfallseinenrotenFa-denderihrSelbststudiumerleichternsoll.MathematiklernenSieindemSieinderVorlesungmitschreiben,IhreMitschriftzuHauseinOrdnungbringen,die¨Ubun-genbearbeitenund–mitPapierundBleistiftgewappnet–einMathebuchlesen.Empfohlenseihier
•AlfredRieckersundKurtBr¨auer“EinladungzurMathematik”,Logos2002.Tutwasesbehauptet.Nichtsonderlichsystematisch,aberguterLeitfadenf¨urdieVorlesung.
•SiegfriedGroßmann“MathematischerEinf
¨uhr
ungskurs–f¨urdiePhysik”,8.Auflage,B.G.Teubner2000.MitAusnahmederRechnensimKomplexenisthieraufnur344Seitenalleszusammengefasst,“wasmansobraucht”.Etwas“rechenorienterter”alsRieckers/Br¨auer;setztallerdingsvoraus,dassSieihrAbivorG12gemachthaben...ambesteninden1970’erJahrenoderdavor.
•HerrmannSchulz“PhysikmitBleistift”,7.Auflage,HarriDeutsch2009.Sehrgut,wennmanschoneinenrotenFadenhat,abernichtweiß,woderhinf
¨uhr
t.AusgezeichnetdiePflegevonPapier-und-Bleistift.
Etwash
¨artereKost,aberGrundlagedieserVorlesung
•FriedhelmErwe“Di↵erential-undIntegralrechnung”(Band1:ElementederInfinitesimalrechnungundDi↵erentialrechnung,Band2:Integralrechnung),B.I.Hochschultaschenb
nerationenvonMathe-undPhysikstudentengedient. [ISBN3-411-00030-9und3-411-00031-7].SolideWertarbeit.HatbereitsGe- ¨ucherBde.30und31,B.I.-Wissenschaftsverlag1962,
cMartinWilkens2122.August2014
22Vorab
•KonradK
¨onig
sberger“Analysis1”(5.Auflage),Springer2001[ISBN3-540-41282-4]und“Analysis2”(3.Auflage),Springer2000[ISBN3-540-66902-7].ThematischeBreiteundTiefeinetwawieErwe,inderSpracheetwasmoderner.Empfehlenswert.
•KlausJ
¨anic
h“Mathematik1–Geschriebenf¨urPhysiker”und“Mathematik2–Geschriebenf¨urPhysiker”,Springer2001und2002[ISBN3-540-41976-4und3-540-42839-9].InparlierendemTondasvolleProgrammf¨urdenkanonischenFachstudentenimPhysikBachelor.ZuweilengehtdieGratwanderungzwischenFachsystematikderMathematikundZielgruppenorientierungPhysikschief.Dasst
¨ortdiePuristen,l¨asstmichabervergleichsweisekalt.
•“AnalysisI”und“AnalysisII”vonHerbertAmannundJoachimEscher,Birkh
K ¨auser.MeinederzeitigenFavoriten.NichtganzsotrockenwieErweoder
¨onig
sberger,nichtganzsoverplaudertwieJ
¨anic
h.Insbesondereauchf¨urStudierendederMathematikhervorragendgeeignet.
VertiefendeMonographienzuspeziellenKapiteln:
•Heinz-DieterEbbinghausetal.“Zahlen”,3.Auflage,Springer1992.Ok–eherwasf¨urAficionados.AberzauberhaftinseinenAusf¨uhrungenzurIdeenge-schichtederMathematik.Alsogenaudasrichtigef¨urStudierendeinLehr-amtsstudieng
¨ang
en...
•KlausJ
¨anic
h“LineareAlgebra”,7.Auflage,Springer1998[ISBN3-540-64535-7].EinwunderbaresLehrbuchzueinemwichtigenWerkzeugderPhysik.F
¨ur
Mathematik-undPhysikstudierendegleichermaßengeeigent.
•KlausJ
¨anic
h“Analysisf¨urPhysikerundIngenieure–Funktionentheorie,Dif-ferentialgleichungen,SpezielleFunktionen”,3.Auflage,Springer1995[ISBN
22.August201422cMartinWilkens
1.3Logikf¨urLaien23
3-540-58878-7].Hierfindetsich,wasbeiGroßmannfehlt–n
¨amlic
hArithmetikundAnalysisimKomplexen.
