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Überprüfung der Wirkung von gefäßinduzierenden Wachstumsfaktoren (VEGF

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Academic year: 2022

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(1)

Überprüfung der Wirkung von gefäßinduzierenden Wachstumsfaktoren (VEGF = Vascular Endothelial

Growth Factor) auf die Vaskularisierung und Osteogenese in festen Knochenersatzstoffen

INAUGURAL – DISSERTATION zur Erlangung des Grades einer Doktorin

der Veterinärmedizin

- Doctor medicinae veterinariae - ( Dr. med. vet. )

vorgelegt von Mirjam Beverungen

Hannover

Hannover 2010

(2)

Hochschule Hannover

2. PD. Dr. Florian Geiger

Stiftung orthopädische Universitätsklinik Heidelberg

1. Gutachterin(nen)/Gutachter: Univ. Prof. Dr. Michael Fehr 2. Gutachterin(nen)/Gutachter: Univ. Prof. Dr. Helmut Waibl

Tag der mündlichen Prüfung: 09.03.2011

(3)

Meiner Familie

gewidmet

(4)
(5)

AP anterior-posterior GAM genaktivierte Matrix

BMP Bone Morphogenetic Protein GDF Growth and Differentiation Factor

BMS Bone Marrow Stroma HA Hydroxylapatit BMSC Bone Marrow Derived Stem

Cells

HIV Humanes Immundefizienz Virus

BSA Bovines Serum Albumin hPDGF human Platelet Derived Growth Factor

CDHA Calciumdefizientes Hydroxylapatit

H2O2 Wasserstoffperoxid

CFUF Colony-Forming-Unit Fibroblasts

IBF Interfakultäre

Biomedizinische Fakultät DEAE Diethylaminoethyl IGF Insuline-like Growth Factor

d. h. das heißt IL Interleukin

DNA Desoxyribonucleinacid i. m. intramuskulär DOTMA 1,2-Dioleyloxypropyl-3-

trimethylammoniumbromid

IST Insulin-Transferrin-sodium selenite medium

EGF Epidermal Growth Factor i. v. intravenös ELISA Enzym linked

Immunosorbent assay

JPEG Joint Photographic Expert Groups

EPC Endothelial Progenitor cell KGW Körpergewicht

Fa Firma kV Kilo Volt

FGF Fibroblast Growth Factor kVp Kilovolt Peak Flt-1 FMS-like tyrosine kinase 1 LL latero-lateral Flk-1/KDR fetal liver kinase-/kinase-

insert domain containing receptor

mA Milliampere

(6)

NZWR New Zealand White Rabbit TGF Transforming Growth Factor PBS Phosphate Buffert Saline TNF Tumor Nekrose Faktor

PDGF Platelet Derived Growth Factor

VEGFR Vascular Endothelial Growth Factor Receptor

PlGF Placenta Growth Factor

PTH Parathormon VPF Vascular Permeability

Factor rhBMP rekombinates humanes Bone

Morphogenetic Protein

WF Wachstumsfaktor

rhVEGF rekombinates humanes Vascular Endothelial Growth Factor

β-TCP Beta-Tricalciumphosphat

ROI Region of interest µ-CT Mikro-Computertomograph rpm rounds per minute z. B. zum Beispiel

RT Raumtemperatur z. T. zum Teil

s. c. subcutan

SD Standardabweichung TBST Tris buffert saline Tweed

(7)

2 Literaturübersicht ... 3

2.1 Knochen ... 3

2.1.1 Einführung ... 3

2.1.2 Knochenzellen ... 3

2.1.3 Knochenformen, Knochenbildung und Knochenwachstum ... 4

2.1.4 Physiologie der Knochenheilung ... 6

2.2 Pseudarthrosen ... 9

2.2.1 Entstehung und Klassifikation ... 9

2.2.2 Diagnose und Therapie ... 10

2.2.3 Behandlungsansätze ... 11

2.2.3.1 autologer Knochen ... 12

2.2.3.2 allogener Knochen ... 12

2.2.3.3 neuere Behandlungsansätze ... 13

2.2.3.4 zusätzliche Methoden ... 14

2.3 Keramiken als Knochenersatzstoffe ... 15

2.3.1 Einführung ... 15

2.3.2 anorganische Keramiken ... 16

2.3.3 Therapeutischer Einsatz ... 18

2.4 Mesenchymale Stammzellen ... 21

2.4.1 Einführung ... 21

2.4.2 Gentherapie ... 22

2.4.3 Transfektion ... 23

2.5 Wachstumsfaktoren ... 27

2.5.1 Einführung ... 27

2.5.2 VEGF ... 28

2.5.2.1 Funktion und Struktur von VEGF ... 29

2.5.2.2 Therapeutischer Einsatz von VEGF ... 30

2.6 Angiogenese ... 31

2.6.1 Einführung ... 31

2.6.2 Neoangiogenese im Knochendefekt ... 31

2.6.3 Therapeutische Angiogenese ... 33

(8)

2.9 Ziel der Arbeit ... 40

3 Untersuchungsgut und Methoden ... 42

3.1 Tiere ... 42

3.1.1 Herkunft ... 42

3.1.2 Haltung und Fütterung ... 42

3.1.3 Narkose und Analgesie ... 43

3.2 Implantate ... 44

3.2.1 autologe Stammzellen ... 44

3.2.2 CDHA ... 44

3.2.3 TCP ... 45

3.3 Versuchsplanung ... 46

3.3.1 Einleitung ... 46

3.3.2 Gruppe I: TCP ohne Stammzellen ... 46

3.3.3 Gruppe II: TCP mit Stammzellen ... 46

3.3.4 Gruppe III: TCP mit transfizierten Stammzellen ... 47

3.3.5 Gruppe IV: CDHA ohne Stammzellen ... 47

3.3.6 Gruppe V: CDHA mit Stammzellen... 47

3.3.7 Gruppe VI: CDHA mit transfizierten Stammzellen ... 47

3.4 Versuchsdurchführung ... 49

3.4.1 Zellkultur ... 49

3.4.1.1 Kultivierung der Stammzellen ... 49

3.4.1.2 Vitalzellzählung ... 52

3.4.1.3 Plasmid Präparation ... 53

3.4.1.4 Transfektion ... 53

3.4.1.5 VEGF-Elisa ... 54

3.4.1.6 Besiedelung der Implantate ... 55

3.4.2 Operative Eingriffe ... 56

3.5 Radiomorphologische Untersuchung ... 58

3.6 Histopathologische Untersuchungen ... 59

3.6.1 Euthanasie und Probenentnahme ... 59

3.6.2 Fixierung ... 59

(9)

3.6.6.1 CD31-Antikörper ... 66

3.7 Auswertung ... 67

3.7.1 VEGF-Elisa ... 67

3.7.2 Mikro-Computertomograph (µ-CT) ... 67

3.7.3 Radiomorphologie ... 68

3.7.4 Mikroskopische Auswertung ... 69

3.7.4.1 Blutgefäßdichte ... 70

3.7.4.2 Knochenflächenbestimmung ... 71

3.8 Statistik ... 73

4 Ergebnisse ... 74

4.1 Untersuchung der Defektvaskularisierung ... 74

4.2 Untersuchung der Knochenneubildung ... 77

4.2.1 Mikro-CT ... 77

4.2.2 Radiomorphologie ... 80

4.2.3 Histologie ... 82

4.3 Beziehungen zwischen Knochenneubildung und Vaskularisation ... 85

5 Diskussion ... 87

5.1 Diskussion der Methodik ... 88

5.1.1 Tierexperimentelles Modell ... 88

5.1.1.1 Radius-Defekt-Modell am Kaninchen ... 88

5.1.2 Zellkultur, Transfektion und Beschichtung der Implantate mit BMSC ... 89

5.1.3 Einsatz von VEGF zur Förderung der Angiogenese und Osteogenese.... 90

5.1.4 CDHA und β-TCP ... 90

5.1.5 Untersuchungsmethode ... 92

5.1.5.1 Immunhistologische Untersuchung der Vaskularisierung ... 92

5.1.5.2 histologische Untersuchung der Osteogenese... 92

5.1.5.3 Auswertung der Radiomorphologie ... 93

5.1.5.4 µ-CT-Auswertung der Knochenneubildung ... 93

(10)

5.3 Aussicht und Schlussbetrachtung ... 100

6 Zusammenfassung ... 102

7 Summary ... 104

8 Literaturverzeichnis ... 106

9 Anhang ... 138

9.1 Bezugsquellen ... 138

9.1.1 Versuchstiere ... 138

9.1.2 allgemeiner Bedarf und OP-Bedarf ... 138

9.1.3 Verbrauchsmaterialien Zellkultur ... 141

9.1.4 Verbrauchsmaterialien Histologie und Immunhistologie ... 144

9.1.5 Verbrauchsmaterialien Schleifen ... 146

9.1.6 Verbrauchsmaterialien Kunststoffeinbettung ... 147

9.1.7 Geräte und Software ... 147

9.2 Reagenzien/Rezepte ... 151

9.2.1 Expansionsmedium nach Verfaillie ... 151

9.2.2 Verdauungsmedium ... 151

9.2.3 Formalinlösung zur Gewebefixation ... 151

9.2.4 BSA ... 152

9.2.5 TBST-Puffer ... 152

9.2.6 PBS (Phosphatpuffer) ... 152

9.3 Protokoll ... 153

9.3.1 Plasmid-Präparation ... 153

9.3.2 Kunststoffeinbettung mit Technovit® 9100 ... 155

9.3.3 Toluidin-Giemsa-Färbung ... 156

9.3.4 Immunhistologie ... 156

9.4 Danksagung ... 158

(11)

1 Einleitung

Das Auffüllen großer knöcherner Defekte bei der chirurgischen Therapie ausge- dehnter Läsionen, durch Trauma oder Tumoren bedingt, ist ein aktuelles Problem in der Unfallchirurgie und der Orthopädie bei Mensch und Tier. So gilt bei langen

Röhrenknochen, dass ein Substanzdefekt von über 10% der Gesamtlänge (kritischer Defekt/critical size defect) durch körpereigene Regenerationsmechanis-men nicht mehr überbrückbar ist und in einer Pseudarthrose mündet (JAHN et al., 1989).

