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I wie Insulin

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Academic year: 2022

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ls Paul Langerhans 1869 inselartige Zellformationen im Pankreas beschreibt, hat er noch keine Ahnung, dass es sich hierbei um die Hormon- produktionsstätte der wichtigen Peptidhormone Insulin und Glukagon handelt – geschweige dass ihm deren lebenswichtige Funktion im Organismus be- wusst gewesen wäre. Erst 20 Jahre später stellten die Straß- burger Joseph Freiherr von Me- ring (1849 bis 1908) und Oskar Minkowski (1858 bis 1931) fest, dass nach Entfernen der Bauch- speicheldrüse bei Hunden die Symptome der Zuckerkrankheit auftreten. Daraufhin eingesetzte Pankreaspräparate waren jedoch zunächst nur wenig wirksam.

Der deutsche Internist Georg

Ludwig Zülzer (1870 bis 1949) hatte bei Patienten Erfolg mit dem Pankreas-Insel-Extrakt von Schlachttieren, konnte jedoch keine Firma für eine langjährige Produktion gewinnen.

Die Isolierung von Insulin, das zunächst „Isletin“ genannt wur- de, gelang 1921 dem kanadi- schen Chirurgen Frederick Grant Banting (1891 bis 1941) und dem Studenten der Physio- logie, Charles Herbert Best (1899 bis 1978), in den Laboren des Physiologen John MacLeod von der Universität Toronto. Um größere Mengen zu produzie- ren, wurde ein neues Extrakti- onsverfahren entwickelt und, um größtmögliche Reinheit zu ge- währen, der Biochemiker James Bertrand Collip (1892 bis 1965) einbezogen. Die erste Behand-

lung am Menschen fand im Ja- nuar 1922 bei einem dreizehn- jährigen Jungen statt, der bereits in ein diabetisches Koma gefal- len war und ohne Hilfe vor dem sicheren Tod stand. Dank der Insulingabe sank der Blutzu- ckerspiegel drastisch – das Kind wurde gerettet. Schon 1923 er- hielten MacLeod und Banting für ihre Entdeckung den Nobel- preis für Medizin und Physiolo- gie, den sie mit Best und Collip teilten. Um eine Monopolisie- rung der industriellen Insulin- herstellung zu verhindern, lie- ßen sich Banting, Best und Col- lip ihre Gewinnungsmethode patentieren und vermachten dieses Patent der Universität von Toronto mit der Auflage, dass diese die Produktion standar- disieren und überwachen soll.

Noch 1923 begann die indus- trielle Herstellung.

Weiterentwicklung Die Kris- tallisation von Insulin gelang 1926 dem Biochemiker und Pharmakologen John Jacob Abel (1857 bis 1938) in Baltimore, die Aminosäuresequenz wurde 1954 vom britischen Biochemiker Frederick Sanger (geb. 1918) aufgeklärt, der dafür 1958 den Nobelpreis erhielt. Da die Wirk- dauer von Insulin (Altinsulin) sehr kurz ist, wurden Präparate mit protrahierter Wirkung (Ver- zögerungsinsuline, Depotinsu- line) entwickelt. Die mehrmals täglich notwendigen Injektio - nen konnten dadurch wesent- lich reduziert, die Abgabe an den Körper physiologischer ge- staltet werden.

Gentechnik Die therapeutisch verwendeten Schweine- und Rinderinsuline unterscheiden sich nur in einer bzw. drei Ami- nosäuren vom menschlichen.

1979 entwickelte der Biochemi- ker David Goeddel (geb. 1951) ein Verfahren zur gentechni- schen Vollsynthese von Human- insulin aus Escherichia-Coli- Bakterien. 1980 kamen die ers- ten Pumpen, 1985 die ersten Pens auf den Markt. Neben ver- schiedenen humanidentischen Insulinen werden heute auch Insulinanaloga, also schnell wirksame Insuline (Insulin lis - pro, Insulin aspart), lang wirk- same Insuline (Insulin glargin, Insulin detemir) und Misch - insuline, welche den raschen Wirkeintritt eines schnell wirk- samen Insulins oder Insulin- analogons mit der Langzeit- wirkung anderer Insuline ver- binden, gentechnologisch pro- duziert. Deswegen gilt heute:

Insulin ist nicht mehr gleich Insulin.

p

Dr. Eva-Maria Stoya, Apothekerin / Journalistin

PRAXIS I WIE INSULIN

20 DIE PTA IN DER APOTHEKE | September 2011 | www.pta-aktuell.de

Wirkstoffe von A bis Z – historisch beleuchtet

Täglich spritzen sich rund eine Millionen Menschen in Deutschland das lebenswichtige Hormon, hinter dem ein hochinteressanter Abschnitt der Arzneimittelgeschichte steckt.

© Andrey Maltsev / www.fotolia.com

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