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Informationen zur Wirtschafts- und Strukturpolitik

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Fragen an:

Stellungnahme des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB)

zum Diskussionspapier des Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit Ökologische Industriepolitik

Nachhaltige Politik für Innovation, Wachstum und Beschäftigung

Berlin, 22. September 2008

Informationen zur Wirtschafts- und Strukturpolitik

Herausgeber: Verantwortlich: Henriette-Herz-Platz 2

Bundesvorstand

Bereiche

Struktur- und Regionalpolitik Energie- und Umweltpolitik

Bildung, Qualifizierung und Forschung Gesellschaftspolitik und Grundsatz Wirtschafts- und Steuerpolitik Ausgabe

03/2008 – Oktober 2008

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Vorbemerkung

Der DGB begrüßt die Initiative des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit (BMU) mit einem Diskussions- papier, in dem politische Maßnahmen und Instrumente einer ökolo- gischen Industriepolitik skizziert werden, eine breite gesellschaftliche Debatte anzuregen. Auch wir begreifen die Herausforderungen des dringend notwendigen ökologischen Umbaus der Industriegesellschaft als Chance für Beschäftigung, Wirtschaft und Gesellschaft.

„Industrie braucht Energie!“ ist der banale Grundsatz der europäischen Industrialisierung gewesen und Leitmotiv des Montanzeitalters. Heut- zutage wissen wir, dass Produktion, Wohlstand und Wachstum

komplexeren Herausforderungen ausgesetzt sind und auch so gedacht werden müssen, wenn wir in Europa unseren Lebensstandard halten wollen. Das Wort „Nachhaltigkeit“ umfasst diese Komplexität und mit dem strategischen Ansatz der „ökologischen Industriepolitik“ liegt ein Konzept vor, dass eine gebündelte politische Strategie zur Erfassung dieser Herausforderungen teilweise umreißt.

Der strategische Ansatz, ökologische und ökonomische Heraus- forderungen als „zwei Seiten einer Medaille“ zu betrachten und eine

„Wachstumspolitik für eine nachhaltige Zukunft“zu entwickeln, ist in dieser Zuspitzung durchaus spannend. Verfolgt wird das Ziel, zu einem „New Deal“ für Umwelt, Wirtschaft und Beschäftigung

(„national aber auch international“) zu kommen und dafür einen umfas- senden „intelligenten Policy-Mix“ vorzulegen. Das nun vorgelegte Programm bündelt dazu eine ganze Reihe guter, teils bekannter, teils innovativer Vorschläge. Industriepolitik kann und muss gesellschaftlich gestaltet werden: Der DGB ist bereit, an dieser Gestaltung mitzu- wirken. Der DGB sieht den Ansatz einer ökologischen Industriepolitik im Diskussionspapier des BMU als Teil einer erforderlichen inter- nationalen und nationalen Nachhaltigkeitsstrategie für eine langfristig orientierte Politik, die sozialen Zusammenhalt, wirtschaftliche Entwick- lung und die natürlichen Lebensgrundlagen gleichermaßen im Blick behält und die jeweiligen Politikziele integriert angeht.

Für den Deutschen Gewerkschaftsbund (DGB) und seine Mitglieds- gewerkschaften ist das Leitbild der nachhaltigen Entwicklung von zentraler Bedeutung. Der Begriff steht seit 1987 im Vordergrund der Forderungen um Veränderungen der bestehenden Produktions- und Konsumtionsstrukturen. Zwar hat dieser Gedanke in Deutschland inzwischen breite Akzeptanz gefunden, jedoch fehlt immer noch ein Konsens der gesellschaftlichen Gruppen über den Weg seiner Umset- zung.

Der DGBund seine Einzelgewerkschaften haben im Grundsatz- programm von 1996die Forderung nachhaltiger Entwicklung veran- kert und wollen das Leitbild der Nachhaltigkeitkonkretisieren und ausfüllen. Dieses Engagement für eine sozial-ökologische Reform steht unter der Prämisse, alle drei Komponenten der Nachhaltigkeit gleichberechtigt zu verfolgen; dies gilt besonders für die soziale

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Dimension, die bei den bisher vorgelegten Konzepten nicht hinreichend berücksichtigt wurden.

Bereits 2000 hat die Hans-Böckler-Stiftung in der Studie „Arbeit und Ökologie“aufgezeigt, dass eine sozial-ökologische Reformstrategie, die wirtschaftliche Effizienz, ressourcenschonende Produktion, umweltgerechten Konsum und soziale Gerechtigkeit miteinander verbindet, machbar ist und mit Blick auf ökonomische, soziale und ökologische Entwicklungsmöglichkeiten sogar erfolgreicher wäre, als neoliberale Entwicklungsstrategien, die sich ausschließlich an den Leit- punkten Kostenentlastung für Unternehmen, niedrigere Löhne und schlanker Staat orientieren. Dabei spielt die Rolle der Akteure – ins- besondere der Arbeitnehmer/innen und Betriebsräte – eine wichtige Rolle.

In dem BMU-Diskussionspapier wird die soziale Dimension einer nach- haltigen Entwicklung weitgehend auf den Begriff der Sozialverträglich- keit reduziert. Dies, obwohl gerade die deutsche Industrie ihre Erfolge einer spezifischen, sozialen „Einbettung“ verdankt. Ihre ökonomische Stärke und ihre Erfolge verdankt die deutsche Industrie nicht zuletzt auch:

• einer immer noch ungebrochenen Akzeptanz der Bevölkerung in ein leistungsfähiges Sozialsystem,

• dem System der Tarifautonomie und der Flächentarifverträge,

• der betrieblichen unternehmerischen Mitbestimmung der Arbeit- nehmer und

• der hohen Qualifikation und Motivation der Beschäftigten.

Der DGB begrüßt, dass das Thema „Gute Arbeit“Eingang in das Diskussionspapier des BMU gefunden hat. Weiterhin wird in dem Papier deutlich, dass ohne die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer die Innovationspotentiale in Deutschland nicht ausgeschöpft werden können. Dabei wird auch der hohe Stellenwert der Bildung, insbeson- dere der Aus- und Weiterbildung, deutlich.

In enger Kooperation mit dem DGB ist die Entwicklung eines ressour- ceneffizienten Weiterbildungskonzepts für Beschäftigtevorge- sehen. Das Ziel dieses Vorhabens, Arbeitnehmerinnen und Arbeit- nehmer (Betriebsräte u.a.) in gewerkschaftlichen Schulungs-

maßnahmen für die Steigerung der Ressourceneffizienz im Betriebs-, bzw. Produktionsablauf zu sensibilisieren und ihnen praktische und technische Kenntnisse zu vermitteln, wird vom DGB nachdrücklich unterstützt. Damit wird die Möglichkeit, Veränderungsprozesse im Betrieb anzuregen bzw. auch umzusetzen erhöht.

Ein weiteres Feld wäre die Einführung solcher Ausbildungsbausteine in der Ausbildung von Ingenieuren/innen und Naturwissenschaft-

lern/innen, Wirtschaftswissenschaftlern/innen und Führungskräften in Wirtschaft und Verwaltung. Sie sind überwiegend diejenigen, die als Entwickler oder Führungskräfte in den Unternehmen die Entschei- dungen treffen bzw. durchsetzen müssen. Und hier fehlt es leider häufig an dem entsprechenden Wissen.

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In besonderer Weise stehen in dem Konzept des BMU die Verbrauche- rinnen und Verbraucher im Blickpunkt. Nachhaltiges Wachstum und ökologische Industriepolitik können nur funktionsfähig sein, wenn die Verbraucherinnen und Verbraucher mit ihrer Nachfragemacht einbe- zogen werden. Hier liefert das Diskussionspapier des BMU einige, aus gewerkschaftlicher Sicht interessante und begrüßenswerte Ansatz- punkte. Dies führt zu einer Wirtschaftspolitik, die auch wieder die Stär- kung der Binnenkonjunktur erreicht.

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I. Zur Einleitung und zum Teil 1

Ökologie ist die Ökonomie des 21. Jahrhunderts

1. Das BMU hat das Diskussionspapier Ökologische Industriepolitik vorgelegt, um damit eine Debatte zum Umbau der Industriegesell- schaft mit den gesellschaftlichen Interessengruppen zu eröffnen.

