wagen auf der Schotterpiste zurück und folgen dem schma- len Pfad längs eines schäu- menden Baches. Der dichte Wuchs der Vegetation macht es unmöglich, den Pfad seitlich zu verlassen. Zeitweilig leuch-
ten die roten Blütenköpfe der Botellita inmitten der moos- umwachsenen Stämme der Südbuchen auf, insbesondere dann, wenn vereinzelte Son- nenstrahlen das dichte immer- grüne Laubwerk durchdrin- gen und die auf den Blättern sitzenden Wassertropfen in blitzende Brillanten verwan- deln.
Der steinige Urwaldpfad windet sich höher, an den Bäu- men hängen lange zottelige graugrüne Flechten, Zeichen
einer gesunden Luft in dieser stillen Bergwelt. Als nach zweistündiger Wanderung der Wald in Buschwerk übergeht, ahnen wir bereits den Wechsel der noch unentdeckten Land- schaft: Unmittelbar danach stehen wir in einem riesigen Bergkessel.Von der linken Sei- te stürzt ein 300 Meter hoher Wasserfall in mehreren Kaska- den von der steilen Bergkante.
Vor uns ragt eine dunkle Fels- wand auf, über die sich in schwindelnder Höhe eine brei- te Gletscherzunge schiebt.
Hier beginnt das Revier der Kondore, ein bisher uner- forschter weißer Fleck auf der Landkarte Patagoniens.
Nicht nur in der chilenischen Region, sondern auch jenseits der Anden in der argentini- schen Pampa breitet sich Pata- gonien in unermesslicher Wei- te und Einsamkeit aus. Biswei- len wird aber hier diese endlos erscheinende Gleichförmig- keit der Landschaft unerwartet
und plötzlich vom grandiosen Gestaltungsreichtum der Na- tur unterbrochen.Das Schluch- tensystem des Arroyo Feo südöstlich des riesigen Sees General Carrera ist nur ein Beispiel dieser Naturkräfte.
Wenn wir dann in dieser Ge- gend von der entlegenen Estancia des Ehepaares Petty und Coco aus mit einem spezi- ellen Geländewagen auf kaum sichtbaren Spuren zu plötzlich auftauchenden Felsen in der Pampa aufbrechen, brauchen
wir einen guten Führer. Nur dieser kennt den Weg zu den in der Jura-Zeit tief herausgewa- schenen schwer auffindbaren Schluchten, an deren Felsrän- dern Kondornester wie ange- klebt sind und sich Höhlen be- finden,die 10 000 Jahre alte far- bige Handabdrücke und Fels- malereien von Guanakos auf- weisen.
In diese Schluchten hinab- zusteigen, dem geschwunge- nen Lauf des Baches Arroyo Feo folgend bis zu der eng- sten Stelle der schulterbreiten Felsschlucht zu wandern und dabei die Kondore über sich am stahlblauen Himmel glei- ten zu sehen, das schafft ein berauschendes Gefühl der Entdeckerfreude.
Beim Aufstieg aus dem Canyon am späten Nachmit- tag taucht der Feuerball der Sonne die grasbewachsene Pampa in ein goldenes Licht.
Die träge am Himmel trei- benden Wolken in Form von Delphinen, Pilzen oder riesi- gen Untertassen lassen uns Menschen über diese wun- derbaren Naturschauspiele staunen. In dieser zufriede- nen Stimmung erreichen wir nach 30 holprigen Kilometern die einsame Estancia. Coco hat schon das Lamm zum ge- meinsamen Asado am offe- nen Feuer des Quincho vor- bereitet. Die patagonische Nacht erwartet uns mit zar- tem Fleisch und argentini- schem Rotwein bei flackern- dem Feuerschein.
Stefanie Clauß/Ulrich Clauß V A R I A
Deutsches ÄrzteblattJg. 99Heft 4829. November 2002 AA3281
Grado
Fortbildung mit Atmosphäre
Zwischen Ve- nedig und Triest, an der oberen Adria, liegt Grado – historisch be- deutend, be- kannt als See- bad mit (sorg- fältig gepflegter) Tradition seit k. u. k.-Zeiten. Bekannt zudem we- gen der Fortbildungskongresse der Österreichischen Ärztekammer so- wie über viele Jahre hin der deut- schen Bundesärztekammer. An de- ren Tradition knüpft das Collegium Medicinae Italo-Germanicum an, das im kommenden Jahr vom 24.
bis 29. August den 36. Internatio- nalen Seminarkongress veranstal- tet (vgl. das Programm unter „Be- kanntgaben“ in diesem Heft).
Der „neue Grado-Kongress“ hat seine besondere Atmosphäre, al- lein schon wegen des überschau- baren Teilnehmerkreises von etwa 200 Personen. Der bietet Gewähr für intensive Fortbildung und gu- ten Kontakt untereinander. Aber auch der Ort trägt dazu bei. Der Kongress findet in einem Hotel an der „Nahtstelle“ zwischen Altstadt (auf dem Foto St. Eufemia aus dem 6. Jahrhundert) und dem Seebad mit seinem großen Strand statt. In der Freizeit können Kongressteil- nehmer sowohl historischen als auch sportlichen Interessen nach- gehen. Dazu kommt die Umge- bung, so ist das römische Aquileia nur zehn Autominuten entfernt.NJ Der vom kontinentalen patagonischen Eis in den Lago Argentino
fließende Moreno-Gletscher
kontinents
Auf dem Weg nach Calafate: Gauchos mit ihrer Schafherde
Fotos:Ingeborg Derkorn Foto:Archiv