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Archiv "Kranker und Krankenhaus in der modernen Kunst" (14.05.1982)

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Gerhard Meyerratken: Krankenhaus, 1981, Öl auf Leinwand, 100 x 120 cm

Foto: Anne Gold

Spektrum der Woche Aufsätze • Notizen FEUILLETON

Kranker und Krankenhaus in der

modernen Kunst

Sonderausstellung in Aachen Die Auseinandersetzung zeitge- nössischer Künstler mit Krankheit und Technisierung der Medizin, mit Krankenhaus und Mammutkli- niken, zum Beispiel dem „Aache- ner Klinikum", ist das Thema einer Äusstellung, die bis zum 23. Mai 1982 im Museum Burg Franken- berg, Bismarckstraße 68,5100 Aa- chen, gezeigt wird. Das Aache- ner Stadtgeschichtliche Museum Burg Frankenberg zeigt — initiiert von den Freunden und Förderern für ein Deutsches Krankenhaus- museum Aachen — etwa dreißig Bilder, Graphiken und Objekte.

Nachstehend sei aus dem Katalog- text von Professor Dr. med. habil.

Axel Hinrich Murken zitiert. DÄ

Altes und neues Thema der Kunst

Auf den ersten Blick mag es viel- leicht gewagt erscheinen, einem solchen Bereich wie dem Thema

„Kranker und Krankenhaus in der modernen Kunst" eine ganze Aus- stellung zu widmen. Doch bei der näheren Beschäftigung mit der Malerei der Gegenwart wird man überraschend vielfach mit diesen Themenkreisen konfrontiert. Im Grunde handelt es sich ja um ein altes Thema der Kunstgeschichte, dem sich seit der italienischen Re- naissance und etwas später seit der deutschen Spätgotik gerade die talentiertesten Künstler zuge- wandt haben.

Im Expressionismus und dem an- schließenden Realismus wird im Oeuvre so unterschiedlicher Tem- peramente wie Edvard Munch, Erich Heckel, George Grosz, Max Beckmann oder Otto Dix das Sujet

des Arztes, des Kranken, der Kran- kenstube und des Operationssaa- les immer wieder aufgegriffen.

Zwei Entwicklungszüge mögen dafür besonders bestimmend ge- wesen sein:

Vor hundert Jahren begann die operative Chirurgie durch die neu- eingeführten desinfizierenden, an- tiseptischen Verfahrenstechniken im Operationssaal und Verbands- raum ungeahnte Erfolge zu ver- zeichnen. Fast zur gleichen Zeit erschloß Sigmund Freud (1856-1939) mit seinen revolutio- nären Erkenntnissen von der menschlichen Psyche einen neu- en Kontinent. Vor diesem Hinter- grund, der weiteren Entwicklung der 1883 gesetzlich eingeführten Krankenversicherungssysteme und den bald einsetzenden Schrecken des Ersten Weltkrieges gewann der Arzt und die von ihm vertretene Heilkunde eine völlig andere gesellschaftliche Position, die viel mächtiger und einschnei- dender für den Alltag des Bürgers und Arbeiters wurde als je zuvor.

Zugleich sah sich der Kranke auf-

grund rascher Fortschritte in me- dizinischer Diagnostik und Thera- pie einer sich schnell wandelnden Medizin gegenüber.

Es entwickelte sich damals über- haupt ein Zeitgefühl der allgemei- nen Unsicherheit, das in seinen existentiellen Ängsten in man- chem mit dem heutigen vergleich- bar ist. Nicht von ungefähr begann in dieser Zeit das Bild des Arztes zwischen dem „Halbgott in Weiß"

und der dämonischen Figur, die Franz Kafka in seinem Landarzt von ihm zeichnet, zu schwanken.