Nach Ansicht des BMU braucht die ökologische Frage auch eine ökonomische Antwort. Die ökologische wie ökonomische Proble- matik ist gleichzeitig im höchsten Maße auch eine soziale Frage – aus globaler Perspektive hinsichtlich der Sicherung der Existenz- grundlagen, in den Industrieländern bzgl. der Bezahlbarkeit der Grundversorgung und der gesellschaftlichen Teilhabe.

2. Aus Sicht des DGB muss deshalb kritisch angemerkt werden, dass eine nachhaltige Politik gleichberechtigtauch soziale Belangezu berücksichtigen hat.

Die soziale Dimension kommt jedoch in dem vorgelegten Programm zu kurz. Das Thema schlägt sich eher kursorisch nieder, so z.B. auf Seite 5, wo das BMU mit Recht darauf hinweist: „Die Energie- und Ressourcenfrage ist eine ökonomische, ökologische und soziale Schlüsselfragegeworden, national und global.“ Des weiteren:

„Ökologische Gerechtigkeit ist zu einem zentralen Begriff der Klima- und Ressourcenpolitik geworden.“

3. Ökologische Industriepolitik muss die aktuelle Dominanz des Finanzmarktesin der globalen Wirtschaft im Blick haben. Derzeit stehen die Unternehmen der Erneuerbaren Energien zwar auf der Sonnenseite. Gesamtwirtschaftlich besteht allerdings die Gefahr, dass die Shareholder-Value-Orientierung auch den ökologischen Umbau blockiert. Drastisch steigende Rohstoffpreise könnten die ökologische Modernisierung behindern. Umweltauflagen werden dann nicht als Innovationsanreiz, sondern als Belastung wahrge- nommen. Investitionen in intelligente Technologien für die massive Verringerung überflüssigen Energie-, Material- und Rohstoffeinsatzes kämen nicht in ausreichendem Umfang zur Anwendung.

Der DGB hält ein neues Anreizsystem auf den Kapitalmärkten für erforderlich. Es sollte langfristige Realinvestitionen fördern und den Lebenszyklus einer Investition im Blick haben. Kurzfristige, speku- lative Finanzinvestitionen gilt es zu diskriminieren. Zu den wich- tigsten Aufgaben gehört ein Nachhaltigkeitscheck der bisherigen Finanzmarktliberalisierung. Dort wo aus heutiger Sicht offensicht- liche Fehlanreize gesetzt wurden, gilt es umzusteuern. Zentrales Kriterium ist die Frage, ob die aktuellen Regeln eine ökonomisch, sozial und ökologisch nachhaltige Unternehmenspolitik und -inves- titionen fördern oder nicht.

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4. Der Vorschlag des BMU für eine ökologische Industriepolitik zielt nach eigenen Worten darauf ab, Unternehmen für „grüne“ Märkte zu profilieren. Eine ökologische Industriepolitik begreift die Bewäl- tigung ökologischer Herausforderungen zugleich als Chance für neue wirtschaftliche Dynamik. Zwar heißt es: „Ökologische Industrie- politik will dazu beitragen, dass sich der Strukturwandel sozial- verträglichvollzieht“ (Seite 7). Dies wird jedoch weder an dieser, noch an anderer Stelle weiter ausgeführt, erläutert und konkretisiert.

5. In der Einleitung (Seite 4) wird das Diskussionspapier zur ökologi- schen Industriepolitik strategisch dem nachhaltigen Umbau und der Modernisierung der Industriegesellschaft zugeordnet, mit dem Ziel von mehr qualitativem Wachstum und Beschäftigung.

Dabei wird zwar auch auf die historische Weltwirtschaftskrise mit dem „New Deal“verwiesen. Unterbelichtet bleibt dabei, dass sich aktuell die vom Finanzmarkt auf Kurzfristigkeit getrimmte wirt- schaftliche Lage verschlechtert, insbesondere im Hinblick auf die ökologische Problematik „Klimawandel“ und die zunehmende soziale Spaltung auch in den hochentwickelten Industriegesell- schaften.

Gleichzeitig wäre ein Gegensteuern durch eine offensive ökologi- sche Industriepolitik für Wachstum und Beschäftigung hilfreich.

Vorrangig ist dazu die Mobilisierung des vorhandenen privaten Inves- titionskapitals nötig, indem geeignete Finanzierungsinstrumente entwickelt werden. Dies müsste allerdings durch ein staatliches Investitions- und Konjunkturprogrammergänzt werden, das sich dem Ausbau der staatlichen Daseinsvorsorge im Bereich der

Wasserver- und entsorgung sowie der Modernisierung der Abfall- wirtschaft widmet und so zu einer ökologischen Modernisierung der Infrastruktur beiträgt.

Hierzu wird der in Teil 3, Kapitel 7. angeführte Investitions- und Beschaffungspakt als nicht ausreichend angesehen, da er sich im Wesentlichen auf das „grüne“ Beschaffungswesen bezieht.

Deshalb könnte dieses Kapitel eine geeignete Stelle sein, in der ein ökologisches Investitions- und Konjunkturprogramm eingefügt und mit dem Ziel von qualitativem Wachstum und Beschäftigung ausge- baut wird.

6. Der DGB begrüßt, dass eine ökologische Industriepolitik eine Agenda für den Umbau, nicht aber für den Abbau industrieller Strukturen ist. Sie wird im Gegenteil zur Voraussetzung, dass unsere moderne Gesellschaft eine Zukunft hat. Nach Ansicht des DGB wird die Wettbewerbsfähigkeit von Unternehmen immer mehr davon abhängen, inwieweit sie sich Technologien und Strategien für Energie- und Ressourceneffizienz und Innovationen nach dem Vorbild der Branche der erneuerbaren Energienzu eigen machen können und wollen.

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Eine integrierte Klima- und Energiepolitik kann eine Trendwende herbeiführen, indem sie die gegenwärtigen industriellen Verfahren in umweltverträglichere Prozesse und Produkte wandelt. Wir müssen heute die Grundlagen für nachhaltiges Wirtschaften schaffen. Viele positive Beispiele zeigen, dass gerade die deutsche Industrie über gute Möglichkeiten verfügt, sowohl bestehende Industriebranchen nachhaltig auszurichten als auch über neue expandierende „Öko- Industrien“ zukunftsfähig zu werden.

Aufgabe einer verantwortlichen Politik ist es, den Umstieg auf nach- haltige Produktionsverfahren wirtschafts- und sozialpolitisch zu flan- kieren, indem Preisauftriebe und Schrumpfungsprozesse in

einzelnen Branchen abgefedert werden und sich die positiven Effekte für Wachstum und Beschäftigung möglichst schnell einstellen.

7. Ökologische Industriepolitik darf keine reine Exportförderstrategie sein, sie muss auch zur Modernisierung der Binnenwirtschaft und zur Steigerung der Lebensqualität und zu mehr „Guter Arbeit“ in Deutschland führen. Nur im Rahmen einer überzeugenden „Natio- nalen Nachhaltigkeitsstrategie“ werden Beschäftigte und Verbrau- cher ökologische Industriepolitik als Gewinn annehmen und entspre- chende Produkte und Dienstleistungen auch nachfragen.

Auch der DGB hält die Stärkung der Binnennachfrage durch eine Steigerung der Nettoinvestitionen, die Internalisierung der externen Kosten, die Steigerung der Energieeffizienz, die sozialverträgliche Ausrichtung auf Leitmärkte für Öko-Innovationen und die Initiierung von Technologiesprüngen für entscheidende Hebel für eine ökono- misch-ökologische Modernisierung. Damit diese auch die nach- haltige Entwicklung Deutschlands befördert, bedarf es jedoch auch erheblicher Investitionen in das Bildungssystem, insbesondere in die Fort- und Weiterbildung – und der Weiterentwicklung der sozialen Institutionen.