•KlausJ
¨anic
h“Vektoranalysis”,2.Auflage,Springer1993[ISBN3-540-57142-6].Dasklingtwiedivgradrot,istabereigentlicheinewundersch
¨one
Einf¨uhrungindieDi↵erentialgeometrie.HateinenEhrenplatzaufmeinemRegal.Brau-chenSieaberallenfallsimzweitenTeil(Sommersmester).
1.3 Logik f¨ur L a ie n
DieSprachederPhysikistdieMathematik.UnddieSprachederMathematik...istdieLogik.AberkeineAngst–Siem
studiumabsolvierenbevorSieaufdieMathematiklosgelassenwerdenk ¨ussenjetztnichtersteinumfangreichesLogik-
¨onne
n.EinpaareinfachelogischeSachverhalte,dieIhremn
Gl ¨uchternenMenschenverstandzum
¨uckgel¨aufigsind,reichendurchausaus.
JedeAussage,diesieinderMathematiktre↵en,istentwederwahroderfalsch–einDrittesgibtesnicht,gebildetausgedr
“Falsch”sinddiebeidenm ¨ucktTertiumnondatur.“Wahr”und 6
Aussage“ZweimalZweiistVier”,beispielsweise,istwahr.DieAussage“F ¨oglichenWahrheitswertewundfeinerAussage.Die
¨unf
isteinegeradeZahl”istfalsch.IsteineAussageAwahr,sagtmanauchAseirichtig,oderAgelte.IstAfalsch,sagtmanAseiunrichtigoderung
¨ult
ig. DieWahrheitswertevon“und”,“oder”und“wenn–dann”fasstmangerneineinersog.Wahrheitswerttabellezusammen.
ABA^BA_BA)Bwwwwwwffwffwfwwffffw6Bittenicht“Wahr”und“Falsch”mit“Beweisbar”und“Ubeweisbar”verwechseln.InderMathematik–dasweißmanseitG esumihreBedeutungf¨urdiePhysikgeht,spielendieseUnterschiedeaberzumGl¨uckkeineRolle. nachdemwiemanhierverf¨ahrt,schautmanaufleichtunterschiedlicheAxiomensysteme.Wenn unbeweisbarsind.SolcheS¨atzekannmandannf¨ur“wahr”erkl¨aren,oderauchals“falsch”.Je ¨odel,Turingundanderen,sinddurchausS¨atzevorstellbar,die
cMartinWilkens2322.August2014
24Vorab
BrotundButterderMathematiksindAussagenderForm
1+2·3= 4·562 ,(1.2)
genannteineGleichung. 7EineGleichunghateinelinkeSeiteundeinerechteSei-te.BeideSeitenhabennotwendigdieFormvonTermen.EinenAusdruckderForm1+2·3,beispielsweise,isteinTerm.EinAusdruckderForm1+istkeinTerm.EinTermisteinAusdruck,dereineZahl(odereinanderesmathematischesObjekt)benennt.DerAusdruck1+2·3isteinTerm,weilerdieZahl7benennt.KeineAh-nung,welcheZahlderAusdruck1+benennt.Daherist1+auchkeinTerm(sondernm einfachistdas. (bzw.dasmathematischeObjekt),diederTermaufderrechtenSeitebenennt.So SeitebenenntdiegleicheZahl(bzw.dasmathematischeObjekt)ist,wiedieZahl tet,dassdieZahl(bzw.dasmathematischeObjekt),diederTermaufderlinken ¨oglicherweisedieNotef¨ureinebesondersguteLeistung).EineGleichungbehaup-
HatmaneineAussageA,kannmandarauseineneueAussage“Aistnichtwahr”bilden,genanntdieNegationvonA,kryptischnotiert¬A.DieAussage¬Aistgenaudannwahr,wennAfalschist.
HatmanzweiAussagenAundB,istauch“AundB”eineAussage,genanntKonjunktion,notiertA^B.WahristdieKonjunktiondannundnurdann,wennsowohlAalsauchBwahrsind.
