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Archiv "Videoendoskopische Chirurgie: Eine Standortbestimmung" (02.07.1999)

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ämtliche Standardeingriffe der konventionellen „offe- nen“ Gefäß-, Thorax- und Viszeralchirurgie sind bis heute auch videoendoskopisch, minimal invasiv durchgeführt worden.

Die Rasanz, mit der sich diese Entwicklung vollzog, ist in der Chir- urgie mit keiner anderen techni- schen Innovation vergleichbar und nur durch das Zusammentreffen dreier Faktoren zu erklären. Zum ei- nen mit dem ausgeprägten Interesse der Industrie, sich einen großen und sehr lukrativen Markt zu er- schließen; dem drängenden Wunsch vieler Patienten, mit einer neuen, vor allem von den Medien als überle- gen propagierten Methode operiert zu werden, und schließlich mit dem wirtschaftlichen Zwang vieler Klini- ken, die neue Technik rasch einzu- führen, um ihre Konkurrenzfähig- keit zu erhalten.

Die Entwicklung der videoendo- skopischen Chirurgie (VEC) hält an, wenn auch regelhaft wie bei allen be- geistert begrüßten Neuerungen in- zwischen eine Phase der kritischen Ernüchterung eingesetzt hat, die nicht den Sinn der Methode an sich, jedoch deren Anwendung bei ver- schiedenen Indikationen in Frage stellt.

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Eine phasenweise, systematische Erprobung – bei der Neueinführung eines Medikaments eine Selbstver- ständlichkeit – fand bei der Entwick- lung videoendoskopischer Operati- onstechniken entweder gar nicht oder erst nach klinischer Etablierung des Eingriffs statt, obwohl die nach den Regeln der „guten klinischen Praxis“

(61) zu durchlaufenden Prüfungspha- sen (25) lange bekannt sind (Textka- sten: Erprobung). Diese Vorgehens- weise begünstigte zwar zunächst eine rasche Verbreitung der VEC, sie er- weist sich jedoch heute eher als Nach- teil. Die Kritik an den längeren Opera- tionszeiten und in der Lernphase gele- gentlich auch etwas höheren Kompli- kationsraten der VEC ist berechtigt, sie sollte sich jedoch nicht gegen die Methode an sich, sondern ihre unkon- trollierte Anwendung wenden. Wir können für komplexe videoendosko- pische Eingriffe wie die Lungen-, Ma- gen- und kolorektalen Resektionen oder den Aortenersatz am Patienten-

kollektiv der Charité nachweisen, daß sie mit niedriger Komplikationsrate in die Klinik eingeführt werden können, vorausgesetzt, sie werden von jeweils einem Chirurgenteam am Tiermodell entwickelt, an der Leiche auf die menschliche Anatomie übertragen und primär zunächst nur an ausge- wählten Patienten durchgeführt.

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Der sinnvolle Vergleich der vi- deoendoskopischen mit der konven- tionellen Chirurgie erfordert die Defi- nition und Gewichtung von Zielkrite- rien. Die Schwerpunkte sind unter- schiedlich gesetzt. Patienten erwarten heute von einer Operation über die als nahezu selbstverständlich empfun- dene Heilung oder Besserung ihres Leidens hinaus einen hohen Behand- lungskomfort, gemessen an einer ge- ringen postoperativen Belastung durch Schmerzen oder Funktionsein- schränkungen bei der Atmung, der Nahrungsaufnahme, der Verdauung oder der Mobilität, einer möglichst ra- schen Rückkehr zu der präoperativ gewohnten Tätigkeit und nicht zuletzt an einem ansprechenden kosmeti- schen Ergebnis.

Videoendoskopische Chirurgie

Eine Standortbestimmung Joachim M. Müller

In Abhängigkeit von der Größe des Eingriffs lassen sich für die videoendoskopische Chirurgie (VEC) im postoperativen Verlauf Vorteile hinsichtlich der Schmerzsymptomatik, der Beeinträchtigung der pulmonalen und gastrointestinalen Funktion, der Komplikationsrate, der Rekonvaleszenzzeit und der Folgeerkrankungen (Narbenhernien, Ileus) nachwei- sen. Die Regeln der konventionellen Tumorchirurgie können

durch die VEC uneingeschränkt be- folgt werden. Ob dies auch zu identi-

schen Spätergebnissen führt, ist bei noch fehlenden Ver- gleichsstudien jedoch offen. Eine Kosteneinsparung durch die VEC ist wahrscheinlich. Der Beweis hierfür steht jedoch aus.

Schlüsselwörter: Videoendoskopische Chirurgie, Opera- tionsrisiko, Spätergebnis

ZUSAMMENFASSUNG

Videoendoscopic Surgery

Depending on the type of procedure, videoendoscopic sur- gery (VES) offers several advantages compared with con- ventional surgery. A reduction of postoperative pain, fewer complications, minimal impairment of pulmonary and gas- trointestinal function as well as an improved reconvalescence have been demonstrated. Standards of oncologic surgery

can also be applied in VES, but until now there are no data on late results as randomized trials

have to be completed. With wider application of minimal in- vasive techniques a reduction of health care costs can be ex- pected, although this remains to be proven.

Key words: Videoendoscopic surgery, operative risk, long term result

SUMMARY

S

Klinik für Abdominal-, Viszeral-, Gefäß- und Thoraxchirurgie der Charité (Direktor: Prof.

