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Archiv "Zukunft der Kur: Betreuen statt verwalten" (07.02.1997)

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„Vor drei Jahren“, erin- nert sich die Urlauberin im Luftkurort Lage-Hörste, „da hing an der Tür zum Speise- saal eine Karte mit den Sehenswürdigkeiten, selbst- gestaltet, das war ganz phan- tastisch.“ Die Journalistin aus Berlin im nordrhein-west-

fälischen Kurheim hat zum zweiten Be- such wieder ihren Mann und die bei- den Kinder mitge- bracht, aber die anregende Bastelarbeit ist nicht mehr da: „Da hängt bloß noch ein Prospekt irgendwo aus.“

Oft sind es scheinbare Kleinigkeiten, die den blei- benden Eindruck eines Kur- gastes von seinem Aufenthalt mitbestimmen: „Dieses Haus hat zwar fünf Fahrräder, aber leider nicht für Kinder“, seufzt dieselbe Interviewte auf dem Tonband der For- schergruppe, die erstmals modellhaft in Nordrhein- Westfalen die Kundenbe- dürfnisse in typischen Heilbä- dern oder Kurorten unter- sucht hat. Prompt fiel der ge- plante Drahtesel-Ausflug der Familie in die Umgebung aus.

Privatzahler und „Soziale“

Um genau solche Un- päßlichkeiten, die allzuleicht als Nörgeleien von Wohl- stands-„Kurlaubern“ abge- tan werden, ging es den Auftraggebern der Untersu- chung*): Wirtschaftsministe- rium, Heilbäderverband und das Institut für Freizeit- wissenschaft im bevölke- rungsreichsten Bundesland ließen bei gut 500 Befra-

gungen nach Schwachstellen in der Gästebetreuung des nordrhein-westfälischen Kur- betriebs fahnden. Nachdem bereits 1992 die Angebotssei- te durchleuchtet worden war, durften nun die vermeint- lichen Nutznießer und oft- mals Leidtragenden der real existierenden Patienten-Ver- waltung den Marsch blasen.

Die so Angesprochenen nahmen die Einladung dank- bar an: Vom nicht erkennba- ren Wegweiser zum Kurheim an der Schnellstraße bis zur fehlenden Squash-Anla- ge, vom Elend einer allein- kurenden 70jährigen Witwe („man kriegt auch sehr wenig Kontakt mit den Leuten hier“) bis zur Beschäfti- gungstherapie, die 42jährige Geschäftsmänner in die Krise stürzt („kleine Handarbei- ten“) – alles protokollierten die Interviewer im Auf- trag größerer Kundenzufrie- denheit.

Und die ist bitter nö- tig. Zehn „Problembereiche“

identifizierte das Forscher- team (siehe Kasten), die den Service-Gedanken vielerorts immer noch als Fremdwort erscheinen lassen. Ein fataler Rückstand angesichts der Entwicklung: Inzwischen ha- ben bundesweit die selbstzah- lenden Privatgäste die Sozial- Kurpatienten zahlenmäßig weit hinter sich gelassen. Auf einen Sozial-Patienten kom- men fünf Privatzahler, die für ihre sauer verdiente Mark Gegenwert sehen wollen.

Zwar bleiben die Privaten mit zwei bis drei Wochen erheb- lich kürzer als die Sozialen mit vier bis sechs, doch selbst das bereinigte Verhältnis lau- tet noch zwei Selbstzahler pro Kassenpatient.

Das alles in Zeiten, in de- nen aus der Politik mit immer neuen Spargesetzen starke Impulse für Kur-Angebote im Selbstzahler- und Kreativsek- tor kommen: Von „Wellness- Kuren“ über „Gesundheits- Urlaube“ bis hin zur klein- gruppenorientierten „Kom- paktkur“ gibt es längst Denkmodelle, die nun für die Gäste vor Ort mit Leben zu füllen wären. Doch an den A-322 (58) Deutsches Ärzteblatt 94,Heft 6, 7. Februar 1997

V A R I A HEILBÄDER UND KURORTE

Zukunft der Kur

Betreuen statt verwalten

Den klassischen Kurgast gibt es nicht mehr. Durch Spar- zwänge, Gesundheitsreform und gewandelte Freizeit- Bedürfnisse entsteht eine heterogene, kompliziertere Kli- entel in den Heilbädern und Kurorten. Service und Bera- tung sind gefragt, doch die Mark sitzt nicht mehr locker in der Tasche – Herausforderung für neue Strategien in der Gästebetreuung. In Nordrhein-Westfalen wurden Kur- gast-Bedürfnisse modellhaft unter die Lupe genommen.