Für die USA ist bekannt, daß 5 bis10% von jährlich sechs Millionen behandelter Frakturen beim Menschen nicht primär ausheilen. Das Problem der ausbleibenden Knochenheilung liegt meist in einem insuffizienten Wundbett mit schlechter Gefäß- versorgung begründet. In 80% der Fälle entstehen avitale, hypothrophe Pseud- athrosen, deren Folge Schmerzen und Arbeitsunfähigkeit, teilweise auch Deformationen sind (PRAEMER et al., 1992; PETITE et al., 2002; CARANO u.

FILFAROFF, 2003).

Knochendefekte können mittels Stabilisierung und autogener oder allogener

Knochentransplantation behandelt werden (RUEGER et al., 1998). Diese Verfahren sind zum Teil technisch aufwändig und mit einer hohen Komplikationsrate verbun- den. Die Morbidität der als „Goldstandard“ bezeichneten autogenen Spongiosaplastik liegt zwischen 10 und 30%, wobei größere Komplikationen mit 8,6% und kleinere mit 20,6% angegeben werden (YOUNGER u. CHAPMAN, 1989). Dies hat dazu geführt, neben der weiterhin unverzichtbaren Stabilisierung, nach alternativen Wegen zu suchen, um einen langstreckigen Knochendefekt zur Ausheilung zu bringen.

Mit der Endeckung unterschiedlicher Wachstumsfaktoren hat neben der mechan- ischen und biologischen Komponente der Knochendefektfüllung durch Transplantate und Ersatzstoffe die biochemische Stimulation der Knochenheilung zunehmend an Interesse gewonnen. Werden Trägerstoffe mit unterschiedlichen Wachstums- faktoren, welche die Knochenneubildung positiv beeinflussen, beladen, kann die Platzhalterfunktion von Transplantaten und Ersatzstoffen um eine osteoinduktive Komponente erweitert werden (KESSLER et al., 2003).

(12)

Im allgemeinem werden Knochenersatzstoffe nur sehr langsam oder unvollständig resorbiert und in körpereigenen Knochen umgebaut. Der Grad der Integration ist im Wesentlichen von der Vaskularisierung der Fremdkörper und der Größe des

Defektes abhängig.

Der Wachstumsfaktor VEGF (Vascular Endothelial Growth Factor) ist der am besten untersuchte Angiogenese-Faktor. Studien zeigten, daß VEGF eine wichtige Rolle während der enchondralen Knochenbildung spielt. Durch die Induktion der Gefäß- bildung und der Förderung des Knochenumbaus kann er zu einer Verbesserung der Knochenheilung beitragen. Entscheidend dafür ist, daß VEGF in ausreichender Konzentration und Dauer lokal im Bereich des Knochendefektes wirken muss. VEGF ist ein Protein, mit einer kurzen Halbwertszeit. Durch gentherapeutische Maßnahmen lassen sich mesenchymale Stammzellen, die mittels eines einfachen Eingriffs aus dem Knochenmark gewonnen werden, so modifizieren, daß sie dauerhaft VEGF sezernieren. Die Beschichtung von Implantaten mit diesen Zellen ermöglicht die anhaltende Produktion von einer optimalen Dosis von VEGF direkt am Zielort.

In früheren Studien konnte ein positiver Effekt des endothelialen Wachstumsfaktors VEGF, als Plasmid auf einer genaktivierten Kollagenmatrix, auf die Vaskularisierung und die Knochenheilungsrate im Pseudarthrosemodell am Kaninchenradius

festgestellt werden (GEIGER et al., 2005). In dieser Arbeit soll untersucht werden, ob sich dieser Effekt auch auf solide Trägermaterialien übertragen lässt und in wieweit der Erfolg von den verwendeten Materialien und der Applikationsform (in vivo/ex vivo) abhängt.

(13)

2 Literaturübersicht

2.1 Knochen 2.1.1 Einführung

Die Aufgabe des knöchernen Skeletts aller Säugetiere und des Menschen besteht darin, als Stützgewebe zu fungieren und dem ZNS, sowie den Thoraxorganen

Schutz zu bieten. Eine andere Funktion besteht in der Speicherung von Kalzium, das mit der Nahrung aufgenommen wurde. 99% des gesamten Kalziums des mensch- lichen Körpers sind in Form von Hydroxylappatit (HA) im Skelett eingelagert (JUNQUEIRA u. CARNEIRO, 2005).

2.1.2 Knochenzellen Osteoblasten

Diese zählen zu den wichtigsten knochenbildenden Zellen. Sie differenzieren sich aus Mesenchymzellen über osteogenetische Stammzellen (Progenitorzellen) zu Osteoblasten. Die Zellen liegen an der Knochenoberfläche, synthetisieren und sezernieren die organischen Komponenten der Knochenmatrix. Die Schicht noch nicht verkalkter Matrix wird Osteoid genannt. Erst durch die nachfolgende

Einlagerung von anorganischen Substanzen wie z. B. Kalziumphosphat und -karbonat in die organische Matrix kommt es zur Verkalkung und der Knochen erhält die für die Stützfunktion notwendige Härte (JUNQUEIRA u. CARNEIRO, 2005).

Osteozyten

Als Folge der Mineralisierung der organischen Matrix kommt es zu einer Einmauer- ung der Osteoblasten in Lakunen. Sie werden nun als Osteozyten bezeichnet. Diese stehen über lange Zytoplasmafortsätze untereinander und mit den an der Knochen- oberfläche liegenden Osteoblasten, sowie den versorgenden Blutgefäßen in

Verbindung. Durch dieses feine, zytoplasmatische Netzwerk wird zum einen der Knochen ernährt, zum anderen dient es der Regulation des Mineralhaushalts des Organismus (JUNQUEIRA u. CARNEIRO, 2005).

(14)

Osteoklasten

Diese mehrkernigen Riesenzellen sind für den Knochenabbau verantwortlich, der physiologisch parallel zum Knochenaufbau im Skelett abläuft. Die Zellen gehören zum Mononukleären Phagozytensystem (MPS) des Körpers. Sie binden an der Knochenöberfläche und geben proteolytische Enzyme ab, wodurch die HA-Kristalle aufgelöst werden und der Knochen demineralisiert wird. Die freiliegenden Kollagen- fibrillen werden durch Proteasen hydrolysiert (JUNQUEIRA u. CARNEIRO, 2005).

Ein Osteoklast baut pro Zeiteinheit bis zu dreimal mehr Knochenmatrix ab als von Osteoblasten aufgebaut wird (LIEBICH, 1999).

2.1.3 Knochenformen, Knochenbildung und Knochenwachstum

Histologisch kann man zwischen dem Geflecht- oder Faserknochen und dem Lamellenknochen unterscheiden. Der Geflechtknochen ist die entwicklungs- geschichtlich einfachere Form und kann im weitesten Sinne als verknöchertes Bindegewebe angesehen werden, das entsteht, wenn über längere Zeit

mechanische Zug- und Druckkräfte einwirken. Diese Knochenform tritt bei jeder Knochenneubildung (Osteogenese und Frakturheilung) auf. Der in der Embryonal- entwicklung angelegte Geflechtknochen wird nach der Geburt durch den weiter differenzierten Lamellenknochen ersetzt. Dieser ist streng nach statisch-funktionellen Gesichtspunkten aufgebaut (LIEBICH, 1999).

Bei der Knochenentwicklung unterscheidet man grundsätzlich zwischen der

direkten, desmalen Ossifikation und der indirekten, enchondralen Ossifikation.

Bei der direkten, desmalen Ossifikation entsteht Knochengewebe direkt aus dem mesenchymalen Bindegewebe ohne knorpelige Zwischenstufen. Es entsteht ein Bindegewebsknochen (z. B. einzelne Deckknochen des Schädels, Knochenman- schetten oder Knochenbruchheilung). Bei der indirekten, enchondralen Ossifikation wird zunächst ein Knorpelmodell gebildet, das durch Knochengewebe ersetzt wird (LIEBICH, 1999). In beiden Fällen bildet sich zunächst Geflechtknochen, der durch Lamellenknochen ersetzt wird (JUNQUEIRA u. CARNEIRO, 2005).

Bei der Entwicklung von Röhrenknochen kommt es zu einem Umbau des hyalinen Knorpelmodells. Durch desmale Ossifikation bildet sich eine vom Perichondrium

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ausgehende Knochenmanschette um die Diaphyse, und die sich in Richtung der beiden Epiphysen ausdehnt. Im Inneren des Knorpelmodelles verschlechtert sich dadurch die Versorgung. Als Folge hypertrophieren die Chondrozyten und die Intrazellulärsubstanz wird reduziert und beginnt zu verkalken. Durch die Knochen- manschette wachsen Blutgefäße in das Innere der Diaphyse ein, worüber Mesen- chymzellen und knorpelabbauende Chondroklasten einwandern. Knorpelzellen sterben ab und die entstehenden Höhlungen bilden die primären Markhöhlen, aus denen später die definitive, knochenmarkhaltige Markhöhle wird. Parallel dazu

differenzieren sich aus den eingewachsenen Mesenchymzellen Osteoblasten, die mit der Synthese von Knochenmatrix beginnen. Dadurch kommt es an den Resten des verkalkten Knorpels zur Bildung von Geflechtknochen. Durch enchondrale

Ossifikation sekundärer Ossifikationszentren kommt es zu einer Verknöcherung der Epiphysen (NICKEL et al., 1992; LIEBICH, 1999; BAUMHOER et al., 2003;

JUNQUEIRA u. CARNEIRO, 2005).