Wertschöpfung und Wachstum, Unternehmensgewinne und Beschäftigung hängen darüber hinaus von einer leistungsfähigen Infrastruktur für ressourceneffiziente Energieverwendung ab. Dies umfasst an erster Stelle Bildung und Verkehr/Mobilität. Dies umfasst aber auch eine industrielle Infrastruktur – z.B. Investitionen in KWK- Anlagen (s. S. 27) aber auch weitere Investitionen in neue Netze (z.B. Stromtransport aus Off-Shore – Gebieten in die Regionen mit vielen Abnehmern; Fernwärmesysteme). Der DGB sieht hier eine zentrale Aufgabe des Staates nicht nur als Genehmigungsin- stanzsondern als aktiver Akteur des Infrastrukturausbaus.

Die Chance, angesichts der im europäischen Vergleich seit Jahren unterdurchschnittlichen Bruttoinvestitionen jetzt massiv in den Aufbau eines effizienteren und Ressourcen schonenden Kapitalstock zu investieren, muss unbedingt genutzt werden.

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II. Teil 2:

Prinzipien einer ökologischen Industriepolitik

8. Auf Seite 9 heißt es: „Ausschließlich marktgesteuerte Lern- und Anpassungsprozesse können wir uns weder unter ökologischen Kostengesichtspunkten noch unter strukturpolitischen Erwägungen leisten. Die Politik muss einen Beitrag liefern.“

Der DGB unterstützt diese Sichtweise. Nach Ansicht des DGB bleibt unverzichtbare Grundlage vorsorgender Umweltpolitik das ordnungsrechtliche Instrumentarium der Ge- und Verbote, welches einen verbindlichen Rahmen für wirtschaftliches und sonstiges gesellschaftliches Handeln setzt. Mit Geboten und Verboten wird das angestrebte umweltschonende Verhalten in der Regel zuver- lässig und schnell erreicht. Daher wird das Ordnungsrecht der Kern des staatlichen Instrumentariums im Umweltschutz bleiben.

Da das Ordnungsrechtin der Regel Grenzwerte festlegt, kann es jedoch nicht Optimierungsprozesse auslösen. Jeder Emittent wird unabhängig von seinen Vermeidungskosten zu einem gleichen Reduktionsniveau seiner Schadstoffemissionen veranlasst, und zwar durch eine Veränderung des Produktionsprozesses oder der zwischen Produktionsprozess und Emission eingesetzten Vermei- dungstechnologie.

Damit üben Gebote und Verbote auch keinen Anreiz auf den Verur- sacher aus, Umweltbelastungen entsprechend den sich dynamisch entwickelnden wissenschaftlichen Erkenntnissen und gemäß dem technischen Fortschritt so gering wie möglich zu halten.

In Ergänzung zum Ordnungsrecht bedarf es deshalb ökonomi- scher Lenkungsinstrumente, die einerseits besser negative externe Effekte internalisieren, andererseits dazu beitragen, die Eigenverantwortung der Verursacher zu stärken und ihr Eigen- interesse dahingehend zu fördern, dass Umweltbelastungen auch über gesetzliche Anforderungen hinaus vermieden werden.

Damit wird auch ein Beitrag zur Dynamisierung des „Stand der Technik“ geleistet. Ökonomische Instrumente dienen dazu, dass Verursacher von Umweltproblemen (private Haushalte und Unter- nehmen) Vermeidungsstrategien entwickeln, um sich negativen Kostenentwicklungen zu entziehen. Der Spielraum für den Ver- ursacher für adäquate Problemlösungen bleibt gewahrt. Für den Unternehmensbereich ist nachweisbar, dass solche Vermeidungs- strategien positive Investitionsimpulse auslösen.

Notwendig ist ein Instrumentenmixaus Ordnungsrecht, ökono- mischen, organisatorischen, informatorischen und förderpolitischen Instrumenten. Dies ist seit langem bekannt. Der DGB begrüßt den neuerlichen Versuch des BMU, hierauf aufbauend eine ökologische Industriepolitik entwickeln zu wollen. Der DGB fordert die Bundes-

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regierung auf, in diesem Sinne ein energiepolitisches Gesamt- konzeptvorzulegen, dass sich an den Prinzipien der Nachhaltigkeit – Umweltschutz, Wirtschaftlichkeit, Versorgungssicherheit und Beschäftigungssicherung – orientiert.

9. Auf Seite 10 heißt es: „Alle Akteure mobil machen: Verbraucher und Produzenten, Wirtschaft, Gesellschaft und Staat. […] „Die Rahmenbedingungen müssen so gesetzt sein, dass sie unsere gesamte Wirtschaft auf ökologischen Innovationskurs bringen.

…Dazu bedarf es außerdem einer leistungsfähigen, modernen und umweltverträglichen Infrastruktur ebenso wie qualifizierter Arbeit- nehmerinnen und Arbeitnehmer. … Ein ressourcenorientierter Umbau der Industriegesellschaft braucht nicht nur innovative Unternehmer und einen Staat als Pionier. Er braucht auch Arbeit- nehmerinnen und Arbeitnehmer, die gute Arbeit leisten und „Gute Arbeit“ haben.“

Der DGB unterstreicht dies, denn ohne das Innovationspotential der Beschäftigtenals Experten an ihren Arbeitsplätzen auszu- schöpfen, wird der auch vom BMU gewünschte Strukturwandel nicht gelingen. Unternehmen, die ihre Mitarbeiterinnen und Mit- arbeiter einbeziehen und in ihre Aus-, Fort- und Weiterbildung investieren, werden auch in diesem Bereich bessere Erfolge erzielen und soziale und ökologische Belange zugleich berücksich- tigen. Um die gegenwärtigen industriellen Verfahren in umwelt- verträgliche Prozesse und Produkte zu verwandeln, bedarf es entsprechender Technologien für Energie- und Rohstoffeffizienz.

Dies allein reicht jedoch nicht aus. Der Industriestandort Deutsch- land hat nur mit durchgreifenden Innovationen und motivierten Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern eine zukunftsfähige Perspektive.

Darüber hinaus muss die Rolle von Beschäftigten im betrieblichen Umweltschutz gestärkt werden.

10. Weiterhin wird im Kapitel „Prinzipien einer ökologischen Industrie- politik“ von den Innovationspotenzialen der Konsumenten gesprochen. Diese zu stärken ist das Ziel des BMU und wird gleich- zeitig als eine Anforderung an die Politik formuliert. Wie jedoch Innovationspotenziale von Wirtschaft und Gesellschaft – hier auch konkret angestoßen durch Verbraucher – realisiert werden sollen, bleibt vage formuliert; der Aufruf, alle Akteure der Industriegesell- schaft zu aktivieren und zu mobilisieren, unklar. Wie Arbeitnehme- rinnen und Arbeitnehmer als Verbraucher ihre Marktmacht nutzen können, um ökoinnovative Produkte nachzufragen und damit auch als Innovationstreiber aufzutreten, wird nicht deutlich.

11. Dagegen ist aus gewerkschaftlicher Sicht zu begrüßen, dass in der Analyse festgestellt wird, dass über den Preis alleine keine hin- reichenden Informationen über Produkte dargestellt werden

können. Die Anforderungen transparente Märkte, Kennzeichnungs- systeme und eine weitere Übersichtlichkeit für die Verbrauche-

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rinnen und Verbraucher herzustellen ist richtig und muss vorange- trieben werden. Nur wenn Transparenz auf den Märkten herrscht, können Verbraucherinnen und Verbraucher bewusst als Nachfrager auftreten und ökologische nachhaltige Produkte kaufen.

12. Auf Seite 11 heißt es: „Das bleibt nicht ohne Folgen für die Umweltpolitik, die sich innovationspolitisch neu erfinden muss.“

Wie bereits oben ausgeführt, sind Status Quo, anstehende Heraus- forderungen und mögliche Lösungswege seit langem bekannt.

Insofern geht es nicht darum, dass sich die Umweltpolitik innova- tionspolitisch neu erfinden müsse. Das Wissen und die Technolo- gien für eine nachhaltige Energieversorgung sind vorhanden. Auch ist sofortiges Handeln kostengünstiger. Mit anderen Worten: die aktuelle Handlungsblockadewird sich schon in wenigen Jahren rächen, wenn die dann drohende Versorgungslücke die Energie- preise weiter steigen lässt.

