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Die Ärztekammer – brauchen wir sie noch?

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Bayerisches Är zteblatt 6/2012

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Leitartikel

Dr. Klaus Ottmann, Vizepräsident der BLÄK

Die Ärztekammer – brauchen wir sie noch?

Die Kammer ist ein entschiedener ärztli- cher Interessenvertreter, insbesondere ein Garant für die ärztliche Freiberuflichkeit.

Die ärztliche Berufsvertretung in Bayern setzt sich für vernünftige Arbeitsbedin- gungen mit ausreichenden Freiheitsgra- den ein, ohne die es „keine gute Medizin“

in Bayern geben könnte. Wir alle wissen, dass der Beruf des Arztes als freier Beruf kein Selbstzweck ist. Unsere Berufsfrei- heit ist auf das engste verbunden mit der Übernahme von fachlicher Verantwortung und hoher Kompetenz. Freiheit und Ver- antwortung sind das Fundament einer ver- trauensvollen Arzt-Patienten-Beziehung und damit auch zwischen der Ärzteschaft und der Gesellschaft. Wir sind auch kein Gewerbe, wie in § 1 unserer Berufsord- nung klar fixiert ist. Unsere ärztliche Tätig- keit dient dem Gemeinwohl.

Gäbe es keine Ärztekammern mehr, die für die Interessen der bundesweit über 400.000 Ärztinnen und Ärzte eintreten, rie- fe das den Staat auf den Plan. Erst kürzlich forderte die Europäische Union eine Dere- gulierung der freien Berufe. Im Kern sprach man von einer Abschaffung der Kammern, ihrer Selbstverwaltung, den eigenständi- gen Berufs- und Gebührenordnungen. Das bislang bewährte System der Selbstver- waltung wäre damit bedroht – mit welchen Auswirkungen? Der Staat müsste sich künftig unmittelbar um die Belange der Ärz- tinnen und Ärzte, auch der anderen freien Berufe, kümmern und wir wären Spielball der Politik. Eine Verlagerung der Zustän- digkeiten über die staatlichen Hoheitsgren- zen hinweg zur EU nach Brüssel wurde sogar bereits diskutiert. Kammern sind der Garant für unsere Freiberuflichkeit.

Was uns Ärztinnen und Ärzten droht, ist die immer wiederkehrende Gefahr von außen, das hohe Gut der Freiberuflichkeit zu verlieren. Diese Gefahr geht weniger von der jetzigen Bundesregierung aus, die sich nicht nur in ihrem Koalitionsvertrag für den Erhalt der ärztlichen Freiberuflichkeit verpflichtet hat. Mit der von ihr angesto- ßenen Gesundheitsreform mit dem GKV- Versorgungsstrukturgesetz wurde die ärztliche Freiberuflichkeit eher gestärkt als geschwächt. Aber was werden zukünftige Koalitionen anderer parteienpolitischer Couleur bringen? Schließlich stammt der Satz „endlich Schluss zu machen mit der Ideologie der Freiberuflichkeit“ von der

ehemaligen Bundesgesundheits ministerin Ulla Schmidt aus dem Jahr 2003. Das darf keiner zukünftigen Regierung gelingen.

Wir müssen darauf achten, nicht zwischen Staatsmedizin mit völliger Versozialrecht- lichung auf der einen Seite und einem Verdrängungswettbewerb mit kapitalge- steuerten Konzernen auf der anderen Sei- te zerrieben zu werden. Die Folgen dieser Politik wäre eine Kommerzialisierung und Ökonomisierung, sogar Industrialisierung.

Dies alles ist nicht geeignet, die Attraktivi- tät des Arztberufes zu fördern und künftige Generationen zu ermutigen, in die Patien- tenversorgung einzusteigen.

Freiheit der Selbstverwaltung

Per se ist die ärztliche Leistung schwer objektiv zu bewerten. Dies liegt an der Wissensasymmetrie zwischen Arzt und Patient. Auch die Ärztekammer und Be- rufsverbände können Ärztinnen und Ärzte in ihrer Berufsausübung nur begrenzt Ord- nungsprinzipien unterziehen. Trotzdem sind Vorgaben und Leitlinien für ärztliches Handeln unverzichtbar und auch für un- sere Patienten nützlich. Insbesondere, weil kein Arzt in der Lage ist, den wis- senschaftlichen Fortschritt in all seinem Umfang komplett aufzunehmen, wurde von uns die Nachweispflicht der Fortbil- dung akzeptiert. Auf das Maß kommt es wie immer an! Die Ärztekammern helfen uns, ärztliches Handeln nachvollziehbar zu machen, ohne uns dabei in der Be- rufsfreiheit einzuschränken. Die ärztliche Selbstverwaltung ist derzeit im Heilberufe- kammergesetz staatlich gewollt, rechtlich verankert und trägt zur Autonomie unse- res Berufsstandes bei. Es geht also nicht um ein mittelalterliches Ständesystem mit Pfründensicherung, wie man mancherorts hören kann, sondern um eine effektive selbstverwaltete Ordnung unseres Berufs.

„Ordnungspolitik ist nicht sexy“, dieses Zi- tat stammt von Dr. Günter Rexroth, dem früheren Bundeswirtschaftsminister, der diesen Ausspruch geprägt hat. Ordnung im Berufsstand ist eine absolute Vorbe- dingung für das Vertrauen der Patienten, für den kollegialen Umgang, den wir mit- einander pflegen sollten und für das Anse- hen unseres Berufes in der Gesell schaft.

Dabei unterliegt natürlich das Verständnis dessen, was nun im Detail Elemente die- ser Ordnung sind, einem steten Wandel.

Mit Sicherheit verstehen unsere jungen Ärztinnen und Ärzte dieses Berufsethos, ja sie sind sogar davon überzeugt. Nun stellt sich die Frage, wie schaffen wir es, ihnen die Notwendigkeit einer selbststän- digen Kammerorganisation mit Pflicht- mitgliedschaft verständlich zu machen und wie gelingt eine Identifikation mit der Kammer? Wir im Präsidium der Bayeri- schen Landesärztekammer machen uns aktuell Gedanken, möglichst frühzeitig die noch Studierenden mit den Aufgaben der Kammer vertraut zu machen. Die erste Kontaktaufnahme war bisher der Beitrags- bescheid, ein Vorgehen das wirklich nicht überzeugt. Vielleicht sollten wir Medizin- studenten kurz vor ihrem Examen, ähnlich anderer Heilberufekammern, zu unseren Ärztetagen einladen. Wir brauchen uns nicht zu verstecken. Die Aufgaben einer Kammer sind verständlich, gerade zu Be- ginn der Berufsausübung ist jedoch eine Information dringend nötig. Außerdem braucht jede Selbstverwaltung engagierte Mitglieder, je früher desto besser, die sich einbringen.

Für mich ist klar, dass eine Aufgabe der ärztlichen Selbstverwaltung automatisch zu einer Einschränkung der Freiheit un- serer ärztlichen Berufsausübung führen würde, was nicht in unserem Sinne sein kann! Ein Festhalten an der Selbstverwal- tung bedeutet zugleich immer aufs Neue auch zu hinterfragen, ob unsere Regula- rien noch der Zeit entsprechen. Zum Bei- spiel brauchen wir derzeit dringend neue ärztliche Kooperationsstrukturen auf gesi- cherter rechtlicher Basis. Wir wollen auch künftig unser Standesrecht selbst formu- lieren und in freier Entscheidung unseren Beruf zum Wohle des Patienten ausüben – und das geht nur mit einer Kammer.

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