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Archiv "Krebsforschung: Die wirklichen Gründe des Scheiterns" (25.03.2005)

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gewesen sei. Dem widerspre- chen die Daten einer Bestfall- analyse, die unsere AG „Bio- logische Krebstherapie“, ge- fördert von der Deutschen Krebshilfe, erhoben und 1997 veröffentlicht hat. Wir hatten Herrn Prof. von Ardenne ge- beten, die Unterlagen seiner am erfolgreichsten behandel- ten Patienten einsehen zu dürfen. Es wurden also nur die 20 besten Fälle unter- sucht. Solch eine Bestfallana- lyse erlaubt bei unkonventio- nellen Verfahren einen ra- schen und rationellen Über- blick, um dann bei positivem Ergebnis weitere Untersu- chungen anzuschließen. Nach genauer Sichtung der Origi- naldaten und Bewertung des Therapieergebnisses nach in- ternational praktiziertem Standard kamen wir zu einer diskrepanten Einschätzung im Vergleich zu den Behand-

lern. Bei ausschließlicher An- wendung der Krebs-Mehr- schritt-Therapie (neun Pati- enten) konnten wir anstelle der neun behaupteten Remis- sionen lediglich eine fragliche Teilremission nachvollziehen.

Bei Patienten, die zugleich ei- ne Chemotherapie erhalten hatten (elf Patienten), gab es nach unserer Einschätzung nur vier Rückbildungen, wo- bei drei Patienten zeitgleich mit einer neuen Chemothera- pie begonnen hatten. Da- durch bleibt unklar, welche Behandlungsmethode den Er- folg bei diesen drei Patienten herbeigeführt hat. Die uns bis 1997 vorliegenden Daten be- weisen keineswegs die Wirk- samkeit der systemischen Krebs-Mehrschritt-Therapie, insbesondere wenn man be- denkt, dass es sich um eine Selektion der angeblich größ- ten Erfolge aus mindestens

460 Patienten handelt. Eine Diskussion über Paradigmen- wechsel oder mangelndes na- turwissenschaftliches Denken der Ärzte ersetzt nicht solide und vor allen Dingen positive Daten.

Literatur bei den Verfassern

Dr. rer. nat. Karin Weigang-Köhler, Prof. Dr. med. M. Wilhelm, Medizinische Klinik 5/Onkologie und Hämatologie, Klinikum Nürnberg, Prof.-Ernst-Nathan-Straße 1, 90419 Nürnberg

Die wirklichen Gründe des Scheiterns

Herr Dr. rer. nat. G. Barkleit versucht, ähnlich wie von Ar- denne zu Lebzeiten, Gründe für das Scheitern der Krebs- Mehrschritt-Therapie u. a. in der mangelnden ärztlichen Kooperationsbereitschaft zu sehen. In Wirklichkeit lagen

die Dinge damals anders. Von Ardenne zog von Anfang an weitgehende Schlüsse aus sim- plen Experimenten an Ehr- lich-Aszites-Karzinomzellen in vitro. Er weigerte sich strikt, von der experimentellen Krebsforschung geforderte Tierversuche mit standardi- sierten syngenen Transplanta- tionstumoren vorzunehmen.

Bewährte Messgrößen eines potenziellen Therapieeffektes wie Überlebenszeit, Tumor- größe und Zahl der Metasta- sen waren für ihn irrelevant angesichts eleganter In-vitro- Messkurven von Temperatur, Azidose und Sauerstoffparti- aldruck. Auf der Grundlage dieser einfachen In-vitro-Expe- rimente suchte er die Lösung auf technologischem Gebiet und erhielt dank seines Ein- flusses leider die Erlaubnis zur Hyperthermie an inkurablen Krebspatienten. Ich habe als B R I E F E