Das Ziel einer nachhaltigen Entwicklung findet zwar in allen Teilen der Gesellschaft große Unterstützung. Tatsächlich wird jedoch die Diskrepanz zwischen diesem offiziellen Bekenntnis und dem ausbleibenden Handeln in der Praxis immer größer. So kann auch ein nachhaltiges Gesamtkonzept der Bundesregierung nur dann vorgelegt und umgesetzt werden, wenn alle Ressorts der

Bundesregierungdieses Ziel konkret unterstützen. Die vom BMU vorgeschlagene ökologische Industriepolitik stellt ein wesentliches Element eines solchen nachhaltigen Gesamtkonzeptes dar.

Der schumpeterische Ansatz einer innovationsfreundlichen Anreiz- struktur reicht aber nicht aus. Ohne eine dynamische Endnachfrage bleiben viele der angestrebten ökologischen Produkt- und Prozess- innovationen auf halber Strecke stehen. Das grundlegende Problem der deutschen Volkswirtschaft ist aber ein seit Jahren ausgetrock- neter Binnenmarkt. Aufgrund der unzureichenden Einkommensent- wicklung stagniert der private Konsum, während sich der Export- sektor sehr dynamisch entwickelt. Gelingt es nicht, die Stagnations- tendenzen auf dem Binnenmarkt zu überwinden, so wird aus den Bestrebungen des BMU lediglich eine ökologische Exportoffensive.

Eine veränderte öffentliche Beschaffungspolitik kann diesem Trend entgegenwirken, ihn aber nicht umkehren. Selbstredend liegen die Ursachen dieser ökonomischen Entwicklungsblockade nicht im Wirkungsbereich des BMU. Sie müssen jedoch thematisiert werden, schon allein um keine falschen Erwartungen zu wecken.

Der DGB begrüßt ausdrücklich die Sichtweise des BMU, dass es Aufgabe der Politik ist, Zukunftschancen und -risiken zu antizi- pieren, den Interessenausgleich zu organisieren und notwendige Umbauprozesse nachhaltig, sozial und umweltverträglich zu gestalten. Auch der vorgeschlagene Instrumentenmix zum Umbau von Wirtschaft und Gesellschaft wird vom DGB weitestgehend begrüßt.

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13. Allerdings gibt es auch Widersprüche im Diskussionspapier selbst und Diskrepanzen zwischen den durchaus zutreffenden Erkennt- nissen in dem Diskussionspapier und der realen Regierungspolitik.

So wird auf der Seite 20 richtigerweise festgestellt: „Nachdem in den neunziger Jahren eine gewissen Euphorie im Hinblick auf weichere Formen von Governance und Formen gesellschaftlicher Selbstregulierung die politische Agenda bestimmt haben, ist nach dem Scheitern vieler nationaler und internationaler Selbstverpflich- tungen eine Ernüchterung eingetreten“.

Der DGB hat bereits vor vielen Jahren kritisiert, dass man mit diesen Selbstverpflichtungen von Seiten der Wirtschaft lediglich erforderlichen ordnungsrechtlichen Regelungen zuvorkommt und diese damit verhindert. Der DGB hat dabei das immer wieder- kehrende Schema der Selbstverpflichtungen kritisiert: „Winning time for doing nothing“.

Das BMU leitet aus dieser Erkenntnis heraus ab, dass das Ordnungsrecht nun vor einer Renaissance stehe.

Wenn diese Schlussfolgerung in Regierungspolitik umgesetzt würde, wäre dies sehr zu begrüßen. In der Realität verfolgen aber das BMU und die Regierung nach wie vor unter den Stichworten

„Bürokratieabbau“, „Vereinfachung von Umweltrecht“, „Vereinfa- chung und Beschleunigung von Genehmigungsverfahren“, „Better Regulation“ etc. eine gegenteilige Politik, die auch auf den Abbau von Umweltschutz und Umweltrecht zielt sowie dem Abbau von Kontrolle und Überwachung der Umweltverwaltung dient. Der DGB hat sich deutlich gegen Erleichterungen von nach EMAS auditierten Unternehmensstandorten im Umweltgesetzbuch (UGB) ausge- sprochen. Der „New Approach“ der europäischen Politik geht sogar noch weiter: Er privatisiert Kontrolle und Überwachung und legt in nicht unerheblichem Maße Regierungspolitik in die Hände privatwirtschaftlicher Normierung.

Ein ähnlicher Widerspruch findet sich, wenn man die folgende Formulierung auf der Seite 20 etwas genauer betrachtet: „Oft aber werden schnelle Erfolge auf dem „Brüsseler Verhandlungsparkett“

oder in internationalen Bargaining-Prozessen verhindert oder verwässert. Nicht große Würfe und ambitionierte Regelungen prägen ein internationales Umweltrecht, sondern Lösungen auf dem kleinsten gemeinsamen Nenner“.

Nicht selten sind es jedoch die eigenen nationalen Regierungen, die in Brüssel oder auf internationaler Ebene ambitionierte Politik verhindern. Hier verstecken sich oftmals Minister hinter sich selbst oder hinter der eigenen Regierung, die in Brüssel diese Verschlech- terungen verursacht haben, wenn keine kohärente Regierungs- politik besteht. Ein Beispiel dazu: Der deutsche Bundesumwelt- minister verkündete unlängst, dass mit der ordnungsrechtlichen Abschaffung der Standby-Regelung von Elektrogeräten ein bis zwei Kraftwerke eingespart werden können – ein Ziel, was vom DGB

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unterstützt wird. Doch nachdem diese Forderung in das EU- Aktionsprogramm Energieeffizienz aufgenommen war, wurde sie umgehend durch den deutschen Wirtschaftsminister auf euro- päischer Ebene verhindert und eine freiwillige Maßnahme dazu war das Ergebnis. Nicht Brüssel hat hier verhindert oder verwässert, sondern die eigene Regierung; eine nationale kohärente Regie- rungspolitik wäre hier erforderlich. Aktuell zeichnet sich für die Standby-Regelung eine Lösung über die EU-Ökodesign-Richtlinie ab.

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III. Teil 3: Ökologische Industriepolitik –

Wachstumspolitik für eine nachhaltige Zukunft

14. Auf Seite 12 heißt es: „Im Jahr 2020 müssen wir 40 Prozent unserer Treibhausgasemissionen reduziert haben. Dazu tragen ehrgeizige Ziele bei: Wir müssen den Anteil erneuerbarer Energien im Wärmebereich auf dann 14 Prozent ausgebaut und den Strom- Mix so verändert haben, dass 24 Prozent des Stroms aus Kraft- Wärme-Kopplung und 25 – 30 Prozent aus erneuerbaren Energien gewonnen werden. Und wir müssen unsere Energieproduktivität gegenüber dem Basisjahr 1990 und die Rohstoffproduktivität gegenüber 1994 bis zum Jahr 2020 verdoppelt haben.“

Der DGB begrüßt diese Ziele ausdrücklich. Ein Nachlassen im Klimaschutzwürde im offensichtlichen Widerspruch zu den jüngsten Erkenntnissen der Klimaforschung wie dem letzten IPCC- Bericht stehen. Deutschland muss weiter große Anstrengungen für die Erreichung der Klimaschutzziele unternehmen. Der DGB hat bereits 2006 gefordert, dass sich Deutschland zu einer Reduktion seiner Treibhausgase um 40 Prozent gegenüber 1990 verpflichtet.

15. Mit Recht heißt es auf Seite 13, dass Steuern und Abgaben so ausgestaltet werden sollen, dass jene, die sich umweltfreundlich verhalten, einen Vorteil haben. Gleiches muss nach Ansicht des DGB gelten, wenn mit Ressourcen und Energie sparsam umge- gangen wird. Tatsache ist jedoch, dass z.B. die Wasserpreise angezogen haben, weil Konsumenten ihren Wasserverbrauch redu- ziert haben und nunmehr Wasserwerke und Kläranlagen nicht mehr ausgelastet sind bzw. Abwasserkanäle durch geringer gewordene Fließgeschwindigkeiten verstopfen.

