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Archiv "Notwendigkeit und Zulässigkeit der kontrollierten klinischen Prüfung" (19.04.1979)

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Notwendigkeit und Zulässigkeit

der kontrollierten klinischen Prüfung

Ein Beitrag zum Arzneimittelgesetz und ein Schlußwort zur Artikelserie „Klinische Prüfung in der Diskussion"

Rudolf Gross

Mit der klinischen Prüfung neuer Arzneimittel befaßte sich in den letzten Monaten eine umfangreiche Artikelfol- ge im „Forum" des DEUT- SCHEN ÄRZTEBLATTES, aus- gelöst von einer Monographie des Strafrechtlers Prof. Dr. jur.

Martin Fincke und einer Re- plik des Syndikus Dr. jur.

Horst Hasskarl. An der freien Diskussion beteiligten sich neben den Genannten u. a.

zwei am Zustandekommen des Arzneimittelgesetzes maßgeblich beteiligte Parla- mentarier, zwei Pharmakolo- gen und ein Vorstandsmit- glied der Bundesärztekam- mer. Der Ausgangspunkt die- ser Diskussion war ein rein ju- ristischer; dementsprechend überwiegt in der Artikelfolge auch die juristische Argumen- tation. Zur Abrundung der Diskussion hat daher die gesundheitspolitische Redak- tion Wert auf ein dezidiert

wissenschaftlich-klinisches Schlußwort gelegt und da- mit den stellvertretenden Lei- ter der Medizinisch-Wissen- schaftlichen Redaktion des DEUTSCHEN ÄRZTEBLAT- TES beauftragt. (An Betrach- tung und Wertung des Juristi- schen kommt selbstverständ- lich auch das „klinische Schlußwort" nicht vorbei.) DA

1. Allgemeine Probleme des Arzneimittelgesetzes

Das Gesetz zur Neuordnung des Arzneimittelrechtes vom 24. 8. 1976 (AMG), mit zahlreichen Übergangs- bestimmungen in Kraft getreten am 1. 1. 1978, bringt gegenüber allen früheren Regelungen in der Bundes- republik unverkennbar eine Anzahl von Fortschritten und Präzisierun- gen [Texte bei (4)*) und (5)]. Es ent- hält aber auch in unserer Meinung eine Reihe von schwerwiegenden Mängeln und Unklarheiten, die vom Gesetzgeber — trotz sorgfältiger Re- ferenten- und Ausschuß-Arbeit — nicht erkannt oder bewußt nicht be- rücksichtigt worden sind. Dazu zäh- len vor allem:

1. An keiner Stelle ist auch nach un- serer Meinung der Begriff der Wirk- samkeit eines Arzneimittels unzwei- deutig definiert (29), obwohl es sich um einen zentralen Term des Geset- zes handelt. Hier erkennt man schon die Rückwirkung des umstrittenen Wirksamkeitsnachweises.

2. Aber auch andere Begriffe des Gesetzes sind unklar und entspre- chen nicht neueren wissenschaftli- chen Erkenntnissen. Dazu gehören z. B. die „Nebenwirkungen" (§ 4 ff.) oder der Begriff „bedenklich" (§ 5).

Ist zum Beispiel die bei einigen Tachyarrhythmien besonders beab- sichtigte Blockierung der Überlei- tung im AV-Knoten eine (im Gesetz

grundsätzlich negativ beurteilte) Ne- benwirkung von Herzglykosiden?

Sie ist jedenfalls — aber eben nur bei bestimmten Indikationen — höchst erwünscht, und sie ist nicht die Hauptwirkung. Ähnliches gilt von der proliferationshemmenden (zy- tostatischen) Wirkung gewisser „I m- munsuppressiva" und umgekehrt.

Was ist „bedenklich" — vor allem in rechtlicher Hinsicht? Das, was man vorher sorgfältig abwägen („beden- ken") muß oder was man überhaupt nicht anwenden darf? Das AMG spricht vom „begründeten Verdacht, daß Arzneimittel bei bestimmungs- gemäßem Gebrauch schädliche Wir- kungen haben, die über ein nach den Erkenntnissen der medizini- schen Wissenschaft vertretbares Maß hinausgehen". Wie so oft beim Zwang zu allgemeinen Formulierun- gen: ein dehnbarer Begriff

3. Für die Mehrheit der Ärzteschaft und für den größten Teil der Herstel- ler von Arzneimitteln ist es unver- ständlich, daß mit Ausnahme-Para- graphen wie § 25 (Abschnitt 1,4) oder § 38 ff. nicht nur eine Ungleich- behandlung von verschiedenen Arz- neimitteln eingeführt, sondern auch einer Anzahl von Arzneimitteln Zu- lassung und Wirksamkeitsnachweis erlassen wurde. Sie brauchen nur

„registriert" zu werden (§§ 38 und 39).

*) Die Ziffern in Klammern beziehen sich auf das Literaturverzeichnis des Sonder- drucks.

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Spektrum der Woche Aufsätze ·Notizen

Kontrollierte klinische Prüfung

Während der Gesetzentwurf in der ursprünglichen Fassung den gene- rellen Wirksamkeitsnachweis ver- langte, hat er diesen in der endgülti- gen Formulierung durch Bundestag und Bundesrat verloren, so daß man das Gesetz nicht mehr guten Gewis- sens als auf den ursprünglichen zwei Säulen aufgebaut bezeichnen kann:

..". dem Nachweis der Unschädlich- keit,

..". dem Nachweis der Wirksamkeit.

Hasskarl (28) u. a. sprechen mit Recht von einem "amputierten Wirk- samkeitsnachweis".

4. Die heftigsten Auseinanderset- zungen sind aber um die klinischen Prüfungen neuer Arzneimittel ("Controlled clinical trials") entstan- den. Sie waren auch der Hauptge- genstand der im DEUTSCHEN ÄRZ- TEBLATT abgedruckten kontrover- sen Meinungen (1978: Nr. 19, S.

1087 und 1150- Nr. 21, S.1265-Nr.

43, S. 2519- Nr. 44, S. 2608- Nr. 44, S. 2614- Nr. 46, S. 2281- Nr. 47, S.

2841, 1979: Nr. 3, S. 161).

Zu Wort kamen mit völlig entgegen- gesetzten und zum Teil polemischen Äußerungen: zwei Bundestagsabge- ordnete aus dem für das AMG ver- antwortlichen Ausschuß, zwei Juri-

sten, zwei Pharmakologen, ein Phy-

siologe, ein Kammerpräsident, eine niedergelassene anthroposophische Ärztin. Der ärztliche Leser hat aber nach diesem Meinungspluralismus (angelehnt an ihm im Wortlaut meist unbekannte Gesetze, Richtlinien

(z. B. der EG], Technical papers

[z. B. der WHO]) ein Recht auf eine abschließende Information durch die Schriftleitung, ebenso wie die Schriftleitung wohl unbestreitbar das Recht zu einer eigenen und zu- gleich abschließenden Stellungnah- me besitzt.

Um Mißverständnissen vorweg vor- zubeugen: Jeder approbierte Arzt hat u. E. in eigener Verantwortung gegenüber den Gesetzen und ge- genüber seinem Gewissen das

Recht, die Behandlungen durchzu- führen, die er für richtig und dem Kranken nützlich hält. Er erbringt damit aber für das jeweilige Verfah- ren oder Medikament noch keinen allgemeinen Wirksamkeitsnachweis.

