Brochclmann, Gegen J. Barth, ohen S. G28ff. 795
Die vorstehende Deutung hat, ebenso wie die Ausführungen
oben S. 532, zur Voraussetzung, dass die Wurzel iax auch im
Phönizischen wirklich eben nat lautete. M. W. ist diese Wurzel
aber im Phönizischen ausser in den erörterten Nanien nirgends
belegt. Sollte sich — freilich gegen alle Wahrscheinlichkeit —
herausstellen, dass die Wurzel iar im Phönizischen von vornherein
bar gelautet hätte , so würde im Einzelnen manches anders auf¬
gefasst werden müssen; die für bafN, baTSbi'a, baT"\a, libiaT, bai
gefundenen Bedeutungen blieben indess wesentlich unverändert.
Gegen J. Barth, oben S. 628 tf.
Von C. Broekelmann.
Den Grundgedanken meiner Abhandlung über die Feminin¬
endung t im Semitiscben gl.anbt Barth oben S. 629 durch den
Hinweis auf das ursemitische Perfekt, das er qatala betont, wider¬
legt zu haben. In seiner Nominalbildung g 8a nahm B. im An¬
schluss an Nöldeke Betonung des Perfekts auf der 2. Silbe an.
Leider verschweigt er uns , weswegen er diesen in seinen Grund¬
zügen durchaus richtigen Gedanken nunniehr aufgegeben hat. Auch
bei den von ihm ins Feld geführten Nominalformen erfahren wir
nicht, weswegen er ihnen die meine Aufstellungen angeblieh stürzende
Betonung zuschreibt. Ich setze daher seineni Nein ! ein ebenso
entschiedenes Jal entgegen.
Auch aus den Pormen mit Präformativen will mir Barth keinen
Schluss auf die Tonverhältnisse gestatten. ,Zu den Wirkungen
gewisser Präformative gehört die enge Verbindung mit dem ersten
Radikal und infolgedessen der Schwund des auf den letzteren
folgenden kurzen Vokals." Dieser Satz (S. 632) ist für B.'s sprach¬
wissenschaftliche Anschauungen so charakteristisch , dass es sich
verlohnt , etwas näher darauf einzugehen. B. operiert in seinen
Formerklärungen bekanntlich auch mit Lautgesetzen. Aber die
B.schen Lautgesetze lassen zahllose unbegründete Ausnabmen zu
und gestatten B. jene befremdlichen Wurzeletymologien, die zuletzt
Fr. Schulthess in den GGA. 1902, 065 ff. so treffend beurteilt hat.
Daneben spielt bei ihm auch die Analogiebildung eine gewisse
Rolle, über ihre psychologischen Grundlagen aber giebt B. niemals
796 BrocI.elman«, Gcrjen J. Barth, ohen S. <'i2Sff.
Rechenseli.alt. Ausserdem aber wirken nach V>. in der Sprache
noch andere Kräfte, die offenbar nur ihm bekannt sind. Was soll
das für eine Wirkung sein, die nach dem oben citierten Satze die
Präformative zur engen Verbindung mit dem 1. Ilad. führt? Viel¬
leicht dieselbe mystische Kraft, die nach B. aus Perfekt- und
Imperfektstämmen Nomina hervorgehen liisst? Hier spukt bei B.
noch der bekannte ,Form- oder Spraehtrieb" der älteren Linguistik ! Die Entwicklung der allgemeinen , speciell der indogernianischeu
Sprachwissenschaft in den letzten 20 Jabren ist an B. spurlos
vorübergegangen. Wissenschaftliche Verständigung ist nur auf dem
Boden gleicher Grundanschauungen möglich. Von denen B.'s trennt
mich 2S.JÜ eine tiefe Kluft.
Xur an den Philologen Barth habe ich noch zwei Fragen
zu richten. Es ist ibm (S. (ioo) unbegreiflich, dass ich mit Fällen
„poetischer Licenz'" operieren zu dürfen glaube. Weiss B. denn
nicht , dass diese Eindringlinge innerhalb der dialectus jioetica
höchst wertvolle Zeugnisse der sonst fast unbekannten altarabiscben
Umgangssprache sind? Eino aufmerksamere Lektüre des von ihm
selbst citierten Xöldekeschen Werkes hätte ihm die Augen darüber
ötf'nen müssen, dass diese Dinge niclits zu thun haben mit den von
•* o
Nöldeke g 11 gebuchten Willkürlichkeiten. Zweitens ^Cj! nennt
B. S. (536 ein „ehrwüi-diges altes Beduinenwort". Kennt B. denu
das Wort aus anderen Quellen als den von Fremdwörtern durchsetzten
Gedichten und Erzählungen ? Epitheta ornantia sind keine Beweise
und meine Gründe für die fremde Herkunft des Wortes verschweigt
B. den Lesern dieser Zeitschrift.
Endlich fühlt sich B. (S. 632) beschwert, dass ich ihn nicht
für die Erklärung von maqtal aus ma + qatal, für qatul und qatl
aus qatal citiere. Diese Dinge sind seit 1889 Gemeingut der Wissen¬
schaft, nicht dureh B.'s, sondern durch de Lagardes Verdienst. Ihn,
nicht B., hiitte ich eitleren müssen, wenn es mir darauf ankam, mit
Citaten zu prunken. Dass ich |jo/, Nrrp und -pTr; von ihren
0 0'^ ^ * ^
Perfekt-Stämmen nach Nominalbildung S. 326 ableite, ist unwahr.