16. Auf Seite 13 heißt es: „Mit der Streichung der Eigenheimzulage ist z.B. eine unter ökologischen Gesichtspunkten zweifelhafte Subventionierung eingespart.“

Die Eigenheimzulage verfolgte nicht in erster Linie ökologische Zwecke. Im Sinne einer nachhaltigen Entwicklung wären auch Alternativen, z.B. eine ökologisch ausgerichtete Umgestaltung statt einer Streichung der Eigenheimzulage denkbar gewesen.

17. Auf Seite 13 heißt es weiter: „Die Energiesteuerbefreiung beim Flugbenzin kostet die Steuerzahler im Jahr knapp 7 Mrd. Euro.“

Auch der DGB spricht sich für eine europaweite Besteuerung des Flugbenzinsaus.

18. Unter dem Titel „Mehrwertsteuer ökologisch spreizen“

(Seite 14) erwähnt das BMU die 3%ige Mehrwertsteuererhöhung

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zur Haushaltskonsolidierung der Bundesregierung. Nach Abschluss der Haushaltssanierung schlägt das BMU vor, dass das Mehrauf- kommen dazu genutzt werden solle, einen Anreiz für den Kauf umweltfreundlicher Konsumprodukte zu geben, in dem der Mehr- wertsteuersatz konsequenter als bisher gespreizt wird.

Interessant ist der Vorschlag zur ökologischen Spreizung der Mehr- wertsteuer, aus Sicht des DGB erscheint er allerdings noch nicht zu Ende gedacht.

So könnte der erweiterte Einsatz dieses Instrumentes auf beschäf- tigungswirksame Dienstleistungen, wie ökologische Personenbe- förderung im ÖPNV, bei der Bahn und energieeffizienten Dienst- leistungen durchaus plausible Lenkungswirkungen entfalten.

Bei der Vielzahl von Produkten wird man um eine Prüfung im Einzelfall nicht herumkommen, dann könnte im Einzelfall das Ordnungsrecht effizienter sein, als eine Spreizung der Mehrwert- steuer.

Erforderlich scheint im Einzelfall auch eine Abwägung der öko- nomischen, ökologischen und sozialen Auswirkungen dieses Instru- mentes. So könnte z.B. die Abschaffung der 3%igen Mehrwert- steuererhöhung nach Abschluss der Haushaltskonsolidierung einen Beitrag zur sozialen Gerechtigkeit darstellen, zumindest gegenüber sozial Schwachen, Rentner/innen und Studenten/innen und stünde damit zur Stärkung der Binnenkonjunktur zur Verfügung. Die öko- logische Spreizung der Mehrwertsteuer müsste dann auf Basis des alten, niedrigeren Mehrwertsteuersatzes erfolgen.

Damit wirft der Vorschlag mehr Fragen als Antworten auf, die vom BMU noch zu beantworten wären.

19. Auf Seite 15 schlägt das BMU die Einführung einer Steuer auf Kernbrennstoffe vor.

Auch der DGB hat bereits 1996 eine allgemeine Energiesteuer auf alle fossilen Brennstoffe und Elektrizität, ausgenommen der Elektrizität aus regenerativen Quellen, vorgeschlagen. Die im Zuge der damaligen Debatte 1999 eingeführte und 2003 fortentwickelte ökologische Steuerreform sieht jedoch nach wie vor keine

Besteuerung von Kernbrennstoffen vor.

20. Zu den Vorschlägen für eine Weiterentwicklung des Emissionshan- dels weist der DGB darauf hin, dass das Instrument Emissions- handelin ein energie- und klimapolitisches Gesamtkonzept der Bundesregierung eingebunden werden müsste, das den Dreiklang aus Versorgungssicherheit, Wettbewerbsfähigkeit und Umwelt- schutz wiedergibt. Die Ausgestaltung des Emissionshandels in der EU muss sowohl einer klima- als auch einer industriepolitischen Strategie folgen. Letzteres vermisst der DGB. Dabei wäre eine

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industriepolitische Beurteilung der Auswirkungen des europäischen Emissionshandels für Deutschland besonders wichtig. In Deutsch- land ist die energieintensive Industrie dichter als irgendwo sonst in der EU. Weder in einem vergleichbaren EU-Land noch in den USA oder Japan ist der Anteil der Industrie an der Brutto-Wertschöpfung oder am Arbeitsmarkt so hoch wie hier.

Der DGB tritt im Kontext eines Instrumentenmixes für den nicht in Frage stehenden, notwendigen Klimaschutz für eine vorurteilsfreie, ergebnisoffene und möglichst zeitnahe energie- und industriepoliti- sche Überprüfung des gegenwärtigen Emissionshandels in der EU hinsichtlich seiner Grundsätze, seines Instrumentariums, seiner Detailregelungen und der jeweiligen Ausführungswirklichkeit ein bis hin zur Frage, ob die klimapolitischen Ziele nicht mit anderen Instrumenten effektiver erreicht werden können.

Das BMU schlägt vor, den Emissionshandel perspektivisch auch auf den Flug- und Schiffsverkehr auszudehnen. An anderer Stelle problematisiert das BMU die Steuerbefreiung des Flugbenzins. Der DGB vermisst hier eine konsistente Gesamtstrategiedes BMU.

Gleiches gilt für das Thema Mobilität. So fordert das Papier zwar ein „Öko-Auto für alle“, ohne aber auf andere Verkehrsträger, insbesondere die Bahn einzugehen. Es fehlen Hinweise darauf, wie die Bahn trotz der gegen große gesellschaftliche Widerstände durchgesetzte Privatisierung durch politische Vorgaben dazu veran- lasst werden kann, ihre tragende Rolle in einer Nachhaltigkeits- strategie zu spielen. Der ÖPNV kommt überhaupt nicht vor. Dabei sind hier neben organisatorischen und ökonomischen Innovationen auch Investitionen zur Einführung technischer Neuerungen erfor- derlich, die Exportschlager sein könnten.

21. Bei der Weiterentwicklung der Lkw-Mautmuss es nach Ansicht des DGB darum gehen, die Wegekosten nach dem Territorialprinzip im jeweiligen Land vollständig anzulasten. Bislang werden beim Güterstraßenverkehr im Unterschied zum Güterschienenverkehr die anfallenden Wegekosten nicht in vollem Ausmaß belastet.

Hierbei geht es nicht nur um Bau und Erhaltung von Straßen, sondern auch um die Berücksichtigung der vergleichsweise

höheren Emissionen des Straßengüterverkehrs im Vergleich zu den Emissionen des Güterschienenverkehrs. Bei der aktuellen Novel- lierung der Maut-Verordnung ist die stärkere Spreizung und Diffe- renzierung der Sätze zu begrüßen. Leider ist die zwischenzeitlich vorgeschlagene Dynamisierung nach Transportdistanzen nicht eingeflossen. Der DGB fordert zudem, dass auch LKWs unter 12,5 t einbezogen werden.

22. Der DGB setzt sich für ein verpflichtendes Verfahren für CO2- Grenzwertefür PKWs ein und unterstützt die Vorschläge des BMU, diese ambitioniert und berechenbar auszugestalten. Wichtig sind hier und bei der Kfz-Steuer schnelle Entscheidungen, damit

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sich Industrie und Verbraucher auf die neuen Rahmenbedingungen einstellen können. Das BMU-Plädoyer für die schnelle Einführung der Grenzwerte steht leider im Gegensatz zu den sich abzeich- nenden Verzögerungen auf europäischer Ebene, wodurch eine nennenswerte Emissionsminderung ab 2015, wie vom IPCC für unverzichtbar gehalten, unwahrscheinlich wird. Auch die Umstel- lung der Kfz-Steuern auf CO2-Basis verschiebt sich. Der DGB weist zudem darauf hin, dass nicht nur die CO2-Emissionen, sondern der Schadstoffausstoß insgesamt verringert werden muss, d. h., auch für Rußpartikel, Feinstaub, Stickoxide usw. Langfristiges Ziel muss ein emissionsfreier Antrieb im Kraftfahrzeugbereich sein, wie z.B.

ein Elektroantrieb, der mit Strom aus erneuerbaren Quellen gespeist wird.