Dr. med. Joachim M. Müller), Berlin

(2)

Wie die Erfahrungen bei der Ein- führung der laparoskopischen Chole- zystektomie zeigten, sehen selbst voll- ständig aufgeklärte Patienten den Therapiekomfort als so erstrebens- wert hohes Gut an, daß sie bereit sind, das bei der laparoskopischen Technik potentiell höhere Risiko einer Gallen- gangsverletzung mit möglicherweise langfristiger gesundheitlicher Beein- trächtigung zu tragen. Chirurgen be- urteilen eine Operationsmethode nicht selten primär nach technischen Aspekten, Komplikations- bezie- hungsweise Mortalitätsraten und den Spätergebnissen. Patientenkomfort, operationsspezifische Folgeerkran- kungen und Lebensqualität spielen in der chirurgischen Literatur eine zwar zunehmende aber immer noch unter- geordnete Rolle. Für alle Teile der Gesellschaft haben die Gesamtkosten einer Erkrankung – vom Therapiebe- ginn bis zur Wiederaufnahme eines

„normalen“ (Arbeits-)Lebens – in den letzten Jahren zunehmend als Zielkriterium Bedeutung erlangt, wo- bei die Partikularinteressen der betei- ligten Gruppen erheblich voneinan- der abweichen.

Eine zusammenfassende Bewer- tung der oben genannten Aspekte ist praktisch unmöglich. Bereits die Ein- zelbetrachtung bereitet erhebliche Schwierigkeiten. Die moderne Me- thodologie fordert hierfür prospektiv randomisierte Studien. Dies ist grundsätzlich zu akzeptieren, verliert man dabei nicht aus den Augen, daß nur ein Viertel der täglich in der Chir- urgie zu treffenden Entscheidungen durch vergleichende Studien abgesi- chert ist (29), etwa zwei Drittel aller publizierten klinischen Studien me- thodische Mängel aufweisen (17) und unerwünschte Ergebnisse oder gar Katastrophen vergleichsweise selten Eingang ins Schrifttum finden (18).

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Die VEC unterscheidet sich von der konventionellen primär nur durch die Art und Größe des Zugangs zum Zielorgan (Abbildungen 1a und b).

Der Eingriff vor Ort entspricht dem Vorgehen in der konventionellen Chirurgie. Der Begriff „Zugang“ be-

inhaltet bei dieser Definition nicht nur die sichtbare Länge der Schnitt- führung, sondern darüber hinaus die Lokalisation des Schnitts, die Trau- matisierung der Bauchdecken oder der Thoraxwand bei der Eröffnung und dem Verschluß, die zur Darstel- lung des Operationsgebiets notwendi- gen retrahierenden Maßnahmen so- wie die Veränderungen im inneren Milieu der betroffenen Körperhöhle und die mit allen diesen Faktoren ver- bundenen Früh- oder Spätfolgen für

den Organismus. Bezogen auf den Be- handlungskomfort ergeben sich im Methodenvergleich dann nicht nur signifikante, sondern auch klinisch re- levante Vorteile für die VEC, wenn die Größe des Zugangstraumas die des lokalen Traumas am Zielorgan, definiert durch die Ausdehnung und Dauer der Präparation, überwiegt.

Die konventionelle Appendektomie beim Normalgewichtigen erfordert le- diglich eine kleine, muskelschonende Unterbauchlaparotomie. Eine Meta- analyse (57) basierend auf 21 pro- spektiv randomisierten Studien kann deshalb nur marginale Vorteile der la- paroskopischen Appendektomie in bezug auf postoperative Komplikatio- nen, Schmerzen, gastrointestinale Funktionseinschränkungen oder Re- konvaleszenz aufzeigen. Es ist des- halb sinnvoll, die Indikation zur lapa- roskopischen Appendektomie auf

adipöse Patienten oder die Fälle zu beschränken, bei denen die Ver- dachtsdiagnose eine Exploration wünschenswert erscheinen läßt (9).

Noch ungünstiger ist die Situation für die VEC bei der Reparation von Lei- stenhernien. Beim konventionellen Vorgehen ist das Zugangstrauma auf die oberflächlichen Bauchwand- schichten begrenzt. Deshalb sind die Ergebnisse der spannungslosen kon- ventionellen und der laparoskopi- schen Operationstechniken in bezug auf den Behandlungskom- fort einschließlich der frühen körperlichen Belast- barkeit identisch. Da der konventionelle Eingriff zu- dem in Lokalanästhesie durchgeführt werden kann, operationstechnisch sehr einfach ist und ein geringes Risikopotential aufweist, verbleiben als Argumente für die videoendoskopische Hernienchirurgie nur der Wunsch des Patienten, die Möglichkeit der simultanen Versorgung beidseitiger Hernien von einem Zugang aus und eingeschränkt das Hernienrezidiv.

Bei den konventionel- len kolorektalen Resektio- nen sind eine große Laparo- tomie und eine längerfristi- ge Retraktion der Bauch- decken sowie des Intestinums die Re- gel. Trotz wesentlich längerer Opera- tionszeiten und der Anlage einer Mi- nilaparotomie zur Bergung des Re- sektats zeigen vier prospektiv rando- misierte Studien (38, 39, 45, 59, 62) an einem für beide Methoden in gleicher Weise geeigneten Kollektiv wegen ei- ner geringeren Beeinträchtigung der postoperativen Lungenfunktion, ei- ner trotz niedrigerem Schmerzmittel- verbrauch reduzierten Schmerzsym- ptomatik, einer rascheren Normalisie- rung der gastrointestinalen Funktion, einem kürzeren Fatigue-Syndrom und einer Verbesserung der Lebens- qualität signifikante Vorteile für die laparoskopische Resektion. Zum kos- metischen Ergebnis nach einer Darm- resektion wegen eines M. Crohn be- fragt, beurteilten 88 Prozent der lapa- roskopisch, aber nur 42 Prozent der konventionell operierten, meist jun- Phasen der Erprobung einer neuen