Vom Perfekt ist bei mir S. 18 Anm. überhaupt nicht die Rede.
Glaubt B. im Ernst, dass ich gerade nur von ihm hätte lernen
können , dass "liTn zur selben Wurzel wie nxn gehört ? Wenn
I y T T *^ . .
B. behauptet, dass das von mir S. 18 auseinandergesetzte sich mit
seiner Lehre, Nominalbildung 21, 22, decke, so bedauere ich ihm
sagen zu müssen, dass er meine Darlegung einfach nicht verstanden
hat. Fühlt sich B. in seinen Autorrechten dadurcb gekränkt, dass
icb in meiner Syrischen Grammatik, die „als ein kurzes Lehrbuch
nieht wohl notorische Thatsachen von eigenen und fremden Funden
scheiden konnte", einige seiner mir damals einleuchtenden Er¬
klärungen herübergenommen habe, so möge ihn die Versicherung
Broekelmann, Gegen J. Barth, ohen S. 028 /f. 797
trösten, dass die nächste Auflage des Büchleins von den irreleiten¬
den Einflüssen seiner Nominaltheorie frei sein -wird. Die Konstatierung
der differenten Imperfektpräfixe, die er auch in der 2. Auflage
finden wird, ist nicht sein Eigentum, sondern das H. Ewalds, wie
mich J. Wellhausen mit Hinweis auf dessen Hebr. Gramra. 1844
§ 138 b belehrte. Eine Erklärung dieser Thatsache hat auch Barth
nicht gegeben.')
1) (Ich habe es fiir wünschenswert gehalten, diese Polemili zwischen Barth und Brocljelmann mögliclist auf den laufenden Jahrgang der Zeitschrift zn be¬
schränken, und habe in diesem Sinne mit beiden korrespondiert. Sie sind mir in dankenswerter Weise entgegengekommen: Brockelmann hat gestattet, dass ich seine Koplik B.arth in der Korrektur vorlegte, und dieser hat umgehend mit den hier folgenden Ausführungen geantwortet , die wiederum Brockelmann bereits in der Korrektur gesehen bat. Damit mnss ich diese Kontroverse für die Zeitschrift als erledigt anseben.
Der Redacteur.]
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Zu Brockelmann's Erwiderung.
Von J. Harth.
Broekelmann umgeht meine sachliche Kritik seines „Laut¬
gesetzes* durch Hinüberspielen der Frage auf das persönliche Gebiet;
ich möchte sie aber nicht auf einen anderen Weg drängen lassen.
Er zeigt sich weniger bekümmert um die Aufklärung der vielen
Schwierigkeiten seines Gesetzes, als um meine Person. Allein es
ist doch nicht meine Methode schuld daran , dass Brock, eine
ganze Reihe von wichtigen, mit dem Gesetz nicbt verträglichen,
Erscheinungen nicht berücksichtigt und eine ursemitische hebräische
Klasse wie rTib, nj'T als nur in zwei Exemplaren vorhanden und
als „Neubildung' erklärt hat. — Was meine Lautgesetze betrifft,
so möge er doch ruhig die angeblichen „zahllosen unbegründeten Aus¬
nahmen" namhaft machen, gleichzeitig auch erklären, warum er
noch soeben sich selbst auf sie berufen hat? An die an¬
geblich „mystische Kraft, die nach Barth aus Perfekt- und Imperfekt¬
stämmen Nomina hervorgehen lässt", glaubt Brock, in seiner von
mir kritisierten Arbeit merkwürdiger Weise selbst und hat es jetzt
nur vergessen; denn S. 6 verwendet er „die Entstehung der Orts¬
nomina maqtal aus der Perfekt-Basis qatal' als Beweis für
seine These, und auf S. 6, Z. 22—24 beruft er sich auf „die Ent¬
stehung der Verbalnomina qatl aus der P e r f e k t - B a s i s qatal'
Wenn er über seine eigenen allerneuesten Anschauungen so wenig
unterrichtet ist, ist es nicht zu verwundern, dass er iDezüglich der
Quellen, denen er manche entlehnt h.at, von seinem Gedächtnis ge¬
täuscht wird : Nur die Ableitung des qatl vom qatala-St&mm hat
Lagarde ebenso wie ich; das Andere aber, das Brock, jetzt von Lagarde
1) Warum 'aqliilil, 'aqttilii einerseits mit —, qHtnlätun, qät7ltitun und zalilreiclie andere Typ 'u andererseits oline Vokalverlust im Ürsemitischen ge¬
bildet worden sind, bekenne ich, nicht zu wissen. Bildungsgesetze, die uns uiibokaiint siud und vielleicht bleiben werden, sind daruin noch lange keine
„mystiseben Kräfte", wio Brock, aus dem Stande der heutigen allgeraeinen Spracliwisseiisehaft lernen kann. — Die arabischen Kalle der ^-Endung hat übrigens, wie ich hier gerne berichtige, llrock. S. 3 — und zwar noch kiltäni und mant ausser deu von mir erwähnten — gegeben.