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Archiv "Konjunktur: Am Tropf der Weltwirtschaft" (17.09.2004)

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ie deutsche Konjunktur hängt noch immer am Tropf der Weltwirtschaft.

Der Exportmotor läuft, er zieht die Binnennachfrage je- doch nicht mit. Die deutschen Unternehmen profitieren vor allem von der wirtschaftlichen Expansion in Asien und in den USA. Aber das Wachstum in diesen Ländern verliert an Schwung. Das vergrößert die konjunkturellen Risiken. Die Unternehmen blicken eher wieder skeptischer in die Zu- kunft. Das ist nicht die Grund- lage für eine nachhaltige Be- lebung der Investitionen, die in einen sich selbst tragenden Aufschwung münden könnte.

Der hohe Ölpreis drückt auf die Stimmung; die Verbrau- cher halten sich zurück.

Dabei sind die Wachstums- zahlen des ersten Halbjahres besser als frühere Prognosen.

Im ersten Quartal dieses Jah- res war das Bruttoinlands- Produkt (BIP) um 0,4 Prozent gegenüber dem Vorquartal ge- wachsen, im zweiten Quartal wurde ein Anstieg um 0,5 Prozent erreicht. Allerdings wurde dieses Wachstum aus- schließlich vom Außenbeitrag getragen. Im zweiten Viertel- jahr 2004 stiegen die Exporte noch um 3,2 Prozent, die Im- porte um 2,2 Prozent. Gegen- über dem zweiten Vierteljahr 2003 erhöhte sich das BIP ka- lenderbereinigt um 1,5 Pro- zent. Rechnet man das Ergeb- nis des ersten Halbjahres auf das Gesamtjahr hoch, so er- gibt sich die allgemein für 2004 erwartete Wachstumsrate des BIP von etwa 1,75 Prozent.

Bei den Experten wächst je- doch die Sorge, dass angesichts der zunehmenden Risiken nicht mit einer Beschleuni- gung, sondern mit einer Ab- nahme des Wachstumstempos gerechnet werden muss. Zwar kann auch weiterhin eine sta- bile Nachfrage des Auslands

nach deutschen Produkten er- wartet werden, aber der Welt- handel könnte an Dynamik verlieren. Die USA und China werden ihre Expansion brem- sen müssen. Die amerikani- sche Notenbank hat ihre Zin- sen erhöht,der Ölpreis und das gewaltige Handelsbilanzdefi- zit dämpfen den Aufschwung.

China bemüht sich, sein Ex- pansionstempo zu drosseln. In Japan ist das Wachstum zuletzt schwächer ausgefallen.

Die deutsche Wirtschaft hat bisher vom Exportboom profitiert. Die von einer schrumpfenden Zuwachsrate der Auslandsnachfrage ausge- henden dämpfenden Effekte könnten schon bald wirksam werden. Bereits jetzt gehen im Euro-Raum bei der Industrie weniger Aufträge aus dem Ausland ein. Zwar ist in wich- tigen Teilbereichen der Indu-

strie eine bessere Auslastung der Kapazitäten zu registrie- ren. Das führt aber kaum zu Erweiterungsinvestitionen, denn die Kapazitäten werden durchweg noch nicht ausge- schöpft. Die Hoffnung, die Dynamik des Außenhandels werde auf den Binnenmarkt durchschlagen, dürfte sich kaum noch erfüllen, sollte sich der Aufschwung im Welthan- del deutlich abschwächen.

Die massive Verteuerung der Energie und die Belastun- gen durch die Gesundheitspo- litik treffen alle Bürger. Die realen Einkommenseinbußen der Rentner sind durchweg höher, als die Politik wahrha- ben will. Die Wirkung der Steuerentlastung zum Jahres- beginn ist verpufft. Die Dis- kussion über weitere Ein- schnitte in die sozialen Lei- stungen verunsichert die Bür- ger. Noch ist das Ende des Anstiegs der Arbeitslosigkeit nicht zu sehen. Wer um seinen Arbeitsplatz fürchtet, spart bei seinen Ausgaben und stärkt, wenn möglich, seine Reserven. Vom privaten Ver- brauch sind keine Impulse für die Konjunktur zu erwarten.

In den nächsten Monaten dürfte sich das ohnehin mode- rate Tempo des Aufschwungs also eher verlangsamen.

Auch die Finanzmärkte bieten keinen Anlass zum Op- timismus; sie spiegeln die all- gemeine Unsicherheit wider.

Die Europäische Zentral- bank (EZB) dürfte ihren bis- herigen vorsichtigen Kurs weiter fahren, also weder die Leitzinsen senken noch diese erhöhen. Der Preisanstieg im Euro-Raum hat sich auf über zwei Prozent beschleunigt;

selbst in Deutschland war im

August eine Steigerungsrate von zwei Prozent zu verzeich- nen. Der Streit über die Fra- ge, ob sich die EZB in ihrer Geldpolitik stärker an der Konjunktur oder am Ziel der Preisstabilität orientieren soll- te, könnte in der nächsten Zeit zu harten politischen Ausein- andersetzungen führen. Die von Defiziten geplagten Fi- nanzminister der Euro-Zone sind an möglichst niedrigen Zinsen interessiert. Sie wer- den Druck auf die EZB-Gre- mien ausüben, die Zinsen zu senken, zumindest aber nicht wegen der Preisentwicklung zu erhöhen.

Auch über die Haushaltspo- litik des Bundes sind scharfe politische Diskussionen zu er- warten, erst recht, wenn die Konjunktur wieder schwä- cheln sollte. Finanzminister Ei- chel hat der EU-Kommission mitteilen müssen, dass die Neuverschuldung Deutsch- lands 2004 voraussichtlich 3,7 Prozent des BIP betragen und damit zum dritten Mal die Eu- ro-Defizitgrenze von drei Pro- zent übersteigen wird. Sollte sich der Aufschwung nicht fortsetzen, so könnte diese Grenze auch 2005 nicht einge- halten werden. In diesem Jahr ist die Verschuldung vor allem beim Bund über die Erwartun- gen hinaus angestiegen. Der dem Bund zustehende Bun- desbankgewinn ist stark ge- schrumpft. Auch die Einnah- men aus der Tabak- und der Mineralölsteuer sind deutlich hinter den Schätzungen zu- rückgeblieben. Die EU-Fi- nanzminister, an ihrer Spitze Eichel, drängen daher auf Än- derungen am Stabilitätspakt.

Die EU-Kommission hat sig- nalisiert, an den Grenzen, die der Vertrag setzt, festhalten, deren Anwendung jedoch fle- xibler handhaben zu wollen.

Im Bundestag geht es jetzt um Nachhutgefechte für den Haushalt 2004 und um die Be- ratungen für den Etatentwurf 2005. Die Verschuldung könn- te die investiven Ausgaben übersteigen. Das wäre nicht verfassungsgemäß, wenn dem Etat weiterhin eine Wachstums- rate von zwei Prozent zugrun- de läge. Walter Kannengießer V A R I A

Deutsches ÄrzteblattJg. 101Heft 3817. September 2004 AA2545

Konjunktur

Am Tropf der Weltwirtschaft

Auf flachem Wachstumspfad. Risiken nehmen zu.

Wirtschaft

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