Operationstechnik (nach Gross, 1993) Phase I: Tierversuch, chirurgisch-anatomi-

sche Studie, Entwicklung der neu- en Operationstechnik

Phase II: Erprobung der neuen Technik zur Bestimmung möglicher Vorteile der neuen Methode nach definier- ten Endpunkten

Phase III: Prospektiv randomisierte Studie zum Nachweis der Überlegenheit der neuen Operationstechnik Phase IIIa: Untersuchung von Unterschieden

im postoperativen Verlauf Phase IIIb:Untersuchung von Unterschieden

im Langzeitverlauf

Phase IV: Überwachungsstudie zum Nach- weis seltener Nebenwirkungen

(3)

gen Patienten, dieses als gut oder ex- zellent (2).

Bei ausgedehnten Eingriffen wie der Gastrektomie wegen eines Ma- genkarzinoms sind unsere Erfahrun- gen (1) mit der VEC bisher nicht überzeugend. Noch sehr lange Ope- rationszeiten und möglicherweise auch die Größe des Traumas vor Ort wie- gen die insbesondere bei Ober- baucheingriffen zu erwartenden Vor- teile des minimal invasiven Zu- gangs auf. Die Frage, ob videoendo- skopische Eingriffe mittlerer

Größe relevante Vorteile im Behandlungskomfort bieten, möchten wir aus der eigenen klinischen Erfahrung unab- hängig davon, ob vergleichen- de Studien vorliegen oder nicht, zunächst prinzipiell be- jahen und beispielhaft auf die laparoskopische Cholezyst- ektomie, Fundoplikatio und Nebennierenresektion oder die thorakoskopische Resek- tion unklarer Lungenrund- herde verweisen. Daß die- ser Eindruck möglicherweise nicht ganz vorurteilsfrei ist, verdeutlicht eine prospektiv randomisierte Studie (42) zur laparoskopischen Cholezyst- ektomie, dem einzigen vi- deoendoskopischen Eingriff, der aufgrund seiner offen- sichtlichen klinischen Vortei- le die konventionelle Opera- tion auch in der Regelversor- gung weitgehend abgelöst hat. Diese Studie zeichnet sich dadurch aus, daß konven- tionell bewußt auf eine kleine Laparotomie geachtet wurde und durch identische Wund- verbände dem Patienten die Art des Zugangs, laparosko- pisch oder konventionell, un- bekannt war. Es zeigte sich kein Unterschied in der postoperativen Rekonvales-

zenz. Dieses Ergebnis steht im Wider- spruch zu einer ganzen Reihe anderer Studien (6, 11, 20, 43), die für alle Di- mensionen des Behandlungskomforts Vorteile für die laparoskopische Cholezystektomie nachweisen, und soll deshalb nicht überbewertet wer- den. Es kann jedoch auch als ein er- ster Hinweis auf bisher wenig beach-

tete Lernprozesse oder auch Zwänge interpretiert werden, die noch beste- hende Unterschiede zwischen kon- ventioneller und laparoskopischer Chirurgie in den nächsten Jahren ni- vellieren könnten. Die Vorteile eines bewußt klein gehaltenen Zugangs- traumas oder zum Beispiel des frühen oralen Kostaufbaus (1. postoperativer Tag) selbst nach resezierenden Ma- gen-Darm-Operationen wurden in die konventionelle Chirurgie über- nommen und trugen zu der nicht im-

mer freiwilligen Bereitschaft bei, den Krankenhausaufenthalt so kurz wie nötig zu gestalten. Ob durch eine wei- tere Reduktion des Zugangstraumas der Behandlungskomfort der VEC ansteigen wird ist offen. Bei der lapa- roskopischen Cholezystektomie zum Beispiel führte zwar die Verlagerung der Instrumentenzugänge vom Ober-

bauch in den Mittelbauch (37), nicht jedoch die Halbierung ihres Durch- messers (58) zu einer signifikant ge- ringeren Beeinträchtigung der Lun- genfunktion.

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Berücksichtigt man die wesentli- chen Kontraindikationen (Textkasten:

Kontraindikationen),so ist das metho- disch bedingte Risiko der VEC ge- ring. Die immer wieder zitierten Or- gan- oder Gefäßverletzungen durch den primär „blinden“ Zugang in das Abdomen lassen sich durch eine zirka 15 mm lange Minilaparotomie sicher vermeiden, ohne daß der minimal in- vasive Charakter des Eingriffs verlo- rengeht. Das Pneumoperitoneum zur Aufrechterhaltung eines ausreichend großen Operationsfeldes dagegen ist selbst bei den heute gebräuchlichen Arbeitsdrucken (8 bis 12 mmHg) ein potentieller Risikofaktor, da es zu ei- ner Beeinträchtigung des kardio-pul- monaren Systems, der Makro- und Mikrozirkulation der Abdominalor- gane und zu einer Steigerung des Hirndrucks führt (Textkasten: Patho- physiologie). Ob ihm im Normalfall klinische Relevanz zukommt, ist je- doch fraglich. Den zwei Jahrzehnte langen, exzellenten klinischen Erfah- rungen der Gynäkologen mit minima- len Komplikationsraten bei der dia- gnostischen und therapeutischen La- paroskopie stehen in der chirurgi- schen Literatur Einzelfallbeschrei- bungen, wie das Auftreten tödlich verlaufender, intestinaler Ischämien nach laparoskopischer Cholezystek- tomie (23, 51) gegenüber. Berichte über laparoskopische Operationen vor und unmittelbar nach herzchirur- gischen Eingriffen (44, 48) zeigen, daß sich die mit intraabdominaler Druck- erhöhung einhergehenden kardiopul- monalen Veränderungen bei adäqua- ter Narkoseführung und situationsan- gepaßtem Monitoring auch bei Risi- kopatienten (ASA III/IV) gut beherr- schen lassen und die Vorteile im post- operativen Verlauf den im Einzelfall etwas höheren Aufwand als bei der konventionellen Operation rechtferti- gen. Bei Patienten mit Angina abdo- minalis, kompensierter Niereninsuf- Abbildung 1 a) und b) Konventioneller und laparoskopischer Zugang