Abb. 1: Schematische Darstellung der Entwicklung von Röhrenknochen A) mesenchymale Zellen verdichten sich B) Chondrozyten bilden ein avaskuläres Knorpelmodell des zukünftigen Knochens C) Chondrozyten hypertrophieren im Zentrum des Modells D) perichondrale Zellen bilden einen Knochenmantel, Gefäße sprossen ein E) primäre Markhöhle entsteht, beginnendes Längenwachstum des Knochens F) an Epiphysen bilden sich sekundäre Ossifikationszentren (aus KANCZLER et al., 2008)

(16)

Aufbau des Lamellenknochens

Die kleinste Baueinheit ist das Osteon oder Havers-System. Es besteht aus einer Anzahl konzentrischer Knochenlamellen (Spezial- oder Havers-Lamellen) in deren Mitte sich ein mit Bindegewebe, Nerven und dem Havers`schen Gefäß gefüllter Kanal, der Havers-Kanal, befindet. Die Lamellen bestehen aus parallel verlaufenden kollagenen Fasern und verkalkter Knochengrundsubstanz. Sie werden voneinander durch Osteoblasten und deren Zytoplasmafortsätze getrennt. Die Verlaufsrichtung der Fasern wechselt zwischen den Lamellen, so daß sich spitzwinklig kreuzende Gitter entstehen. Die Havers-Gefäße kommunizieren mit der Markhöhle, dem Periost und untereinander mittels quer durch die Osteone verlaufender Volkmann-Kanäle.

An der inneren und äußeren Knochenoberfläche sind die Lamellen plattenartig geschichtet. Die äußere Grundlamelle umgibt den ganzen Knochen und liegt direkt unter dem Periost. Die innere Grundlamelle hingegen grenzt den Knochen gegen- über dem Knochenmark ab (LIEBICH, 1999). Auf diese Weise werden Osteone nach und nach überall in den Faserknochen eingebaut bis dieser vollständig verschwun- den und durch Lamellenknochen ersetzt ist (JUNQUEIRA u. CARNEIRO, 2005).

Die Knochensubstanz des Skelettsystems unterliegt auch nach der Wachstums- phase und während des ganzen Lebens ständigen Umbauprozessen, was dazu führt, dass das Skelett eines Erwachsenen nahezu alle zehn Jahre vollständig erneuert wird (MANOLAGAS, 2000).

2.1.4 Physiologie der Knochenheilung

In Gegensatz zu anderen Geweben, die narbig verheilen, besitzt Knochengewebe die Fähigkeit einer vollständigen Regeneration (GLOWACKI, 1998). Die Knochen- heilung ist ein sehr komplexer Prozess, der von einer Vielzahl von Zellen und anderen Faktoren, wie z. B. Wachstumsfaktoren und Cytokinen, abhängt. Die Knochenneubildung kann vom Periost, dem Endost oder dem Havers-System aus- gehen. Man unterscheidet zwischen zwei Formen, der primären und der sekundären Knochenheilung (NIETHARD u. PFEIL, 2003):

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I. Primäre Knochenheilung

Die primäre Heilung ist eine so genannte Kunstform, die nur eintritt, wenn die

Frakturflächen eng aneinander liegen (< 1mm). Diese Art der Heilung erfolgt analog zum physiologischen Remodeling, d.h. ohne lückenfüllende Kallusbildung.

Osteoklasten resorbieren abgestorbenes Knochengewebe längs der Frakturflächen und Osteoblasten füllen die entstandenen Lücken mit Osteoid auf. Diese so

genannte Kontaktheilung wird in der operativen Frakturbehandlung durch verschie- dene Osteosyntheseverfahren und absolute Ruhigstellung erreicht.

II. Sekundäre Knochenheilung

Kann eine primäre Knochenheilung wegen der Entfernung der Frakturenden (>1mm) nicht stattfinden, so kommt es zur sekundären, biologischen Heilung. Bei der

biologischen Osteosynthese wird die Knochenlänge und Ausrichtung von außen wieder hergestellt, ohne die Fraktur selbst operativ zu eröffnen. Die Gefäßversor- gung wird hierbei nicht zerstört, die natürliche Knochenheilung kann ablaufen.

CARANO und FILVAROFF (2003) unterteilten den Heilungsprozess in vier über- lappende Phasen:

I. Initialphase

In der Initialenphase entsteht durch die Schädigung von Gefäßen ein Fraktur- hämatom, welches durch eine lokale Entzündung beseitigt wird. Dieser Prozess beginnt nach ca. 8 Stunden, wobei die Dauer von der Ausprägung der Fraktur (Länge des Frakturspaltes, Ausmaß des Weichteiltraumas) abhängt.

II. Bindegewebiger Kallus

Durch die Bildung neuer Blutgefäße die in das periostale Gewebe und den Markraum einsprossen, gelangen pluripotente Stammzellen, in den Frakturbereich. Diese

differenzieren sich zu Fibroblasten, Chondroblasten und Osteoblasten. Es bildet sich zwischen den Frakturenden Granulationsgewebe aus, das allmählich zu fibrös-

knorpeligem Knochengewebe umgebaut wird, dem Bindegewebskallus. Die freie Beweglichkeit der Frakturenden wird dadurch eingeschränkt.

III. Knöcherner Kallus

Durch die Einlagerung von Kalziumkristallen kommt es zur Kallusmineralisation. Es entsteht ein Faserknochen. Dieser stellt etwa sechs Wochen nach der Fraktur eine

(18)

feste mechanische Verbindung dar. Eine axiale Belastbarkeit ist jedoch erst nach zwei Monaten garantiert.

IV. Knochenumbau

Durch die zunehmende mechanische Belastung wird der Faserknochen in den endgültigen Lamellenknochen umgewandelt. Der Kallus bildet sich zurück. Die Gefäßversorgung wird bis zu dem Grad gesteigert, der vor der Fraktur bestand. Der Knochen erreicht eine nahezu normale Morphologie und mechanische Stabilität (CARANO u. FILVAROFF, 2003; NIETHARD u. PFEIL, 2003).

Bleibt eine Konsolidierung nach drei bis vier Monaten aus, so spricht man von einer verzögerten Heilung (delayed-union) und nach über sechs bis acht Monaten von einer ausbleibenden Knochenheilung (non-union = Pseudarthrose) (DIETZ u.

LITZKE, 2004).

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2.2 Pseudarthrosen

2.2.1 Entstehung und Klassifikation

Als Pseudarthrose bezeichnet man im Bereich der Human- und der Tiermedizin eine über sechs bis acht Monate ausbleibende knöcherne Vereinigung zweier Fraktur- enden (NIETHARD u. PFEIL, 2003; DIETZ u. LITZKE, 2004). Für die Entstehung eines Falschgelenks kommen sowohl mechanische als auch biologische Faktoren in Frage.

Die wesentliche mechanische Ursache ist die lokale Instabilität durch mangelhafte Ruhigstellung der Fraktur und fortlaufende Scherung und Stauchung im Fraktur- bereich. Die wichtigsten biologischen Faktoren sind Durchblutungsstörungen im Bereich der Knochenfragmente mit völliger Devitalisierung einzelner Bruchstücke, Durchblutungsstörung der angrenzenden Weichteilgewebe, Infektion mit Sequester- bildung und allgemeine Faktoren, welche die Vitalität des Gewebes herabsetzen (Alter des Patienten, medikamentöse Dauerbehandlung [z. B. Steroide] oder Röntgenstrahlen) (NIETHARD u. PFEIL, 2003).

Die Klassifikation nach Weber und Cech (1976) ist weiterhin gebräuchlich (WEBER u. BRUNNER, 1981; JONES u. MAYO, 2005), wonach Pseudarthrosen abhängig von ihrer Vitalität in drei Gruppen eingeteilt werden.

1. Hypertrophe Pseudarthrose:

Hierbei handelt es sich um die biologisch reaktionsfähige, d. h. vitale Form. An den beiden Knochenenden kommt es zu einer voluminösen Kallusbildung, ohne das es zur Verknöcherung kommt. Das Gewebe ist dabei gut vaskularisiert. Die Ursache liegt in einer mangelhaften Stabilität und damit Ruhigstellung der Fraktur.

2. Oligotrophe Pseudarthrose:

Die Bruchenden sind mittelmäßig mit gefäßreichem Bindegewebe bedeckt. Es bildet sich nur wenig Kallus aus. Die Ursache hierfür kann zum einen biologisch begründet sein, zum anderen biomechanisch (knochernersatzstoff- oder ernährungsabhängig) oder rein mechanisch (zumeist durch den Knochenersatzstoff) entstehen.

(20)

3. Atrophe Pseudarthrose:

Diese Form ist biologisch reaktionsunfähig, d. h. avital. Bedingt durch avaskuläre Fragmente ist eine Gewebereaktion im Frakturbereich nicht möglich. Die Pseud- arthrose bleibt ohne Kallusbildung und zeigt atrophe Fragmentenden. Sie entsteht als Folge von Sequestierung, Nekrosen, Entzündungen oder metabolischen Störungen. Hierbei kann eine Heilung nur erfolgen, wenn vorhandene Infektionen gestoppt und/oder avitaler Knochen entfernt wird und die Gefäßbildung stimuliert wird.

Avitale Pseudarthrosen machen den Hauptteil (bis zu 80%) der frakturbedingten Pseudarthrosen aus (EINHORN, 1995).

Nach KUNER et al. (1996) können die avitalen Pseudarthrosen in drei Gruppen geteilt werden. Neben der oben beschriebenen atrophen Pseudarthrose können die Drehkeilpseudarthrose und die Defektpseudarthrose unterschieden werden. Bei ersterer ist ein interfragmentäres Teilstück in seiner Zirkulation behindert bzw.

nekrotisch. Durch die Instabilität wird die Revaskularisation verhindert.

Die Defektpseudarthrose beruht auf dem Fehlen von Knochensubstanz und damit einem mangelnden Segmentkontakt. Die Fragmentenden sind vaskularisiert, aber die Defektzone ist osteologisch avital. Diese Art der Pseudarthrose bereitet in der Medizin die meisten Schwierigkeiten, da neben der Anregung der Knochenneu- bildung auch ein größerer Defekt mittels Knochentransplantaten oder Knochen- ersatzstoffen überbrückt werden muss.

2.2.2 Diagnose und Therapie

Das röntgenologische Kennzeichen einer Pseudarthrose ist die fehlende knöcherne Durchbauung der Fraktur, wobei die Bezeichnung eigentlich auf den histomorpho- logischen Befunden beruht. Die Pseudarthrose weist eine Differenzierung des lokalen Bindegewebes in Richtung auf eine normale Gelenkstruktur mit synovia- ähnlichen Gewebezotten und hyalinen oder faserigen Knorpelarealen auf (BRANDNER u. SPÄTH, 2001).