Dabei möchten wir nicht alte Strei- tigkeiten neu beleben. ln zahlrei- chen persönlichen Gesprächen und Arbeitskreisen mit Juristen, Medizi- nern usw. hatten wir vielmehr den Eindruck, daß Schärfen abgebaut werden, und daß ein Konsens durch- aus möglich ist. Diesen Geist atmen auch das Memorandum der Dtsch.

Ges. Med. Dokument. u. Statistik (s. u.) sowie die jüngste Diskussion zwischen Fincke, Burkhardt, Fiebig und Koller (21 ). Mit anderen Worten:

Das verstehende Gespräch zwi- schen Medizinern und Juristen ist nach dem jetzigen AMG nötiger als je zuvor.

Nach § 26 AMG erläßt der Bundes- minister für Jugend, Familie und Ge- sundheit "Arzneimittelprüfricht/i-

nien" und macht sie im Bundesan-

zeiger bekannt. "Die Vorschriften müssen dem jeweils gesicherten Stand der wissenschaftlichen Er- kenntnisse entsprechen und sind laufend an diese anzupassen" (§ 26 AMG). Bis heute, das heißt über 2112 Jahre nach der Verkündigung des Gesetzes im Bundesanzeiger und über ein Jahr nach seinem lnkraft- treten, sind solche Richtlinien- auf die die Anhänger und die Gegner des kontrollierten klinischen Ver- suchs mit gleicher Spannung warten - weder veröffentlicht worden noch in unserer Kenntnis unmittelbar vor der Veröffentlichung stehend. Je- denfalls kann eine im Aesopus-Ver- lag (München und Lugano) erschie- nene und dem Bundesgesundheits- amt (24) zugeschriebene Studie über die "Grundzüge der Zulassung von Arzneimitteln in der Bundesre- publik" keinesfalls als die ausste- henden amtlichen Prüfrichtlinien betrachtet werden. Die ungewöhnli- che und der ursprünglichen Absicht des Gesetzgebers wohl kaum ent- sprechende Zurückhaltung kann nur so gedeutet werden, daß das zustän- dige Ministerium von der Heftigkeit der während der Beratung und nach

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der Verkündigung des AMG entstan- denen Auseinandersetzungen über- rascht wurde und- entgegen§ 26- abwarten will, bis

[> entweder erste praktische Erfah-

rungen aus den inzwischen gebilde- ten Zulassungskommissionen vor- liegen und als Richtlinien für die Formulierung dienen können; oder:

[> arzneimittelrechtliche Feststel-

lung der Europäischen Gemein- schaft (zu deren Befolgung sich die Bundesregierung schon vor Erlaß des AMG verpflichtet hat) einige Dis- kussionen gegenstandslos machen;

oder:

[> Ergänzungen der Deklaration

von Helsinki und Tokio international gültiges Recht schaffen und darin den Wirksamkeitsnachweis und sei- ne ethischen Probleme präzisieren. Die Frage nach der Notwendigkeit und Berechtigung der kontrollierten

klinischen Prüfung läßt sich in drei

Komplexe gliedern:

1. Ist der kontrollierte Versuch me- dizinisch notwendig und zugleich rechtlich statthaft?

2. Wie können die berechtigten In- teressen der Kranken, an denen ein neues Präparat auf Wirksamkeit und Verträglichkeit geprüft werden soll, geschützt werden (Versuchs- gruppe)?

3. Wie können die berechtigten In- teressen der Kranken, die nicht das neue Prüfpräparat erhalten, gewahrt werden (Kontrollgruppe)?

Aus praktischen Gründen beantwor- ten wir zuerst die Fragen 2 und 3, dann 1.

Die Einführung eines neuen Arznei- mittels erfolgt heute gewöhnlich in vier Stufen:

1. Bei neuen Substanzen gehen ausgedehnte Tierversuche um Jahre voraus, die erst ergeben, ob die To- xizität niedrig ist, ob die erwartete

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Spektrum der Woche Aufsätze ·Notizen

Kontrollierte klinische Prüfung

Wirkung genügend groß ist- soweit bei der schwierigen Übertragung tierexperimenteller Ergebnisse (z;B.

bei gesunden Tieren implantierte Tumoren gegenüber Spontantumo- ren des Menschen!) solche Aussa- gen überhaupt möglich sind. Alles in allem kommt es nicht auf maximale Wirkung, sondern allein auf den so- genannten therapeutischen Index, das heißt das Verhältnis von er- wünschten zu unerwünschten Wir- kungen an (genaue Definitionen u. a. bei [26) und [27)). Erst die Tier- versuche, deren Ergebnisse der Bundesoberbehörde - hier: dem Bundesgesundheitsamt - vorgelegt werden müssen, entscheiden, ob die Erprobung am Menschen gewagt werden darf (34).

2. ln einer ersten Vorprüfung wer- den am Menschen Verträglichkeit, mittlere Wirkdosis usw. ermittelt.

Gewöhnlich handelt es sich um ge- sunde Freiwillige- meist an der Her- stellung des neuen Präparates Be- teiligte, wie zu deren Ehre endlich einmal öffentlich gesagt werden muß.

3. Wenn das Arzneimittel diese Hür- de genommen hat, wird es einer An- zahl von Patienten mit den entspre- chenden Krankheiten ohne Kontroll- gruppen gegeben, um die ge- wünschte Wirksamkeit orientierend zu testen (sogen. "Pilot-Study" des angelsächsischen Schrifttums, am Menschen häufig auch als "Phase- li-Studie" bezeichnet).

4. Wenn eine erwünschte Wirkung sich anzeigt oder erhoffen läßt, wenn unerwartete und unerwünsch- te Wirkungen nicht beobachtet wer- den, muß für das Mittel an anderen Patienten gegenüber einer aner- kannten Standardbehandlung oder Vorbeugung (etwa von Herzinfark- ten!) oder in besonderen Fällen

(s. u.) im einfachen oder doppelten

Blindversuch erwiesen werden, daß es mehr Heilwirkung oder weniger unerwünschte Erscheinungen oder einen besseren therapeutischen In- dex hat. Dies ist beim Menschen die sogenannte "Phase-111-Studie", der eigentliche kontrollierte klinische Versuch.

Pilot-Study, Phase II und Phase 111 werden - bei prinzipieller Überein- stimmung im internationalen Schrifttum etwas unterschiedlich formuliert, je nachdem, in welchem Umfang und bei wem Prüfungen be- reits stattgefunden haben.

Für (3) und vor allem für (4) sind Kranke oder Gefährdete, denen das Mittel helfen soll, unerläßlich." Gera- de hier hat aber eine Diskussion ein- gesetzt, die geeignet ist, Mißtrauen bei den Kranken zu erwecken sowie die Entwicklung besserer und wirk- samerer Behandlung zu verzögern oder zu verhindern. Das Problem gilt übrigens nicht nur für Arzneimittel.

Es betrifft in ähnlicher Form auch chi ru rg ische Operationstechniken u. ä. (s. dazu z. B. die Übersicht [44)).