bei einer linksseitigen Hemikolektomie (7. postoperativer Tag)

a

b

(4)

fizienz oder erhöhtem Hirndruck (kombiniertes Schädel-Hirn-Trauma) liegen bisher keine gesicherten Er- kenntnisse über das tatsächlich durch ein Pneumoperitoneum verursachte Risiko vor. Die experimentellen Da- ten jedoch mahnen zur Vorsicht (19, 28, 35). Die Annahme, daß durch das Pneumoperitoneum die lokale oder systemische Infektionsausbrei- tung begünstigt würde, konnte durch die Ergebnisse der laparo- skopischen Versorgung von Ma- gen- oder Darmperforationen (21) beziehungsweise abszedie- renden Appendizitiden (62) wi- derlegt werden.

Videoendoskopische Opera- tionen sind bei prospektiv oder historisch vergleichbaren Kon- trollgruppen in der Regel mit we- niger postoperativen Komplika- tionen belastet als konventionelle Eingriffe. Dies belegen generell die Ergebnisse spezialisierter Zentren und für die laparoskopi- sche Cholezystektomie auch die Qualitätssicherungsstudien meh- rerer Ärztekammern. Die Tatsa- chen, daß nicht alle operations- pflichtigen Patienten für die VEC geeignet sind, schränkt diese Aus- sage nicht ein. Am Beispiel der symptomatischen Cholezystoli- thiasis kann man nachvollziehen, wie mit zunehmender Erfahrung an einem ausreichend großen Pa- tientenkollektiv auch in der Re- gelversorgung das Indikations- spektrum von der „unkomplizier- ten Galle“ auf die Cholezystitis, das Empyem und die Chole- docholithiasis erweitert werden konn- te. Die Daten der Qualitätssiche- rungsstudie (5) der Ärztekammer Nordrhein zur Cholezystektomie (Ta- belle 1) erlauben ein aktuelles und realistisches Bild einer breiten vi- deoendoskopischen Anwendung und, wenn auch eingeschränkt, der damit verbundenen Komplikationsrate. Bei 78,2 Prozent der Patienten wurde die Cholezystektomie laparoskopisch be- gonnen. In 7,1 Prozent der Fälle sahen sich die Chirurgen zur Konversion auf die konventionelle Cholezystektomie veranlaßt.

Die Bewertung der Konversion reicht von der indikatorischen Fehl- einschätzung über die intraoperative

Komplikation bis hin zu verantwortli- chem chirurgischen Handeln. Die in- traoperative Komplikationsrate der Konversionsoperation in der Qua- litätssicherungsstudie beträgt nur 6,4 Prozent. Es ist deshalb zu unterstel- len, daß der Grund für die Konversio- nen in der großen Mehrzahl der Fälle Regeln waren, wie sie auch an der

Charité gültig sind. Diese verpflichten den Operateur zur Konversion, wenn er zu Beginn der Operation aufgrund der lokalen Gegebenheiten (Ver- wachsung, Entzündung und anderes) nicht in der Lage ist, die anatomische Situation innerhalb von 30 Minuten eindeutig zu klären oder er aber während des Eingriffs den Eindruck gewinnt, diesen videoendoskopisch nicht in gleicher Weise und mit glei- cher Sicherheit wie die konventionel- le Operation durchführen zu können.

Dieses Vorgehen realisiert für mög- lichst viele Patienten den erwünsch- ten Behandlungskomfort, wobei nur der Aufwand nicht jedoch das Opera- tionsrisiko zunimmt.

Das für die laparoskopische Cho- lezystektomie als methodenspezifisch angesehene, erhöhte Risiko der intra- operativen Gallengangsverletzung ist nach der Datenlage (0,09 Prozent) nicht nachvollziehbar. Selbst wenn man, um den Vorwurf der Umschich- tung zu den Konversionsoperationen zu entkräften, die hierbei aufgetre- tenen Gallengangsverletzungen miteinbezieht und ferner berück- sichtigt, daß zwei Drittel dieser Komplikationen erst postopera- tiv oder nach Klinikentlassung (41) erkannt werden, ergibt sich ein Verletzungspotential von 0,44 Prozent, das dem nach konven- tioneller Cholezystektomie (0,47 Prozent) entspricht. Es ist zu un- terstellen, daß, ähnlich wie bei der konventionellen Cholezyst- ektomie (4), die zunehmende Er- fahrung und das „sich ständige Bewußtsein“ dieser Komplikati- onsmöglichkeit für diese günstige Entwicklung verantwortlich sind.