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junger Assistent einige Ob- duktionen solcher Patienten durchgeführt bzw. mit ausge- wertet. Wir haben uns mit hi- stologischen Beschreibungen sehr bald zurückgehalten, nachdem wir erkennen muss- ten, dass von Ardenne jede im histologischen Befund er- wähnte spontane Tumorne- krose seiner Therapie zu- schrieb und diese Interpretati- on ohne Rücksprache mit den Protokollanten für publikato- rische Zwecke benutzte. Die- ses in vielen Varianten wieder- kehrende Verhalten, Ignoranz allgemeinen biologisch-medi- zinischen Basiswissens und Ergebnisinterpretation ohne Konsultation der originären Befunderheber, zwang die meisten der anfangs koopera- tionswilligen Ärzte und Krebs- forscher um ihrer Glaubwür- digkeit willen zur Aufgabe der begonnenen Zusammenarbeit mit von Ardenne. Hinzu ka- men regelrechte Bombarde- ments mit Publikationen im

„Deutschen Gesundheitswe- sen“ und in der Tagespresse, die jedes Mal den absoluten Durchbruch und Therapieer- folg verkündeten. Ans Peinli- che grenzten von Ardennes Auftritte bei medizinischen Kongressen. Es bedarf keines Nachdenkens über eine unter- stellte naturwissenschaftliche Naivität der damaligen Medi- zin oder einer Trägheit ge- genüber einem angeblich ver- ordneten Paradigmawechsel, um das a priori programmierte Scheitern des von Ardenne- schen Konzeptes zu begreifen. . .

Prof. Dr. med. Martin Müller, Weißiger Weg 2, 01324 Dresden

Eine merkwürdige Verschwörungstheorie

Dr. rer. nat. Gerhard Barkleit erweckt in seinem Artikel den Eindruck, die Weiterent- wicklung und Erprobung der Krebs-Mehrschritt-Therapie (KMT) nach Manfred von Ardenne sei an „akteursbe- dingten Innovationsblocka- den“ gescheitert und bemüht dafür Wissenschaftstheoreti- ker wie Th. S. Kuhn und M.

Polanyi. Das Scheitern der KMT, die seit über zehn Jah- ren nur noch von Außensei- tern angeboten wird, hat al- lerdings andere Gründe. Die mangelnde Anerkennung be- ruhte auf der gebotenen kriti- schen Beurteilung des Ver- fahrens in den westlichen In- dustriestaaten ebenso wie in der DDR. Dabei konnte der Träger des Stalinpreises und mehrerer Nationalpreise, im Gegensatz zu anderen Wis- senschaftlern der DDR, seine Konzepte jederzeit im We- sten vorstellen. Gründe für die Ablehnung, sein Konzept in den Kanon der wissen-

schaftlichen Medizin zu über- nehmen, war nicht etwa die

„unheilige Allianz der Krebs- forschungszentren in Ost- Berlin und Heidelberg“, son- dern die vielfach belegten Einwände gegen die Krebs- zelltheorie Otto Warburgs („die letzte Ursache des Kreb- ses ist der Ersatz der Sauer- stoffatmung der Körperzellen durch eine Gärung“) und der fehlende Nachweis des thera- peutischen Nutzens bei einer angeblich großen Zahl der mit der KMT behandelten Patienten. Zahlreiche Aussa- gen des Artikels, welche für die Verschwörungstheorie des Autors angeführt werden, sind nicht belegbar.

ŒWeder die Fortschritte der Therapie an 66 „austherapier-

ten oder moribunden (sic!)“

Krebspatientinnen in Greifs- wald noch die in Manfred von Ardennes eigenen Arbeiten genannten Therapieerfolge wurden in anerkannten onko- logischen Zeitschriften publi- ziert. Die Erfahrungsberichte beschränken sich auf nicht nachprüfbare Surrogatpara- meter oder auf Einzelfälle.

Nach Berichten jüngerer Ärz- tinnen und Ärzte aus Dres- den, die die KMT miterlebt haben, waren die Nebenwir- kungen weit schwerer als an- gegeben.

