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Archiv "Randnotiz: Schon längst Realität" (26.10.2012)

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Deutsches Ärzteblatt

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Jg. 109

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Heft 43

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26. Oktober 2012 A 2137

Das Leser-Forum

Beiträge im Deutschen Ärzteblatt sollen zur Diskussion anregen. Deshalb freut sich die Redaktion über jeden Leserbrief. Wir müssen aus der Vielzahl der Zuschriften aber auswählen und uns Kürzungen vorbehalten. Leserbriefe geben die Meinung des Autors, nicht die der Redaktion wieder. E-Mails richten Sie bitte an leserbriefe@aerzteblatt.de, Briefe an das Deutsche Ärzteblatt, Ottostraße 12, 50859 Köln.

R A NDNOTIZ

Englisch ist zur lin- gua franca gewor- den, weshalb einige Beobachter eine zu- nehmende Verfla- chung der Kommu- nikation und damit der Inhalte befürchten (DÄ 37/2012:

„Say it in English, please“ von Johanna Protschka).

Übersetzungssysteme verbessern

. . . Latein war, vor allem auf Betrei- ben des Klerus, eine elitäre, abgren- zende und vor allem ausgrenzende Sprache. Der Vorteil der übergrei- fenden Verständigung, vor allem für Gebildete, wurde zunehmend zur Entwicklungsbremse der Wissen- schaft – vor allem im Zusammen- hang mit der fortschreitenden Ent- wicklung in Naturwissenschaft und Technischer Wissenschaft (Brau- chen auch Mediziner jetzt kein La- tein mehr?). Dies lag auch daran, dass es eine für sich existierende Wissenschaftssprache tatsächlich nicht gibt, weil kein Mensch, erst recht nicht ein Wissenschaftler al- lein damit leben kann – er braucht immer die ganze Sprache und alle Mitmenschen. Auch die Wissen- schaftssprache Englisch ist in sich eine Lüge, weil es tatsächlich um die ganze Sprache geht.

Alle Versuche in der Menschheitsge- schichte, letzter Versuch die Sowjet- union, eine Einheitssprache – ge- meint ist niemals eine globale Spra- che, sondern die Sprache einer Macht (auch Latein entsprang einer solchen), nicht etwa eine besonders gut geeignete Sprache – durchzuset- zen, sind gescheitert. Das wird nie anders werden, und wer sich einseitig

auf angloamerikanisch versteift, der schadet sich selbst, weil niemand weiß, welche Macht ihre Sprache in ein paar Jahrzehnten durchsetzt! Sei- ne eigenen Vorteile, hohe Leistungen durch Denken und Handeln in der Muttersprache, ungezwungen auf Dauer abschaffen – so dumm kön- nen nur die Deutschen sein! Es kann nur eine Lösung geben. Endlich die bereits existierenden, aber noch un- vollkommenen Übersetzungssyste- me entscheidend verbessern! Fremd- sprachen (es soll ja nicht nur eine geben?) sind zur Verständigung sehr gut – aber nicht zum Denken . . .

Prof. Dr.-Ing. Helmut Böhme, 17235 Neustrelitz

Auf dünnem Eis

. . . Es ist anzuerkennen, dass die Autorin darüber Bescheid weiß, dass im Lateinischen einmal ein siebter Fall existierte (das wissen nicht alle, die Latein gelernt haben), doch ansonsten bewegt sie sich mit ihren historischen, erkenntnistheo- retischen und linguistischen Kennt- nissen offenkundig auf dünnem Eis.

Glaubt Frau Protschka wirklich, dass die Sprache der Vorlesungen im Mittelalter das hochelaborierte Latein Ciceros war (zu dessen Zeit es den Lokativ übrigens bereits auch nicht mehr gab)? Es war viel- mehr ein stark vereinfachtes, zu ei- nem formelhaften Idiom erstarrtes Latein, mittels dessen das vorhan- dene Wissen kompiliert und immer wieder neu aufbereitet werden konnte, das aber für kreative Denk- prozesse völlig ungeeignet war. Das ist der Grund, warum die empiri- schen Wissenschaften erst zu dem Zeitpunkt ihren Siegeszug antraten, als die lateinische lingua franca zu- gunsten der Vernakularsprachen aufgegeben wurde.