Auch bei flächendeckendem Ein- satz ist zehn Jahre nach ihrer Ein- führung die Rate aller postoperati- ven Komplikationen (4,1 Prozent) nach laparoskopischer Cholezyst- ektomie niedrig und bleibt – bei fraglicher Vergleichbarkeit – auch mit 4,7 Prozent noch deut- lich unter der konventioneller Cholezystektomie (14,2 Prozent), wenn man die Konversionsopera- tionen miteinbezieht. Die laparo- skopische Cholezystektomie ist damit eine sehr sichere Operation geworden, die für eine schrittwei- se und kontrollierte Ausweitung der VEC auf weitere sinnvolle In- dikationen in der Regelversorgung spricht.

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Die Inzisionshernie und der Ad- häsionsileus sind typische Operations- folgeerkrankungen, die in der konven- tionellen Chirurgie als naturgegeben und praktisch unvermeidbar hinge- nommen werden mußten. Bei einer eingriffsabhängigen Inzidenz von bis zu 15 Prozent (30, 56) stellten sie nicht nur eine erhebliche Belastung für den Patienten, sondern auch einen rele- Kontraindikationen für die VEC

Allgemein:

1 Dekompensierte Herzinsuffizienz 1 Instabile Angina pectoris

1 Zustand nach Myokardinfarkt mit Ischämie in der Myokardszintigraphie 1 Restriktive Ventilationsstörung

(VD < 1200 ml)

1 Obstruktive Ventilationsstörung (FEV 1 < 1000 ml)

1 Nicht ausgleichbare Blutgerinnungsstörungen 1 Leberzirrhose (Child B und C)

1 Portale Hypertension mit ausgedehntem Umgehungskreislauf

1 (Gravidität)

1 (Voroperationen im videoendoskopi- schen Operationsgebiet)

Speziell/chirurgisch:

1 Laparoskopisch nicht eindeutig zu identifizierende anatomischen Strukturen 1 Unmöglichkeit, den laparoskopischen

Eingriff in gleicher Weise wie konventio- nell durchzuführen

(5)

vanten Kostenfaktor dar. Die Repara- tion einer Inzisionshernie bedingt ei- nen fünf- bis zehntägigen Kranken- hausaufenthalt, eine mehrwöchige Ar- beitsunfähigkeit und ist zudem nach Fasziendopplung mit einer Rezidivra- te von bis zu 54 Prozent belastet (50).

Nach laparoskopischen Operationen dagegen treten Inzisionshernien in we- niger als 0,5 Prozent der Fälle auf.

Operationen wegen eines Adhäsions- ileus sind nicht nur mit einer hohen Morbidität, sondern auch mit einer Kliniksletalität von bis zu zehn Pro- zent belastet (52). Experimentell führen laparoskopische Eingriffe zu weniger Adhäsionen (64). Klinische Vergleichsstudien belegen diese Vor- teile. Nach Darmresektionen wegen eines M. Crohn mußten 69 Prozent der konventionell, aber nur 14 Prozent der laparoskopisch operierten Patienten wegen einer Ileussymptomatik wieder hospitalisiert werden (2). In einer ran- domisierten Studie (40) wurden nach konventioneller oder laparoskopi- scher Operation wegen einer Tubar- gravidität bei „second-look“-Laparo- skopien signifikant weniger Adhäsio- nen nach VEC festgestellt. Da sich je- doch ein Drittel der Patientinnen kei- ner Zweitoperation unterzog und das Ausmaß der Ersteingriffe nicht stan- dardisiert war, ist dieses Ergebnis nicht unumstritten. Es bestehen je- doch wenig Zweifel daran, daß sich durch die VEC Adhäsionen substanti- ell reduzieren lassen.

Bei benigner Grunderkrankung sind nach videoendoskopischen und konventionellen Eingriffen identische Langzeitergebnisse zu erwarten. Bei Malignomen ist die VEC in der invasi- ven Diagnostik zum Beispiel zum Ausschluß einer beginnenden Perito- nealkarzinose beim Magen- oder Pankreaskarzinom und in der Tumor- palliation wegen ihrer niedrigen Mor- bidität und Mortalität akzeptiert (13, 15). Kontrovers diskutiert wird die Frage, ob Karzinome in kurativer Ab- sicht videoendoskopisch operiert wer- den sollen. Ein Ausgangspunkt einer emotionalen und nicht immer an Da- ten orientierten Kritik an der kurati- ven videoendoskopischen Tumorchir- urgie war eine Reihe von Kasuistiken (22, 33, 47, 53, 69), die über ein gehäuftes Auftreten von Metastasen in den Trokarkanälen nach videoen-

doskopischer Resektion bekannter oder okkulter Karzinome berichteten.

Da Inzisionsmetastasen in der kon- ventionellen Karzinomchirurgie zu- mindest nach dem klinischen Ein- druck eine Rarität sind, waren diese Beobachtungen zweifelsohne alar- mierend. Wie mehrere prospektive Beobachtungsstudien (36, 39, 60, 64, 67) bei den am häufigsten videoendo- skopisch durchgeführten Tumorope- rationen, den Resektionen kolorekta- ler Karzinome zeigen, rechtfertigen es diese Einzelbeobachtungen nicht, als grundsätzliches Argument gegen die videoendoskopische Tumorchirurgie ins Feld geführt zu werden. Bei über 2000 Resektionen und einer Nachbe- obachtungszeit von bis zu vier Jahren traten in 0,7 bis 1,1 der Fälle Trokar- metastasen auf. Dies entspricht der

mit 0,8 bis 1,6 Prozent retrospektiv er- hobenen Inzidenz von Inzisionsmeta- stasen in der konventionellen Tu- morchirurgie (54, 68).

