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Archiv "Therapie des Reizmagens" (28.05.1986)

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DEUTSCHES ARZTEBLATT

EDITORIAL

Therapie des Reizmagens S

chmerzen im Epigastrium,

postprandiales Völlege- fühl, Übelkeit, Aufstoßen, In- appetenz, Sodbrennen und Meteorismus sind die klassi- schen Symptome funktionel- ler „Verdauungsbeschwer- den". Je nachdem, ob diese Beschwerden mit Obstipation und/oder Durchfällen einher- gehen, spricht man von ei- nem Reizdarm-Syndrom, feh- len Stuhlunregelmäßigkeiten, liegt ein Reizmagen vor, im angelsächsischen Schrifttum spricht man von einer „non- ulcer dyspepsia".

Epidemiologische Untersu- chungen aus Dänemark ma- chen es wahrscheinlich, daß 27 Prozent der Bevölkerung über Symptome eines Reiz- magens klagen. Zwölf Pro- zent aller Patienten einer All- gemeinpraxis suchen den Arzt wegen dyspeptischer Beschwerden auf, 76 Prozent aller Röntgenuntersuchun- gen des Magens ergeben als Enddiagnose funktionelle Oberbauchbeschwerden.

Selbst bei Patienten, die we- gen anhaltender abdominel- ler Beschwerden hospitali- siert werden, dominieren mit 55 Prozent Funktionsstörun- gen. Schließlich zeigen Ver-

laufsbeobachtungen über viele Jahre, daß nur zwei bis drei Prozent dieser Patienten, deren Beschwerden durch- aus an ein Ulkusleiden den- ken lassen („Ulcus sine ulce- re"), ein Zwölffingerdarm- geschwür entwickeln, eine Inzidenz, die der statistischen Erwartung entspricht (8).

Die Diagnose eines Reizma- gens beruht zum einen auf dem Ausschluß einer organi-

schen Erkrankung durch En- doskopie und Ultraschall (Cholelithiasis), zum anderen auf einer sorgfältig erhobe- nen Anamnese, wobei die Beschwerden häufig, wenn auch in unterschiedlicher In- tensität, über Monate geklagt werden. Man geht im allge- meinen davon aus, daß 90 Prozent aller Patienten mit einem Reizmagen mehr oder weniger regelmäßig Antazida einnehmen (7). Die Ansprech- raten liegen jedoch, wie eine Reihe von Studien gezeigt hat, deutlich niedriger als beim peptischen Geschwür.

Nörrelund und Mitarbeiter (3) sahen in einer placebo-kon- trollierten Studie an 119 Pa- tienten identische Ansprech- raten fünf Minuten nach Ga- be von Placebo oder einem Antazidum.

Sekretionsstudien haben er- geben, daß bei Patienten mit Reizmagen keine vermehrte Säureproduktion vorliegt. Der von den Werbestrategen der pharmazeutischen Industrie („Was hat der Hamburger mit Zantic® zu tun?") in den Vor- dergrund gestellte Zusam- menhang zwischen Ernäh- rung, Streß und erhöhter Säuresekretion entbehrt ei- ner wissenschaftlichen Grundlage. Für die Behaup- tung, einem Übergang dys- peptischer Beschwerden zum Ulkus könne vorgebeugt wer- den („der Übergang von leicht nach schwer ist flie- ßend, aber mit dem neuen Tagagel® haben Sie die Symptomatik der Magen- krankheiten im Griff") gibt es, wie oben bereits erwähnt, keine Beweise. In mehreren kontrollierten Studien konnte

gezeigt werden, daß H 2-Rezep- tor-Antagonisten und Pirenze- pin bei Patienten mit einer

„nonulcer dyspepsia" nicht wirksamer sind als Placebo (4, 5). Der Einsatz dieser antise- kretorisch aktiven Substanzen erscheint allenfalls bei Patien- ten mit positiver Ulkusana- mnese und erneuten dyspepti- schen Beschwerden ohne nachgewiesenes Ulkus ge- rechtfertigt, doch sind die diesbezüglich vorliegenden Daten (1) noch sehr spärlich.

