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Archiv "Aufruhr im Theaterhimmel: Das Peking-Opern-Ensemble der. Inneren Mongolei auf Deutschlandtournee" (22.11.1984)

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Aufruhr im Theaterhimmel

Das Peking-Opern-Ensemble der. Inneren Mongolei

auf Deutschlandtournee

Ein Szenenbild aus der Peking-Oper „Die Legende der weißen Schlange"

DEUTSCHES ÄRZTEBLATT

FEUILLETON

D

er Begriff „Peking-Oper"

steht für einen künstleri- schen Stil, nicht unbe- dingt auch für einen geographi- schen Standort. Peking-Oper wird aufgeführt nicht nur in Chi- nas Hauptstadt, sondern auch in Schanghai oder Kanton, Hong- kong und Taipeh — und sogar in Huhehot, der Hauptstadt der In- neren Mongolei; das Staatliche Elite-Ensemble der Volksrepu- blik China, das derzeit West- europa und die Bundesrepu- blik bereist, stammt aus der 300 000-Einwohner-Stadt im Norden des Riesenreiches. Ein Provinz-Ensemble also? Nichts wäre falscher als diese Annah- me. Ganz offensichtlich ist es in China ähnlich wie in der Bun- desrepublik, wo ja auch die künstlerischen Schwerpunkte nicht unbedingt in den Metropo- len liegen (man denke nur an Wuppertal und sein Tanzthea- ter).

Soweit sich das aus europä- ischer Perspektive beurteilen läßt, ist das Peking-Opern-En- semble aus Huhehot durchaus erstklassig. Mag sein, daß das mit der Kulturrevolution zu tun hat, die mit der 200jährigen Tra- dition der Peking-Oper radikal Schluß machen wollte und an seine Stelle die Darstellung re- volutionärer Kämpfe im Stil des Sowjetballetts setzte. Die chine- sischen Gäste sind nicht mitteil- sam, was das Schicksal der Pe- king-Oper in der Inneren Mon- golei während der Kulturrevolu- tion angeht. Das 1960 gegründe- te Ensemble sei in seiner Arbeit

beeinträchtigt, aber nicht aufge- löst worden, heißt es etwas kryp- tisch. So ist der Spekulation Tür

und Tor geöffnet. Haben in Hu- hehot möglicherweise berühm- te Darsteller aus der Hauptstadt künstlerisch überwintert? Na- men wie Li Xiao-Chun oder Lin Chen-Yun, die aus berühmten Darstellerfamilien stammen, auch die Tatsache, daß viele der Protagonisten des Ensembles in Peking geboren sind, legen den Verdacht nahe, daß sich in Hu-

hehot ein Ensemble gebildet hat, dessen erste Kräfte entwe- der vor den Umtrieben der Ro- ten Garden in die Provinz emi- griert oder aber, aus welchen Gründen auch immer, in die In- nere Mongolei kommandiert worden sind.

Pantomime, Tanz und Artistik in der Oper

Auf seiner rund drei Monate dauernden, fast alle großen deutschen Städte berührenden Europatournee ist das Staat- liche Elite-Ensemble vierzig Köpfe stark. Dazu gehören mehr als zwanzig männliche und vier weibliche Darsteller und acht Musiker, die nicht nur die klassi- schen chinesischen Saiten- und Schlaginstrumente spielen, son- dern etwa auch Trompete; das Verhältnis der Musiker zu den Darstellern läßt bereits ahnen, daß in der Peking-Oper, anders als in ihrer wenig älteren euro- päischen Verwandten, die Musik nicht das eindeutig dominieren- de Element ist. Musik, Tanz, Pantomime, dramatischer Dia- log und nicht zuletzt Artistik sind nahezu gleichberechtigte Part- ner. Im Laufe der Zeit haben

sich standardisierte Figuren her- ausgebildet, die durch bestimm- te Kostüme, Schminkformen und Verhaltensweisen gekenn- zeichnet sind. In der Darstellung gehen Realismus und hohe Stili- sierung Hand in Hand. Die Pe- king-Oper erzählt Geschichten:

mythische und märchenhafte, alte, aber auch neue. Doch uns Europäern muten die Chinesen bei Gastspielen für gewöhnlich komplette Opern nur selten zu.

Auch das Ensemble aus der In- neren Mongolei hat in seinem Reisegepäck nur Opernfrag- mente. Man spielt zwei verschie- dene Programme von sehr ähn- licher Struktur. Jedes der bei- den Programme bringt vor der Pause zwei kürzere, ungefähr 20 Minuten dauernde und nach der Pause einen längeren Opern- ausschnitt von ungefähr 40 Mi- nuten. Weggelassen sind die rein lyrischen und die drama- tisch dialogischen Szenen, in denen üblicherweise die Hand- lungen vorangetrieben werden, ehe sie in ein großes Kampffina- le explodieren.

Beide Programme setzen vor al- lem auf das tänzerische und das 3522 (84) Heft 47 vom 22. November 1984 81. Jahrgang Ausgabe A

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DEUTSCHES ÄRZTEBLATT

FEUILLETON

artistische Element und schie- ben, dramaturgisch geschickt, zwischen die Kampfszenen eine komische Passage: „Die Flucht aus dem Tempel". Die Szene er- zählt von den Schwierigkeiten eines buddhistischen Mönchs mit seiner Religion und deren Vorschriften, von der Flucht des jungen Mannes aus dem Orden und von seiner Begegnung mit einer hübschen, ebenfalls fah- nenflüchtigen Nonne, in die er sich sogleich verliebt und die er in einer großen Pantomime durch einen offenbar eisigen Bach trägt. Der komischen Sze- ne ging beim deutschen Tour- neestart in Ludwigshafen eine Kampfszene aus der traditionel- len „Legende der weißen Schlange" voraus, die vor allem der Heldin Gelegenheit gibt, ih- re virtuosen artistischen Fähig- keiten zu beweisen; mit Händen und Füßen wehrt die Dame selbst einen durchrhythmisier- ten Lanzen- und Pfeilhagel ab.