II. Zur Problematik der Versuchspersonen

Die Personen, die nach den von uns mit (2), (3) und (4) bezeichneten Un- tersuchungen mit dem Präparat be- handelt werden sollen, sind durch das AMG bis an die Grenzen des Möglichen gesichert. Aus den um- fangreichen Bestimmungen der

§§ 40 und 41 zitieren wir nur, daß

"die klinische Prüfung eines Arznei- mittels beim Menschen nur durch- geführt werden darf, wenn und so lange ... "

.,.. die Risiken ... gemessen an der voraussichtlichen Bedeutung des Arzneimittels für die ärztliche Heil- kunde, ärztlich vertretbar sind;

.,.. die Personen, bei denen die Prü- fung durchgeführt werden soll, nach Aufklärung durch einen Arzt über Wesen, Bedeutung und Tragweite der klinischen Prüfung ihr Einver- ständnis selbst und schriftlich erteilt haben. Besondere Bestimmungen regeln die Handhabung bei Minder- jährigen (§ 40) oder nicht Geschäfts- fähigen(§ 41);

.,.. das Gesetz bestimmt auch die Ansprüche an die Prüfer (§ 40), an

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die Auswahl der Personen (so sind im Unterschied zu in einigen ande- ren Ländern üblichen Verfahren Prüfungen an inhaftierten Personen nicht zulässig!). Das Gesetz bringt ferner Auflagen der straf- und zivil- rechtlichen Haftung der Hersteller u. a. m.

Bezeichnenderweise und entgegen einer hier weitverbreiteten Meinung hat eine kanadische Ärztin gefor- dert, kontrollierte klinische Versu- che auch an Schwangeren durchzu- führen, da sie sich selbst während einer eigenen Schwangerschaft von der qualitativ und quantitativ ganz anderen Wirkung einiger Substan- zen überzeugen konnte.

Daß im Gesetz ein ganzer Hauptteil (Nr. IV) dem Schutz der Menschen bei der klinischen Prüfung gewid- met ist, daß § 22, Abs. 2 für die Zu- lassung im Regelfall "die Ergebnis- se der klinischen oder sonstigen ärztlichen, zahnärztlichen oder tier- ärztlichen Erprobung (klinische Prü- fung)" verlangt und nur im Absatz 3 zu § 22 ("an Stelle der Ergebnisse nach Absatz 2") Ausnahmen zuläßt (vor allem, wenn Wirkungen und Ne- benwirkungen bereits bekannt sind oder "wenn Wirksamkeit und Unbe- denklichkeit nach Zusammenset-

zung, Dosierung, Darreichungsform,

Anwendungsgebiet aufgrund dieser [vorgelegten, Verf.] Unterlagen be- stimmbar sind") -dies alles zeigt in unserer Sicht eindeutig, was der Ge- setzgeber unter der von ihm in§ 22 wörtlich angesprochenen "klini- schen Prüfung" versteht.

Auch nach einem Mitglied des für das AMG verantwortlichen Bundes- tagsausschusses, dem Abgeordne- ten Spitzmüller, ist "die Erprobung von Arzneimitteln an Menschen un- verzichtbar" (52). Der Arzt seiner- seits gibt dem Patienten unter den genannten Voraussetzungen des AMG das neue Mittel in der Hoff- nung, daß es ihm besser helfe oder sonstige Vorteile gegenüber der bis- herigen Behandlung erbringen kann. Es ist daher in unserer Sicht weder rechtlich noch psychologisch vertretbar, den üblichen Begriff des

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Behandlungsvertrages durch den Begriff des „Experimentiervertra- ges" zu ersetzen (8, 19). Cui bono?!

Der Abgeordnete Hamanns (31) — ebenfalls Mitglied des genannten Ausschusses — hat in dieser Zeit- schrift das AMG dahingehend kom- mentiert, daß vom Gesetzgeber nicht der kontrollierte klinische Ver- such verlangt werde, sondern nur der Wirksamkeitsnachweis. Wel- chen Nachweis stellt sich der Ge- setzgeber dann vor? Wie verträgt sich das mit den Formulierungen des § 22 AMG? Bis heute haben je- denfalls in unserer Kenntnis die Gegner des kontrollierten Versuchs keine zu objektiven und reprodu- zierbaren Ergebnissen führenden Alternativen aufzeigen können.

III. Zur Problematik der Kontrollpersonen

Nach Verkündigung des AMG, vor seinem Inkrafttreten, veröffentlichte (1977) der Ost- und Strafrechtler Martin Fincke überraschend seine Thesen in der Monographie „Arznei- mittelprüfung — strafbare Versuchs- methoden" (17). Damit ist es sozusa- gen zu einer „Schlacht mit verkehr- ter Front" gekommen: Während das Arzneimittelgesetz nur den Schutz der mit den neuen Substanzen be- handelten Kranken (Prüfungsgrup- pe) ausführlich beschreibt, sich mit der Kontrollgruppe nicht oder kaum beschäftigt, ist es bei Fincke genau umgekehrt. Ihn interessiert — jeden- falls in seiner Monographie — kaum die Versuchsgruppe. Der Arzt han- delt nach Fincke (17, 19, 21) strafbar, indem er das vermeintlich bessere Präparat einer Anzahl von Patienten vorenthält, um mit der Widerlegung der sogenannten Null-Hypothese (kein echter Unterschied) eine bes- sere Wirksamkeit des neuen Präpa- rates zu erweisen. Der prüfende Arzt oder Versuchsleiter nimmt dafür ei- ne Anzahl ungünstiger, ja tödlicher Ausgänge in der Kontrollgruppe be- wußt in Kauf. Nach dieser Meinung ist die Unterlassung einer ex ante für besser gehaltenen Behandlung bei den Kontrollpatienten eine fahrlässi- ge Körperverletzung oder fahrlässi-

Dies alles erfolgt unter der (nach Fincke beim kontrollierten klini- schen Versuch nicht gegebenen) Prämisse größerer wissenschaftli- cher Genauigkeit. Auch darf der Fortschritt für die Gesamtheit aller Kranken nicht auf Kosten auch nur eines einzelnen gehen (Fincke [17]):

„Des Pudels Kern: der emotionsge- ladene Konflikt zwischen Individual- und Sozialethik".

Ähnlich äußert sich Burkhard (7, 8).

Gerade mit dieser Frage ist eines der unterschwelligen psychologischen Probleme des kontrollierten klini- schen Versuches angesprochen: Je- der von uns erwartet von der Medi- zin möglichst schnelle Fortschritte, die ihm jetzt oder in der Zukunft zugute kommen; er möchte selbst aber für diesen Fortschritt nicht als Versuchs- oder Kontrollperson die- nen. Nach Fincke verstößt die Zu- ordnung zu einer Kontrollgruppe gegen den Behandlungsvertrag zwi- schen Arzt und Patient, die diesem die optimale oder für optimal gehal- tene Behandlung zusichert. Die neuesten Ausführungen von Hass- karl (29) sieht Fincke als eine. be- wußte Herunterspielung der wesent- lichen juristischen Fragen auf tech- nische Details an (20).

So konnte eine deutsche Illustrierte aus Finckes Thesen ableiten: „Wenn Sie ins Krankenhaus kommen, dann fragen Sie, ob Sie einem Versuchs- programm zugeteilt werden. Diese Frage kann Ihr Leben retten. Erklä- ren Sie, daß Sie weder direkt noch indirekt daran teilzunehmen bereit sind, und verlangen Sie die optimale Behandlung." Dies gilt „vor allem in Universitätskliniken . ".