Die Darstellung des Schick- sals der „Einrichtung einer

Außenstelle des Dresdner In- stituts“ in Friedrichshafen ist absurd. Ich wurde 1973 als der internistische Onkologe der mit dem Krankenhaus in Fried- richshafen kooperierenden Universitätsklinik um eine Stellungnahme zum Vorhaben ersucht, eine Hyperthermie- station im Neubau des Kran- kenhauses einzurichten. Auf- grund katastrophaler Ergeb- nisse bei eigenen Patienten, die im Spätstadium unheilba- rer Krebserkrankungen an an- derer Stelle mit der KMT be- handelt worden waren, und den bereits damals bekannten Fehlern der zugrunde liegen- den Krebstheorie habe ich von der Einrichtung ohne gründli- che Prüfung abgeraten und das DKFZ als geeignete Insti-

tution zur Erstattung eines Gutachtens benannt. Die An- gaben von Prof. Dr. med. Paul Schostok, einem anerkannten Chirurgen und Anästhesisten, über „ermutigende Erfolge“

schienen mir ungenügend und wurden auch niemals publi- ziert. Die von meiner Beurtei- lung unabhängige („intrigan- te“) Stellungnahme des DKFZ hat meine Bedenken bestätigt und den Stadtrat da- von abgehalten, die Organisa- tionsverantwortung für die mögliche Schädigung von Krebskranken durch eine ex- perimentelle Therapie unter einem onkologisch nicht quali- fizierten Arzt zu übernehmen.

ŽTypisch für die Verschwö- rungstheorie des Autors sind die Ausführungen zur Verhin- derung von Phase-III-Studien in den USA, die den Eindruck erwecken, die Teilnahme an ei- nem entsprechenden Pro- gramm sei durch das Konkur- renzdenken eines Dr. Ian Ro- bins verhindert worden, der niemals über onkologische Fragen publiziert hat. Eine KMT-Studie wäre in den USA wie auch in der Bundesrepu- blik schon damals am Ein- spruch einer Ethikkommission gescheitert. Wenig hilfreich ist der Hinweis auf Dr. Dean Burk, einen Schüler von War- burg, der sich unter anderem für die Anwendung des berüchtigten Außenseiterme- dikaments Laetrile („Vitamin B17“) bei Krebskranken ein- gesetzt hat.

Baron Manfred von Ardenne war ein charmanter und ge- winnender Gesprächspartner, dessen Forschungen von den einflussreichsten Politikern des Dritten Reiches, der So- wjetunion und der DDR ge- fördert wurde. Wissenschaft- lich begründete Einwände ge- gen die Wirksamkeit seiner Mehrschritt-Therapien (die bei allen Krebsformen ebenso wie bei zahlreichen anderen Erkrankungen von Nutzen sein sollten) nahm er aller- dings ebenso wenig zur Kennt- nis wie Fragen nach der ethi- schen Vertretbarkeit seiner Experimente an kranken Menschen. Ob man eine sol- che monomane Verfolgung ei-

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Foto:Foto-Grafik Hochscherf

Anlage für die extreme Ganzkörperhyperthermie in der „Von Ar- denne-Klinik“ in Dresden. Am 30. Juni 2000 stellte die überwiegend von der Familie finanzierte Klinik ihren Betrieb ein.

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nes längst als falsch erkannten Therapieprinzips als innovativ bezeichnet oder sie dem von Bleuler beschriebenem Be- reich des autistisch-undiszipli- nierten Denkens in der Medi- zin zuordnet, ist eine Frage des Standpunkts. Seriöse For- schungsprogramme zur regio- nalen, ggf. auch allgemeinen Hyperthermie zur Wirkungs- verstärkung von Zytostatika und anderen in der Krebsbe- handlung eingesetzten Medi- kamenten sind auch in Zukunft vertretbar, auch, wenn der be- wiesene Nutzen für Patienten trotz vieler gut finanzierter Projekte nach wie vor äußerst begrenzt ist. Mit dem geschei- terten Konzept der verschie- denen Krebs-Mehrschritt- Therapien nach Manfred von Ardenne haben sie allerdings nichts mehr zu tun.