Die Verordnung dieser zum Teil recht teuren Medikamente bei funktionellen Oberbauch- beschwerden ist deshalb abzu- lehnen. Wahrscheinlich liegt dem klinischen Bild des Reiz- magensyndroms eine Störung von Bewegungsabläufen zu- grunde, auch wenn die vorlie- genden pathophysiologischen Daten noch lückenhaft sind.

Bei einem Teil der Patienten ist die Magenentleerung ver- langsamt, andere weisen einen gesteigerten Reflux von Gasen aus dem Dünndarm in den Ma- gen auf. Daneben ist die Schmerzempfindlichkeit dieser Patienten auf Dehnungsreize des Gastrointestinaltrakts hin deutlich heraufgesetzt, von psychopathologischen Fakto- ren abgesehen.

B

ei den postulierten Motili- tätsstörungen nimmt es nicht wunder, daß die wenigen kontrollierten Studien mit pro- kinetisch aktiven Substanzen (Metoclopramid, Domperidon) einen eindeutig positiven Ef- fekt auf die Symptomatik erge- ben haben (6, 7). Motilitätsre- gulatoren gelten deshalb als Mittel der Wahl bei Patienten mit Reizmagen. Noch nicht ge- klärt ist die Frage, ob eine in- termittierende Therapie oder eine Langzeitbehandlung vor- zuziehen sind, wie überhaupt

1618 (60) Heft 22 vom 28. Mai 1986 83. Jahrgang Ausgabe A

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DEUTSCHES ÄRZTEBLATT

FÜR SIE GELESEN EDITORIAL

längerfristig angelegte Thera- piestudien bislang nicht vorge- legt wurden.

Z

usammenfassend läßt sich festhalten: Eine gastrale Hy- persekretion ist kein Kennzei- chen des Reizmagens. Des- halb ist der Einsatz antisekre- torisch aktiver Substanzen nach Ausschluß einer organi- schen Erkrankung durch En- doskopie und Ultraschall nicht gerechtfertigt. Die bislang vor- liegenden placebo-kontrollier- ten Studien rechtfertigen hin- gegen einen Therapieversuch mit Motilitätsregulatoren.

Literatur

(1) Kleveland, P. M.; Larsen, S.; Sand- vik, L., et al.: The effect of cimetidine in non-ulcer dyspepsia. Experience with a multi-cross-over-model. Scand. J. Ga- stroenterol. 20 (1985) 19-24 — (2) Mead, G. M.; Morris, A.; Webster, G. K.; Lang- man, M. J. S.: Use of barium meal ex- amination in dyspeptic patients under 50. Brit. med. J. 1 (1977) 1460-1461 — (3) Nörrelund, N.; Helles, A. A.; Schmie- gelow, M.: Ukarakteristik dyspepsi i at- men praksis. En kontrollert undersökel- se med et antacidum (Aluminol) Uegeskr. Laeg. 142 (1980) 1750-1753 — (4) Nyren 0.; Adami, H.; Gustavsson, H.-O.; Lööf, L.; Nyberg, A.: Antacids or cimetidine do not improve symptoms better than placebo in non-ulcer dys- pepsia: a controlled clinical trial. Gas- troenterology 88 (1985) 1520 (A). — (5) Talley, N. J.; Piper, D. W.: Double-blind cross-over study of cimetidine and pi- renzepine in non-ulcer dyspepsia. Gas- troenterology 88 (1985) 1608 (A) — (6) Van de Mierop, L.; Rutgeerts, L.; van den Langenbergh, B.; Straessen, A.:

Oral domperidone in chronic postpran- dial dyspepsia. A double blind placebo- controlled evaluation. Digestion 19 (1979) 244-250 — (7) Van Outryve, M.;

Lauwers, W.; Verbeke, S.: Domperido- ne for the symptomatic treatment of chronic postprandial nausea and vomi- ting. Postgrad. Med. J. 55 (1979) 33-35

— (8) Walan, A.: Non-ulcer dyspepsia.

Smith Kline & French, Stockholm (1982).

Anschrift des Verfassers:

Professor Dr. med.

Wolfgang Rösch Medizinische Klinik am Krankenhaus Nordwest der Stiftung

Hospital zum Heiligen Geist Steinbacher Hohl 2-26 6000 Frankfurt (M) 90

Morbus Crohn mit freier Perforation

Zu den selteneren Komplikationen der Crohnschen Erkrankung ge- hört die freie Perforation, da es sich bei dieser Krankheit ja primär um eine transmurale, eher zu einer Wandverdickung führende Darm- entzündung handelt.