Über diese und andere von Fincke nicht zu verantwortende, aber für den zeitweiligen Stand der Diskus- sion typischen Entgleisungen hin- aus ist zu fragen, ob der Behand- lungsvertrag einen Arzt überhaupt zwingen kann, den Patienten mit ei- nem Arzneimittel zu behandeln, des- sen Überlegenheit keineswegs gesi- chert ist und das nach dem AMG noch nicht einmal zum Verkehr und damit zur Therapie zugelassen

Wir können hier auf eine weitere Darlegung der Thesen von Fincke verzichten. Sie finden sich — außer in seiner erwähnten Monographie — ausführlich in den Kritiken von Hasskarl (28, 29) und von Koller (39) sowie in den beiden Repliken von Fincke selbst (19, 21), ferner bei Burkhardt und Kienle (7, 8, 21). Das unbestreitbare Verdienst von Fincke besteht u. E. in dem Hinweis auf die Risiken für die im AMG kaum beach- tete Kontrollgruppe und die gebote- ne ethische wie strafrechtliche Vor- sicht bei der Planung und Durchfüh- rung kontrollierter Versuche. Seine Thesen werden aber nach der uns zugänglichen Literatur sowohl von Juristen (28, 47) wie auch — abgese- hen von der Gruppe aus Herdecke — von Medizinern (3, 39, 43) abgelehnt

— von den letzteren zum Teil in tem- peramentvoller Form. So sprach Koller (39) vom „Angriff auf den Fortschritt der Medizin".

Fincke hat nach Darlegungen ge- genüber dem Verfasser bewußt ex- treme Fälle konstruiert, da sie in juri- stischer Sicht die Problematik deut- licher machen als der klinische All- tag. Er geht aber als Jurist gerade an diesem vorbei. So ist Kollers Bemer- kung (39) medizinisch durchaus zu- treffend, daß der Patient mit dem neuen Präparat vielleicht größere Heilchancen (die sich oft nur auf Zeit und Ausmaß beziehen) erhält, dafür aber das höhere Risiko noch unbe- kannter unerwünschter Wirkungen eintauscht. Bekanntlich geht man heute davon aus, daß erst ab etwa 5000 Anwendungen auch alle uner- wünschten Wirkungen bei sorgfälti- ger Registrierung erfaßt werden.

Dies sind — wie fast alle unsere Hin- weise — keine Theorien oder kon- struierte Situationen, sondern Bei- spiele aus der Praxis.

Den beta-Blocker Dalzic® hätte man zeitweilig einer bestimmten Gruppe von Patienten nicht vorenthalten dürfen, da er zum Prüfungszeitpunkt wohl anderen marktbekannten Prä- paraten überlegen war. Erst später wurden Augenschäden bekannt, die den Hersteller veranlaßten, das Prä- parat nur noch auf besondere Be-

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Spektrum der Woche Aufsätze Notizen

Kontrollierte klinische Prüfung

Dazu kommen seltene unerwünsch- te Wirkungen auf pharmakogeneti- scher Basis, einem heute jedem Pharmakologen und Kliniker geläu- figen, für die unerwünschten Wir- kungen von Arzneimitteln wichtigen Prinzip, das u. W. im neuen Arznei- mittelgesetz nicht einmal erwähnt wird. Schließlich muß man davon ausgehen, daß der Arzt das neue Präparat vom Hersteller nur bei der Teilnahme an einer kontrollierten Studie erhält. Der Hinweis, man müsse das für besser gehaltene Prä- parat eben dann in der Klinikapothe- ke anfertigen lassen oder auf Liefe- rungszwang bestehen, ist medizi- nisch und technisch naiv. Dieser Meinung widerspricht übrigens auch das AMG, das außerhalb der klinischen Prüfung nur zugelassene Medikamente zur Anwendung am Menschen erlaubt und die Möglich- keiten und Grenzen einer öffentli- chen oder Krankenhausapotheke genau definiert (§ 13).

Der Meinungsunterschied liegt u. E.

darin, daß Fincke (17) glaubt, daß bei Beginn der in Abschnitt I unter (4) aufgeführten kontrollierten klini- schen Studie (Phase-III-Studie) be- reits eine begründete Überzeugung vorliege, daß das Prüfungspräparat

„wahrscheinlich wesentlich" über- legen ist. Diese Art von Überzeu- gung rechtfertigt aber u. E. weder die klinische Einführung noch die breite Anwendung, auch nicht nach dem AMG. Hier sei besonders Sam- son (47) zitiert, nach dem der Be- handlungsvertrag das Recht, aber keinesfalls die Pflicht enthält, eine noch nicht allgemein anerkannte Behandlung, also z. B. ein Testprä- parat, anzuwenden. Auch nach Liedtke (43) ist eine einseitig positiv gerichtete Erwartungshaltung in be- zug auf das Testpräparat zu diesem Zeitpunkt (d. h. der Phase-Il- und Phase-III-Studien) wissenschaftlich nicht gerechtfertigt.

Plazebo — ein Schreckgespenst?

In manchen Publikationen spielt das Plazebo (äußerlich nicht erkennbare Scheinbehandlung ohne die wirksa- me Substanz oder Maßnahme), aus-

gegeben an die Kontrollpersonen im einfachen oder doppelten Blindver- such (s. o.), die Rolle eines Schreck- gespenstes. Beim kontrollierten Ver- such ist das Plazebo tatsächlich nicht die Regel, eher die Ausnahme.

Es hat vor allem Bedeutung, wenn keine meßbaren quantitativen Grö- ßen zur Verfügung stehen, wenn die Wirkung mehr eine subjektive ist.

Dann geht es aber überwiegend nicht um lebensbedrohliche Situa- tionen.

Ein Musterbeispiel für die Probleme um kontrollierte klinische Versuche und besonders um den doppelten Blindversuch ist die von über 25 amerikanischen und kanadischen Kliniken getragene — auch ethisch sorgfältig überwachte — Studie mit dem bei degenerativen Gefäßleiden neuerdings stark in das Interesse getretenen Sulfapyrazon (Anturan®) mit 733 Patienten in der Behand- lungsgruppe und 742 Patienten in der Plazebogruppe. Eine Zwischen- bilanz zeigte die eindeutige Minde- rung der Letalität in der Behand- lungsgruppe (1), andererseits waren einige Untergruppen noch zu klein für endgültige Aussagen, die Be- handlungszeiten noch zu kurz. Die Verantwortlichen beschlossen da- her nach eingehender Diskussion, besonders auch der ethischen Aspekte, die Studie fortzuführen, die Patienten voll aufzuklären und um ihre weitere Kooperation zu bitten (was u. W. bei den meisten Kranken auch geschah). Umgekehrt brachte eine randomisierte Studie mit Ace- tylsalicylsäure sowie mit dem glei- chen Sulfapyrazon keinen Vorteil in der Vorbeugung von Schlaganfällen (9). Ohne diese sorgfältig geplanten und sauber durchgeführten Studien würden weiterhin Patienten mit Herzinfarkten oder drohendem Schlaganfall allein auf der Basis von Glauben, von Hypothesen, von un- verbindlichen „Indizien" teils be- handelt, teils nicht behandelt werden.