Die Behandlung von Pseudarthrosen ist abhängig von ihrer Ätiologie. Sie variiert zwischen konservativem Vorgehen und dem Einsatz von verschiedenen

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chirurgischen Techniken (JONES u. MAYO, 2005). Bei der hypertrophen Form muss der mechanische Störfaktor durch eine stabile interne (Plattenosteosynthese, Mark- nagel) oder externe Fixation (Fixateur extern) beseitigt werden. Problematischer ist die Therapie der avitalen Pseudarthrose. Bei dieser geht es nicht nur um die

Stabilisierung des Skelettabschnitts, sondern auch um eine Wiederherstellung der Vaskularisation im Bereich der Fragmentenden (NIETHARD u. PFEIL. 2003). Liegt eine Defektpseudarthrose vor, muss der Defekt mittels eines Knochentransplantats oder eines Segmenttransports überbrückt werden.

2.2.3 Behandlungsansätze

Zur biologischen Förderung der Knochenheilung und unter dem Begriff des „tissue engineering“ werden nach LANE und SANDHU (1987) drei verschiedene

Eigenschaften unterschieden, die von Implantaten im unterschiedlichen Ausmaß erfüllt werden:

1) osteogene Eigenschaften: Die Knochenneubildung geht von überlebenden Zellen des Implantats aus (z. B. autologe Spongiosa, allogener Knochen, autologes Knochenmark).

2) osteokonduktive Eigenschaften: Das Implantat dient als Leitschiene für das Einwachsen von Kapillaren aus perivaskulären Gewebe, sowie von Osteoprogenitor- zellen in das Implantat. Diese Materialien können extraskelettal selber keinen Knochen bilden. Ihre Oberfläche liefert jedoch die notwendigen chemischen und physikalischen Eigenschaften, um das Anheften, die Ausbreitung und Differenzierung von Zellen zu fördern.

3) osteoinduktive Eigenschaften: Durch einen induktiven Stimulus des Implantates kommt es zur Differenzierung von Progenitorzellen zu Osteoblasten. Diese

Substanzen können auch extraskelettal zur Knochenbildung führen. Beispiele hierfür sind Wachstumsfaktoren und immunmodulierende Cytokine.

(22)

2.2.3.1 autologer Knochen

Die Auffüllung des Frakturspaltes mit autologer Spongiosa stellt eine Therapie- möglichkeit dar, die als der Goldstandard gilt (JONES u. MAYO, 2005). Diese stellt neben osteokonduktiven (Matrix) und osteoinduktiven (Proteine) Eigenschaften auch eine Vielzahl von Osteoprogenitorzellen zur Verfügung. Die Wahl des Entnahmeortes richtet sich hierbei nach der Aufgabe, die das Transplantat erfüllen soll und nach dem Ort des Primäreingriffs. Typische Entnahmeorte zur Knochengewinnung sind z.

B. der Beckenkamm, aber auch der distale Femur, die proximale Tibia, die Fibula oder auch Rippen werden verwendet (JÄGER et al., 2005).

Zu den Komplikationen, welche bei der Knochenspanentnahme am Ilium auftreten können, gehören persistierende Schmerzen und Hämatome, die Verletzung von Nerven und Gefäßen, Sensibilitätsstörungen, die peritoneale Perforation, Instabilität im Iliosakralgelenk, Abrissfrakturen der Spina iliaca anterior superior, Wachstums- störungen sowie die Herniation von Abdominalorganen durch den iliakalen

Knochendefekt (KURZ et al., 1989; GOULET et al. 1997; SKAGGS et al., 2000;

JONES u. MAYO, 2005).

2.2.3.2 allogener Knochen

Eine andere Möglichkeit ist der Einsatz von allogenem Knochenmaterial. Obwohl allogener Spenderknochen seit über 120 Jahren zur Behandlung von Knochen- defekten angewendet wird, zeigen diese Transplantate zahlreiche Nachteile im Vergleich zur autologen Knochentransplantation (TOMFORD, 2000). So besitzt der avitale, allogene Spenderknochen eine vergleichsweise niedrige biologische Aktivität.

Darüber hinaus bleiben häufig die erwünschten Knochenumbauprozesse mit

zunehmender Transplantatresorption und Ersatz durch vitalen Empfängerknochen in vivo aus. Problematisch sind eventuell auftretende Immunreaktionen und die

Übertragung von Virusinfektionen, wie HIV- und Hepatitisvirus. Aber auch der nicht unerhebliche Kostenfaktor der Knochenbanken schränkt deren unkritischen

Gebrauch deutlich ein (JÄGER et al., 2005). Trotz dieser vielen Nachteile konnte in vergleichenden Studien gezeigt werden, daß bei allogenem Knochen hohe

(23)

Fusionsraten bei der Behandlung von lumbalen Pseudarthrosen erzielt wurden, mit dem Vorteil der Vermeidung der entnahmebedingten Morbidität bei der Verwendung von allogenen Knochenersatzstoffen (BUTTERMANN et al.,1997; SARWAT et al., 2001).

2.2.3.3 neuere Behandlungsansätze

Der Einsatz von allogenen Knochen und von natürlichen sowie synthetischen Knochenersatzstoffen führte nur zu begrenzten Heilungserfolgen. Die Knochen- ersatzstoffe stellen lediglich ein Trägermaterial dar, welches mit knochenbildenden Zellen beschichtet werden muss. Gute klinische Ergebnisse zeigen sich bisher nur beim Einsatz in kleinen Defekten und im direkten Kontakt zum Knochen (PETITE et al., 2002).

Zu den neueren Behandlungsansätzen zählt der Einsatz von Biomaterialien als Knochenersatzstoffe. Diese haben den Vorteil, daß es im Vergleich zur autologen Spongiosa nicht zu einem patientenbelastenden Sekundäreingriff kommt. Im Vergleich zu den oben genannten Methoden ist in den letzten Jahren ein überpro- portionaler Einsatz dieser Stoffe zu beobachten. Insbesondere werden resorbierbare keramische Werkstoffe verwendet (JÄGER et al., 2005).

Knochenersatzstoffe sollten an der Zusammensetzung des natürlichen Knochens orientiert sein, d. h. an den inerten Material- und Struktureigenschaften, dem Pool an endogenen Wachstumsfaktoren (GDF = growth- and differentiation factors) und der zellulären Komponente (SOLDNER u. HERR, 2001). Daher wurde versucht, die Knochenneubildung durch den Einsatz von autologen Stammzellen auf den Bio- materialien zu verbessern. Eine Reihe von Studien bestätigte die in vivo Knochen- bildung nach dem Einsatz dieser Kombination (BRUDER et al., 1998, QUARTO et al., 2001; FIBBE, 2002). Mit der Entdeckung unterschiedlicher Wachstumsfaktoren hat daher neben der mechanischen und biologischen Komponente der Knochen- defektfüllung mittels Ersatzstoffen die biochemische Stimulation der Knochenheilung zunehmend an Interesse gewonnen. Durch die Beladung der Trägerstoffe mit

unterschiedlichen Wachstumsfaktoren, welche die Knochenneubildung positiv beeinflussen, kann die Platzhalter- und Leitgeberfunktion der Ersatzstoffe um eine

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osteoinduktive Komponente erweitert werden (KESSLER et al., 2003). In mehreren tierexperimentellen und klinischen Studien konnte gezeigt werden, dass durch die gezielte funktionelle Beeinflussung bestimmter Zelltypen durch verschiedene Wachstumsfaktoren die Knochendefektheilung positiv beeinflusst werden kann. So wurde unter anderem der Einsatz der Bone Morphogenetic Protein-Familie

(EGERMANN et al., 2006), TGF-β1 (BECK et al., 1998) und VEGF (GEIGER et al., 2005; 2007) in Studien erprobt.

2.2.3.4 zusätzliche Methoden

Es wurde auch versucht durch den Einsatz von nicht invasiven, physikalischen Methoden eine verbesserte Knochenheilung zu erreichen. Hierzu zählen der Einsatz der extrakorporalen Stoßwellen-Therapie (BRANDNER u. SPÄTH, 2001; ROMPE et al., 2001) und die Stimulation der Knochenheilung mittels eines pulsierenden elektro- magnetischen Feldes (SATTER SYED et al., 1999; MACKENZIE u. VENINGA, 2004).

(25)

2.3 Keramiken als Knochenersatzstoffe 2.3.1 Einführung

Die Einschränkungen und Nachteile von autologen und allogenen Knochentrans- plantaten führten zur Entwicklung vieler verschiedener Knochenersatzmaterialien mit unterschiedlicher chemischer Struktur, Zusammensetzung und biologischen

Verhalten.

Die Hauptgründe für die große Vielfalt an Knochenersatzmaterialien sind die komplexen Anforderungen an ein ideales Biomaterial.

Hierzu gehören die Biokompatibilität, die Osteokonduktivität, der Wunsch nach Osteoinduktivität, eine hohe Bioaktivität, primäre Stabilität und ein kontrollierter biologischer Abbau, sowie auch die Möglichkeit eines unerschöpflichen Nachschubs, der einfach und preiswert hergestellt werden kann (BEHRENS et al., 2000; LINHART u. BRIEM, 2001). Kurz gesagt, soll das Material die Osteoprogenitorzellen bei der Ablagerung von mineralisierter Knochenmatrix unterstützten und selber innerhalb der Zeitspanne resorbiert werden, die ein neuer Knochen zum Einwachsen/Ersatz des Implantates benötigt (PEKKARINEN et al., 2005). Ansonsten kann es bei zu schneller Resorption zu einem Einsturz des Leitgerüstes oder bei zu langer

Persistenz zu einer Beeinträchtigung des Aufbaus einer normalen Knochenstruktur kommen (GÜNTHER et al., 1998). Die Makro- und Mikroporosität gelten zusammen mit den interkonnektierenden Poren als die wichtigsten Faktoren für das An- und Einwachsen von Knochen (SCHNÜRER et al., 2003; MASTROGIACOMO et al., 2005).

Verwendung als Implantate finden biologische und synthetische anorganische Materialien (z. B. Calciumphosphate (CaP), Calciumsulfate, Gläser), sowie organische Materialien (abbaubare Polymere, z. B. Polyester, Polyamide, biologische Polymere, z. B. Kollagen, Alginat) und Kombinationen beider Bestandteile, die als Composites bezeichnet werden. Daneben werden auch

Metalle (z. B. Titan) verwendet (SCHNÜRER et al., 2003; MUSCHLER et al., 2004).