Weitere Argumente gegen die vi- deoendoskopische Tumorchirurgie sind eine inadäquate Radikalität, das Risiko der intraoperativen Tumorzell- verschleppung durch vermehrte Ma- nipulationen am Tumor oder am tu- mortragenden Organ und hieraus ab- geleitet eine schlechtere Langzeitpro- gnose. Als Anhänger einer standardi- sierten, radikalen Tumorchirurgie möchten wir hier weder auf den Wan- del des „Radikalitätsprinzips“ beim Mammakarzinom hinweisen, noch der Frage nachgehen, ob bei irgendei-

nem Organtumor die manipulations- arme (No-touch-)Technik oder die er- weiterte Resektion der Lymphknoten den Test einer prospektiv vergleichen- den Studie bestanden hat, sondern le- diglich festhalten, daß in der deut- schen Kolonkarzinomstudie trotz

„identischer onkologischer Resekti- onstechniken“ die stadienabhängigen Fünf-Jahresüberlebensraten zwischen den beteiligten Kliniken um über 30 Prozent differierten (27). Es erscheint deshalb angemessen, die Spätergeb- nisse einer neuen Technik, die poten- tielle Vorteile im frühen post- operativen Verlauf hat, am Median oder Durchschnitt der etablierten Verfahren zu messen und dabei den

„historischen“ Datenvergleich und das Fehlen prospektiver Langzeitstu- dien ähnlich wie in der konventionel- len Chirurgie zu bewerten.

Wir haben an menschlichen Leich- namen das Ausmaß der Radikalität nach videoendoskopischen onkologi- schen Kolon-, Magen- und Lungenre- sektionen durch anschließende Sektion überprüft. Diese definitive Qualitäts- kontrolle ergab, daß videoendosko- pisch entsprechend den Regeln der konventionellen Tumorchirurgie das

„tumortragende“ Organ nicht nur in gleicher Ausdehnung reseziert werden konnte, sondern auch die zentralen Versorgungsgefäße ursprungsnahe ab- gesetzt und alle abhängigen Lymph- knotenstationen entfernt worden wa- ren (1, 10, 16). Damit muß es als erwie- sen angesehen werden, daß bei ent- sprechender Operationstechnik eine videoendoskopische Karzinomresekti- on onkologisch adäquat durchgeführt werden kann. Klinische Daten zur Ra- dikalität onkologischer videoendosko- pischer Resektionen liegen bisher nur für das kolorektale Karzinom vor. Pro- spektive (38, 39, 45, 59, 62) und retro- spektive (36, 39, 60, 64, 67) Vergleichs- studien belegen, daß das Resektions- ausmaß, gemessen am Abstand der Re- sektionsgrenze vom Tumorrand und der Anzahl der entnommenen Lymph- knoten, bei laparoskopischer und kon- ventioneller Resektion identisch ist.

Offen ist die Frage, ob die vi- deoendoskopische Resektion mit ei- ner vermehrten Tumorzellverschlep- pung einhergeht. Die in der konven- tionellen onkologischen Chirurgie als erster Schritt der Resektion geforder- Pathophysiologische

Veränderungen während eines CO2-Pneumoperitoneums

pCO2

Exspiratorischer CO2

Blutdruck ↑

Systemischer Gefäßwiderstand ↑ Zentraler Venendruck ↑ Kardialer Füllungsdruck ↑

Venöser Rückfluß ↓

Mesenteriale Makro- ↓ und Mikrozirkulation

Urinauscheidung ↓

Hirndruck ↑

(6)

te Unterbindung der Stammgefäße, sie gilt realistisch gesehen nur für die kolorektalen Karzinome und das Bronchialkarzinom, ist videoendosko- pisch in gleicher Weise realisierbar und fester Bestandteil unserer Resek- tionstechnik. Damit wird das Argu- ment einer vermehrten hämatogenen Tumoraussaat bei videoendoskopi- schen Eingriffen gegenstandslos. Das Problem der intraperitonealen Tu- morzellverschleppung stellt sich bei den T1- und T2-Tumoren nicht, da sie

die Organoberfläche nicht erreichen.

Bei einigen T3- und T4-Tumoren ist je- doch nicht auszuschließen, daß wegen der Enge des Operationsfeldes ein Tu- mor bei der videoendoskopischen Re- sektion häufiger mit Instrumenten oder Nachbarorganen in Berührung kommt als bei der konventionellen.

Hieraus kann theoretisch ein Gefähr- dungspotential im Sinne einer Ver- schlechterung der Spätprognose abge- leitet werden. Eine Reihe von experi- mentellen Befunden widersprechen jedoch dieser Annahme. Das perito- neale Tumorwachstum ist im Experi- ment nach laparoskopischen Eingrif- fen signifikant geringer als nach kon- ventionellen (3, 46). Bei laparoskopi- schen Operationen reduziert der Er- satz von Raumluft durch verschiedene Gase (31, 32) ebenfalls das Tumor- wachstum. Die Pathophysiologie die- ser beiden, anscheinend voneinander unabhängigen Phänomene läßt sich bisher nur teilweise durch eine gerin-

gere Beeinträchtigung der Immun- kompetenz nach VEC erklären. Kli- nisch läßt sich durch ausgiebige Irriga- tion des Operationsgebiets und des In- strumentariums das potentielle Risi- ko einer Tumorzellverschleppung bei der videoendoskopischen Resektion ebenso verringern wie bei der konven- tionellen (55). Unabhängig davon er- gibt sich bei fortgeschrittenen Tumo- ren das Problem des Tumordurchmes- sers. Ab einer bestimmten Größe hebt die Ausdehnung der zur Bergung des

Resektats notwendigen Hilfslaparoto- mie die Vorteile des primär kleinen Zugangs auf. Aus diesem Grund und nicht aus prinzipiellen onkologischen Erwägungen sind große und damit meist auch fortgeschrittene Karzino- me für videoendoskopische Operatio- nen wenig geeignet.