Wenn also Frau Protschka „die Ent- wicklung des wissenschaftlichen Fortschritts“ am Herzen liegt, sollte sie bedenken, dass gerade die Ein- engung auf ein Einheitsidiom den Fortschritt behindert. Denn Sprache ist ein wichtiges kognitives Werk- zeug für den Erkenntnisprozess im internen Wissenschaftsbetrieb. Was hingegen Sprache als kommunikati- ves Werkzeug betrifft, ist auf inter- nationaler Ebene ein gemeinsames Verständigungsmedium ohne jeden Zweifel zwingend erforderlich, und niemand – auch nicht der Arbeits- kreis Deutsche Sprache in der Me- dizin oder der Arbeitskreis Deutsch als Wissenschaftssprache – wird sich hier dem Englischen verschlie- ßen . . . Zum Glück haben viele In- stitutionen den Wert der Einzelspra- chen für den Erkenntnisfortschritt inzwischen erkannt. Beispielsweise wendet sich die HRK in einem Empfehlungspapier von 2011 gegen den Ausschließlichkeitsanspruch des Englischen an deutschen Hoch- schulen, und auch der DAAD be- kennt sich in seinem Memorandum von 2010 zur Förderung der deut- schen Wissenschaftssprache. Das DÄ zeigt sich mit seinem Kommen- tar nicht mehr auf der Höhe der Zeit.

Prof. Dr. med. Ralph Mocikat, Arbeitskreis Deutsch als Wissenschaftssprache e. V. (ADAWIS), 82131 Gauting

Schon längst Realität

. . . In der vorliegenden Notiz von J.

Protschka werden leider nur die seit dem Ende des vorigen Jahrhunderts stets strapazierten Argumente Glo- balisierung, lingua franca oder in- ternationale Darstellung vorgetra- gen. Aus der Fülle der kritischen Literatur zu dem Thema Anglisie-

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E g d B n c n der Inhaltebefürchte

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26. Oktober 2012 rung der deutschen beziehungswei-

se europäischen Wissenschafts- und Umgangsfachsprachen wird nichts zitiert . . . Zutreffend sind die Hin- weise auf die Verdrängung der eige- nen Wissenschafts- und Umgangs- fachsprache in den verschiedensten Bereichen der Forschung und Leh- re. Diese von der Autorin als „be- fürchtete“ Verflachung bezeichnete Situation ist leider schon längst Realität. Schon seit Jahren ist sie in einem umfangreichen Schrifttum beschrieben . . .

Zu der Liste der Unzumutbarkeiten gehört auch die Kongresssprache Englisch auf Tagungen deutscher Fachgesellschaften in Deutschland.

Die Forderungen nach der Landes- sprache, wie sie von Teilnehmern an Befragungen (2001 bis 2011) von 85 Prozent bis zu mehr als 90 Prozent erhoben wurden, werden leider nicht immer respektiert (siehe

„Der Aus- und Weiterbildung hin- derlich“, DÄ 47/2001). Vielleicht ließen sich ja Simultanübersetzun- gen zum Nutzen aller Teilnehmer aus dem 12,9 Milliarden Euro be- tragenden Budget des Bundesminis- teriums für Bildung und Forschung (BMBF 06.01.2012) finanzieren.

Wissenschaft ist mehrsprachig. Die Pflege und Weiterentwicklung des Kulturguts Sprache ist kein Würfel- spiel. Gefallene Würfel, ob im Unit -

ed Kingdom, in Deutschland oder anderswo in der Welt, schaffen im Allgemeinen nur einen Gewinner, aber immer viele Verlierer.

Abschließend sei der Bundestags- präsident N. Lammert mit den Schlussworten seiner Rede auf der Tagung in der Politischen Akade- mie Tutzing (10.01.2011) zitiert:

„Wer soll sich um die eigene Spra- che kümmern, wenn nicht wir?“

(siehe www.adsimed.de Archiv/

Kongresse und Tagungen). Seinem wir kann nur uneingeschränkt zuge- stimmt werden.