Schließlich war es kein Geringerer als Thomas Mann, der 1924 seinen Zauberberg-Roman in ein Davoser Lungensanatorium für Tuberkulo- se verlegte, deren eingeschlosse- ne, ghettohafte Welt gegenwärtig wieder in den Kinos zu betrachten ist. Diese eigentümlichen Überein- stimmungen, die man zwischen dem Heute und dem Gestern der zwanziger Jahre entdecken kann, ließ es naheliegend erscheinen, einmal eine thematische Ausstel- lung zusammenzustellen, die die gegenwärtige Medizin aus der Ausgabe A/B DEUTSCHES ARZTEBLATT 79. Jahrgang Heft 19 vom 14. Mai 1982 91

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Ben Willikens: Schlafsaal Nr. 2, 1974/75, Acryl auf Leinwand, 200 x 160 cm

Städtische Kunsthalle Mannheim Spektrum der Woche

Aufsätze • Notizen

Kranker und Krankenhaus in der modernen Kunst

Sicht des heutigen Künstlers spie- gelt.

Seit Ende der sechziger Jahre ha- ben sich verschiedene Maler wie Dieter Krieg (geb. 1937) oder Uwe Lausen (1941-1970) mit den Le- bensbereichen des Kranken, des Verletzten, des Verstümmelten, des Ausgestoßenen beschäftigt, deren Bedeutung man erst heute vor dem Hintergrund einer neuauf- blühenden Malerei ermessen kann. Dieter Krieg gibt in seinen Bildzyklen von 1966 ein erschrek- kendes Bild von der Morbidität des Menschen und den Grenzen seines Lebens. Es handelt sich um zusammengesunkene Körper auf

engen, stuhlähnlichen Gebilden oder um eingewickelte Körper, schließlich nur noch um einzelne Extremitätenenden wie Hände und Füße, an denen man Totenflecke zu erkennen glaubt. Der heute lei- der wenig beachtete Uwe Lausen gibt den Menschen in seinen Bil- dern häufig zerrissene Konturen oder läßt die Körper als Rudimente in einer weiten Landschaft stehen.

Der Schrecken des Atomkrieges wird hier dem Betrachter wie eine böse Fata Morgana an die Wand gemalt. Ganze Bilderfolgen hat auch Herbert Falken dem gequäl- ten, von der Sucht nach Drogen gepeinigten Menschen gewidmet.

Die Architekturbilder und Inte- rieurszenen des Malers Gerhard Meyerratken, die er seit 1976 wie besessen malt, werden von einer resignierten Stimmung getragen.

In verschachtelten Räumen bewe- gen sich spukhafte Gestalten, die häufig in ihrer nackten Körperlich- keit wehrlos den grauen Beton- mauern ausgeliefert sind. Sein Krankenhausbild zeigt den auf die Trage gepackten Patienten wie auf einem Verschiebebahnhof.

In der gegenwärtig vielbeachteten und diskutierten Neuen Malerei findet man auf Schritt und Tritt Motive des Krankseins, des Todes, des hilflos Eingesperrtseins. Wie vor zwei Generationen bedient man sich der Symbolik medizini- scher Sujets und klinischen Perso- nals. Bei dem Stuttgarter Maler Ben Willikens verwandeln sich die Korridore und Zimmer der Anstal- ten zu bedrohlichen, anonymen Gefängnissen.

Diese thematische Ausstellung aus dem traditionsreichen Bereich von Kunst und Medizin bietet in ihrer Auswahl von Werken 31 ver- schiedener Künstler des deutsch- sprachigen Raumes für die Spie- gelung des Kranken und des Kran- kenhauses in der modernen Kunst an sich nur einen Bruchteil der Exponate und Künstler, die hier hätten ausgestellt werden können.

Dafür kann man aber doch anhand der vorhandenen bildlichen Bei- spiele erkennen, wie vielfältig und

intensiv sich heute lebende Maler und Bildhauer mit diesem uns alle berührenden, oftmals verdrängten Bereich auseinandergesetzt ha- ben. Zugleich werden in diesen Hospitalbildern und Menschen- bildnissen Anregungen und Impul- se gegeben, die allerorts so häufig beklagte Inhumanität im Kranken- haus entscheidend zu ändern.

Anschrift des Verfassers:

Prof. Dr. med. habil.

Axel Hinrich Murken Vorstand der Abteilung für Geschichte der Medizin der Medizinischen Fakultät Ku I lenhofstraße 50

5100 Aachen 94 Heft 19 vom 14. Mai 1982 79. Jahrgang DEUTSCHES ÄRZTEBLATT Ausgabe A/B

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