Gerade der sogenannte Plazebo-Ef- fekt, aus dessen umfangreicher Lite- ratur wir an anderer Stelle einiges aufgeführt haben (27), spielt für je- den erfahrenen Arzt eine entschei-

dende Rolle. Nach Fricke (22) fallen die nur der Registrierung unterwor- fenen Präparate weitgehend zusam- men mit den Substanzen, für die ein Plazebo-Effekt beschrieben wurde.

Auch hier sollte man ein wenig im logischen Bereich bleiben: Man kann nicht gleichzeitig Balints

„Droge Arzt" in den Himmel loben und den Plazebo-Effekt als für klini- sche Prüfungen unwesentlich be- zeichnen.

Der Leiter der klinischen Prüfungen am Nationalen Gesundheitsinstitut der USA (NIH), Ederer (14), hat u. a.

aus Publikationen der (in der Annah- me von Beiträgen vergleichsweise kritischeren amerikanischen) psych- iatrischen Zeitschriften ein interes- santes Ergebnis beschrieben: Bei 72 Erprobungen neuer Behandlungen zeigten ohne Kontrollgruppe 83 Pro- zent, mit Kontrollgruppe 25 Prozent eine positive Wirkung (23). Mit ande- ren Worten: Bei fast zwei Dritteln der Kranken wurden mit Versuchsprä- paraten angeblich günstige Wirkun- gen erzielt, die auf Plazebo-Effekten beruhten. Ederer zitiert „Muenchs 2. Gesetz": Bessere Ergebnisse kann man immer erhalten, wenn man nur die Kontrollgruppe wegläßt (14).

Die kontrollierte Studie kommt nur in Betracht, wenn Unklarheiten, Zweifel, Meinungsverschiedenhei- ten bestehen oder wenn eine besse- re Wirksamkeit in einer Phase-Ill- Studie erwiesen werden muß. In der Regel wird das neue Medikament gegen eine anerkannte Standard- therapie getestet werden. Das erfor- dert allerdings bei den zu erwarten- den meist geringen Unterschieden eine größere Zahl von Probanden und sorgfältig vorgeplante Prü- fungsverfahren.

In weitgehender Übereinstimmung mit dem soeben unter der Federfüh- rung von Jesdinsky (36) erarbeiteten Memorandum der Deutsch. Ges. f.

Med. Dokum. u. Statistik sowie den Richtlinien der Bundesärztekammer für die Prüfunken von Arzneimitteln in der Praxis des niedergelassenen Arztes (3) gehen wir von folgenden Voraussetzungen einer kontrollier- ten Studie am Kranken aus:

1096 Heft 16 vom 19. April 1979 DEUTSCHES ÄRZTEBLATT

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> Ausreichende Information des Patienten in einer ihm verständli- chen Form über die Probleme bzw.

die Prüfung;

> seine (möglichst schriftliche) Einwilligung;

> Testung gegen eine anerkannte Standardtherapie mit zugelassenen bewährten Arzneimitteln;

> Testung gegen ein Plazebo, wenn quantifizierte objektive Para- meter fehlen und subjektive Krite- rien eine wesentliche Rolle spielen.

Im Plazebo-Fall bedarf es des grundsätzlichen Einverständnisses für beide mögliche Behandlungen — eine gerade in der Psychopharma- kologie u. U. schwierige Situation;

> vorherige Ermittlung von Art und Umfang der erforderlichen Daten, weitgehende Homogenität der Pa- tienten — und der Kontrollgruppe in allen außer den zu prüfenden Krite- rien;

> Berücksichtigung individuell notwendiger Veränderungen oder Unterbrechung der Behandlung;

> Brechung des Codes durch den Versuchsleiter in geeigneten Ab- ständen zur Ermittlung, ob die Prü- fung von der positiven (überlegene Wirkung) oder negativen (geringere Hauptwirkung oder unerwünschte Nebenwirkungen) her abzubrechen ist;

> Entwicklung von Verfahren zur Minimierung der Kontrollgruppe, wie sie zum Teil bereits veröffent- licht wurden (z. B. 11, 57, kritische Diskussion bei [8]).

Wenn ein Mittel (noch unbekannter- weise) tatsächlich überlegen ist, so wird ein Zeitpunkt erreicht, zu dem die Situation klar ist und der Ver- such abgebrochen werden muß.

Diesen Zeitpunkt haben Burkhardt und Kienle anschaulich und eindeu- tig herausgestellt (8). Wenn sie frei- lich in der gleichen Publikation Sir

Bradford Hill als Gegner des kon- trollierten klinischen Versuchs zitie- ren, so ist, abgesehen von den vor- sichtig abzuwägenden Ausführun- gen Bradford Hills zu erwidern, daß neuere englische Kommissionen, denen zum Teil auch Bradford Hill angehörte, zu einer unbedingten Empfehlung des kontrollierten klini- schen Versuchs kamen (z. B. Report Med. Res. Counc. 1962 [51]), sowie die Sammlung von Witts (55) (dort besonders Truelove). Nach unseren Erfahrungen in der EORTC (s. u.) scheiden durch mangelnde Eig- nung, andere Indikationen, Beson- derheiten des Verlaufs, medizinisch notwendige Änderungen für eine kontrollierte Studie gegenüber dem Protokoll rund 30 bis 50 Prozent der grundsätzlich in Betracht kommen- den Patienten aus.

Die genannten Voraussetzungen decken sich auch inhaltlich mit den alle ethischen und technischen Pro- bleme kontrollierter klinischer Stu- dien betreffenden Empfehlungen des englischen „Medical Research Council" (51). Zu ähnlichen Voraus- setzungen und Ergebnissen kam u. E. auch Wolters (56), der mit Recht einerseits das psychologische Moment der Abneigung gegen „Ver- suche am Menschen" . hervorhob, andererseits zwischen berechtigter Skepsis und irrationaler Angst diffe- renzierte (siehe auch die eigenen Ausführungen zu den psychologi- schen Problemen unter [11]). Zum Schluß sei wegen ihrer ungewöhnli- chen Deutlichkeit noch eine Schwei- zer Stimme zitiert:

Der Züricher Kliniker Blum (6) schloß sich in einer Würdigung einer der wenigen wirklichen Arzneimit- telfortschritte der letzteren Jahre, des bei Magengeschwüren unter Umständen lebensrettenden Cimeti- dins, der Äußerung des Präsidenten des Royal College of Physicians, At- kins, an, der die Bedeutung der ran- domisierten kontrollierten Studie für die Medizin mit jener der Einführung des Penicillins verglich. Er schreibt u. a. wörtlich: „Leider sind Meinun- gen wie die von Kienle und Fincke nicht so außenseiterisch, wie wir das gerne wahrhaben möchten. Leider

haben Meinungen dieser Art eine beachtliche Suggestionskraft auf die medizinischen Laien, auf die Laienpresse und nicht zuletzt auf die Politiker. Leider ist es den Meinun- gen dieser Art gelungen, ihren Nie- derschlag im neuen Deutschen Arz- neimittelgesetz vom 1. Januar 1978 zu finden."

In unserer Meinung sollte die Dis- kussion weitergeführt werden, aber als Sachdiskussion, wobei dem je- weiligen Meinungsgegner weder ei- ne niedrigere Ethik, noch materielle Interessen, noch bewußte Mißver- ständnisse unterstellt werden sollten.