Eindeutiger Höhepunkt der Vor- stellung war ein Ausschnitt aus dem Stück „Aufruhr im Him- mel", in dem der Affenkönig — eine der traditionellen Hauptfi- guren der Peking-Oper — voller Zorn auf die Mißachtung durch die Himmelsoberen reagiert, sie seinerseits beleidigt und schließlich eine von ihnen ent- sandte Streitmacht in die Flucht schlägt.

Natürlich sind alle Ereignisse in feste theatralische Rituale ge- gossen, die immer denselben Verlauf nehmen. Doch Darstel- ler wie Li Xiao-Chun verstehen es, diese Rituale mit individuel- lem Leben zu füllen. Obwohl Lis Affenkönig so geschminkt ist, daß sein Gesicht einer Maske gleicht, sind feinste Regungen von seinen Zügen abzulesen. In die perfekte Artistik, den bunten Wirbel der Kostüme setzen Dar- steller wie Li starke Akzente ei- ner Kunst, die nicht nur virtuos ist, sondern auch human.

Jochen Schmidt

Für den Terminkalender

Reinhold Nägele in Stuttgart

—Anläßlich des 100. Geburtstages des schwäbischen Künstlers (1884-1972) zeigt die Galerie der Stadt Stuttgart, Kunstgebäu- de am Schloßplatz, eine Werk- auswahl der Gemälde Reinhold Nägeles noch bis zum 2. Dezem- ber 1984. Die ihm gebührende Anerkennung blieb dem Künst- ler, der wegen seiner Ehe mit ei- ner jüdischen Ärztin Deutsch- land verlassen mußte, weitge- hend versagt. Die Ausstellung in Stuttgart fordert zu einer Aus- einandersetzung und neuen Be- wertung auf. HK Wettbewerb für Keramiker in Karlsruhe — Noch bis zum 9. De- zember sind im Badischen Lan- desmuseum in Karlsruhe die Ar- beiten von Keramikern zu se- hen, die sich am Wettbewerb um den Richard-Bampi-Preis beworben haben. Eine Jury hat- te aus sechshundert eingesand- ten Arbeiten die 160 qualität- vollsten Arbeiten aus vierzig Werkstätten ausgewählt und den ersten Preis Axel M. Gün- ther aus Wittgert für seine im Holzofen gebrannten salzgla- sierten Keramiken zuerkannt. BL Teddy-Bär & Co. am Nieder- rhein — präsentieren sich im Nie- derrheinischen Museum für Volkskunde und Kulturge- schichte in Kevelaer am Nieder- rhein bis zum 6. Januar 1985.

Diese von einem Katalog beglei- tete Ausstellung würdigt den er- sten Besitz der Kinder, an den viele Erwachsene oft wehmütig zurückdenken. HK Edgar Hofschen in Oldenburg

—Der Oldenburger Kunstverein, Elisabethstraße 36, zeigt bis 23.

Dezember 1984 Bilder des 1941 geborenen Edgar Hofschen. Er gehört zu den hochsensiblen wie auch ausdrucksstarken Künstlern einer sogenannten

„fundamentalen Malerei". Die

zarten Farbabstufungen, die fei- nen Unterschiede der Materiali- tät der Bilder läßt sich in Repro- duktionen kaum vermitteln.

Liebhaber dieser Kunst sind ge- zwungen, die Originale vor Ort zu betrachten. HK Hans Schnell in Nürnberg — Als ob der Künstler seinen Namen wörtlich genommen habe: So wirken manche seiner gesti- schen, oft auf einige Hieb-Krit- zel reduzierten Zeichnungen.

Dem Betrachter teilt sich die Schnelligkeit wie die Wucht des Zeichenvorganges gleicherma- ßen mit. Die Kunsthalle Nürn- berg zeigt die Zeichnungen des Künstlers vom 7. Dezember 84 bis 20. Januar 85 in einer Einzel- ausstellung. HK

Aktuelle Kulturnotizen

Antiquarische Medizin in Rau- enberg — Das Antiquariat Franz Siegle in Rauenberg bietet in seinem dritten Katalog „Alte Me- dizin aus fünf Jahrhunderten"

medizinische Lehrbücher, anti- quarische Handbücher zur Ge- schichte der Medizin sowie Ra- dierungen zum Thema Medizin an. Der Katalog kann bestellt werden bei: Antiquariat Franz Siegle, Erlenweg 6, 6909 Rauen- berg, Telefon: 06222/63082. FS Eberhard Schlotter für Arno Schmidt — Zum 70. Geburtstag von Arno Schmidt ist in der Galerie Stübler (Telefon 0 61 92/2 48 51) in Hofheim eine Mappe mit zehn Ver-Ätzungen von Eberhard Schlotter erschie- nen: „Schwarze Spiegel". Ent- halten sind außerdem Fotoko- pien von Briefen Jan Phillipp Reemtsmas und Eberhard Schlotters sowie ein Essay

„Über die Radierung" des Künstlers. Aufgelegt wurden 100 Exemplare, den letzten zehn je- weils eine Radierplatte beige- bunden. Die Normalausgabe ko- stet 3600 DM, die Luxusausgabe 4500 DM. GS Ausgabe A 81. Jahrgang Heft 47 vom 22. November 1984 (89) 3523

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