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Bilder und Schilder.

Das Dispositiv der Ausstellung als Bild der Geschichte

Bei den ausgestellten Arbeiten handelt es sich um zwei Wandbespannungen aus den Ausstellungsräumen der Staatlichen Kunstsammlungen Kassel, Schloß Wil­

helmshöhe. Sie besitzen die Maße 2,9x7m und sind auf Keilrahmen aufgespannt. Ute Lindner hat die Bespannungen ab 1995 anläßlich der Schließung der Ausstellungs­

räume aufgrund der bevorstehenden Renovierungsarbeiten abgenommen. Es handelt sich um einen karminroten Filz, der im Laufe der letzten 25 Jahre durch das UV-Licht der Sonne stark ausgeblichen ist. Lediglich dort, wo ursprünglich die ausgestellten Gemälde hingen, ist das Rot noch so frisch wie am ersten Tag.

Die präsentierten Wandbespannungen sind materielle Objekte mit einer eindring­

lichen, ästhetischen Präsenz. Gleichzeitig haben sie eine Oberfläche, die auf etwas verweist, was nicht anwesend ist. Sie ist die Grenzschicht, an der sich ihre Bedeu­

tung in einen anwesenden und einen abwesenden Bestandteil spaltet. In ihrer Materialität, ihrer Größe und ihrem For­

mat verweisen die Arbeiten zuerst auf sich selbst. Der Filz fungiert als ein Medium, in das die Formen der Bilder als dauerhafte Fixierungen eingebrannt worden sind.

Durch die Ausstellung der Wandbespan­

nung findet eine Verschiebung der Auf­

merksamkeit vom ausgestellten Kunst­

werk auf das ausstellende Dispositiv statt.

Die Arbeiten verdeutlichen, daß jede Prä­

sentation von Kunst vor einem (insti­

tutionellen) Hintergrund stattfindet, der ausgeblendet werden muß, damit die Be­

deutung des Werkes vom Betrachter kon­

stituiert werden kann. Bedeutungsgenese beruht auf der Ausblendung und Invi- sibilisierung der Materialitäten, die als schmutzig, niedrig und durch die Sinne korrumpiert galten. Um Bedeutung erzeu­

gen zu können, muß die Materialität der Reichen ausgeblendet, verdrängt oder

■nvisibilisiert werden, da sie sonst als Störung auftritt. Bedeutung ist nur als abwesend, immateriell oder kognitiv zu denken. Gerade diese Ausblendung des Anwesenden ermöglicht komplexe Ver­

weise auf die Gemälde, den Ort und die Zeit. Auf den Bespannungen hingen ur- sprünglich die venezianischen Maler des

^6. Jahrhunderts: Palma il Giovane, Vero- nese und Tizian. Sie waren die ersten, wel­

che die Autonomie des Kolorits und die Ästhetik des Pinselstrichs gegenüber der Florentiner Doktrin von disegno und Linie in der Kunst etablierten. Ferner bestehen Referenzen zum ursprünglichen Ort, an dem sie hingen, dem Italienersaal im 3. Stock des Schlosses Wilhelmshöhe. Sie verweisen auf unerträgliche konservatori- sche Zustände, die von einer unzureichen­

den Klimaanlage über undichte Stellen im Dach bis hin zu einer viel zu starken Expo­

sition durch das Sonnenlicht reichen.

Darüber hinaus beziehen sich die Wand­

bespannungen auch und gerade auf Zeit.

Sie ist in Form von unterschiedlichen Blei­

chungsgraden direkt als eine Geschichte in die Oberfläche der Filze eingelagert. Die Wandbespannungen sind Platzhalter einer Geschichte des Museums, einer Ge­

schichte konservatorischer Versäumnisse und einer Zeit, die als Spuren in die Ma­

terialität der Oberflächen eingebrannt wurden.

Ute Lindners Arbeiten stehen in der Tra­

dition der 'institutional critique', in der sich Künstler wie Daniel Buren, Michael Asher, Louise Lawler, Andrea Fraser oder Chri­

stian Philipp Müller mit den Dispositiven der Kunst auseinandersetzten, indem sie den ausgeblendeten Hintergrund der Kunsterfahrung in sorgfältigen Analysen und Einzelstudien zu einem zentralen Thema der Kunst machten. Das, was in der Kunsterfahrung normalerweise nicht zu sehen ist, der institutionelle Hinter­

grund, gewinnt in ihren Arbeiten Be­

deutung in einem Vexierspiel zwischen Präsenz und Absenz, zwischen Mate­

rialität und Immaterialität der Wandbe­

spannungen.

Hans Dieter Huber

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U te L in d n e r

Originalveröffentlichung in: Kunstpreis der Böttcherstraße in Bremen 1997, Bonner Kunstverein 23. September bis 30. Oktober 1997, Bremen 1997, S. 33-35

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Referenzen

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