Ein Werkstoff, der all die oben genannten, erwünschten Eigenschaften besitzt – insbesondere ausreichende Stabilität und Osteoinduktion – wurde bisher nicht

(26)

gefunden. Die bisher bekannten Werkstoffe zeichnen sich meist durch eine gute Osteokonduktivität bei unterschiedlicher Stabilität aus.

CaP-Keramiken unterschiedlicher Zusammensetzung werden beim Menschen seit über 20 Jahren für den Knochenersatz in der Unfallchirurgie und der Orthopädie eingesetzt. Unter diesen Materialien haben sich auf Grund zahlreicher tierexperi- menteller Studien und klinischer Implantationen, Tricalciumphosphat (TCP) und Hydroxylappatit (HA) als die am besten geeigneten synthetischen Ersatzstoffe herausgestellt (RUEGER et al. 1998). Beim klinischen Einsatz in der Veterinär- medizin konnten β-TCP und HA bei Hunden und Katzen zur erfolgreichen

Behandlung von Arthrodesen (DOREA et al., 2007), Pseudarthrosen und Defekten der langen Röhrenknochen (HAUSCHILD et al., 2004; FRANCH et al., 2006) eingesetzt werden.

2.3.2 anorganische Keramiken

Der menschliche Knochen besteht zu 60 bis 70% aus Appatit und weist ein Ca:P- Verhältnis von 1,6 auf. Die als Knochenersatzstoffe eingesetzten Materialien können synthetischen oder biologischen Ursprungs sein. Sie liegen zur Weiterverarbeitung in Form von Blöcken, Zylindern, Granulaten oder Pulvern vor. Ihr pulverförmiger

Ausgangsstoff wird unter hohen Druck in einem Hochsinterungsprozess bei Temperaturen zwischen 1000 und 1500°C keramisiert. Ausgangsstoffe tierischen Ursprungs werden vorbehandelt, um organische Restmaterialien zu entfernen (SCHNÜRER et al., 2003). Je nach Herstellung sind die Keramiken dicht oder porös und verfügen über interkonnektierende oder blinde Porensysteme. Gemeinsam haben alle Keramiken, dass sie die natürlichen Eigenschaften des Knochens

möglichst authentisch simulieren. Daher bestehen alle anorganischen Keramiken aus den Basissubstanzen HA und TCP, welches dem natürlichen Appatit des Knochens stark ähnelt.

HA kann aus biologischen Materialien, wie boviner Spongiosa und dem Exoskelett von Korallen oder aus synthetischen Ausgangsmaterialien gewonnen werden. HA hat ein Calcium-Phosphor-Verhältnis von 1,67 (RUEGER et al., 1998). Diese Keramiken werden nur sehr langsam oder gar nicht abgebaut (SOLDNER et al.,

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2001; SCHNÜRER et al., 2003). Es wurde daher versucht, andere Calcium-

phosphate zu finden, die eine bessere Osteokonduktivität haben (BOHNER, 2000).

CDHA ist eines dieser neueren Calciumphosphate. Es ist nicht gesintert, daher brüchiger und besser degradierbar.

TCP-Keramiken haben ein Calcium-Phosphor-Verhältnis von 1,5 (RUEGER et al., 1998). Sie werden synthetisch hergestellt. Im Gegensatz zu HA-Keramiken

unterliegen sie chemischen Lösungsprozessen, die zum Abbau der Keramik führen.

Diese beiden anorganischen Knochenersatzmaterialien weisen eine gute Gewebe- verträglichkeit und damit Biokompatibilität auf. Durch die enge Verwandtschaft zum Aufbau der Mineralphase des Knochens besitzen sie ein sehr gutes Einbauverhalten im Knochen bis hin zur kompletten ossären Integration solcher als Granula oder größerer Formkörper erhältlichen Materialien.

CaP-Keramiken mit interkonnektierenden Porengefüge wurden als osteokonduktiv beschrieben („Leitschieneneffekt“), aber nicht als osteoinduktiv (SOLDNER et al., 2001; SCHNÜRER et al., 2003). Sie verfügen – abhängig von der Porengröße – über ausreichende Druckfestigkeit. Wegen der geringen Biege- und Torsionsbelastbarkeit sind sie nicht belastungsstabil, TCP weniger als HA. Instabile Knochendefekte die mit Calciumphosphatkeramik-Werkstoffen aufgefüllt werden, müssen deshalb osteosynthetisch stabilisiert werden (Niedhart u. Niethard, 1998).

Zusammenfassend lassen sich die Eigenschaften von HA und TCP wie folgt beschreiben: biokompatibel, osteokonduktiv, definierte Porosität, nicht formbar, mechanisch gering belastbar, röntgenopak (SCHNÜRER et al., 2003).

Des Weiteren gibt es auch biphasische Keramiken, die aus den beiden zuvor beschrieben Grundstoffen bestehen. Gemäß den Eigenschaften und dem Verhältnis der Grundstoffe zueinander werden die biphasischen Keramiken partiell abgebaut.

Auch werden CaP-Zemente verwendet. Diese werden als formbare Paste mittels Hand oder Injektion appliziert und härten vor Ort aus. Der Nachteil dieser Zemente ist, dass sie keine Makroporen enthalten und daher das Einwachsen von Zellen bei größeren Defekten nicht ausreichend ermöglicht wird (SCHNÜRER et al., 2003).

Der Einsatz von natürlichem korallinem Kalziumcarbonat aus den Skeletten der Korallen bietet den Vorteil, dass bei Resorption des Materials gleichzeitig eine

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Knochenneubildung einsetzt. Sie weisen ein natürliches Porennetzwerk mit Durchmessern von 250-750 µm auf. Das Volumen, die Organisation und die

Regularität der Poren erlauben es Blutzellen und extravasalen Knochenmarkszellen den korallinen Ersatzstoff zu infiltrieren und ermöglichen so eine Vaskularisation des Korallenskeletts. Die Porendurchmesser und die mineralische Härte entsprechen dabei annähernd denen des Knochens (GÜNTHER et al., 1998; SOOST et al., 1998).

2.3.3 Therapeutischer Einsatz

Der Einsatz von Biomaterialien als Knochenersatzstoffe zählt hier zu den neueren Behandlungsansätzen. Für den therapeutischen Einsatz lassen sich nach SOLDNER und HERR (2001) drei Hauptklassen/ Methoden unterscheiden:

1. Matriximplantate

2. GDF-Implantate (growth- and differentiation factor-Implantate) 3. Vitalimplantate

Matriximplantate sind materialanlog zu den Strukturkomponenten des Knochens, die überwiegend aus Kollagen und Mineral bestehen. Nach Einbringen der

Materialien in den Körper zeigen sie z. T. eine sehr gute biomechanische und osteokonduktive, aber keine osteoinduktive oder osteogene Aktivität. Sie erfüllen lediglich eine Platzhalterfunktion. Typische Vertreter sind anorganische Materialien, wie z. B. HA- und TCP-Keramiken.

Als GDF-Implantate werden eine Kombination aus Matriximplantaten und aufge- brachten oder natürlicherweise darin enthaltenden Wachstumsfaktoren bezeichnet.

Die Matrixgrundlage muss hierzu in der Lage sein, die Faktoren aufzunehmen und sie nach der Implantation gezielt wieder abzugeben. Zu der Gruppe der GDF- Implantate gehören neben den Derivaten von natürlichen Knochen mit endogenen Wachstumsfaktoren noch die Gruppe rekombinater oder natürlicher Einzelfaktoren auf Matriximplantaten. Verschiedene Wachstumsfaktoren, vor allem BMP, wurden in einer Reihe von Tiermodellen untersucht (YASKO et al., 1992; ENGERMANN et al., 2006; MILOVENCEV et al., 2007).

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Ein Problem stellt hierbei die Entwicklung eines geeigneten Matriximplantates dar, das über die gleiche Biokompatibilität und Bioverfügbarkeit der verwendeten

rekombinaten Wachstumsfaktoren verfügen muss wie natürlicher Knochen. Als ein neuerer Ansatz gilt der Einsatz gentechnischer Methoden. Hierzu wird eine kollagene Matrix mit faktorkodierenden Plasmiden implantiert. Eingewanderte Fibroblasten nehmen dabei die Plasmide auf und es kommt zur Expression der Gene, z. B. für PTH oder BMP. Mit diesem Ansatz konnte im Tiermodell eine schnellere Regener- ation größerer Defekte nachgewiesen werden (FANG et al., 1996; GOLDSTEIN et al., 1999).

Ein anderes gentherapeutisches Verfahren stellt die in situ Transfektion dar. Hierzu werden faktorkodierende Gene in Zellen verbracht, unter Verwendung von Vektoren wie Adenoviren oder kationischer Liposomentechnik und Elektroporation. Nach Injektion dieser Zellen in den Bereich des Defektes wird über mehrere Tage eine therapeutisch relevante Menge des Faktors durch die ortständigen transfizierten Zellen erzeugt. Diese Methode konnte bereits erfolgreich an Knochendefekten bei Nagern geprüft werden (BALTZER et al., 1999).

Vitalimplantate stellen eine Kombination aus Matriximplantat und lebenden Zellen dar, die auf verschiedene Art und Weise aufgebracht sein können. Bei den Zellen handelt es sich um solche Zellen mit natürlichem oder künstlich hervorgerufenem osteogenen Potential. Eine Methode ist das Aufbringen von rotem Knochenmark auf z. B. HA-Keramiken oder Kollagen. Das Knochenmark enthält Osteoprogenitorzellen, in Studien konnte so eine Verbesserung der Knochenheilung erzielt werden

(CONNOLLY et al., 1991; MIZUNO et al., 1997).

Mit moderneren Methoden werden autologe Zielzellen in vitro angezüchtet, vermehrt und charakterisiert. Auf diese Weise kann ein Vitalimplantat mit definierter, repro- duzierbarer Qualität bezüglich Art, Anzahl und zellulärem Differenzierungsgrad erzeugt werden.

