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Archiv "Famulatur im Ausland – Lohnt sich der Aufwand?" (18.07.1988)

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THEMEN DER ZEIT

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DEUTSCHES ÄRZTEBLATT

Immer mehr Medizinstudenten spielen mit dem Gedanken, einen Teil der vorgeschriebenen Famula- tur im Ausland zu absolvieren. Das Hauptmotiv bei dieser Überlegung ist die Aussicht, einmal selbständig und praktisch tätig werden zu kön- nen, doch die Realisierung dieser Absicht erfordert auch ein gehöriges Maß an Eigeninitiative und Enga- gement.

Der Autor, der mehrfach im Ausland famulierte, unter anderem in Israel, Thailand und China, möchte im nachfolgenden seine Er- fahrungen auf diesem Gebiet an in- teressierte Kommilitonen und Kolle- gen weitergeben. Der Artikel soll mit der Beschreibung des Ablaufes eines solchen Unternehmens als kleine Entscheidungshilfe dienen.

Gesetzliche Grundlage

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Richtlinien für die Ableistung der Famulatur sind im § 7 der Neu- fassung der Approbationsordnung für Ärzte vom 14. Juli 1987 veran- kert.

„Die viermonatige Tätigkeit als Famulus (§ 1 Abs. 1 Nr. 5) ist wäh- rend der unterrichtsfreien Zeit zwi- schen der bestandenen Ärztlichen Vorprüfung und dem zweiten Ab- schnitt der Ärztlichen Prüfung abzu- leisten. Sie hat den Zweck, den Stu- dierenden mit dem ärztlichen Wirken in öffentlichen Stellen, in Einrichtun- gen des Arbeitslebens, in freier Pra- xis und im Krankenhaus vertraut zu machen."

Aus Absatz 3 des Paragraphen geht hervor, daß diese Tätigkeit auch im Ausland abgeleistet werden kann.

„Eine außerhalb des Geltungs- bereiches dieser Verordnung in einer ärztlichen Praxis oder in einem Krankenhaus abgeleistete Tätigkeit als Famulus ist anzurechnen."

Neu an diesem Gesetz ist die Verordnung, daß diese Tätigkeit au- ßerhalb des Geltungsbereiches seit

dem 1. Januar 1987 auch an Institu- tionen von Universitätskliniken ab- geleistet werden kann.

Zunächst sollte generell ent- schieden werden, ob eine Famulatur im Ausland aus persönlicher Sicht erstrebenswert und sinnvoll ist. Die Tabelle gibt einen Überblick über die Vor- und Nachteile einer Aus- landsfamulatur.

Falls die Entscheidung für eine Famulatur im Ausland getroffen wurde, stellt sich die Frage des Or- tes. Während westliche Industriena- tionen, allen voran die USA, Mög- lichkeiten einer praktischen Tätig- keit unter sehr speziellen hochtech- nisierten Bedingungen bieten, liegt der Anreiz für Nationen der Dritten Welt, zum Beispiel Länder in Afrika und Südostasien, in der Möglichkeit sehr praxisnaher Medizin mit ein- fachsten Mitteln. Westliche Indu- strieländer sollten dann angesteuert werden, wenn man sich bereits für gewisse Fachrichtungen entschieden hat und hierzu weitere aktuelle und spezifische Fachkenntnisse sammeln will (zum Beispiel Herzchirurgie, Transplantationschirurgie etc.). Ist man aber mehr an basisnahen breit- gefächerten Kenntnissen interes- siert, so wären hierzu eher die Län- der der Dritten Welt geeignet.

Adressen von in Frage kommenden Einrichtungen (Kliniken, Hospitä- lern, Forschungsanstalten) können bei der Organisation des Westdeut- schen Famulantenaustausches (WFA) oder bei den Diplomati- schen Vertretungen (Botschaften, Fremdenverkehrsbüros etc.) der je- weiligen Länder angefordert wer- den.

