V A R I A
Deutsches Ärzteblatt⏐⏐Jg. 102⏐⏐Heft 1–2⏐⏐10. Januar 2005 AA69
D
ie Leistungslegenden in der GOÄ sind manch- mal schwierig zu inter- pretieren. Wenn eine Ge- bührenposition nur dann berechnungsfähig sein soll, wenn zwei (Teil-)Leistungen erbracht werden oder be- stimmte Bedingungen/Indi- kationen der Leistungser- bringung zwingend sind, ver- knüpft der Verordnungsgeber diese beiden Leistungen be- ziehungsweise die Leistung und die Bedingung in der Lei- stungslegende mit verschie- denen Bindewörtern. Es wer- den die Bindewörter „und“(Nummer 855 GOÄ „An- wendung und Auswertung projektiver Testverfahren“),
„sowie“ (Nummer 784 GOÄ
„Erstanlegen einer externen Medikamentenpumpe – ein- schließlich Einstellung sowie Beratung und Schulung des Patienten. . .“), „mit“ (Num- mer 212 GOÄ „Schienenver- band mit Einschluss von min- destens zwei großen Gelen- ken. . .“) und „einschließlich“
(Nummer 655 GOÄ „EKG mittels Ösophagussonde . . .
einschließlich Einführen der Elektrode“) genutzt.
Zu den genannten Binde- wörtern gibt es im Satzzusam- menhang Einschränkungen;
am häufigsten sind diese bei dem Bindewort „einschließ- lich“ und werden daher für dieses beispielhaft erläutert.
Die Umschreibungen wie
„gegebenenfalls einschließ- lich“ oder „auch einschließ- lich“ haben oft das Ziel, eine fakultativ zu erbringende Lei- stung zu kennzeichnen. Bei der Nummer 681 „Ösophago- skopie mit zusätzlichem ope- rativem Eingriff – gegebenen- falls einschließlich Probeexzi- sion und/oder Probepunk- tion – “ ist dies der Fall. Die Ösophagoskopie ist unabhän- gig davon berechenbar, ob sie mit oder ohne Probeexzision durchgeführt wurde. Weitere Beispiele: Nummern 679 bis 688, 1 097, 2 407, 2 959, 3 203,
3 900 bis 3 910 GOÄ und zahlreiche weitere Nummern – vor allem im Abschnitt M (Labor). Beispiele zu „auch einschließlich“ sind die Num- mern 317, 1 114, 1 120, 2 132, 2 263, 2 382, 2 385, 2 590 und 3 206 GOÄ.
Die Bedeutung des Binde- wortes „oder“ ist sprachlich eindeutig, die gebührenrecht- lichen Auswirkungen sind je- doch abhängig von der Satz- konstellation und dem Ziel.
Bei der Nummer 670 GOÄ
„Einführung einer Magen- verweilsonde zur enteralen Ernährung oder zur Druckent- lastung“ ist die Auslegung ein- fach und eindeutig: Wenn die Magensonde sowohl zur ente- ralen Ernährung als auch (in- termittierend) zur Druckent- lastung dient, kann diese Ge- bührenposition nur einmal be- rechnet werden, weil sich die Indikationen Druckentlastung
und enterale Ernährung auf ein Ziel beziehen. Die aus- schließlich einmalige Berech- nung ist auch dann nur zuläs- sig, wenn es sich bei den mit
„oder“ getrennten Satzteilen um alternative Möglichkeiten der Durchführung handelt.
Ein Beispiel ist die Nummer 250 „Blutentnahme mittels Spritze, Kanüle oder Katheter aus der Vene“. Gleich auf welche Art und Weise das (ein- malig) Blut entnommen wird, ist die Blutentnahme nach Nummer 250 GOÄ nur ein- mal berechnungsfähig. Weitere Beispiele sind die Nummern 240, 1 139 bis 1 139, 1 540 und 3 745 bis 3 547 GOÄ.
Anders sieht die Aus- wirkung des Bindewortes
„oder“ beispielsweise bei der Nummer 2 193 GOÄ
„Arthroskopische Operation mit Synovektomie an einem Knie- oder Hüftgelenk bei chronischer Gelenkentzün- dung . . .“ aus. Hier kann die Gebührenposition zweimal angesetzt werden, wenn bei- de Leistungen vorgenommen wurden. Dr. med. Anja Pieritz
Leistungslegenden (1)
GOÄ-Ratgeber