DieAussage“AoderB”nenntmaneineDisjunktion,auchAlternative,notiertA_B. 8DieDisjunktionistdannundnurdannfalsch,wennsowohlAalsauchB
7Auch1=2isteineGleichung,nurdassdieseGleichungeinefalscheAussage,imGegensatzzurGleichung(1.2),dieeinewahreAussagedarstellt.InderMathematikbeschr
Kannmansichmerken:Lateinisch“vel”heißtaufdeutsch“oderauch”bzw“odersogar”.Wer8 gegenEndeeinesindirektenBeweises. Allgemeinendarauf,nurwahreAussagenhinzuschreiben,2=1werdensieseltensehen,allenfalls ¨anktmansichim
22.August201424cMartinWilkens
1.3Logikf¨urLaien25
falschsind.Achtung!ImGegensatzumlandl
¨aufig
enSprachgebrauchist“oder”hiernichtimausschließendenSinnevon“entweder–oder”gemeint. 9InjedemFallgiltimmerA_¬A.DieAussage“Seinodernichtsein”istebenkeineFrage,wiebeiShakespeare,sondernals‘Tertiumnondatur’eineewigeWahrheit. 10
DieAussage“WennAgilt,danngiltB”,auchgelesen“ausAfolgtB”undno-tiertA)BnenntmaneineImplikation.DieImplikationkannmitdenbereitsvereinbartenJunktoren^und_definiertwerden
(A)B):=(¬A)_B.(1.3)
Dashierneueingef
¨uhr
teZeichen:=k
¨urzt
¨ubr
igensdasumgangssprachliche“stehtf¨ur”ab. 11Ina:=bsagtmandannauch“aistdefinitionsgem
wie(1.3)sindimmerwahr–siesindnichtbeweisbed nenntmandanndasDefiniens,das“b”dasDefiniendum.Defintionsgleichungen ¨aßgleichb”.Das“a” diebehaupteGleichheitina=bdurchausbeweisbed ¨urftig.ImGegensatzdazuist
k ¨urftig–dieAussagea=b
¨onn
tejaauchfalschsein.DieGleichung2=3,beispielsweise,ist–wieSiewissen–imRahmender
¨ublic
henArithmetikschlichtfalsch. 12WiemanunterR
dieKunstdeslogischenSchließensordentlichbeweist,wirdimn ¨uckgri↵auf zumindestinderLogikderMathematik.InderPhysikgibtesSchr10 istgenaudannfalsch,wennderWahrheitswertvonAdergleichewiederWahrheitswertvonB. “EntwederAoderB”nenntmaneineKontravalenz,auchexklusivesoder.DieKontravalenz9 andereSymbol^f¨ur“und”steht. keinLateinkann,merkesicheinfach“Wahl”.Undalsokannmansichauchmerken,dassdass ¨achstenAbschnitt
beziehtsichdabeiaufdensog.erlagerungszustandeinesEnsemblesgleichartigpr¨Ub kann–ineinemmetaphorischenSinne–sowohl“sein”alsauch”nichtsein”.DieMetaphorik ¨odingersKatze.Unddie
WiderspruchzumAxiomensystemderhandsels WennSienundefinieren2:=3,befindetsichdasdamitvonIhnenformulierteAxiomim12 Witzbolded¨urfenauchsagenDasZeichen:=stehtf¨ur“stehtf¨ur”.11 ... Katzen,undebennichtaufeineindividuelleKatze.MehrdazuinderQuantenmechanik-Vorlesung ¨aparierter nichtwiderspruchsfreiundalsoalsmathematischesAxiomensystemnichtgeeignet. ¨ublichenArithmetik.DasGesatmsystemistdann
cMartinWilkens2522.August2014
26Vorab
kurzabgehandelt.HierfahrenwirfortmitdenAussagenundihrenm
kn ¨oglichenVer-
¨upf
ungen.
MitHilfederWahrheitswerttabellenf¨ur¬und_
¨ub
erzeugtmansichschnell,dassA)Bnurdannfalschist,wennBfalsch,aberAwahr,inallenanderenF
¨alle
naberwahr.F
¨ur
dienochzubesprechendeKunstdeslogischenSchließensbedeutetdas,dassauseinerwahrenAussagekeinefalscheAussageabgeleitetwerdenkann.AllerdingskannauseinerfalschenAussagejedeAussageabgeleitetwerden,obnunwahroderfalsch.GebildetsagtmanExfalsoquodlibet. 13
ImplizierteineAussageAeineAussageB,undimpliziertandererseitsdieAussageBauchdieAussageA,sagtmanAundBseien
¨aquivalent.Definiertistdiequivalenz¨A
(A,B):=(A)B)^(B)A).(1.4)
Die¨AquivalenzA,Bisto↵enbargenaudannwahr,wennsichdieWahrheitswertevonAundBgleichen,d.h.wennbeidewahr,oderwennbeidefalschsind.