Stammzellen lassen sich durch den Einsatz von geeigneten Wachstumsfaktoren zu Osteoblasten differenzieren. Eine weitere Möglichkeit, eine osteoblastäre

Differenzierung auszulösen, bietet der in vitro Gentransfer mit GDF-Genen. Nach dem Aufbringen der transfizierten Zellen auf das Matriximplantat und dessen

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Implantation exprimieren die Zellen den Faktor über einen längeren Zeitraum und verlieren anschließend wieder diese Fähigkeit (ALDEN et al., 1999; LIEBERMANN et al., 1999; OKUBO et al., 2001).

(31)

2.4 Mesenchymale Stammzellen 2.4.1 Einführung

Das Knochenmark besteht aus einer heterogenen Zellpopulation. Diese lässt sich in zwei eigenständige, sich jedoch gegenseitig beeinflussende, funktionelle Einheiten unterteilen. Hierbei handelt es sich zum einen um das hämatopoetische System und zum anderen um das bindegewebige Stroma (bone marrow stroma = BMS), in dessen dreidimensionalem Netzwerk die hämatopoetischen Zellen proliferieren, differenzieren und reifen. Neben der physiologischen und strukturellen Unterstützung der Hämatopoese enthält das BMS aber auch Zellen mit Stammzell-ähnlichem

Charakter (KADIYALA et al., 1997; KREBSBACH et al., 1999). Isolierte Zellen des BMS entwickeln sich in der Zellkultur zu Kolonien aus fibroblastischen Zellen, den so genannten colony-forming-unit fibroblasts (CFUF). Die Nachfolger dieser Zellen sind definitionsgemäß die Bone Marrow Stromal Cells (BMSCs) (OWEN, 1988;

KREBSBACH et al., 1999).

Die Erkenntnis, dass Knochenmark eine potente Quelle für osteogene Zellen darstellt, wurde bereits 1968 durch FRIEDENSTEIN et al. begründet. Diese stellten fest, dass Knochenmarkszellen, die in einer niedrigen Zelldichte kultiviert wurden, unter geeigneten Kulturbedingungen zu Osteoblasten, Chondrozyten, Adipozyten und Myocyten (FRIEDENSTEIN et al., 1968) differenzierten. Einer der ersten zellulären Ansätze zur Knochenregeneration in vivo bestand im Transfer von

frischen, unfraktionierten Knochenmarkszellen, die unter anderem Knochenvorläufer- zellen enthalten. WERNTZ et al. (1996) zeigten im Rattenmodell, daß frische

autologe Stammzellen die osteogene Fähigkeit besitzen, Knochendefekte in langen Röhrenknochen zu heilen. Da jedoch die Anzahl der Osteoprogenitorzellen im frischen Knochenmark gering und auch abhängig vom Alter und dem Gesundheit- szustand ist, wird der praktische Gebrauch dieser Methode limitiert (QUARTO et al., 1995).

Aus diesem Grund wurde an Strategien geforscht, die sich mit der Isolation und Expansion der mesenchymalen Stammzellen (MSC) aus dem Knochenmark beschäftigen. KADIYALA et al. (1997) zeigten, daß in vitro kultivierte syngene MSCs

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nach der Überführung auf ein Trägergemisch aus HA und TCP bei Ratten zur knöchernen Regeneration von Femurdefekten kritischer Größe führten. BRUDER et al. (1998) untersuchten denselben Ansatz mit autologen MSCs an kritischen Femur- defekten beim Hund. Bei der Kultivierung der Zellen in vitro kommt es lediglich zu einer Vermehrung der Zellen, die Differenzierung erfolgte erst in vivo.

2.4.2 Gentherapie

Die Forschungsbemühungen im Bereich der Knochenneubildung haben gezeigt, dass eine Reihe von Wachstumsfaktoren das Potential aufweisen, die Frakturheilung zu fördern (TATSUYAMA et al., 2000). Schwierigkeiten bestehen in der Applikation und dem Erreichen des Wirkungsortes. Insbesondere rekombinante Wachstums- faktoren weisen eine kurze Halbwertszeit auf. Zudem ist es schwierig, sie lokal am Applikationsort zu fixieren. Gerade eine ausreichend hohe, lokale Konzentration über Tage bis Wochen ist eine wesentliche Voraussetzung für einen erfolgreichen Einsatz (KALKA et al., 2000; Nikol et al., 2002). So sind große Mengen an Wachstums- faktoren nötig, um die Knochenheilung zu induzieren. Eine Schwierigkeit besteht darin, dass die Abgabe der Wachstumsfaktoren nicht gleichmäßig über die Zeit erfolgt. Stattdessen entsteht initial eine Sättigung des umgebenden Gewebes mit einer unphysiologisch hohen Konzentration an Wachstumsfaktoren. Anschließend erfolgt häufig die Abgabe in zu geringen, suboptimalen Konzentrationen. Auf Grund des Ausbleibens einer adäquaten Konzentration über einen ausreichend langen Zeitraum, kann es zu einer verzögerten oder fehlenden Verbesserung der Knochen- heilung kommen. Die Aufrechterhaltung einer ausreichenden Konzentration sowohl durch eine hohe Initialdosis, die cytotoxisch sein kann, als auch einer wiederholten Gabe erbrachten unbefriedigende Ergebnisse. Ein anderes Hindernis für den Einsatz von rekombinanten Proteinen sind die hohen Herstellungskosten (SOUTHWOOD et al., 2004; BETZ et al., 2006).

Fortschritte im Bereich molekularbiologischer Techniken ermöglichen es, spezifische Gene in Zellen ein- und auszubauen. Dadurch kann z. B. eine Zelle zur Expression von spezifischen Proteinen veranlasst werden, welche die Knochenheilung fördern.

Die Vorteile der Gentherapie umfassen die Minimierung der systemischen

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Nebenwirkungen und die langsame und kontinuierliche Freisetzung des kodierten Faktors, was dann wunschgemäß z. B. einen länger anhaltenden angiogenen Effekt bewirken kann (NIYIBIZI et al., 1998; ENGELMANN u. NIKOL, 2000).

Die Gentherapie stellt eine gute Alternative für die Bereitstellung von Wachstums- faktoren dar.

Der Gentransfer in die Zelle kann als bloße DNA oder durch einen Vektor erfolgen (viral oder nonviral). Zwar erhöhen virale Vektoren die Transfektionseffizienz (ENGELMANN u. NIKOL, 2000), aber der Einsatz eines adenovirusvermittelten Gentransfers birgt die Gefahr schwerer Nebenwirkungen (LEHRMAN, 1999). Um dieses Risiko abzuwenden, erfolgte die Applikation bisher meist in Form

verschiedener Plasmide, die für VEGF165 codieren (ISNER u. TAKAYUKI, 1998;

ENGELMANN u. NIKOL, 2000; KALKA et al., 2000). Der Gentransfer kann in vivo oder ex vivo erfolgen. Beide Methoden wurden in experimentellen Modellen

ausreichend erprobt (FANG et al., 1996; NIYIBIZI et al., 1998; BALTZER et al., 1999;

GAZIT et al., 1999; GEIGER et al., 2005).

Die Durchführung des in vivo Gentransfers ist einfach, jedoch sind lebensfähige Zellen auf Seiten der Fraktur nötig, welche die Proteine exprimieren (NIYIBIZI et al., 1998).

Im Fall einer atrophen Pseudarthrose ist das umgebende Gewebe inaktiv und folglich unfähig zu reagieren, daher ist die Methode in diesen Fällen nicht geeignet.

Im Fall der Pseudarthrosen empfiehlt sich der ex vivo Gentransfer. Dieser umfasst die Entnahme von Zellen, den in vitro Transfer von Wachstumsfaktorgenen in diese Zellen und das Einbringen der transfizierten Zellen an die gewünschte Stelle. Diese Technik ist zwar schwierig, aber effizient und sicher. Verschiedene Zelltypen wurden für die ex vivo Gentherapie bisher verwendet. BMSCs enthalten mesenchymale Stammzellen, sie stellen deshalb eine sinnvolle Wahl für den Gentransfer dar (SOUTHWOOD et al., 2004).

2.4.3 Transfektion

Unter Transfektion versteht man das Einbringen von fremder DNA in eukaryontische Zellkulturzellen. Abhängig von der Dauer des Einbringens unterscheidet man

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zwischen zwei Möglichkeiten. Bei der transienten Transfektion wird das Plasmid nur zeitweilig in die Wirtszelle eingebracht und durch Abbauprozesse schnell wieder eliminiert. Die stabile Transfektion gilt als Alternative. Hierbei kommt es zu einem dauerhaften Einbau in das Genom der Zelle, ein Abbau ist somit nicht möglich.

Je nach Zellart eignen sich dazu verschiedene Verfahren, die sich nach GASSEN und SCHRIMPF (1999) in drei Gruppen einteilen lassen:

I. Chemische Transfektionsmethoden:

Diese Methoden gehören zu den ältesten Techniken, sie wurden zur Steigerung der Infektiösität viraler Nukleinsäuren entwickelt. Durch den Einsatz von DEAE-Dextran (Diethylaminoethyl-Dextran) konnte eine Steigerung der Infektiösität um den Faktor 100 bis 1000 erzielt werden. Diese Methode wurde später auch zur Transfektion von Plasmid-DNA verwendet.

Die heute am häufigsten verwendete Technik ist die Kalziumphosphat-

Transfektion. Sie wurde ebenfalls ursprünglich zur Steigerung der Infektiösität viraler Nukleinsäuren entwickelt. Diese Methode eignet sich für eine stabile

Transfektion, mit dem Nachteil, dass sie nicht für alle Zellen anwendbar ist. Vor allem differenzierte Zellen sowie Primär- und Suspensionskulturen lassen sich nicht oder nur mit geringer Effizienz transfizieren.

Eine neuere Methode ist die Transfektion mit Dendrimeren. Diese positiv

geladenen, stark verzweigten Polymere komplexieren die Plasmid-DNA und werden von den Zielzellen aufgenommen. Diese Methode hat eine geringe Zelltoxizität und eine gute Effizienz.

II. Physikalische Transfektionsmethoden:

Eine Transfektionseffizienz von annähernd 100% ist bei der Mikroinjektion möglich.

Hierbei wird DNA als Plasmid mittels einer Mikrokapillare direkt in die Zelle gebracht.