IV. Zur Problematik des kontrollierten klinischen Versuches

Der zur Zeit wohl führende Medizin- theoretiker des Westens, A. R. Fein- stein, schrieb kürzlich (15), daß wir Beweise statt Meinungen brauchen, und daß allein durch sorgfältig ge- plante und gut durchgeführte kon- trollierte Versuche das derzeitige therapeutische Dilemma der Medi- zin zu überwinden sei. Grotesker- weise wird auch Feinstein von den Gegnern des kontrollierten klini- schen Versuches als Kronzeuge be- schworen. Da wir seit Jahren seine sämtlichen Publikationen erhalten und eingehend gelesen haben, kön- nen wir hier nur — in maßvoller For- mulierung•— von einem groben Miß- verständnis sprechen. Die Tatsache, daß Feinstein (15), wie viele andere (z. B. 10), die vielen technischen Probleme und Schwierigkeiten einer klinischen Therapieforschung her- ausgehoben hat, kann keinesfalls als Absage an die kontrollierte klini- sche Prüfung gewertet werden (sie- he u. a. seine eigenen Publikationen bei [16] u. [35]). Unabhängig davon muß differenziert werden zwischen ethischen und heuristischen Ein- wänden — einem Unterschied, den man in vielen Stellungnahmen zum AMG vergebens sucht.

Zum heuristischen Wert des kontrol- lierten therapeutischen Versuchs hat Kienle (37) 1978 einen wichtigen

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Spektrum der Woche Aufsätze ·Notizen

Kontrollierte klinische Prüfung

Beitrag veröffentlicht. Nach seiner Meinung ist der kontrollierte thera- peutische Versuch eine unzutreffen- de Bezugnahme auf die ganz ande- ren Zwecken dienende Neyman- Pearsonsche Testtheorie; sie schafft damit einen unangebrachten Re- duktionismus und nivelliert die bio- logische Vielfalt. Die (neo)-bayesia- nischen Verfahren führen demge- genüber nur zu subjektiven Urteilen. Das letztere ist zweifellos richtig und wurde auch von uns schon mehr- fach betont (z. B. Beiträge bei [26]). Kienle hat nach persön'lichen Mittei- lungen (38) eine große Zahl publi- zierter kontrollierter klinischer Stu- dien des internationalen Schrifttums überprüft und keine gefunden, die jedem Einwand standgehalten hätte.

Daraus allerdings zu schließen, daß man damit auf klinische Versuche überhaupt verzichten könne, wäre in unserer Sicht ein Trugschluß.

Sicherheit im Sinne der exakten Na- turwissenschaften gibt es in der Me- dizin praktisch nie. Wahrscheinlich- keit ist als solche keine Alternative, sie ist ein Kontinuum zwischen den in der Medizin kaum je erreichten Extremen 1 und 0. Es ist deshalb ein Unterschied, ob die Wirksamkeit ei- nes Mittels (z. B. nach kooperativen Studien) gemäß international ein- heitlich anerkannten statistischen Kriterien wahrscheinlich ist oder ob es sich nur um unverbindliche Hypo- thesen, "Erfahrungsschatz", ",ndi- zien" und ähnliches einzelner ohne irgendeinen, wie auch immer gear- teten Nachweis handelt. Selbst ein dem wissenschaftlichen Pluralismus so zugeneigter Erkenntnistheoreti- ker wie Spinner hält die Erfahrung (als solche, Verf.) weder für ein Fun- dament der Erkenntnis noch für ein Wahrheitskriterium (51 a). Sogar Poppers berühmtes Falsifikations- prinzip versagt gegenüber diesem Typ von "Erfahrung". Die Kriterien eines Beweises sind nun einmal kontrollierte Studien bei Patienten der gleichen Art, der gleichen in- dividuellen Störungen, ähnlicher Schwere, der gleichen Eignung (16) - sowie vor allem die Reproduzier- barkeit durch beliebige Nachunter- suchungen unter den gleichen Be- dingungen.

Die Prüfungen müssen davon aus- gehen, daß die Wirksamkeit der mei- sten Arzneimittel mono- oder bipha- sisch und dosisabhängig ist (45) - auch, daß individuelle Besonderhei- ten (z. B. Pharmakogenetik!) nur statistisch überspielt werden kön-

nen. Gerade hier liegt der Fehler des

§ 25, Abs. 3 AMG, daß die Zulassung nicht versagt werden darf, "weil the- rapeutische Ergebnisse nur in einer beschränkten Zahl von Fällen erzielt wurden".

So meint Überla (53) zu Recht: "Eine klinische Beobachtung, bei der an wenigen Patienten ohne Versuchs- planung im engeren Sinn der Ver- lauf beobachtet wird, wobei alle denkbaren Fragestellungen gleich- zeitig zur Diskussion stehen, kann lediglich Hypothesen generie-

ren . . . Kontrollierte klinische Prü-

fungen sind die Form der klinischen Prüfung, die ethisch am bester ver- tretbar ist, da sie die Fallzahl mini- mieren bzw. das mit einer bestimm- ten Fallzahl überhaupt erreichbare Wissen maximieren."

Niemand bestreitet die Meinung von Hamanns (31), daß statistische Ver- fahren nur Wahrscheinlichkeitsaus- sagen erlauben, daß sie vom Grund- satz her weder etwas definitiv bewei- sen, noch etwas definitiv widerlegen können. Damit die international an- erkannten Grade von Wahrschein- lichkeit mit einem Irrtum von 5, 2 oder 1 Prozent einfach zu ignorie- ren, ist aber u. E. ein grober Eingriff in weltweit selbstverständliche Grundsätze nicht nur der Medizin, sondern der meisten anderen Wis- senschaften.

Für unsere Verantwortung gegen- über den Kranken ist es entschei- dend, ob die gewünschte Wirkung z. B. mit einer Wahrscheinlichkeit von 98, ja 95 oder 90 Prozent eintritt - oder ob sie auf reinen Hypothesen oder auf "bestimmten Indizien" (31) beruht. Hier wurde das Kind mit dem Bade ausgeschüttet! Die innere Un- möglichkeit dieser Version ergibt sich aus den heute schon ganz un- terschiedlichen Interpretationen:

Während der Staatssekretär

parlamentarische der Bundesregie-

1098 Heft 16 vom 19. April 1979 DEUTSCHES ARZTEBLATT

rung, Zander, vor dem Bundestag den umstrittenen Passus dahinge- hend auslegte, daß man dabei an seltene Krankheiten (etwa 3 oder 4 Fälle in einem Jahrzehnt) gedacht habe (34), ergibt sich aus den Bun- destagsdrucksachen und aus den Äußerungen maßgeblicher Abgeord- neter eine ganz andere Motivation.

Abgestufte praktische Beispiele ..,.. Bis heute gibt es keinen lücken- losen Beweis, daß Zigarettenrau- chen die Entstehung eines Bron- chialkarzinoms begünstigt. Doch dürfte bei der Fülle kongruenter Un- tersuchungen kaum jemand an die- ser Behauptung zweifeln.

..,.. Rund 40 Jahre nach Einführung des Heparins sowie der Cumarine, ferner nach der Entdeckung der plättchenhemmenden Wirkung der Acetylsalicylsäure steht immer noch der definitive Beweis aus, daß eine dieser Substanzen das Risiko eines Rezidivs bei Herzinfarkt oder Lun- genembolie signifikant herabsetzt.