Franklin (24) verglich in einer prospektiven jedoch nicht randomi- sierten Studie die Langzeitergebnisse nach laparoskopischer und konventio- neller Resektion kolorektaler Karzi- nome. Bei einer mittleren Nachbeob- achtungsdauer von 22 Monaten fanden sich für die Rezidivraten und die Über- lebenszeiten weder insgesamt noch stadienabhängig signifikante Unter- schiede. Die COST-Studie (12) berich- tet über eine lokoregionäre und syste- mische Rezidivrate von 3,5 Prozent be- ziehungsweise 10,1 Prozent nach 372 laparoskopischen Resektionen kolo- rektaler Karzinome, die bis zu drei Jahren nachbeobachtet wurden. Die

kumulativen Überlebensraten der Sta- dien I bis III betrugen 93 Prozent, 72 Prozent und 10 Prozent und waren mit einem historischen Kollektiv (8) kon- ventioneller Karzinomresektionen vergleichbar. Auch wenn diese Ergeb- nisse nicht beweisend sind, lassen sie jedoch wenig Zweifel daran, daß die la- paroskopische Resektion kolorektaler Karzinome weder mit einer deutlich erhöhten Rezidivrate noch einer er- niedrigten Überlebensrate einhergeht.

Wir erachten jedoch weiterhin rando- misierte Vergleichsstudien wie die in Deutschland beginnende LAPKON- II-Studie für zwingend erforderlich.

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Wir kennen keine Studie, die für die VEC die direkten und indirekten Kosten (14, 34) der Primärtherapie einschließlich der Komplikationen und Folgeerkrankungen annähernd genau erfaßt hat. Die alleinigen Ko- sten einer videoendoskopischen Ope- ration werden vor allem wegen der längeren Operationszeiten, aber auch wegen der notwendigen Geräte (Vi- deooptik-Kamera-Monitorsystem, In- sufflator) und Instrumente mit primär hohen Investitionskosten und auf we- nige Jahre begrenzter Gebrauchsdau- er immer höher sein, als die einer kon- ventionellen Operation. Diese Diffe- renz ist jedoch gering, wird sie in Rela- tion zu den Gesamtkosten gesetzt, wo- bei wiederum die indirekten Kosten die direkten zum Beispiel bei der Lei- stenhernienchirurgie um das 1,8fache übersteigen (66). Die publizierten Kalkulationen unterscheiden sich auf- grund lokaler Gegebenheiten erheb- lich und zeigen mit Ausnahme der Hernienreparation in der Regel sub- stantielle Vorteile für die VEC (Tabel- le 2). Da jedoch die beiden Eckwerte der Kostenrechnung, die Kranken- hausverweildauer und die postoperati- ve Rekonvaleszenz äußerst subjektive Parameter sind, dürfen die Ergebnisse in Frage gestellt werden. Das Fatigue- Syndrom, die körperliche und geistige Ermüdungsreaktion nach einem ope- rativen Trauma, ist ein mittels einer vi- suellen Analogskala gut meßbarer Pa- rameter, der ausgezeichnet mit den Ergebnissen kardio-pulmonaler Bela- Tabelle1

Cholelithiasis/-zystitis: Ergebnisse der Qualitätssicherung der Ärztekammer Nordrhein 1997

Art der laparo- konvertiert konventionell

Cholezystektomie skopisch laparoskopisch nach konventionell

Patienten (n) 12 410 1 242 3 795

Risikofaktoren

Alter > 70 (%) 14,0 28,2 38,9

Begleiterkrankungen (%) 46,6 68,0 79,6

Cholezystitis (5) 57,0 84,5 78,0

Choledocholithiasis (%) 1,8 7,6 19,1

Intraoperative Komplikationen

insgesamt (%) 0,6 6,4 2,0

Gallengangverletzungen (%) 0,09 1,77 0,47

Postoperative Komplikationen

insgesamt (%) 4,1 10,8 14,00

(7)

stungstests korreliert und als Maß der Rückkehr zur „Normalität“ verwen- det werden kann. In zwei Vergleichs- studien (7, 26) zur laparoskopischen und konventionellen Appendektomie angewandt, zeigt es für beide Operati- onsmethoden einen identischen Ver- lauf. Die Patienten nach konventio- neller Appendektomie wurden jedoch signifikant länger hospitalisiert und als arbeitsunfähig erachtet. Der hieraus für die laparoskopische Appendekto- mie abgeleitete Kostenvorteil ent-

spricht zwar der derzeitigen Realität, er ist jedoch objektiv nicht gegeben.

Das Fatigue-Syndrom ist nach laparo- skopischer Kolonresektion wegen ei- nes Karzinoms geringer und kürzer ausgeprägt als nach konventioneller (59). Ob die Gesellschaft durch eine Zunahme der laparoskopischen Ko- lonresektionen in nennenswertem Maße indirekte Kosten einsparen könnte ist jedoch fraglich, da bei ei- nem Durchschnittsalter von knapp 60 Jahren ein erheblicher Teil der Be- troffenen nicht mehr im Arbeitsleben steht.