MitHilfevonWahrheitswerttabellen
¨ub
erzeugtmansich,dassdieAussageA)Bgenaudannwahrist,wenndieAussage(¬B))(¬A)wahrist(sog.Kontrapositi-on).Mittels¨Aquivalenzl¨asstsichdasGesagtauchalsFormelformulieren,
(A)B),(¬B)¬A)(1.5)
InderImplikationA)BistBnotwendigeBedingungf¨urA,undAisthinrei-chendeBedingungf¨urB.
Achtung!Esistdurchausm“Wennesregnet,dannstehenWolkenamHimmel.”,dieKontrapositionbedeutet “EsstehenWolkenamHimmel.”DieImplikationA)BbedeutetnundieWeisheit Afalsch!SeibeispielsweiseAdieAussage“Esregnet.”undBdieAussage ¨oglich,dassdieImplikationA)Bwahr,obwohl
13genaugesagt:Exfalsosequiturquodlibet–ausFalschemfolgtBeliebiges.
22.August201426cMartinWilkens
1.3Logikf¨urLaien27
“WennkeineWolkenamHimmelstehen,regnetesnicht”.Allerdingskannesdurch-aussein,dassesnichtregnet–Aalsofalsch–obwohlWolkenamHimmelstehen,d.h.Bzutre↵end.
DieAussage“(A)B)und(B)C)”impliziertdieAussageA)C,inFormeln
(A)B)^(B)C))(A)C).(1.6)
wasanhandderWahrheitswerttabelleunschwerverifiziertwerdenkann.F
¨ur
ma-thematischeBeweiseistdiesesZerlegeneinesgroßenSchrittes(vonAnachC)inkleinereSchritte(zun
¨achstvonAnachB,dannvonBnachC)vonunsch
Wert–vgl.auchGl.(1.7). ¨atzbarem
Bekanntlichgibtes¨Apfel,St
¨uhle
undungeradeZahlen.IsteingegebenesDingxnuneinApfelsagtmanxgeh
Unterdenelngibtessolchedies¨ußsind,undsolchedierotsind.“S¨Apf XdieGesamtheitallerelgemeintist.IstxkeinApfelschreibtmanx/2X.¨Apf ¨orezurApfelkollektion,notiertx2X,wobeimit
¨uß sein”und“Rotsein”sindjeweilseineEigenschaft,nennenwirsiekurzSundR.HatmannuneinenApfelx,istS(x)gleichbedeutendemitderAussage“xists¨uß”.DieKollektionallers¨ußen¨Apfelnotiermandann{x2X|S(x)}(lies:dieGesamtheitallerDingeausdemApfelkollektiv(vordemTrensstrich)dies¨ußsind(nachdemTrennstrich)).Sied
¨urfenhierSruhigalsFunktionsehen:Defintionsberichw
¨are
nalle¨Apfel,WertebereichdiebeidenWahrheitswertewundf.
Aussagenwie“AlleMenschensindsterblich”k
¨onne
nmitHilfedessog.Allquantorspr
k S(a)dieAussage“aiststerblich”.Aussagenwie“Esf¨ahrteinZugnachNirgendwo” ¨agnantformuliertwerden:8x2M:S(x),worinMdieMengeallerMenschen,und
¨onne
nmitdemExistenzquantorpr
ZdieMengeallerZ ¨agnantformuliertwerden:9x2Z:N(x),worin
¨ug
e,undN(a)dieAussage“DerZugaf¨ahrtnachNirgendwo”.
cMartinWilkens2722.August2014
28Vorab
1 .4 B e w e is e und de r U m g a ng m it G le ic h ung e n
IndenseltenstenF
¨alle
nweißmanvonvorneherein,obeinegegebeneAussagewahristodernicht.Wesentlichh
¨aufig
erm
fenist–etwadenRegelndesnat BeweisenisteineArgumentationstechnik,dieeinemstriktenRegelwerkunterwor- ¨ochtemandieWahrheiteinerAussagebeweisen.