Generell scheint eine Auslands- famulatur ohne finanzielle Eigenbe- teiligung nur schwer möglich. Je- doch bieten mehrere Institutionen finanzielle Unterstützung an, die die Selbstkosten erheblich reduzieren können. Zentrale Anlaufstelle hier- zu stellt der WFA dar, der seine Mit- tel aus dem Etat des Deutschen Akademischen Austauschdienstes

(DAAD) bezieht. Der WFA kann neben der Finanzierung auch bei der Vermittlung von Famulaturplätzen behilflich sein. Die Adresse lautet:

WFA, Godesberger Allee 54, 5300 Bonn 2, Tel.: 02 28137 53 40. Auch der DAAD, Kennedyallee 50, 5300 Bonn 2, kann Zuschüsse im Rahmen von internationalen Forschungspro- jekten gewähren. Darüber hinaus bietet der DAAD Stipendien für langfristige Aufenthalte, wie etwa das praktische Jahr, an. Eine weite- re Möglichkeit bietet die Carl Duis- berg Gesellschaft, Stresemannstr 92, 1000 Berlin 61. Auch sie unter- stützt Auslandsaufenthalte, sofern diese mit internationalen For- schungsprojekten koordiniert sind.

Schließlich bestehen zwischen bun- desdeutschen und ausländischen Universitäten spezielle Partner- schaften, die den Austausch von Studenten fördern.

Bewerbung

Die Bewerbung sollte etwa sechs bis acht Monate, in den USA und Großbritannien sogar zwölf bis vierzehn Monate, vor dem beabsich- tigten Antritt erfolgen. Es empfiehlt sich, hierzu mehrere Einrichtungen im Land der Wahl alternativ anzu- schreiben. Das Schreiben sollte die wichtigsten Angaben zur Person, vor allem aber das Ausbildungsjahr, Nachweise über bereits abgelegte Prüfungen sowie eine genaue Be- schreibung der gewünschten Tätig- keit beinhalten.

Nützlich sind ferner eine kurze Begründung des Vorhabens sowie ein Empfehlungsschreiben oder eine Beurteilung, die in der Regel von den zuständigen Fakultätsdekanaten ausgestellt werden. Wenn bereits vorher Auslandsfamulaturen absol- viert wurden, können die Bestäti- gungen hierüber der Bewerbung bei- gefügt werden. Falls die Finan- zierung der Famulatur durch eine der obengenannten Institutionen be- reits garantiert ist, sollte dies unbe- dingt im Schreiben erwähnt werden.

Falls mehrere Einladungen von

ausländischen Institutionen vorlie- gen, sollte eine endgültige Zusage mit verbindlichen Terminangaben

Famulatur im Ausland Lohnt sich der Aufwand?

Dt. Ärztebl. 85, Heft 28/29, 18. Juli 1988 (31) A-2065

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Vorteile

• Gute Möglichkeiten zu prakti- scher Tätigkeit

• Möglichkeit, in wirklich be- dürftigen Regionen medizinische Hilfe zu leisten

• Test, ob eine spätere Tätigkeit in der Entwicklungshilfe aus per- sönlicher Sicht erstrebenswert ist

• Kenntnisse über Medizin mit anderen Mitteln und anderen Me- thoden

• Neben medizinischer Fortbil- dung auch allgemeine Weiterbil- dung in Kultur und Politik

• Förderung von Engagement und Eigeninitiative

Nachteile

• Tätigkeiten mit hoher Eigen- verantwortung und der Anforde- rung, selbständig Entscheidun- gen treffen zu müssen

• Wenig Freizeit, da oft Personal- mangel

• Verständnisprobleme, Sprach- barrieren

• Zum Teil erheblicher finanziel- ler Aufwand, falls keine Unter- stützung möglich ist

• Gefahr eigener gesundheit- licher Probleme (Infektions- krankheiten, klimatische Bedin- gungen)

an den gewünschten Gastgeber ge- macht werden. Gleichzeitig sollte, schon aus kollegialen Gründen, auch die Absage an nicht in Frage kommende Einrichtungen erfolgen, sofern diese bereits fest mit dem Kandidaten rechnen (Formulierun- gen des Antwortschreibens beach- ten!).

Wenn nach endgültiger Zusage aus zwingenden Gründen der An- tritt der Famulatur unmöglich wird, sollte der reservierte Platz in Form einer schriftlichen Absage unverzüg- lich abgetreten werden. In letzter Zeit häufen sich diesbezüglich die Beschwerden gastgebender Institu- tionen, und es ist zu befürchten, daß dadurch die Bereitschaft zur Auf- nahme ausländischer Studenten sin- ken wird.