Prof. emerit. Dr. med. Hermann Heimpel,Medizinische Universitätsklinik und Poliklinik, Robert-Koch-Straße 8, 89081 Ulm

Nicht die Spitze seiner Leistungen

Es ist schon aller Ehren wert, was der Wissenschaftler und Unternehmer Manfred von Ardenne geleistet hat. Aller- dings ist die Krebs-Mehr- schritt-Therapie, ebenso wie die Sauerstoff-Mehrschritt- Therapie, nach meiner An- sicht nicht die Spitze seiner Leistungen gewesen. Beide Therapieverfahren sind weder von der Wirkhypothese her nachvollziehbar, noch gibt es Studien von annehmbarer wissenschaftlicher Evidenz, die eine Wirksamkeit dieser Behandlungsverfahren bele- gen. Schon die Art der An- wendung lässt Zweifel an der Sinnhaftigkeit aufkommen.

Bei der Sauerstoff-Mehr- schritt-Therapie (SMT) wird zunächst ein Medikamenten- cocktail aus Vitamin C-/B-Vit- aminen, Magnesiumorotat und Dipyridamol zur „Förde- rung der Sauerstoffaufnah- me“ verabreicht oder infun- diert, dann über eine Maske ein Sauerstoff-Luft-Gemisch mit einem Sauerstoffanteil von 50 bis 95 Prozent verab-

reicht – vorzugsweise unter gleichzeitiger Ergometerbela- stung. Bei der Krebs-Mehr- schritt-Therapie handelt es sich, wie dargestellt, um eine Hyperthermiebehandlung (verschiedenster Art) in Kom- bination mit einer Glucosein- fusion, die zur Übersäuerung des Krebsgewebes führen soll.

Zur „Wirkungsverbesserung“

werden auch gerne Thymusex- trakte eingesetzt. Besonders unkritisch wird mit der propa- gierten Indikationsstellung umgegangen. So soll die Krebs-Mehrschritt-Therapie quasi unabhängig von Tumor- art und Tumorstadium wirk- sam sein. Die Sauerstoff- Mehrschritt-Therapie hat eine Indikationsliste, die wie ein medizinisches Handlexikon anmutet. Sie soll wirksam sein sowohl bei arteriellen Durch- blutungsstörungen des Her- zens, der Hirngefäße und der peripheren Arterien, bei Hy- pertonie und Hypotonie, de- generativen Gelenk- und Wir- belsäulenerkrankungen, Ek- zemen und sonstigen chroni- schen Hautkrankheiten, Le- bererkrankungen unabhängig von Art, Ätiologie und Patho- genese. Aber auch bei der Er- leichterung des Geburtsvor- ganges, bei Hör- und Seh- störungen sowie zur Prophy- laxe von Medikamentenne- benwirkungen und dem Ent- gegenwirken von Alterungs- prozessen, genauso wie zur Vorbeugung von Tumorer- krankungen, soll die SMT hel- fen. Insofern ist es meines Er- achtens nachvollziehbar, dass diese Therapiemethoden kei- ne GKV-Leistung sein kön- nen. Im Übrigen leisten auch die meisten PKV-Unterneh- men nachvollziehbarerweise nach meiner Kenntnis nicht für diese beiden Therapien, da Wirksamkeit und Nutzen nicht nachgewiesen sind, an- dererseits aber potenzielle Gefahren bestehen, einerseits durch die Atmung von hoch- prozentigem Sauerstoff, ande- rerseits durch das Versäumnis oder Verzögern von wirksa- mer Therapie.

Dr. Rainer Hakimi,HALLESCHE Private Krankenversicherung a. G.,

Reinsburgstraße 10, 70178 Stuttgart

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