Bei der Fülle der vorgelegten, wenn auch zum Teil berechtigten Einwän- den ausgesetzten kontrollierten Stu- dien zweifeln nur noch wenige Ken- ner der Materie, wenn überhaupt, an der geschilderten Wirksamkeit. Wir wollten jedenfalls für uns im Gefähr- dungsfall auf diese Minderung des Risikos nicht verzichten. Die Be- handlung ist inzwischen auch Tau- senden von Patienten zugute ge- kommen.

..,.. Ob orale Antidiabetika auf die Einstellung oder Prognose eines Diabetes mellitus einen Einfluß ha-

ben, ist nach der berühmten UGDP-

Studie in den USA umstritten. Hier könnten nur weitere, besser und breiter angelegte klinische Studien eine Entscheidung herbeiführen. ..,.. Wie wir früher feststellen konn- ten, wurden vor Jahren Patienten mit malignen Lymphomen von ei- nem damals in deutschen Illustrier- ten hochgelobten "Krebsforscher"

durch Sauerkrautwickel behandelt.

Der Beweis einer auch nur angedeu-

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teten Wirksamkeit steht nach rund zwei Dezennien ebenso aus wie da- mals. Auch dieser Therapeut war wohl von der Richtigkeit und Zweck- mäßigkeit seiner Behandlung über- zeugt. Gehört es zu den Aufgaben eines modernen Arzneimittelgeset- zes — ja oder nein? —, den Bürger vor solchen Heilbehandlungen zu schützen?

Wie weit darf der vielbeschworene Pluralismus in der Medizin getrieben werden? Ist es richtig, daß nach § 25 (2) AMG die Beweislast umgekehrt wird, indem die Unwirksamkeit einer solchen Behandlung erwiesen wer- den muß? Wie soll das im Einzelfall geschehen?

Ist die berühmte, nicht quantifizierte

„Summe der Erfahrungen" oder „In- dizien" einer Gruppe von Ärzten ir- gendein wissenschaftlicher Beweis?

Dies wird von führenden Pharmako- logen des In- und Auslandes als gro- tesk empfunden. Nach dem Brit. Me- dic. Res. Council (51) bedeutet eben gerade der kontrollierte therapeuti- sche Versuch den Fortschritt gegen- über einem „Abwarten, wie in der Vergangenheit, auf die langsame Akkumulation der allgemeinen Er- fahrung". Wo ist die Grenze zwi- schen heute nicht Nachweisbarem (das es zweifellos gibt, das aber von uns gerade deshalb weder positiv noch negativ beurteilt werden kann) einerseits, zwischen (unbewußter) Selbsttäuschung oder (bewußter) Scharlatanerie andererseits?

Bis jetzt sind die Zulassungen ent- sprechenden Kommissionen anver- traut, in denen auch die Vertreter

„nicht orthodoxer" Methoden ver- treten sind. Wie sollen sie entschei- den? Intuitiv? Wir haben im vergan- genen Jahrzehnt wohl mehr als je- der andere Arzt in der Bundesrepu- blik über die Rolle der Intuition im ärztlichen Beruf geschrieben (Lit.

bei [26]), nur: Hier halten wir die Intuition für ein unbrauchbares Ent- scheidungsinstrument.

Das angeführte Kontinuum der Wahrscheinlichkeiten erfordert eine Entscheidung. Für solche Entschei- dungen gibt es die Entscheidungs-

theorie, eine Entwicklung der mo- dernen Logik. Die Entscheidungs- theorie ist von Politikern und Jour- nalisten im Zusammenhang mit dem AMG zum Teil arg mißbraucht wor- den. Hier hat sich ein Begriff ange- boten, der in scheinbar modernem Gewand Gelegenheit gab, einigen Entscheidungen auszuweichen.

Beim kontrollierten klinischen Ver- such handelt es sich im Sinne der Entscheidungstheorie um eine „Ent- scheidung unter Risiko". Die Lektü- re einiger Bundestagsdrucksachen und Publikationen zeigt aber, daß selbst dieser Grundbegriff mißver- standen wurde: Man meinte einen für den Kranken riskanten Versuch!

Die Entscheidungstheorie ist aber — wie jede echte Wissenschaft — wert- neutral und nicht in der Medizin ent- standen: Der Begriff der „Entschei- dung unter Risiko" gilt nach ziem- lich einheitlichem Wortgebrauch der Entscheidungstheoretiker für die häufigen Fälle, in denen verschiede- nen Ereignissen unterschiedliche Erwartungen (Wahrscheinlichkei- ten) zugeordnet werden müssen (25).

Die ethische Seite ist u. E. einfacher zu beurteilen (s. auch Abschnitt III).

1. Nach Kreienberg (40) wird der Wirksamkeitsnachweis durch kon- trollierte klinische Studien in 20 Staaten der Erde bereits gefordert, in 11 weiteren ist er vorgesehen.

Dieser Aufzählung wäre noch der Hinweis auf die Staaten des Ost- blocks anzufügen. Daß in der DDR der kontrollierte klinische Versuch selbstverständlich ist, hat Hasskarl (28) betont. Fügen wir an, daß einer der bekanntesten Onkologen der DDR, Berndt (2), kürzlich schrieb, daß es unbedingt erforderlich sei, konkurrierende klinische Methoden durch kontrollierte klinische Studien vergleichend zu prüfen.

Nach Berndt rühren z. B. die lang- jährigen Kontroversen über die opti- male Behandlung des Mamma-Kar- zinoms nur aus der Tatsache, daß die gegensätzlichen Meinungen auf empirischen Beobachtungen fußten und nicht auf prospektiven kontrol- lierten klinischen Vergleichen (2).

Aus persönlichen Gesprächen und Vorträgen russischer Kollegen wis- sen wir auch, daß z. B. für die So- wjetunion nichts anderes gilt. Nur sieben kleinere Staaten, vorzugs- weise in Südamerika, haben bisher den Wirksamkeitsnachweis nicht eingeführt oder vorgesehen. Was soll ein Land wie die Bundesrepu- blik mit dem größten Arzneimittelex- port der Welt und der drittgrößten Zahl an Neuentwicklungen (44 a) in dieser Situation tun? Müssen ausge- rechnet wir Deutsche der überwälti- genden Mehrheit der Staaten in Ost, West und der Dritten Welt erklären, was ethisch vertretbar ist?

2. In vieljährigen eigenen Beobach- tungen in der europäischen Organi- sation zur Erforschung der Behand- lung des Krebses (EORTC) haben wir von den Ärzten der EG-Länder und Skandinaviens niemals andere Ansätze der Arzneimittelprüfung am Menschen als die kontrollierte und randomisierte klinische Untersu- chung gehört — noch nicht einmal eine Diskussion über die ethische Vertretbarkeit dieser Methoden.

3. In den Artikeln von Hasskarl (28, 29) und Kreienberg (40) in dieser Zeitschrift finden sich zahlreiche Hinweise, nach denen nicht nur die Europäische Gemeinschaft (EG), sondern auch die Weltgesundheits- organisation (WHO) den Wirksam- keitsnachweis ausdrücklich fordern.