¨url
ichenSchließens.Ausgehendvonbereitsalsg
¨ult
igerkanntenAussagengestattensolcheRegelndenSchlussaufeineneueg
¨ult
igeAussage–die“zubeweisende”Aussage–wennderBeweisdenngelingt.
F¨ur
einegegebeneFunktionf(x),
¨ub
erallstetigdi↵erenzierbar,m
Formelsprachedesnat¨urlichenSchließensliestsichdas gef¨uhrtwerden:“A!Bistwahr.NunistAistwahr.DaheristBwahr!”.Inder 0IndiesemFallkannderBeweisderAussage“f(x)=0”nachfolgendemSchema 0 0dassfbeixeinlokalesMaximumaufweist(imFolgendendieAussageAgenannt). 0f(x)ausrechnen,dassabermitvertretbaremAufwandfestgestelltwerdenkann, 0 Funktionsofurchtbarkompliziertist,dassmansienichteinfachableitenkannum 0(f(x)=0seiimFolgendendieAussageBgenannt).Wirstellenunsvor,dassdie 0 0spielsweisebeweisen,dassihreAbleitunganeinergegebenenStellexverschwindet ¨ochtemanbei- A)BAB ,(1.7)
genanntderModusPonens, 14auchAbtrennungsregel.DerModusPonensunddersog.KettenschlussA)BB!CA)C (1.8)
sindGrundformendessog.direktenBeweises.GrundformendesindirektenBe-
14genauer:Modusponendoponens–daszuSetzendesetzend.
22.August201428cMartinWilkens
1.4BeweiseundderUmgangmitGleichungen29 weisessindderModustollendotollens 15,
A)B¬B¬A ,(1.9)
derModustollendoponens 16,
A_B¬AB ,(1.10)
unddiereductioadabsurdum,dieGrundformdesWiderspruchsbeweises,¬A)(B^¬B)A .(1.11)
Hierstehenjeweils
¨ub
erdemQuerstrichg
¨ult
igeAussagen,mitderenHilfeaufdieG
¨ult
igkeitderAussageunterdemQuerstrichgeschlossenwird.
DassGleichung(1.2)einwahreAussagedarstellt,kurzgesagt“dassGleichung(1.2)wahrist”,istdurchausbeweisbed
lit quivalenzumformungengef¨uhrtwerden,anderenEnden(ho↵entlich)eineTrivia-¨A ¨urftig.DerBeweiskannindiesemFalldurchsog.
nichtzuverlieren(“H ¨atwiebeispielsweise1=1(oder0=0,oder17=17etc.)steht.Umdieersicht¨Ub
¨ah?
Wiekommt’nderjetztdarauf?”)kann–undsollte–mandiejeweiligeUmformungdurcheinensog.Auftragsstrichprotokollieren.Etwaso 17
1+2·3= 4·562 |·2(beideSeiten“mit2malnehmen”)2·(1+2·3)=4·56|links:Assoziativgesetz;rechts:4·5=202+4·3=206|links:4·3=12;rechts:206=142+12=14|links:2+12=1414=14|÷14(beideSeiten“durch14teilen”)1=1(U↵!)
15lat.dasAufzuhebendeaufhebend16lat.dasAufzuhebendesetzend17DasAssoziativgesetzwirdin??nocheinmalrekapituliert...
cMartinWilkens2922.August2014
30Vorab
wobeimitU↵!einunbestreitbarwahrerSatzderArithmetikerreichtist(¨aquivalenteinemAxiom).Die¨Aquivalenzder“Originalgleichung”(1.2)mitU↵!inVerbindungmitderunbedingtenG
¨ult
igkeitvonU↵!.erlaubtnun–viaModusPonens–aufdieG
¨ult
igkeitvon(1.2)zuschließen.
Verstehtsich,dassmitzunehmender¨Ubung,dieDichteanAuftragsstrichenab-nimmt–manmussjanichtjedeBanalit
geraten,Auftragsstricheernstzunehmen.Erkanndannn ¨atprotokollieren.AberdemNovizensei
¨amlic
hbessernachvollzie-hen,wosichseinDenkfehlereingeschlichenhat(wennerdennDenkfehlermacht).