Prof. Dr. med. Wolfgang Haße, Arbeitskreis Deutsche Sprache in der Medizin e.V. (ADSiMED), 14199 Berlin

ARZNEIVERORDNUNG

In Praxen soll nur manipulationsfreie Software eingesetzt werden (DÄ 31–32/

2012: „Software- Update erforder- lich“).

Eine Zumutung

Neue Vorgaben für Arzneiverord- nungsprogramme für Softwarehäu- ser wurden zum 1. Juli eingeführt.

. . . Die aktualisierte Arzneiverord- nungssoftware solle das manipula- tionsfreie Verschreiben von Arznei- mitteln ermöglichen und Ärzten da- durch mehr Schutz vor Regress bieten . . . Leider wurde dies ein-

fach so beschlossen, ohne dass man die Probleme, die sich für die Arzt- praxen daraus ergeben, mit der er- forderlichen Ernsthaftigkeit in Be- tracht zog. Von einem „Software- Update“ zu reden, ist nämlich schlicht untertrieben. Dieses soge- nannte Update ist so umfangreich, dass dies nur mit erheblichen finan- ziellen Belastungen umgesetzt wer- den kann.

Für meine Praxis bedeutete dies im Einzelnen:

drei neue Rechner: 1 950 Euro

Stundenlohn IT-Techniker: 1 400

Euro Neuinstallation meines DICOM-

Auswertungsprogramms durch Spezial-IT-Techniker (Stunden- lohn 309 Euro) (!): 1 350 Euro

macht zusammen: 4 700 Euro

Ich bin Kunde eines der führen- den Softwarehäuser und gehe da- von aus, dass ich kein Einzelfall bin, dem solche Kosten entstan- den sind.

Besonders ärgerlich ist es, dass die neue Verordnungssoftware viel um- ständlicher ist als die alte und man außerdem nicht ersehen kann, wie mit der neuen Software das mani- pulationsfreie Verschreiben von Arzneimitteln besser ermöglicht werden soll. Pop-ups mit Pharma- werbung werden nämlich nach wie vor eingespielt.

Fazit: Dieses Software-Update ist eine Zumutung für die Arztpraxen.

Dr. med. Gerd-Heinz Galle, 92637 Weiden

O

I m S w 2 U l

HIV-INFEKTION

HIV-positive Mitar- beiter im Gesund- heitswesen dürfen – unter Berücksichti- gung zahlreicher Voraussetzungen – operative und inva- sive Tätigkeiten durchführen (DÄ 35–36/ 2012: „Wie nosokomiale Über- tragungen verhindert werden können“

von Vera Zylka-Menhorn).

Allgemeinmedizin als Alternative

Die Diagnose HIV ist für den Be- troffenen immer noch eine Kata- strophe, auch wenn die Behand- lungsmöglichkeiten zunehmend besser werden und die Restlebens- erwartung sich bei konsequenter und erfolgreicher Behandlung der der Normalbevölkerung annähert.

Mediziner, die sich überwiegend in Ausübung ihrer Berufstätigkeit an- gesteckt haben, müssen sich fragen, ob und wie sie weiter ihren Beruf ausüben können, ohne die erworbe- ne Erkrankung weiterzuverbreiten.

Dies betrifft natürlich überwiegend die operativen Fächer.

Der jetzt gefundene Kompromiss, aus dem Tragen doppelter Hand- schuhe und einer Viruslast knapp über der Nachweisgrenze von 50 Viruskopien/ml scheint vertretbar.

Besser wäre es meines Erachtens, wenn sich die betroffenen Kollegen

im Sinne einer höheren Patientensi- cherheit aus den operativen Fä- chern zurückziehen würden und in anderen Bereichen, zum Beispiel im Bereich der Allgemeinmedizin, tätig würden. Hier wären auch die Ärztekammern und KVen gefragt, um im Falle fehlender Weiterbil- dungen bei nicht mehr ganz jungen Kollegen durch den Besuch von Kursen und die Gewährung von Ausnahmegenehmigungen für die betroffenen Kollegen individuell passende und diskrete Lösungen zu finden.

Dr. Manfred Kerschreiter, 86154 Augsburg H

b h u g V o sive Tätigkeitendurc

B R I E F E

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