Die Grenzwert-Debatte darf nicht den Blick darauf verstellen, dass das Verkehrssystem insgesamt klimagerecht umgestaltet werden muss. Die Klimaprobleme Chinas lösen wir nicht mit fahrzeug- technologischen Verbesserungen. Die Verkehrsverlagerung auf die Schiene, das Binnenschiff und auf den ÖPNV, langfristig auch Verkehrsvermeidung durch verkehrsparende Strukturen, ist eine zentrale Aufgabe der Raumplanung.

23. Auf Seite 18 schlägt das BMU Leasing-Modelle für Energie- effizienzmaßnahmen vor.

Der DGB hat bereits 2006 die Einrichtung eines Energieeffizienz- Fondsfür Deutschland vorgeschlagen. Dieser Fonds schreibt konkrete, auf die Zielgruppen (private Haushalte, Unternehmen, öffentliche Verwaltungen etc.) zugeschnittene Energiespar- programme aus. Der Fonds selbst übernimmt die zentrale Anschubfinanzierung, Koordination und Steuerung dieser Aktivi- täten. Die Vorfinanzierung von Energieeffizienz-Aktivitäten wird durch die eingesparten Energiekosten refinanziert.

24. Auf Seite 18 unter dem Stichwort „Greentec-Dax“ ist zu prüfen, ob zu den aufgezählten Unternehmen nicht auch besonders nachhaltig arbeitende Bauunternehmen zählen.

25. Unter der Überschrift „Biokraftstoffe der 2. Generation schneller auf den Markt bringen“ (Seite 20/21) wird vom BMU der

Vorschlag unterbreitet, das Bundesimmissionsschutzgesetz so zu ändern, dass die 2. Generation der Biokraftstoffe schneller auf den Markt kommt.

Darüber hinaus wird eine europäische Vereinbarung gefordert, die sicherstellt, dass auch importierte Kraftstoffe diesem Nachhaltig- keitskriterium genügen. Der DGB sieht bei den Biokraftstoffen der 2. Generation mehr Möglichkeiten der Nutzung, da die Konflikte gegenüber den Biokraftstoffen der 1. Generation abgemildert erscheinen.

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Dennoch rät der DGB ausdrücklich dazu, bei der Nutzung der Biokraftstoffe der 2. Generation nach wie vor dem Konflikt gegen- über der Nahrungsmittelproduktion, der Verdrängung von Flächen sowie der Verdrängung der Landbevölkerung und der Verursachung von Hunger und Armut in der Dritten Welt nachzugehen. Weiterhin ist es wichtig, die Energieeffizienz zu überprüfen und die Auswir- kungen der Konflikte in eine kritische Bewertung unter Nachhaltig- keitsgesichtspunkten mit einzubeziehen. Auf nationaler und euro- päischer Ebene ist eine zuverlässige und belastbare Nachhaltig- keitsüberprüfung, die soziale und ökologische Kriterien mit einbe- zieht, erforderlich.

Der DGB hat gemeinsam mit der Friedrich-Ebert-Stiftung die Studie

„Klimaschutz und Straßenverkehr – Effizienzsteigerung und Biokraftstoffe und deren Beitrag zur Minderung der Treibhausgas- emissionen“ erarbeiten lassen. Sie kommt zu dem Ergebnis, dass die verstärkte Nutzung von Biokraftstoffen und technologische Effi- zienzsteigerungen nicht reichen werden, um den Anstieg der CO2- Emissionen des weiter zunehmenden Straßenverkehrs zu kompen- sieren. Instrumente zur Veränderung des Nutzerverhaltens, zur Verlagerung, Lenkung und Vermeidung von Verkehrsströmen sind notwendig.

26. Unter dem Stichwort Smart metering– intelligente Zähl- und Messsysteme vorschreiben (Seite 21), kommen aus verbraucher- politischer Perspektive einige vernünftige Ansätze zusammen. Die Einführung von intelligenten Zähl- und Messsystemen wäre aus Verbrauchersicht zu begrüßen, da sie helfen können, den individu- ellen Energieverbrauch zeitgenauer zu messen und auch die einzelnen Elektrogeräte in den Haushalten der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer verbrauchsgenau zu erfassen. Die Einführung von intelligenten Zähl- und Messsystemen würde aus Verbraucher- sicht einen erheblichen Vorteil gegenüber der nur einmal jährlich stattfindenden Abrechnung bei Strom und Gas darstellen.

27. Auch der DGB hat sich immer dafür ausgesprochen, dass Unter- nehmen, die von energiesteuerlichen Sonderregelungen profi- tieren, ein „Energie-Audit“durchführen müssen. Insofern begrüßt der DGB den BMU-Vorschlag nach rechtlicher Verknüpfung von Steuerbefreiungen an die Einführung betrieblicher Energiemanage- mentsysteme.

28. Der DGB begrüßt den Vorschlag des BMU, die Verwertungs- quoten im Abfallbereichzu erhöhen. So schreibt das BMU unter der Überschrift „Abfallrecht: Die Verwertungsquote für Abfälle erhöhen“ (Seite 22) zu recht, dass angesichts knapper Rohstoffe es in Zukunft immer wichtiger wird, Abfälle optimal zu nutzen und die Verwertungsquoten zu steigern. Steigende Rohstoffpreise tragen dazu bei, dass sich die Aufbereitung unseres Mülls und die Wiederverwertung auch aus ökonomischen Gründen immer mehr

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lohnen wird. Der DGB teilt diese Sichtweise, sieht es aber als erfor- derlich an, dass Schwachstellen z.B. der Elektronikschrottverord- nung entweder durch Ordnungsrecht oder durch bessere

Kontrollen und Überwachung geschlossen werden müssen. Denn Tatsache ist, dass erhebliche Mengen an Elektronikschrott nicht dem Recycling, sondern dem Export zugeführt werden und z.B. an den Küsten Indiens wild abgelagert werden und dort erhebliche Umwelt- und Gesundheitsprobleme verursachen. Dies ist nicht nur verantwortungslos gegenüber Mensch und Umwelt in anderen Ländern, sondern auch unvereinbar mit der Erkenntnis, dass unsere Abfälle zukünftig unsere nationalen Rohstoffquellen darstellen sollen.

Zu: Benchmarks transparent machen, Labels und Top-Runner etablieren

29. Der DGB unterstützt den sog. Top-Runner-Ansatz (Seite 22f). Ein echter Top-Runner-Ansatz nach japanischem Vorbild wäre, wie das BMU mit Recht feststellt, aus Verbrauchersicht nur dann sinnvoll, wenn er auf europäischer Ebene realisiert werden kann. Der DGB begrüßt, dass die Bundesregierung diesbezüglich auf europäischer Ebene aktiv werden möchte.

30. Das Ansinnen, ökologische Industriepolitik sowohl von der Ange- bots- wie auch von der Nachfrageseite voranzutreiben, ist prinzipiell richtig. Trotz ihrer Nachfragemacht sind die Verbraucherinnen und die Verbrauchernicht im selben Umfang wie die Unternehmen gefordert ökologische Industriepolitik voranzutreiben. In erster Linie sind die Unternehmen in der Pflicht, ökologisch nachhaltige

Produkte anzubieten und diese zu verbraucherakzeptablen Preisen auf den Markt zu bringen.

31. Im Diskussionspapier des BMU wird auch vernachlässigt, dass viele Verbraucherinnen und Verbraucher schlicht finanziell und ökonomisch nicht in der Lage sind, ökologisch nachhaltige und energiesparende Produkte zu kaufen. Es bleibt deshalb auch Aufgabe der Unternehmen und ihrer Verbände preisgünstige, energiesparende Produkte für alle Einkommensschichten anzu- bieten.

32. Beispiel: Energie- und Strompreise:Nominell beträgt die Infla- tionsrate z.Z. ca. 3,3 Prozent. Faktisch sind sogar überproportionale Kostensteigerungen bei Energie (insb. Heizöl / Erdgas für Wärme, Benzin für Mobilität) und bei Strom festzustellen. Die Energiepreis- steigerungen zehren an den (Arbeitnehmer-)einkommen. Die entscheidende Frage ist hier: Wie wirken sich die Instrumente der ökologischen Industriepolitik insgesamt auf die Energiepreis- zahlungen der Bevölkerung aus? Wie wird verhindert, dass es zu einer sozial unerwünschten Umverteilung kommt?