EinewichtigeFormvon¨AquivalenzumformungistdieTermvereinfachung.Term-vereinfachungistbeispielsweise2·(1+2·3)=2+2·2·3=2+12=14.Aberauch23 + 32 = 136 istTermvereinfachung.UntereinerTermvereinfachung
¨ande
rtsichderZahlenwertdesTermsnicht.AndieserStelleeinegroßeBitte:
MachenSieumHimmelsWillenbloßnichtdenFehler,sofortallesmitdemTaschenrechner(odersonstwie)inDezimalzahlenauszudrsolangeirgendm ¨ucken!BleibenSie
¨oglichbeidenBr¨uchen.ErstganzamSchlussk
¨onne
nSie,wennSiedennunbedingtwollen, 136alsDezimalzahlschreiben, 136=2,166....
DieanderewichtigeFormvon¨AquivalenzumformunginvolviertdasAddieren,Sub-trahieren,MultiplizierenundDividierenderbeidenSeiten(=Terme)einerGleichungmitirgendwelchen,m
¨oglichstgeschicktgew
¨ahlt
enZahlen.HatmanbeispielsweiseeineGleichung 32 =1+ 12 ,erzeugtMultiplikationmit2dieGleichung3=2+2· 12 .DerWertderlinkenSeitehatsichdabeige
¨ande
r(von 32 nach3),ebensoderWertderrechtenSeite(von1+ 12 nach2+2· 12 ),aberderWahrheitswertderGleichunghatsichnichtge
¨ande
rt(von“wahr”nach“wahr”).Addierenetc.d
¨urfenSie
¨ubr
igensauchganzeGleichungen,vorausgesetzt,SiehabenderenG
¨ult
igkeitschonanderwei-tigetabliert.
DasGesagtel¨aßtsichproblemlosaufdieBuchstabenrechnung
¨ub
ertragen.Buch-
22.August201430cMartinWilkens
1.4BeweiseundderUmgangmitGleichungen31
stabenstehenf¨urZahlen,derTerm2·bf¨urdasDoppeltederZahlb,bzw.–demKommutativgesetzderMultiplikationseiDank–f¨urdasb-fachederZahl2.Weresgenaunehmenm
Stellenicht(undbrauchtihnauchnichtzukennen). ZahlenwertdesTerms–schließlichkenntmanjadenZahlenwertvonbandieser ¨ochte,nennt2·beinenunges¨attigtenTerm.O↵enbleibthierder
Zuweilenst
geradegesagtebezeichneteineunges¨attigteAussage,wobeinachderL ¨oßtmanaufeineGleichungderFormx·a=2·b,imAnschlussandas
Gleichunggefragtwird.Ohneesdazuzusagen,meintmanmit“dieL ¨osungdieser genWertderUnbekanntenx,derbeigegebenenParameterna,bdieunges ¨osung”denjeni-
einegewisseSorgfalt–alsonichteinfach“durchateilen”,dennwasw AussagezueinerwahrenAussagemacht.uivalenzumformungenerforderndann¨Aq ¨attigte uivalenzumformung),manmussalsodenFalla=0gesondertbehandeln.¨Aq wenna=0?DurchNulldarfmanschließlichnichtteilen(durchNullteilenistkeine ¨aredenn,
Manwirddannfeststellen,dassdieGleichungx·a=2·bimFallea=0f¨urb6=0
¨ub
erhauptkeineL
GleichungeinewahreAussage.Mansagtdann,dieL ¨osunghat,dassesalsokeinenWertf¨urxgibt,f¨urdendie
bestehtdieL x·a=2·bseiimFallea=0,b6=0,dieleereMenge.ImFallea=0,b=0hingegen ¨osungsmengederGleichung dieL ¨osungsmengeausderMengeallerZahlen.NurimFallea6=0umfasst
L a¨osungsmengegenaueineZahl.Stattumst¨andlichzuformulieren“{}istdie 2·b
¨osungmengederGleichungx·a=2·bimFallea6=0”k
a ab,undsagt“x=istdieL 2·b ¨urztmandieProsaetwas vorausgesetztwird,dassa6=0). ¨osungderGleichungx·a=2·b”(wobeistillschweigend
cMartinWilkens3122.August2014
32Vorab
1 .5 D a s P ri nzi p de r v o lls t¨a ndi g e n Induk ti o n
EinenBeweismittels¨AquivalenzumformungenistderFormnacheindirekterBeweis.ImmerwennSieetwasnachrechnenoderausrechnenf¨uhrenSieeinensolchenBeweis.Inder“reinenMathematik”istderBeweismittels¨Aquivalenzumformungenabereherseltenanzutre↵en.
