Für die simultane Anwendung des neuen Zytostatikums Gemcitabin und von Radiotherapie, die sich aus In-vitro-Versuchen ableiten läßt (Sem Oncol 22, Suppl 11, S. 68–71, 1995), liegen zum jetzigen Zeitpunkt nur we- nige Daten vor. Die experimentellen Ergebnisse zeigen einen Synergismus beider Therapiemodalitäten bei gleichzeitiger Anwendung. Erklärt wird die synergistische Wirkung von Gemcitabin mit Strahlentherapie durch den Abfall der intrazellulären d-ATP-Konzentration bei gleichzeiti- ger Phosphorylisierung von Gemcita- bin-Monophosphat zum aktiven zyto- toxisch wirksamen Gemcitabin-Tri- phosphat.
Niedrige intrazelluläre Konzen- tration von d-ATP bedeutet hohe Radiosensitivität und tritt 16 bis 24 Stunden nach Gemcitabinexposition bei gleichzeitiger Radiotherapie ein.
Hohe intrazelluläre Gemcitabin- Triphosphatspiegel werden nach 18 bis 24 Stunden gemessen und ste- hen deutlich in zeitlichem Zusam- menhang mit erniedrigtem d-ATP- Spiegel.
Nichtkleinzelliges Bronchialkarzinom In einer ersten klinischen Studie in Belgien und Südafrika wurde Gem- citabin in Kombination mit Radio- therapie bei Patienten mit inope- rablem nichtkleinzelligen Bronchial- karzinom Stadium IIIA und IIIB ge- prüft. Das Zytostatikum wurde in ei- ner Dosierung von bis zu 1 000 mg/m2 wöchentlich 36 (d1, 8, 15, 22, 29, 36) als 30-Minuten-Infusion gegeben, die Radiotherapien folgten zwei Stunden nach der Gemcitabingabe mit fraktio- nierten Bestrahlungen von 2 Gy an den Tagen eins bis fünf bis zu einer Gesamtdosis von 60 Gy.
Es traten Schleimhauttoxizitäten des Oesophagus und der Trachea
(WHO Grad IV) an vier Patienten auf, zwei weitere entwickelten Pneu- monitiden. Ein Patient entwickelte ei- ne Lungenfibrose. Die Studie wurde nach acht aufgenommenen Patienten beendet (Data on file).
Nach den vorliegenden In-vitro- Daten und den Erfahrungen aus der klinischen Studie hat die Kombina- tion von Gemcitabin mit Radio- therapie mehr als einen additiven Effekt. Allerdings ist die Anwendung von Gemcitabin mit gleichzeitiger Bestrahlung derzeit für den klini-
schen Gebrauch so lange nicht zu empfehlen, bis eine sichere Dosie- rung der Kombination ermittelt wor- den ist. Dies ist das Ziel von zur Zeit laufenden Dosisfindungsstudien. Bis zum Vorliegen dieser Ergebnisse kann die gleichzeitige Radiochemo- therapie mit Gemcitabin nicht emp- fohlen werden.
Die sequentielle Radiotherapie mit Gemcitabin wurde zwar nicht in einer klinischen Prüfung untersucht, jedoch liegen der Firma Lilly aus ei- nem kontrolliert behandelten Kollek- tiv von 582 Patienten Berichte zur Arzneimittelsicherheit bei 31 Patien- ten vor, die im Anschluß an Chemo- therapien mit Gemcitabin eine pallia- tive Radiotherapie erhielten. Die Ra- diotherapien nach der Chemothera- pie wurden gut vertragen, und außer- gewöhnlich hohe Toxizitäten wurden
nicht beobachtet. EB
A-2076 (24) Deutsches Ärzteblatt 93,Heft 33, 16. August 1996
P O L I T I K MEDIZINREPORT
Gemcitabin bei soliden Tumoren
Aspekte zur Kombination mit Radiotherapie
Vorhof-Defibrillator in Deutschland erstmals implantiert
Zur Behandlung des medikamentös nicht kontrollierbaren, rezidivie- renden Vorhofflimmerns wurde von der Firma InControl Inc. ein implan- tierbarer Defibrillator entwickelt, der erstmals in Deutschland durch Prof.
Bernd Lüderitz (Universität Bonn) bei zwei Patienten angewendet wurde.
In beiden Fällen handelte es sich um symptomatisches Vorhofflimmern, das weder medikamentös noch durch externe Kardioversion unter Kontrolle gebracht werden konnte.
Wie Lüderitz auf der 10. Tagung Cardiostim in Nizza mitteilte, gelang es durch diese Maßnahme, einen Sinusrhythmus herzustellen. Die Episoden von paroxysmalem Vorhofflimmern wurden im EKG-Speicher des Gerätes automatisch aufgefangen. Den Patienten geht es seit der Implantation gut.
Ähnliche Erfahrungen wurden von englischen, französischen, amerikani- schen und japanischen Kardiologen berichtet. Weltweit wurden bisher etwa ein Dutzend Implantationen vorgenommen.
Der 75 Gramm schwere MetrixTM3000 wird wie konventionelle Herz- schrittmacher in der Pectoralis-Region implantiert. Der Defibrillator hat drei Elektroden, von denen eine in die Spitze des rechten Ventrikels, eine in die antero-laterale Wand des rechten Vorhofs und die dritte im Bereich des Sinus coronarius implantiert wird. Das Gerät ist außer der Defibrillator- funktion mit einer antibradykarden Schrittmacherstimulation zur Aufrecht- erhaltung einer regelmäßigen, normofrequenten Herzaktion nach Kardio- version ausgerüstet. Durch den Sensor aufgenommene EKG werden ge- speichert und können abgerufen werden.
Die Defibrillation erfolgt mit niedrig energetischen Stromstößen, die den Patienten relativ wenig belasten. Unter den zahlreichen Patienten mit Vorhofflimmern verschiedenster Ätiologien kommen laut Lüderitz nur die Patienten für eine Vorhof-Defibrillator-Implantation in Frage, bei denen eine konventionelle Therapie versagt hat und bei denen aufgrund ihrer Symptomatik, zum Beispiel der Herzdekompensation und der Embolie- gefahr, Therapiebedarf besteht. Dr. Elisabeth Gabler-Sandberger