Zitierweise dieses Beitrags:

Dt Ärztebl 1999; 96: A-1779–1785 [Heft 26]

Die Zahlen in Klammern beziehen sich auf das Literaturverzeichnis, das über den Son- derdruck beim Verfasser und über die Inter- netseiten (unter http://www.aerzteblatt.de) erhältlich ist.

Anschrift des Verfassers

Prof. Dr. med. Joachim M. Müller Klinik für Abdominal-, Viszeral-, Gefäß- und Thoraxchirurgie der Charité

Campus Charité Mitte Schumannstraße 20/21 10117 Berlin

Tabelle 2

Einsparungen (–) und Mehrausgaben (+) an Klinikkosten bei laparoskopischen Ope- rationen

Choleszystektomie – 4,7%

Appendektomie – 19,1%

Hernienreparation + 48,4%

Sigmaresektion – 14,0%

Fundoplikatio – 8,7%

In den letzten Jahren konnten die medikamentösen Behandlungsmög- lichkeiten der multiplen Sklerose (MS) deutlich verbessert werden. Neu ent- wickelte Medikamente wie die Beta- Interferone (Ifnβ 1a und 1b) beeinflus- sen nachweislich den Krankheitsver- lauf positiv, was unabhängig voneinan- der durchgeführte Studien bestätigen.

Eine europaweit durchgeführte plaze- bokontrollierte Studie konnte auch bei der sekundär chronisch progredienten Verlaufsform eine Verzögerung der Krankheitsprogression unter Inter- feron β 1b (Betaferon) darstellen. Un- tersuchungen zur Wirksamkeit der an- deren Beta-Interferonpräparate (wie Avonex oder Rebif) werden hierzu durchgeführt. Aber auch Präparate wie das Glatirameracetat und Copaxone, intravenös applizierte Immunglobuline oder das Chemotherapeutikum Mitox- antron zeigten in kürzlich abgeschlos- senen Studien überzeugende Effekte zur Beeinflussung der Krankheitsakti- vität bei MS-Patienten mit aktivem Krankheitsverlauf.

Trotz der ermutigenden und in Studien abgesicherten Behandlungser- folge findet eine Umsetzung dieser Er- kenntnisse in praktische Therapiean- wendungen insbesondere bei den neu- en innovativen Präparaten in Deutsch- land kaum statt. Neben Einschränkun- gen des Praxisbudgets und Sorge vor Regreßforderungen sind aber auch ge- genläufige Informationen mögliche Ursachen für ein unzureichendes Ver- ordnungsverhalten seitens der Ärzte- schaft. Hinzu kommt eine Unsicherheit unter zahlreichen Ärzten bezüglich der Frage, welche der vorhandenen bezie- hungsweise neu zugelassenen, ko- stenintensiven Präparate sich für die optimale Therapie eines MS-Patienten eignen und wie der Erfolg einer vor- beugenden Behandlung im Sinne einer positiven Beeinflussung des individuel- len Krankheitsverlaufes eingeschätzt werden kann. Um Klarheit zu schaffen, wurde von der klinischen Forschungs- gruppe für multiple Sklerose und Neu- roimmunologie der Neurologischen Universitätsklinik Würzburg eine in- ternationale MS-Therapie-Konsensus- gruppe initiiert. Diese Gruppe, der 58

in der MS-Behandlung erfahrene Neu- rologen aus Österreich, der Schweiz und Deutschland angehören, formu- lierte eine Konsensusempfehlung zur immunprophylaktischen Stufenthera- pie der multiplen Sklerose. Anhand der wissenschaftlichen Evidenz aus den Therapiestudien kommt die Gruppe zu folgenden Empfehlungen:

1Beginn einer immunprophylak- tischen Therapie, derzeit in erster Linie mit einem Beta-Interferonpräparat, sollte möglichst früh nach Diagnose- stellung bei aktivem Krankheitsverlauf mit mindestens zwei funktionell rele- vanten Schüben in den letzten beiden Jahren oder aber bestätigter Krank- heitsprogredienz durchgeführt werden.

1In Abhängigkeit von der indivi- duellen Situation des Patienten kom- men auch das ebenfalls wirksame und gut verträgliche Glatirameracetat oder die noch nicht spezifisch für die MS-Be- handlung zugelassene Substanz Aza- thioprin sowie intravenöse Immunglo- buline für eine initiale immunprophy- laktische Therapie in Frage.

1Bei intolerablen Nebenwirkun- gen von s. c. applizierten Beta-Inter- feronen Umstellung auf eine andere zugelassene Verabreichungsform (zum Beispiel intramuskulär) oder eine der oben genannten Substanzen.

1Bei Therapieversagen der Beta- Interferonbehandlung kommt auch die Umstellung auf immunsuppressive Maßnahmen (insbesondere Mitoxan- tron) in Betracht.

Die Empfehlungen bedürfen nach Aussagen der Konsensusgruppe der Überprüfung in klinischen Studien.

Bisher ungeklärt ist die Gesamtdauer aller immunmodulatorischen Thera- piemaßnahmen. Ebenso bedürfen ra- tional begründete Therapiekombina- tionen der Überprüfung in klinischen

Studien. tya

MS-Therapie-Konsensusgruppe: Immun- modulatorische Stufentherapie der mul- tiplen Sklerose. Nervenarzt 1999; 70:

371–386.

Prof. Dr. med. Klaus Viktor Toyka, Priv.- Doz. Dr. med. Peter Rieckmann, Neu- rologische Klinik und Poliklinik, Bayri- sche Julius-Maximilians-Universität, Jo- sef-Schneider-Straße 11, 97080 Würz- burg.

Immunmodulatorische Stufentherapie

der multiplen Sklerose

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