BetrachteetwadieAussage
E(n):1+2+3+···+n= n·(n+1)2 (1.12)
F¨ur
n=1stimmtdieseAussageo↵ensichtlich,“E(1)istwahr”.Wieaberkannmanbeweisen,dassE(n)f¨urallenat¨urlichenZahleneinewahreAussage? 18
DasBeweisprinzipdervolst¨andigenInduktion:Seizujedernat¨urlichenZahlneineAussageA(n)gegeben.DannsindalleAussagenA(n)wahr,wennmanbeweisenkann
1.A(1)istrichtig(sog.Induktionsanfang).
2.F
¨ur
jedesn,f
¨ur
welchesA(n)richtigist,istauchA(n+1)richtig(sog.Induktionsschluss).
DasBeweisprinzipdervollst¨andigenInduktionfolgtunmittelbarausdemIndukti-onsaxiomdasbeieinersystematischenEinf
¨uhr
ungdernat¨urlichenZahlenformuliertwird.
18EinerAnekdotezufolgehatGaussalsjungerSch¨ulerdieWahrheitvonE(100)durchUmord-nungderReihe,1+2+3+...+100=(1+100)+(2+99)+(3+98)+···+(50+51)=50·101=100·1012bewiesen.
22.August201432cMartinWilkens
1.5DasPrinzipdervollst¨andigenInduktion33
ImvorliegendenFallwurdeschonerkannt,dassE(1)legitimerInduktionsanfang.DerSchlussvonE(n)nachE(n+1)wirdnundurchfolgendekleineRechnungvollzogen,wobeianderStelle⇤dieAussageE(n)alsInduktionsvoraussetzungher-angezogenwird:
1+2+3+···+n+(n+1) ⇤= n·(n+1)2 +(n+1)= (n+1)·(n+2)2 .(1.13)
DamitistE(n))E(n+1)f¨uralleneinewahreAussage.WeilaberschonE(1)alswahrerkanntwurde,kannmitModusPonensaufE(2)geschlossenweden,imVerbundmitderderWahrheitvonE(2))E(3)viaModusPonensaufE(3)undsoweiter.M.a.W.E(n)istwahrf¨urallen.qed 19
NebendemBeweisdurch¨AquivalenzumformungenunddemBeweismittelsvollst¨andi-gerInduktionistderWiderspruchsbeweisisteinebeliebteFigurdermathematischenBeweisf¨uhrung.GuteGelegenheitalso,SiemitdieserFigurvertrautzumachen.
DazueinBeispieldasschoninEuklidsLehrbuchderGeometriezufindenist:
Satz:EsgibtunendlichevielePrimzahlen.
Angenommenesg¨abenurkPrimzahlenp1<p2<···<pk.Dannw
12kkp=p·p···p+1entwederselbereineneuePrimzahlp>p,odersiew ¨aredieZahl
¨are
durcheinePrimzahlp 0teilbar,dieallerdingsauchneuseinm
1kPrimzahlenp,...,pnichtohneRestteilbar.InbeidenF ¨usste,dapdurchdie
¨alle
nbef
¨ande
mansichimWiderspruchzurAnnahme,unddaesmindestenseinePrimzahlgibt,z.B.dieZahl17,istdereinzigeSchlussderbleibt,dassesunendlichvielePrimzahlengibt.qed
19Das“qed”,wasmanzuweilenamEndeeinesBeweisesfindetsteht
demonstraundum”–waszubeweisenwar. ¨ubrigensf¨ur“quoderat
cMartinWilkens3322.August2014
34Vorab
1 .6 A uf g a b e n
.Aufgabe1-1(1Punkt)
SchreibenSieunsdiejenigenFormelnauf,dieIhnenimLaufederWochebegegnen,etwaindenVorlesungenzurExperimentalphysik,unddieIhnenunklarsind.