Reisevorbereitung

Wichtig sind zunächst Informa- tionen über die Einreisebestimmun- gen. Diese können in Reisebüros, am besten aber bei den jeweiligen Botschaften, erfragt werden. Eben- falls rechtzeitig sollten Angebote über Anreisemöglichkeiten und Preise in Erfahrung gebracht wer- den. Weiter sollte man sich sehr früh über geltende Impfbestimmungen informieren. Hierüber geben eben- falls die Botschaften und Tropenin- stitute von Universitätskliniken Auskunft. Mit den Impfungen sollte

rechtzeitig begonnen werden, damit bereits bei Ankunft im jeweiligen Land ein optimaler Schutz gewähr- leistet ist.

Es ist selbstverständlich, daß zu einer guten Reisevorbereitung auch weitere Informationen über Sitten, Kultur, politische und soziale Ver- hältnisse des betreffenden Landes gehören. Sofern die Kommunika- tion in englischer Sprache stattfin- den wird, sollten zumindest die wichtigsten medizinischen Ausdrük- ke, vor allem aber die Fachausdrük- ke des gewählten Fachgebietes be- herrscht werden. Darüber hinaus sind weitere Sprachkenntnisse in der jeweiligen Landessprache von gro- ßem Nutzen.

Der Artikel hat nicht die Ab- sicht, mit erhobenem Zeigefinger Verhaltensmaßregeln für die Famu- latur selbst zu geben. Vielmehr soll- te sich jeder Famulant auf die Ver- hältnisse vor Ort zugeschnittene Maßstäbe setzen, die er mit seinem Gewissen vereinbaren kann. Als ge- nerelle Empfehlung soll gelten, daß man sich im Zweifelsfalle nicht zu vorschnellen Bewertungen hinrei- ßen läßt, sondern erst einmal Tole- ranz übt. Viele Sitten und Verhal- tensweisen, die aus westlicher Sicht- weise nicht immer zu verstehen sind, beruhen auf langer, bewährter Tra- dition oder pragmatischer Notwen- digkeit und haben deshalb ihre Be- rechtigung. Man sollte sich auch im- mer vergegenwärtigen, daß viele

Meinungsverschiedenheiten auf Mißverständnissen oder sogar Vor- urteilen beruhen können.

Es ist zu empfehlen, nicht nur auf dem gewählten Gebiet zu arbei- ten, sondern sich auch in anderen Abteilungen umzusehen und sich so einen Überblick über die gesamte Institution zu verschaffen Dies liegt auch im Interesse des Gastgebers.

Besonders lehrreich und informativ ist auch der außerdienstliche Kon- takt zu ausländischen Kollegen und Bekannten. Im persönlichen Um- gang lassen sich hier tiefere Einblik- ke in die sozialen und politischen Verhältnisse des Gastlandes sam- meln. Dabei sollte selbstverständlich auch das Informationsbedürfnis des Gastgebers befriedigt werden, über die Bundesrepublik mehr zu erfah- ren. Eine Auffrischung der Kennt- nisse über die eigene Kultur und Ge- schichte ist zu diesem Zwecke rat- sam. Schließlich bietet sich nach Ab- schluß der Famulatur die Möglich- keit, das jeweilige Gastland zu be- reisen. Hierzu können die gastge- benden Einrichtungen oftmals viele nützliche Tips sowie Hilfestellung bei der Organisation geben.

Die Auslandsfamulatur stellt ei- ne wirkliche Alternative zu der Fa- mulatur im eigenen Land dar, sofern ein gewisses Maß an Eigeninitiative und Flexibilität aufgebracht wird.

Sie kann Einblicke in recht spezielle, aber auch sehr basisnahe Bereiche der Medizin ermöglichen. Sie för- dert die Reflektion über die Verhält- nisse im eigenen Land ebenso wie die Auseinandersetzung mit den Be- dingungen der gastgebenden Na- tion. Der Auslandsaufenthalt kann zur persönlichen Entwicklung bei- tragen und als Weiterbildung nicht nur auf medizinischem Gebiet ge- nutzt werden. Schließlich kann die Famulatur im Ausland dazu beitra- gen, Vorurteile abzubauen und das Verständnis für Probleme anderer Länder zu verbessern.

Anschrift des Verfassers:

Cand. med. Bruno Betsch Deutsches Krebsforschungs- zentrum, Institut für Toxikologie und Chemotherapie

Im Neuenheimer Feld 280 6900 Heidelberg

A-2066 (32) Dt. Ärztebl. 85, Heft 28/29, 18. Juli 1988

Referenzen

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