*) Gästebetreuung im Bäderland Nordrhein-Westfalen. Hrsg.: Mi- nisterium für Wirtschaft NRW, Referat Öffentlichkeitsarbeit, Haroldstraße 4, 40213 Düssel- dorf, Telefon 02 11/8 37-02 Thermalbad Bad Lippspringe Foto: FVV Teutoburger Wald

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Entscheidern laufen manche Entwicklungen noch vorbei.

Ein Grund, so die Studie:

irreführende Statistiken des Deutschen Bäderverbandes.

Dort werden Tagesgäste und Kurzurlauber, die zunehmen- de Marktmacht entfalten, gar nicht erfaßt.

Zu wenige Fachkräfte

Der Spagat zwischen den Ansprüchen eines jung-dyna- mischen Selbstzahler-Publi- kums und andererseits zu- nehmender Auslastung durch gebrechliche Reha- und Kli- nik-Patienten ist für viele Kurverwaltungen ein Alp- traum. Oft müssen sie impro- visieren und mangels perso- neller Kapazitäten gar selbst sozialpädagogisch tätig wer-

den. Ein Kurdirektor: „Ich bin acht Jahre Ausbilder bei der Bundeswehr gewesen. Da habe ich meine Art der Pädagogik erworben.“

Nach Meinung der Exper- ten sind die Defizite, die in

sechs typischen nordrhein- westfälischen Kurorten fest- gestellt wurden, durchaus re- präsentativ für die rund 270 Heilbäder und Kurorte in den alten Bundesländern.

Das Problem ist immer

dasselbe: Die Gästebetreuer müßten erst einmal zur Verfü- gung stehen. Investitionen in geschulte Fachkräfte täten not, die ein ganzes Bündel kommunikativer Fähigkeiten beherrschen müßten: Seel- sorger, Reiseleiter, Unterhal- tungspartner, Animateur, Be- rater. Weder die Kurdirekto- ren, meist Verwaltungsspezia- listen, noch die Badeärzte als nüchterne Mediziner haben sich als treibende Kräfte in solchen Belangen erwiesen.

Das Ziel einer angemesse- nen Gästebetreuung wäre je- doch so manche Investition wert. Einige Gäste greifen bis dahin zur Selbsthilfe. Eine Staffel kurender Polizeibe- amter, auf ihre Abendgestal- tung angesprochen, gab dem Interviewer zu Protokoll:

„Wandern, Kino, tanzen, sau- fen – und rumhuren.“

Oliver Driesen

A-325 Deutsches Ärzteblatt 94,Heft 6, 7. Februar 1997 (61)

Rätsel Kurgast: Wo es hapert

Die zehn wichtigsten Versäumnisse bei der Kurgäste-Betreuung:

1. Schwerfällige Gremien identifizieren neue Zielgruppen zu spät 2. Fehlende Professionalität sorgt für Mangel an Ansprechpartnern 3. Zu wenige Angebote für „fröhliche“ Sozialkurgäste

4. Zuwenig Eingehen auf „kranke“ Sozialkurgäste 5. Erlebnisorientierte Gesundheitsurlauber werden ignoriert 6. Einheimische am Kurort werden nicht im Kurbetrieb integriert 7. Starke Defizite bei Kommunikation und Information 8. Kurort und Kurklinik machen sich gegenseitig Konkurrenz 9. Vernachlässigung neuer Zielgruppen (Tagesgäste, „junge Alte“) 10. Potential von Kurpark und „Haus des Gastes“ nicht ausgeschöpft

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