Sie brauchen hier nicht noch einmal wiederholt werden. Wiederholt wer- den sollen — wegen der Eindeutig- keit der ethischen Bezüge — nur die bereits von Hasskarl und Kleinsorge (30) teilweise zitierten Grundsätze der WHO:

„For the investigation of drugs plan- ned scientific studies in man are al- ways necessary. lt is not always rec- ognized, that is unethical to intro- duce into general use a drug that has been inadaequately tested. The ethical problem ist not solely one of human experimentation, but also one of refraining from human ex- perimentation" — und „The initial trial of a new drug in man involve a small number of subjects under close clinical and laboratory

DEUTSCHES ÄRZTEBLATT Heft 16 vom 19. April 1979 1099

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Spektrum der Woche Aufsätze ·Notizen

Kontrollierte klinische Prüfung

supervision by experienced inves- tigators. lf the results are considered to justify it, the studies will be ex- tended to larger numbers, but this willposeadditional difficulties in en- suring dose and adaequate supervi- sion."

4. Auch in der Bundesrepublik hat die Deutsche Gesellschaft für Innere Medizin bereits 1965 Richtlinien für die klinische Prüfung aufgestellt, die in die Empfehlungen des Beirates für Arzneimittelsicherheit beim Bun- desministerium für Jugend, Familie und Gesundheit eingingen. Die Empfehlungen dieses Beirates von 1971 decken sich fast wörtlich mit den unter 3 genannten Richtlinien der EG.

Dies alles mag ein Grund dafür sein, daß Fincke angesichts der ziemlich einheitlichen internationalen Auffas- sung mehr auf eine Interpretation des Grundgesetzes der Bundesre- publik als auf das internationale Arz- neimittelrecht und seihe ethischen Grundlagen abhebt (siehe dazu auch 12).

[),er Abgeordnete Fiebig (16 a) be- tonte in dieser Zeitschrift, daß mit dem AMG "in der Bundesrepublik und meines Wissens auch im inter- nationalen Vergleich Neuland betre- ten" worden sei. Das ist unbestritten richtig; die Frage ist nur, ob der Schritt ins Neuland im internationa- len Vergleich so richtig war. Na,ch dem Abgeordneten Hamanns ver- zichtete der Gesetzgeber explizit auf den kontrollierten klinischen Ver- such; "er darf mithin auf dem Um- weg über die Prüfungsrichtlinien nicht wieder erscheinen" (31).

Nach Fiebig (s. o.) ist "der Gesetzge- ber davon ausgegangen, daß objek- tive Wirksamkeits- und Unbedenk- lichkeitsnachweise nicht erbracht werden können". Unter dieser Vor- aussetzung würde das AMG aller- dings einer grundlegenden Verän-

") Bei den Anhörungen vor dem Bundestags-

ausschuß für das AMG haben die Vertreter der Hersteller von Phytotherapeutica es zum Teil als unerwünscht bezeichnet, ihre Zubereitungen "nur registriert" zu sehen;

sie streben die anspruchsvollere Zulas- sung an.

derung bedürfen. Gelegenheiten zu einer Novellierung wären z. B. die Angleichung des Arzneimittelrech- tes innerhalb der EG oder der von der Bundesregierung einzubringen- de Erfahrungsbericht Man könnte beispielsweise auf möglichst wenig Prohibition allein abheben, das heißt auf die Verhinderung und gegebe- nenfalls Erfassung unerwünschter Wirkungen, auf den Schutz der In- teressen von Personen bei kontrol- lierten klinischen Versuchen und ähnlichem- dann aber für alle Heil- mittel. Auf dieser Linie liegen auch Vorschläge, z. B. von Dulce (13), von Kriele (41) u. a. Damit wäre auch naturheilkundlichen Zubereitungen gedient, die im jetzigen Text durch die A-priori-Unterstellung der Un- schädlichkeit (und damit z. T. auch des Verdachtes der Unwirksamkeit*) sowie durch das Verbot der Angabe von Indikationen für registrierte Prä- parate(§ 10,4 AMG) zugleich aufge- wertet und diskreditiert werden. Man könnte sich auch dem interna- tionalen Standard der Wirksamkeits- und der Unbedenklichkeitsnachwei- se anschließen- dann wiederum für alle. Mit beiden Änderungen wäre auch die "bedenkliche" und nur mit der mehr oder minder deutlich aus- gesprochenen Vermutung der

"Harmlosigkeit" gewisser Präparate

(und dann: welche?) begründete Verletzung des Gleichheitsgrund- satzes beseitigt.

in seiner jetzigen Form kann man das so sorgfältig vorbereitete und eingehend diskutierte Gesetz nicht für gut halten. Dies gilt besonders vor dem Hintergrund einer Propa- ganda gegen den einzigen weltweit anerkannten Wirksamkeitsnach- weis, den "kontrollierten klinischen Versuch" - für den seine Gegner zwar "neue Methoden" verlangen, aber bisher keine adäquaten ange- ben konnten.

Literatur beim Verfasser Anschrift des Verfassers: Prof. Dr. med. Rudolf Gross Medizinische Universitätsklinik Joseph-Stelzmann-Straße 9 5000 Köln 41

1100 Heft 16 vom 19. April 1979 DEUTSCHES ARZTEBLATT

THEMEN DER ZEIT

Gesundheitskontrolle der Spendertiere für die sogenannte , ,Zellular-Therapie"

Bundesgesundheitsamt gab Richtlinien bekannt

Zum Glück für diejenigen, die trotz aller Bedenken immer noch ihr Heil in der sogenannten "Zellular-Thera- pie" suchen, übertragen sich die Ei- genschaften der Spendertiere nicht auf die Behandelten. Jedoch ist die Übertragung von Krankheiten der Spendertiere durch das ei ngespritz- te tierische Gewebsmaterial sehr wohl möglich.

Das Bundesgesundheitsamt gab deshalb am 17. Januar 1979 Richtli- nien für die Gewinnung keimfreier.

zellulartherapeutischer Präparate und für die Gesundheitskontrolle der Spendertiere bekannt, die im

"Bundesanzeiger" (Nr. 34 v. 17. 2.

1979, S. 5) und im "Bundesgesund- heitsblatt" veröffentlicht werden. ln den Richtlinien wird eingangs dar- auf hingewiesen, daß tierisches Ge- websmaterial, das bei der "Zellular- Therapie" dem menschlichen Kör- per einverleibt wird, ein Arzneimittel im Sinne des AMG 1976 ist. Nach§ 5 Abs. 1 AMG 1976 ist es verboten bedenkliche Arzneimittel in den

Ver~

kehr zu bringen, das heißt solche, bei denen nach dem jeweiligen Stand der wissenschaftlichen Er- kenntnisse der begründete Verdacht besteht, daß sie bei bestimmungsge- mäßem Gebrauch schädliche Wir- kungen haben, die über ein nach den Erkenntnissen der medizini- schen Wissenschaft vertretbares Maß hinausgehen.

~ Zu den schädlichen Wirkungen gehört auch die Übertragung der Er- reger von Zoonosen, die bei der Frischzelltherapie zu befürchten ist.

~ Für die Anwendung der Arznei- mittel im Einzelfall, das heißt auch für die "Zellular-Therapie" und de- ren Folgen, trage der Arzt die Ver-

antwortung. ~

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