Die Autoren haben insgesamt 99 Fälle einer freien Darmperforation bei Crohn-Patienten analysiert, darunter 15 eigene Fälle. Häufig- ster Ort einer Perforation war der Dünndarm, die Perforation trat nach durchschnittlich 3,5jähriger Krankheitsdauer auf. Die Letalität war am höchsten (39 Prozent) nach einfacher Übernähung der Perforationsstelle (von drei kon- servativ behandelten Perforatio- nen überlebte keiner), nach Re- sektion des entzündlich veränder- ten Darmsegments jedoch nur 3,7 Prozent. Multiple synchrone Per- forationen sind nicht ungewöhn- lich; nach ihnen muß gezielt ge- sucht werden. Am Mount Sinai Hospital, New York, lag im übrigen die lnzidenz der Kolon-Perforatio- nen mit 1,6 Prozent deutlich über den Dünndarmperforationen mit 0,7 Prozent.

Greenstein, A. J., Mann, D., Sachar, D. B., Auf- ses, A. H.: Free Perforation in Crohn's Disease:

A Survey of 99 cases. Am. J. Gastroenterol. 80:

682-689,1985

Departments of Surgery and Medicine of the Mount Sinai School of Med icine of the City of New York, One Gustave L. Levy Place, New York, N. Y. 10029.

Notfallbehandlung von Asthma bronchiale

Neunundsiebzig Patienten mit akutem Bronchialasthma beteilig- ten sich an einem randomisierten, Plazebo-kontrollierten Doppel- blindversuch mit intravenösem Methylprednisolon (125 mg), das zusätzlich zu der üblichen Notfall- therapie ambulant verabreicht wurde. Subjektive und spirometri- sche Indioes der Schwere des Asthmas waren bei allen Patienten

beim Eintritt in die Studie ähnlich, jedoch wurde nur bei 9 von 48 mit Methylprednisolon behandelten Patienten (19 Prozent) eine statio- näre Aufnahme erforderlich, im Vergleich zu 23 von 49 Patienten (47 Prozent) in der Kontrollgruppe (P < 0,0003).

Diese Ergebnisse weisen darauf hin, daß die sofortige Gabe von Glukokortikoiden bei der Notfall- behandlung eines Asthmaanfalls signifikant die Morbidität verhin- dern, die Anzahl der Aufnahmen in das Krankenhaus reduzieren und damit erhebliche Kosten einspa- ren kann. Lng

Littenberg, B.; Gluck, E. H. A.: Controlled Triel of Methylprednisolone in the Emergency Treatment of Acute Astma, New Engl. Med.

314 (1986) 150-152

Dr. E. H. Gluck, Department of Medicine, Hart- ford Hospital, 85 Jefferson St., Hartford, CT 06115, U.S.A.

Kalziumabsorption bei Achlorhydrie eingeschränkt

Bei Patienten mit einer chronisch atrophischen Gastritis und daraus resultierender Achlorhydrie (Achy- lia gastrica) hängt die Resorption von Kalzium offensichtlich davon ab, in welcher Form das Kalzium gegeben wird. Während bei ge- sunden Probanden kein Unter- schied bestand zwischen Kalzium- karbonat und Kalziumzitrat (resor- biert wurden von 0,25 g 0,243 g), lag die Absorption von Kalzium bei Patienten mit einer Achlorhydrie bei Gabe in Karbonatform hochsi- gnifikant niedriger als bei Gabe in Zitratform.

Da bei alten Menschen eine feh- lende Säureproduktion relativ häufig ist, sollte eine Substitu- tionstherapie von Kalzium nach Möglichkeit nicht in Form von Kal- ziumkarbonat, sondern in Form von Kalziumzitrat erfolgen.

Recker, R. R.: Calcium absorption and achlor- hydria. N. Engl. J. Med. 313: 70-73,1985 Division of Endocrinology. Creighton-Universi- ty School of Medicine, 601 N.30th St., Omaha, NE 68131.

Ausgabe A 83. Jahrgang Heft 22 vom 28. Mai 1986 (61) 1619

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