Dieses Verfahren ist in der Durchführung sehr anspruchsvoll und zeitaufwendig.

Mit der 1982 entwickelten Elektroporation können in kurzer Zeit eine Vielzahl von Zellen transfiziert werden. Hierbei wird eine Zellsuspension in Gegenwart von DNA- Lösung einem kurzen elektrischen Impuls ausgesetzt, wodurch Poren entstehen,

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durch welche die DNA in die Zelle gelangen kann. Nennenswerte Transfektionsraten erhält man jedoch nur unter Bedingungen, die für 20 bis 50% der Zellen tödlich sind.

III. Biologische Transfektionsmethoden:

Darunter versteht man alle Methoden, bei denen biologische Transportmechanismen benutzt werden, um Plasmid-DNA in Zellen zu bringen.

Bei der Transferrinfektion handelt es sich um einen rezeptorvermittelten Gen- transfer. Ein Konjugat aus Transferrin und kationischem Poly-Lysin wird hergestellt, das in hohem Maße Plasmid-DNA bindet und weiterhin die Fähigkeit besitzt an zelluläre Transferrinrezeptoren zu binden. Durch zelluläre Transportmechanismen werden die Konjugate in die Zelle aufgenommen.

Eine weitere Entwicklung war die Kombination von Transferrinfektion und der Virusfektion. Hierbei wurden zum oben beschriebenen Konjugat replikations- defizientes humanes Adenovirus dl312 gegeben. Konjugat und Adenovirus liegen dann gemeinsam in den Endosomen vor. Durch virale Kapsidproteine kommt es zur Auflösung der endosomalen Membran und damit zur Freisetzung des Inhalts. Durch diesen Ansatz konnte in HeLa-Zellen eine Steigerung um den Faktor 200 erreicht werden. Die Methode eignet sich jedoch nur für eine transiente Transfektion und weist in vielen Kulturen cytopathische Effekte auf.

Eine weitere Möglichkeit bietet die Lipofektion, die erstmals 1987 von FELGNER et al. beschrieben wurde. Hierbei werden kleine kationische Lipidvesikel hergestellt, an die negativ geladene Plasmid-DNA binden kann. Dadurch entstehen größere

Komplexe, die von der Zielzelle aufgenommen werden. Die Lipidvesikel werden durch die Mischung von 1,2-Dioleyloxyropyl-3-trimethylammoniumbromid (DOTMA) und Phospholipiden hergestellt. Bei dem richtigen Mischungsverhältnis von DNA und Liposomen können bis zu 100% der Plasmid-DNA gebunden werden. Mittlerweile gibt es eine Vielzahl verschiedener kationischer Lipide, die für diesen Zweck eingesetzt werden. Mit dieser Methode kann eine Steigerung der Transfektion um den Faktor 5 bis100 im Vergleich zu der Kalziumphosphat- und der DEAE-Dextran- Methode erzielt werden. Wichtig ist eine Optimierung der Arbeitsabläufe, welche die Wahl der Lipide, des Mediums, der Inkubationszeit und das Verhältnis von

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Lipid/DNA berücksichtigt. Grund dafür ist, dass diese Behandlung für die Zellen einen schädigenden Stress darstellt.

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2.5 Wachstumsfaktoren 2.5.1 Einführung

Wachstumsfaktoren sind Peptide, welche die Proliferation, Migration und

Differenzierung von Zellen regulieren und damit die Art des gebildeten Gewebes bestimmen. Durch die lokale Wirkung auf Zellen des Knochenmarks oder der Knochenoberfläche beeinflussen sie die Knochenneubildung (HING, 2004).

Wachstumsfaktoren wirken auf verschiedene Weise. Zum einen können sie als lokale Regulatoren direkt auf spezifische Osteoblasten wirken und so deren

Proliferation und Differenzierung steuern. Eine andere Möglichkeit ist die Induktion der Angiogenese durch verschiedene Faktoren (z. B. VEGF). Des Weiteren besitzen sie die Fähigkeit die Migration und Differenzierung von Endothelzellen und Osteopro- genitorzellen zu steuern (URIST, 1965).

Für die Heilung von Frakturen sind eine Reihe von Wachstumsfaktoren identifiziert worden (SOLHEIM, 1998; ENGELMANN u. NIKOL, 2000; CARANO u. FILVAROFF, 2003). Zu dieser Gruppe gehören: fibroblastic growth factor (FGF), transforming growth factor-beta (TGF-β), bone morphogenetic protein (BMP), insulin-like growth factor I und II (IGF-I, IGF-II), platelet-derived growth factor (PDGF) und vascular endothelial growth factor (VEGF) (CARANO u. FILVAROFF, 2003).

Die Proteine der TGF-β-Superfamilie, zu der auch die verschiedenen BMPs gehören, regulieren eine Reihe von zellulären Funktionen, wie die Proliferation, Differenzier- ung, Migration, Organisation und den Tod von Zellen (ZHU u. BURGESS, 2001).

BMPs zeichnen sich gegenüber den anderen Faktoren dadurch aus, dass sie in der Lage sind, eine vollständige Knochenneubildung durch Transformation von primär nicht osteogenen Zellen in Knorpel und Knochenzellen auszulösen. Die osteogene Wirkung dieser BMP-Isoformen konnte in zahlreichen Tierversuchen an Klein- und Großtieren in unterschiedlichen Modellen nachgewiesen werden (URIST, 1965;

ZEGZULA et al., 1997; BOUXEIN et al., 2001).

Bisher ist BMP der einzige bekannt Wachstumsfaktor, der die Fähigkeit besitzt, die Differenzierung von Stammzellen direkt in Richtung von Osteoblasten und Chondro- blasten zu initiieren (CHEN et al., 1991; HING, 2004). Andere Wachstumsfaktoren,

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wie TGF-β, IGF und FGF, wirken auf bereits differenzierte knochenbildende Zellen und veranlassen diese, die Sekretion von extrazellulärer Matrix und Proteinen zu steigern.

Obgleich BMP beim alleinigen Einsatz in der Lage ist Knochen zu bilden, scheint dieser Prozess aus einem Geflecht verschiedener Ereignisse zu bestehen. Eines der hierfür nötigen Ereignisse ist die Angiogenese (PENG et al., 2002). Es konnte

gezeigt werden, dass durch den Einsatz eines Angiogenesehemmers, die durch BMP-2 induzierte ektope Knochenbildung gehemmt wurde (MORI et al., 1998).

VEGF ist der am besten untersuchte Angiogenese-Faktor. Studien zeigten, dass VEGF eine wichtige Rolle während der enchondralen Knochenbildung spielt. Hemmt man VEGF, so kommt es zu einer Einbuße bei der trabekulären Knochenformation an der Epiphyse sowie zu einer Verminderung der Blutgefäßeinsprossung und einer verminderten Resorption des Knorpels (GERBER et al., 1999).

2.5.2 VEGF

Der vascular endothelial growth factor (VEGF), auch bekannt als vascular permeability factor (VPF), gilt als ein potentes und spezifisches Mitogen für

Endothelzellen. Er besitzt keine bleibende oder merkliche Wirkung auf andere Zellen (FERRARA u. DAVIS-SMYTH, 1997). VEGF und seine Rezeptoren sind sowohl für das Wachstum und die Differenzierung von Endothelzellen während der Embryona- lentwicklung, als auch unter physiologischen und pathologischen Zuständen in den Gefäßen des adulten Organismus von besonderer Bedeutung (KALKA et al., 2000).

VEGF wurde ursprünglich als ein von Tumorzellen sezerniertes Protein entdeckt, das die Durchlässigkeit von Venolen gegenüber zirkulierenden Makromolekülen erhöhte und daher zunächst VPF hieß (SENGER et al., 1993). In den folgenden Jahren unterstützten eine Reihe von in vitro und in vivo Studien die Hypothese, daß VEGF die Angiogenese stimulieren kann (PHILLIPS et al., 1990; BREIER et al., 1992;

JAKEMAN et al., 1992).

Im Frakturhämatom konnte ein deutlich erhöhter VEGF-Pegel und eine dadurch verstärkte angiogene Aktivität nachgewiesen werden (STREET et al., 2000).

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Studien belegten, dass VEGF neben der Rekrutierung von Endothelzellen auch Einfluss auf Osteoblasten (DECKERS et al., 2000; STREET et al., 2002) und Osteo- klasten (NIIDA et al., 1999; ENGSIG et al., 2000) hat.

Diese Ergebnisse stützen die Vermutung, dass die Angiogenese eine wichtige Rolle bei der Geweberegeneration spielt und dass die VEGF-Produktion den Haupt-

mechanismus darstellt, der die Angiogenese und Osteogenese miteinander verbindet (CARANO u. FILVAROFF, 2003).

2.5.2.1 Funktion und Struktur von VEGF

Zu der VEGF-Familie gehören neben VEGF-A die verwandten Faktoren VEGF-B, VEGF-C, VEGF-D, VEGF-E und der placenta growth factor (PIGF), über dessen Funktion und Bedeutung noch wenig bekannt ist (KROLL u. WALTENBERGER, 2000). Im Folgenem bezieht sich der Terminus VEGF auf das VEGF-A.

Das humane VEGF-Gen besteht aus 8 Exonen. Ein Exon ist der Teil eines

eukaryontischen Gens, das nach den Spleißen erhalten bleibt. Durch alternatives Exon-Splicing entstehen sechs Isoformen mit einer Aminosäurenanzahl von 121, 145, 165, 183 und 206 (VEGF121, VEGF145, VEGF165, VEGF183, VEGF206). VEGF165

ist die am häufigsten exprimierte Isoform und wird von vielen normalen und trans- formierten Zellen gebildet. VEGF ist ein basisches Heparin-bindendes, homodimeres Glykoprotein mit einer Molekülmasse von 46 kDa (KROLL u. WALTENBERGER, 2000; FERRARA et al., 2003).

Die Eigenschaften von natürlichen VEGF decken sich weitestgehend mit denen des VEGF165 (FERRARA et al., 2003).

