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m Anfang war die neue Maschine.Wenn man sie da so ste- hen sah, konnte man Angst bekommen. Überall waren Kabel, Schläuche, Monitore und Schwenkar- me. Der Blick fand nichts, um zu verweilen.So oder so ähnlich haben wohl die kleinen Patienten das neue Duchleuchtungs- gerät in der Haunerschen Universitäts-Kinderklinik
in München empfunden.
Auf Initiative des Leiters der Radiologie, Prof. Dr.
med. Karl Schneider, soll- te der Durchleuchtungs- raum ansprechender und kindgerechter gestaltet wer- den.
40 Prozent der kleinen Pa- tienten, die in diesem Raum einer Durchleuchtung unter- zogen werden, sind Säuglin- ge, weitere 40 Prozent sind Kinder bis zu fünf Jahren.
Thematisch bot sich also eine Gestaltung im Bereich der Märchen und Kindererzäh-
lungen an. Gleichzeitig soll- ten die Begleitpersonen (El- tern, Großeltern) angespro- chen werden. Auch sie sollten den Raum als angenehm und unterhaltend empfinden. Der Raumgestaltung wurde des- halb eine erzählende Hand- lung zugrunde gelegt, die alle Motive verbindet. Die Alter- native wäre gewesen, eine Reihe nicht zusammenhän- gender Märchenbilder im Raum zu verteilen.
So entstand folgende Idee: Der Raum wird mit den sieben Zwergen aus Schneewittchen bespielt. Als interessante Details dienen naturgetreue Pflanzen- und Blumenabbildungen und klei- ne verspielte Elemente. So findet sich zum Beispiel ein plastischer Fisch am Haken einer gemalten Angelrute, ein Schmetterling, der sich auf einer Zwergennase aus- ruht, oder eine Haselmaus, die, vom ganzen Treiben überrascht, aus der Wiese springt. Auf die Idee folgt
die Umsetzung. Die Kinder- gärtnerin und Beschäftigungs- therapeutin, Helga Schmel- zer, die bei Kindermotiven besonders geschickt im Um- gang mit Stift und Papier ist, entwarf die Skizzen für die Wandbilder. Gemeinsam mit dem Arzt, Dr. med. Thomas Schmelzer, wurde anschlie- ßend in knapp dreißig Ar- beitsstunden der Raum in ei- ne Märchenwelt verwandelt.
Das Durchleuchtungsgerät wurde nicht bemalt, um die Anlage jederzeit reinigen zu können. Auch für Wartung und Kontrollarbeiten ist das Gerät frei zugänglich.
Weil die Kinder bei den Untersuchungen hauptsäch- lich zur Decke schauen, wur- de diese als Himmel gestaltet.
Als Grundfarbe diente ein helleres Blau, da der Raum bei Untersuchungen oft abge- dunkelt ist. Um den Kindern zusätzlich ein Gefühl von Ge- borgenheit und Ruhe zu ver- mitteln, wurden am Himmel fluoreszierende Sterne befe- stigt, die im Dunkeln nach- leuchten.
Bei der internen Vorstel- lung des fertig ausgemalten Raums hatte das Personal der radiologischen Abteilung sichtlich Spaß am Ergebnis der Arbeit.
Am Ende bleibt die neue Maschine. Sie ist groß, sper- rig und steht – in einem Mär- chenland. Wenn man sie da so stehen sieht, stört sie ei- gentlich nur ein klein biss- chen beim Bilderanschauen.
Zwischen den Kabeln und Schläuchen, Monitoren und Schwenkarmen lachen einen Zwerge an. Und der Blick findet viel, um zu verweilen.
EB
A-1685 Deutsches Ärzteblatt 97,Heft 24, 16. Juni 2000
V A R I A FEUILLETON
Wandbild an der Stirnseite des Raums
Weitere Informationen zur kindgerechten Dar- stellung von Kranken- häusern: Dr. med. Tho- mas Schmelzer, Ferdi- nand-von-Kobell-Straße 56, 85540 Haar, Tele- fon: 0 89/ 6 88 32 52, Fax: 46 76 98.
Kunst im Krankenhaus
Wandbild hinter dem Monitorschwenkarm
Kabeln und Schläuchen
Zwerge zwischen
Gestaltung des Durchleuchtungsraums einer Kinderklinik
Fotos:Thomas Schmelzer