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Um dennoch die Nachfragemacht der Verbraucher stärken reali- sieren zu können und auch bewusst Modernisierungsimpulse setzen zu können, müssen über den Preis hinaus weitere Informati- onskapazitäten für die Verbraucherinnen und Verbraucher bei den Produkten am Markt gegeben sein. Klare und transparente Kenn- zeichnungen und Labels können ein erster Schritt sein um ökologi- sche Produkte weiter ins Bewusstsein der Verbraucher zu rücken.

33. Insbesondere befürwortet der DGB das Umweltzeichen „Blauer Engel“ (Seite 23), der für Verbraucherinnen und Verbraucher seit 30 Jahren ein Transparenzsignal für ökologisch bessere Produkte ist. Der Blaue Engel setzt Maßstäbe für umweltfreundliche

Produkte und Dienstleistungen. Der DGB ist seit 1978 Unterstützer des Blauen Engels und arbeitet als Mitglied in der Jury-Umwelt- zeichen kritisch an der Definition der Kriterien mit, um den Verbrau- chern den Weg zum ökologisch besseren Produkt zu erleichtern und umweltbewussten Konsum zu fördern. Dabei legt der DGB nicht nur Wert auf die ökologische Dimension, sondern auch auf die soziale Dimension des Labels und unterstützt die Weiter- entwicklung des Umweltzeichens.

34. Darüber hinaus gehende Kennzeichnungspflichten und Labels sind denkbar und können den Verbraucherinnen und Verbrauchern ihre Kaufentscheidung erleichtern. Vor dem Hintergrund der stark gestiegenen Energiepreise der letzten Zeit wären Kennzeich- nungen für Verbrauchswerte, wie sie beispielsweise bei Kühl- schränken bestehen, auch für weitere Haushaltselektrogeräte denkbar.

Der DGB pflichtet dem BMU bei, dass wir ein übersichtliches, leicht verständliches und allgemeines Energielabel(Seite 24) brau- chen. Tatsache ist, dass es für Kühl- und Gefriergeräte seit 2004 nicht nur die Energieeffizienzklasse A, sondern auch die Klassen A+ und A++ gibt. Geräte mit A++ verbrauchen etwa halb so viel Strom wie A-Geräte. Ein Austausch von Haushaltsgeräten allein aus Energiespargründen lohnt sich bereits, wenn die Geräte älter als 10-15 Jahre sind. Um diese Potentiale auszuschöpfen, ist ein übersichtliches, leicht verständliches und allgemeines Energielabel überfällig.

35. Auf Seite 24 heißt es: „Die Bundesregierung hat im Klimaschutz für die Bundesrepublik ambitionierte Ziele vorgegeben. Bis 2020 sollen die Treibhausgasemissionen um 20 Prozent bzw. 30 Prozent sinken (falls große Nicht-EU-Staaten folgen).“

Der DGB fordert die Bundesregierung auf, an ihrem selbst gesteckten Ziel, bis 2020 die Treibhausgasemissionen um 40 Prozent zu reduzieren, festzuhalten.

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Markteinführung und Marktverbreitung:

Das Diskussionspapier legt einen Schwerpunkt auf Marktanreiz- programme für die Einführung neuer (hocheffizienter) Geräte. Die genannte Kältetechnik (S. 27) ist nur ein Beispiel, das sich erheblich verlängern ließe. Es existieren bereits heute vielfach effizientere Techniken als die im Einsatz befindlichen. Optimale Druckluftsys- teme, effiziente Wassernutzung, betriebliche Wärmeanlagen auf der Basis von Produktionsabfällen (z.B. Holzabfälle in der Möbelin- dustrie) sind z.B. weitere einzelne (im Konzept nicht benannte) Beispiele.

Es ist also fraglich, ob die ökologische Modernisierung über Einfüh- rungsprogramme für politisch definierte Produkte an Breite

gewinnen kann. Stattdessen müsste ein Rahmen für einen breit angelegten Prozess geschaffen werden, in dem das Prinzip Ressourceneffizienz dauerhaft und tagtäglich gestärkt wird. Ein wichtiges Instrument sieht der DGB in der Stärkung der Mitbestim- mung. Arbeitnehmer/innen haben ein Interesse an Ressourceneffi- zienz (z.B. statt Personalkosteneinsparungen). Welche Instrumente der erweiterten Mitbestimmung bietet das Konzept der ökologi- schen Industriepolitik an?

36. Grundsätzlich unterstützt der DGB die Vorschläge des BMU für Markteinführungsprogrammevon energieeffizienten und umweltverträglichen Technologien.

Sinnvoll wäre die Zusammenführung der vielfältigen, unterschied- lichen Förder-, Anschub- und Markteinführungsprogramme in ein konsistentes Gesamtkonzept. Denn Verbraucher und Unter- nehmen brauchen langfristige Planungssicherheit und Entschei- dungshilfe für passgenaue Technologien. Dies erfordert mehr Transparenz und Beratung bei der Auswahl.

37. Bei der vom BMU auf Seite 26 vorgeschlagenen Stromrech- nungsgutschrift,die Hersteller bzw. Importeure eines höchst effi- zienten elektrischen Gerätes der Verkaufsverpackung beilegen dürften und die dann über den Energieversorger auszuzahlen wäre, stellen sich noch viele offene Fragen hinsichtlich der praktischen Umsetzbarkeit. Der Vorschlag müsste zunächst präzisiert werden.

38. Der DGB schlägt ein Klima-Investitionsprogrammvor. Die öffent- liche Hand muss zukünftig mehr Verantwortung für den ökologi- schen Umbau der Industriegesellschaft übernehmen, vor allem bei öffentlichen Investitionen. Schwerpunkt eines solchen Programms könnte der massive Ausbau des erfolgreichen energetischen Gebäudesanierungsprogramms sein.

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39. Unter der Überschrift: Marktanreizprogramm (Seite 26) sollte das BMU das erfolgreiche CO2-Gebäudesanierungsprogramm erwähnen. Das vom DGB und seinen Gewerkschaften maßgeblich mit ins Leben gerufene CO2-Gebäudesanierungsprogramm sollte als eines der erfolgreichsten Programme zur energetischen

Gebäudesanierung auf einem höheren Niveau verstetigt und fortge- führt werden. Daher sollte dieses Programm um 500 Mio. Euro Fördermittel pro Jahr aufgestockt und für die nächsten 5 Jahre auf höherem Förderniveau verstetigt werden, um CO2 und Energie einzusparen, Arbeitsplätze zu schaffen und die Abhängigkeit vom Öl zu reduzieren. Darüber hinaus sollte in dem BMU-Papier auf den Investitionspakt zur energetischen Modernisierung in Gemeinden verwiesen werden.

40. Der DGB begrüßt die Ankündigung der Bundesregierung, einen nationalen Entwicklungsplan Elektromobilitätzu erarbeiten.

Der DGB spricht sich für die Einbeziehung der gesellschaftlichen Gruppen, insbesondere der Sozialpartner, aus.

Der DGB begrüßt den angekündigten Investitions- und Beschaf- fungspaktvon Bund, Ländern und Kommunen. Ein solcher Beschaffungspakt ist lange überfällig. Bereits im Rahmen der Agenda 21 wurde der Stellenwert des öffentlichen Beschaffungs- wesens betont und entsprechende Maßnahmen eingefordert. Der Beschaffungspakt sollte nicht nur umweltfreundliche Dienstleis- tungen und Produkte umfassen, sondern auch umweltfreundliche bzw. energieeffiziente und unter Einhaltung sozialer Arbeitsbedin- gungen vergebene Bauleistungen.

41. Mit Recht weist das BMU auf die Notwendigkeit ausreichender Aus- und Fortbildungsmöglichkeiten z.B. im Bereich der erneuer- baren Energien hin.