In adulten Geweben ist VEGF nur schwach nachweisbar. Makrophagen, T-Lympho- cyten, Fibroblasten, Kerationocyten, Muskelzellen und Endothelzellen sind in der Lage unter pathologischen Bedingungen VEGF und auch seine Rezeptoren in großer Menge bereitzustellen (KROLL u. WALTENBERGER, 2000). Für die Induktion der VEGF-Genexpression gilt sowohl in vivo als auch in vitro die Hypoxie als das stärkste Signal (BANAI et al., 1994; KALKA et al. 2000). Daneben regulieren eine Reihe von inflammatorischen Cytokinen und Wachstumsfaktoren die Expression.

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Hierzu gehören Interleukin-1b (IL-1b), IL-6, PDGF, TGF-α, TGF-β und der epidermal growth factor (EGF) (KALKA et al., 2000).

Für die Signalübertragung konnten die Rezeptor-Tyrosin-Kinasen Flt-1 (fms-like receptor tyrosin kinase; VEGFR-1) und Flk-1/KDR (fetal liver kinase-/kinase-insert domain containing receptor; VEGFR-2) identifiziert werden. Eine Aktivierung von VEGFR-2 bewirkt eine Proliferation und Migration von Endothelzellen. Des Weiteren wird die Gefäßpermeabilität erhöht, die Expression von Proteasen stimuliert und Stickstoffmonoxid freigesetzt. Eine Aktivierung von VEGFR-1 fördert die Migration von Monocyten (GERBER et al., 1999; KROLL u. WALTENBERGER, 2000).

2.5.2.2 Therapeutischer Einsatz von VEGF

VEGF wird im Rahmen der therapeutischen Stimulierung der Angiogenese

verwendet. Als ein potenter Angiogenesefaktor ist er in der Lage, dass Wachstum von neuen Kollateralgefäßen zu initiieren. Ursprüngliche wurde VEGF als eine Alternative zur chirurgischen Behandlung von Beschwerden auf Grund einer mangel- haften Gewebeperfusion getestet. TAKESHITA et al. (1994) zeigten, dass es nach einer chirurgisch induzierten peripheren arteriellen Ischämie am Kaninchenhinterlauf durch die intramuskuläre (i. m.) Gabe von rekombinaten humanen VEGF165

(rhVEGF165) zu einer signifikanten Erhöhung der Durchblutung und einer Bildung von Kollateralgefäßen kommt. BANAI et al. (1994) konnten im Hundemodell zeigen, dass durch die intracoronare Gabe von VEGF eine Verbesserung der Blutflussrate und eine Steigerung der Gefäßdichte am ischämischen Myokard erreicht werden kann.

Auch konnte in einer Studie am Schwein gezeigt werden, dass die lokale, peri- vaskuläre Gabe kleiner Mengen eines Plasmids, welches für VEGF165 kodiert, einen positiven Einfluss auf die therapeutische Angiogenese hat (NIKOL et al., 2002). Seit kürzerer Zeit wird daneben als eine weitere Möglichkeit der Einsatz von VEGF im Bereich der Knochenheilung diskutiert. So konnte gezeigt werden, dass VEGF als ein wichtiger Koordinator der Angiogenese und Knochenbildung im Bereich der Epiphyse fungiert (GERBER et al., 1999; HAIGH et al., 2000).

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2.6 Angiogenese 2.6.1 Einführung

Unter Angiogenese wird die von bestehenden Gefäßen ausgehende kapillare

Einsprossung in das umgebende Gewebe als Folge von Proliferation, Differenzierung und Migration von Endothelzellen verstanden. Diese Vorgänge sind im Körper streng reguliert und bewegen sich in einer feinen Balance (PEROULIS et al., 2002). Die Bildung von Blutgefäßen erfolgt überwiegend während der Embryonalentwicklung (RISAU, 1997). Im adulten Organismus weisen Endothelzellen ohne einen

auslösenden Reiz nur eine Teilungsrate von nur 0,01% auf, was bedeutet, dass sich eine Endothelzelle beim Durchlaufen eines normalen Zellzykluses nur etwa alle drei Jahre teilt. Erhöhte Teilungsraten findet man physiologisch während der Reproduk- tionszyklen, der Schwangerschaft und der Wundheilung sowie als pathologische Reaktion im Zusammenhang mit der Retinopathia diabetica und dem Wachstum von Tumoren (KROLL u. WALTENBERGER, 2000; MUROTA et al., 2000). Über die Blutgefäße werden die Zellen sowohl mit Nährstoffen und Sauerstoff versorgt, als auch Stoffwechselprodukte und Kohlendioxid abtransportiert. Botenstoffe, wie Wachstumsfaktoren und Hormone, werden auf diese Weise im Organismus verteilt (KALKA et al., 2000).

2.6.2 Neoangiogenese im Knochendefekt

Bereits 1763 postulierte Haller die Wichtigkeit von Blutgefäßen für die Knochenbil- dung: „Der Beginn des Knochens ist die Arterie, welche Blut und damit Mineralstoffe liefert“. Die Gefäßverteilung in den Röhrenknochen stützt sich auf eine Reihe von Gefäßen: proximale/distale Metaphysenarterien, proximale/distale Epiphysenarterien, Arteriae nutriciae im Bereich der Diaphyse und Arterien aus dem Periost (CARANO u. FILVAROFF, 2003). Diese zahlreichen Gefäße anastomosieren in der Markhöhle und im Cortex des Knochens. Unter physiologischen Umständen werden lange Röhrenknochen vorherrschend durch das medulläre Gefäßsystem versorgt (PROBST u. SPIEGEL, 1997).

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Bedingt durch eine Fraktur kommt es zur Zerreißung der Gefäße und damit zur Unterbrechung der Blutzirkulation mit einer nachfolgenden Nekrose und Hypoxie des umliegenden Gewebes. Unter normalen Bedingungen kommt es im Rahmen der Frakturheilung zu einer vollständigen Regeneration mit der Bildung eines stabilen neuen Knochens. Die Wiederherstellung der Durchblutung gilt hierbei als einer der frühesten Prozesse (WANG, 1996; GLOWACKI, 1998).

Die Etablierung eines Gefäßnetzes geht nicht nur der Osteogenese voraus, sie bestimmt das Ergebnis dieser sogar wesentlich (WALLACE et al., 1991). Während der Knochenheilung sprossen Endothelzellen von drei der ehemaligen Blutgefäß- quellen - der Markhöhle, dem Knochen und dem Periost - in Richtung des

angiogenen Stimulus aus (GLOWACKI, 1998). Durch Proliferation und Migration der Endothelzellen aus präexistenten Gefäßen bilden sich neue Kapillaren von den Frakturkanten in Richtung des Frakturspaltes, die von Perizyten ummantelt werden.

Makrophagen sezernieren unter Hypoxie Substanzen, welche die Angiogenese stimulieren (TGF α und β, PDGF, FGF TNF, Laktat, VEGF). Durch Remodelling, welches die Fusion und Regression der Blutgefäße, Änderungen der Lumendurch- messer und Gefäßwanddicke sowie der Ablagerung von extrazellulären Matrixkom- ponenten umfasst, können die Kapillaren in größere Gefäße umgewandelt werden (RISAU, 1997).

Die Angiogenese ist eine komplexe Serie von Ereignissen, die durch eine Reihe von Faktoren beeinflusst werden. Ausgelöst wird sie durch eine Verschiebung des Gleichgewichts zwischen hemmenden und fördernden Faktoren. Hierbei sind Cytokine und Wachstumsfaktoren die ersten Auslöser (HANAHAN u. FOLKMAN, 1996). Wird eine Fraktur nicht ausreichend stabilisiert, kommt es zu einer Zerreißung der neu gebildeten Blutgefäße und damit zur Behinderung der Gefäßbildung. Es bildet sich eine avaskuläre Knorpelzone aus (PROBST u. SPIEGEL, 1997).

Von der Angiogenese zu unterscheiden ist die Vaskulogenese. Diese bezeichnet die embryonale Differenzierung von Vorläuferzellen (Angioblasten) zu Endothelzellen und deren Aneinanderlagerung zu einem Gefäßlabyrinth (KALKA et al., 2000;

REYES et al., 2002). Neuere Studien zeigten jedoch, dass endotheliale Vorläufer- zellen (Endothelial Progenitor Cells, EPC) auch im humanen peripheren Blut

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nachweisbar sind (ASAHARA et al., 1997; LIN et al., 2000). Im Tiermodell konnte gezeigt werden, dass die EPC aus dem Knochenmark stammen und aktiv an der Neogenese beteiligt sind (ASAHARA et al., 1999; KALKA et al., 2000).

2.6.3 Therapeutische Angiogenese

Die Behandlung einer vaskulären Insuffizienz durch systemische oder lokale Applikation von gentechnisch hergestelltem Protein oder von Plasmid-DNA eines angiogenen Wachstumsfaktors, wird als therapeutische Angiogenese bezeichnet (KALKA et al., 2000). Die Stimulation der Angiogenese wird beispielsweise zur Therapie von Erkrankungen der Herzkranzgefäße, bei Herzversagen und bei Gewebeverletzungen eingesetzt (PANDYA et al. 2006). Bereits 1971 wurde die mögliche therapeutische Bedeutung von angiogenen Wachstumsfaktoren anhand der Abhängigkeit der Tumorentwicklung von einer wachstumsfaktorvermittelten Neovaskularisierung beschrieben (FOLKMAN, 1971).

In der Folgezeit konnte im Tiermodell anhand vieler Studien gezeigt werden, dass der Einsatz angiogener Wachstumsfaktoren, die Kapillar- und Kollateralbildung bei ischämischen Erkrankungen des Myokards und der Beinarterienischämie fördert (ISNER u. TAKAYUKI, 1998; ENGELMANN et NIKOL, 2000; KALKA et al., 2000).

Die bislang am besten untersuchten endogenen Angiogenesefaktoren sind endotheliale Wachstumsfaktoren wie VEGF, "Fibroblast Growth Factor" (FGF),

"Platelet-Derived Growth Factor" (PDGF), Angiogenin, Interleukin-8 (IL-8) und

Proteine aus der Familie der Matrixmetalloproteinasen. Es werden ständig weitere an der Angiogenese beteiligte Faktoren und ihre Rezeptoren untersucht und damit einhergehend auch immer mehr antiangiogenetisch wirksame Moleküle nachge- wiesen (KUNZ u. HARTMANN, 2002).

Referenzen

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