.Aufgabe1-2(Galilei’sFallgesetz)(6Punkte)Inden“Discorsi”schreibtGalileiinderEinleitungzumDrittenTag
[...]EinigeleichtereS
¨atz
eh
nat¨urlicheBewegungfallenderschwererK ¨ortmannennen:wiezumBeispiel,dassdie
wiesen,dassdievomfallendenK nichtausgesprochenworden;dennsovielichweiss,hatNiemandbe- sei.InwelchemMasseaberdieseBeschleunigungstattfinde,istbisher ¨orpereinestetigbeschleunigte
¨orperingleichenZeitenzur
StreckensichzueinanderverhaltenwiedieungeradenZahlen. ¨uckgelegten
SoweitGalilei.Wiepasstdaszudem,wasSieinderSchulegelernthaben?
Anmerkung:GalileikanntenochkeineInfinitemsimalrechnung.DiewurdeerstvonNewtonundLeibnizerfunden.
.Aufgabe1-3(⇡Punkte)
EinealteBauernregelbesagt“WennderHahnkr¨ahtaufdemMist,
¨ande
rtsichdasWetteroderesbleibtwieesist”.UnterwerfenSiedieRegeleinerlogischenAna-lyse.K
¨onne
SieausderWetterlageaufdasKr¨ahenbzw.nicht-Kr¨ahendesHahnesschließen?
.Aufgabe1-4
22.August201434cMartinWilkens
1.6Aufgaben35
“WennmeinGroßmutterR
¨ade
rh
¨atte
,w
wort.Nunstellensiefest,dassihreGroßmutterinderTateinOmnibusist.D ¨aresie’nOmnibus”lauteteinaltesSprich-
Sieschließen,dasssieR ¨urfen
¨ade
rhat?
.Aufgabe1-5(⇡Punkte)
LehrerLempel,gef¨urchtetf¨urseinenmesserscharfenVerstand,behauptet,erw
anirgendeinemTagindern ¨urde
sen,abermanw ¨achstenWochegenaueineMathearbeitschreibenlas- ruhigt:“Lempel¨ugt!”.Logikus,ebensopfiffig,erg¨anzt“Trotzdemsolltenwirb Klassenarbeitgekommensei.Rekursine,dasanerkannteMathe-AssderKlasse,be- ¨urdeamMorgendesfraglichenTagesnichtwissen,dassderTagder
ernstnehmen? biszumUmfallen!”WieargumentiertRekursine,undwiesosolltemanLogikus’Rat ¨u↵eln
.Aufgabe1-6(3Punkte)
ZeigenSie:DieImplikationA)Bistgenaudannwahr,wenndieKontraposition(nichtB))(nichtA)wahrist.
.Aufgabe1-7(1Punkt)
Jemandbehauptet“Esgibt3Primzahlen”.StimmenSiezu?
.Aufgabe1-8(2Punkte)
FallsSieschonwissen,wasmanunterderAbleitungeinerFunktionversteht:istdasVerschwindendererstenAbleitungineinemPunktx0notwendigeoderhinreichendeBedingungdaf¨ur,dassdieFunktiondorteinMaximumhat?
.Aufgabe1-9(2Punkte)
cMartinWilkens3522.August2014
36Vorab
EsseiA(x,y)dieKurzformf¨urdieAussage“Studentin/StudentxfindetdasThemayderMathe-Vorlesungbanal.”GebenSiedieumgangssprachlicheFormulierungf¨ur
8x9y:A(x,y)(1.14)9y8x:A(x,y)(1.15)
.Aufgabe1-10(GeometrischeSummenformel)*(7Punkte)
ZurErinnerung:Mitx nmeintmandasn-facheProduktvonxmitsichselbst,x n=x·x···x(nFaktoren),undesgiltx n·x m=x n+m.
BeweisenSiemittelvollst¨andigerInduktiondiegeometrischeSummenformel
1+x+x 2+···+x n= 1x n+1
1x ,x6=1.(1.16)
.Aufgabe1-11(BernoullischeUngleichung)(7Punkte)
ZurErinnerung:EineZahlaheißtgr
einepositiveZahl. ¨oßeralseineZahlb,notierta>b,wennab
BeweisenSiemittelsvollst¨andigerInduktiondieBernoulli’scheUngleichung
(1+x) n>1+n·x,f¨urx2R,x>1,x6=0undn=2,3,....(1.18)
22.August201436cMartinWilkens