Der DGB fordert, nicht nur für eine gute Ausbildung, sondern auch für „Gute Arbeit“z.B. im Bereich der erneuerbaren Energien einzutreten. Vielfach sind die gerade in diesem Bereich in großem Umfang entstehenden Jobs durch unzureichende Arbeitsbedin- gungen und mangelnde tarifliche Standards gekennzeichnet.

42. Zur Förderung der erneuerbaren Energien setzt das BMU auf das Instrument des EEG. Der DGB unterstützt dies ausdrücklich. Er fordert die Bundesregierung auf, dafür einzutreten, dass der

Vorschlag der Europäischen Kommission zur Revision der Richtlinie zur Förderung von Nutzung von Energie aus erneuerbaren Quellen, der vorsieht, den Mitgliedsstaaten im Rahmen der Subsidiarität die Auswahl des Fördersystems zu überlassen, die Existenz und Weiterentwicklung von Einspeisesystemen wie dem deutschen EEG weder direkt noch indirekt in Frage stellt.

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43. Der DGB begrüßt die Ausweitung der Forschungsförderung. Zu den Bereichen, in denen die Forschungsförderung ausgeweitet werden sollte, ist auch die Bauwirtschaft zu zählen.

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44. Die Innovationsfähigkeit der Unternehmen sowie ihre Möglich- keiten, Forschungsergebnisse und Ideen in Produkte umzusetzen, basiert auf einer innovationsförderlichen Unternehmenskultur.

„Innovationen werden von Menschen gemacht“, jedoch wird die Beteiligung der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer als Experten ihrer Arbeit in unzureichender Weise thematisiert. Mit ihren Erfah- rungen und Innovationsanregungen aus Kundenkontakten, ihrer Qualifikation und Motivation sind sie jedoch unverzichtbarer Impuls- geber im Innovationsgeschehen.

Neue Kooperations- und Kommunikationsformen, Partizipation und

„Gute Arbeit“, die sozialverträgliche Gestaltung von Veränderungs- prozessen, die Bildungs- und Beteiligungskultur von Unternehmen, eine alternsgerechte, lernförderliche Gestaltung der Arbeit, die den Erwerb von Kompetenz und Erfahrung ermöglichen müssen, schaffen aber erst die Voraussetzung für Kreativität. Gerade ange- sichts des demografischen Wandels und der wachsenden Bedeu- tung von nicht kopierbarem Know How im globalen Wettbewerb muss der „Wissensträger Mensch“ einen zentralen Stellenwert erhalten. Empirische Untersuchungen und Befragungen der Beschäftigten fördern hier jedoch erhebliche Defizite zutage.

(24)

Fazit:

Das strategische Ziel, zu einem „New Deal“ für Umwelt, Wirtschaft und Beschäftigung („national aber auch international“) zu kommen und dafür einen umfassenden „intelligenten Policy-Mix“, vorzulegen wird vom DGB ausdrücklich unterstützt. Der DGB begrüßt auch einen Groß- teil der im Einzelnen vorgestellten Instrumente und Maßnahmen.

Doch obwohl in dem vorgelegten Papier eine ganze Reihe neuer und alter Vorschläge gebündelt werden, hat es aus gewerkschaftlicher Sicht partielle Defizite.

Ein Teil der gewerkschaftlichen Kritik setzt daran an, dass die Fixierung auf die Exportwirtschaft (und damit auf die Fortsetzung der riskanten und die Währungsunion gefährdenden Wirtschaftsstrategie) einschließ- lich der Vernachlässigung sozialer (Arbeitsplätze) wie ökologischer Ziele fortgesetzt würde (vgl. z.B. Joachim Spangenberg in seiner aktuellen Studie „Ökologische Industriepolitik und sozial-ökologische Reform- politik, Februar 2008).

Ein weiterer Kritikpunkt ist, dass das Interesse für nachhaltige Versor- gungssicherheit zu international wettbewerbsfähigen Kosten zu wenig berücksichtigt wird. Misstrauen entsteht v.a. aus der vielfach als unzu- länglich empfundenen Berücksichtigung der derzeit faktisch in den Unternehmen existierenden Unsicherheiten über Ressourcenzugang und Versorgungssicherheit, über Preisentwicklung (Rohstoffpreise) und aus der Angst vor Verlusten von Wettbewerbsfähigkeit (z.B. Wett- bewerbsverzerrung infolge eines Emissionshandels mit 100 Prozent – Auktionierung auch für energieintensive Betriebe (s. S. 15). Sicher ist:

Ressourcen und Energie werden immer teurer, d.h., Effizienzgewinne sind Wettbewerbsvorteile! Wenn die Unternehmen die bisher exter- nalisierten Kosten durch Umweltverbrauch, die durch den Emissions- handel internalisiert werden sollen, nicht schrittweise übernehmen (Auktionierung heißt Marktpreise, bisher umsonst!), wer dann?

Politisch-strategisch begründet sucht das Papier nach instrumentellen Lösungen für ein hochkomplexes Anliegen. Der Anspruch ist kein geringerer, als den dringend erforderlichen Umbau und die Modernisie- rung der Industriegesellschaft voranzubringen. Die Rolle der gesell- schaftlichen und wirtschaftlichen Akteure und ihrer Handlungsmöglich- keiten und -notwendigkeiten wird jedoch nicht durchgängig mitge- dacht. Positiv betrachtet könnte man sagen: Es gilt das Primat der Politik – wenn es denn durch Gesetze, Grenzwerte oder Übergangs- fristen wahrgenommen wird. Kritisch kann man anmerken: Es wird nur an einigen Stellen deutlich beschrieben, welche Rolle die Akteure in den Unternehmen – Management, Arbeitnehmer/innen und Gewerk- schaften – in der Gesellschaft in dem Konzept der ökologischen Industriepolitik haben.

Der Aufruf, alle Akteure der Industriegesellschaft zu aktivieren und zu mobilisieren, hierbei besonders auch die Verbraucherinnen und

Verbraucher, reicht nicht aus. Wie Innovationspotenziale von Wirtschaft

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und Gesellschaft initiiert und realisiert werden sollen, sollte genauer formuliert werden. Darüber hinaus weicht das Konzept einer Ausein- andersetzung um das Konsumverhalten und eine nachhaltige

(ressourceneffiziente) Lebensführung aus.

Zudem darf Ökologische Industriepolitik keine reine Exportförderstra- tegie sein. Sie muss auch zur Modernisierung der Binnenwirtschaft und zur Steigerung der Lebensqualität und zu mehr „Guter Arbeit“ in Deutschland führen. Nur im Rahmen einer überzeugenden „Nationalen Nachhaltigkeitsstramenspolitik, die auch dem Gemeinwohl verpflichtet ist, muss im Gesellschaftsrecht verankert werden.

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Aktuelle Ausgaben

aus den Jahren 2005 bis 2008 zu folgenden Themen

04/05 Verteilungsbericht 2005

Umverteilung nach oben verschärft Stagnation und Massenarbeitslosigkeit 01/06 Dritte Stellungnahme des Deutschen

Gewerkschaftsbundes zur Reform der Europäischen Strukturförderung in der Förderperiode 2007 – 2013

02/06 Das ABC von 43 Lohnsteuer-Grundbegriffen 2006

03/06 DGB-Positionspapier verkehr macht arbeit

01/07 Das ABC von 44 Lohnsteuer-Grundbegriffen 2007

02/07 Verteilungsbericht 2007 Kräftige Lohnerhöhungen – Wirtschaftsgebot des Jahres!

03/07 Reform der Erbschaft- und Schenkungsteuer muss Steueraufkommen deutlich erhöhen 04/07 Dokumentation des Workshops „Nachhaltige

Stadtentwicklung“ am 18. Juni 2007 01/08 Verteilungsbericht 2008 des DGB –

Aufschwung und Wachstum durch höhere Tariflöhne und Privatkonsum stärken 02/08 Das ABC von 43 Lohnsteuer-Grundbegriffen

2008

Bestellung von Broschüren und Materialien des DGB bitte über das DGB-Online-Bestellsystem:

Link: https://www.dgb-bestellservice.de

Referenzen

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