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Schweigepflichtentbindungserklärung Freibrief für die Datenübermittlung oder Gefahr der Strafbarkeit für den behandelnden Arzt?

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BLÄK informiert

Bayerisches Är zteblatt 1-2/2013

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Private Versicherungsunternehmen benötigen zur Beurteilung des zu versichernden Risikos oder der Leistungspflicht umfangreiche Daten über den Gesundheitszustand ihres Versiche- rungsnehmers. Diese fordern sie üblicherweise von dem behandelnden Arzt oder Einrichtungen im Gesundheitswesen an. Dabei berufen sie sich in aller Regel auf standardmäßige Schweige- pflichtentbindungserklärungen, die sie sich vom Versicherungsnehmer beim Vertragsabschluss regelmäßig erteilen lassen. Doch welche Anfor- derungen muss eine solche Schweigepflichtent- bindung unter rechtlichen Aspekten erfüllen?

Berufsordnung

Jeder Arzt hat nach der Berufsordnung über das, was ihm in seiner Eigenschaft als Arzt an- vertraut oder bekannt geworden ist, zu schwei- gen (so zum Beispiel § 9 Abs. 1 der Berufsord- nung für die Ärzte Bayerns). Hält er sich nicht an diese Schweigepflicht, so macht er sich nach

§ 203 Abs. 1 Nr. 1 des Strafgesetzbuches we- gen Verletzung von Privatgeheimnissen straf- bar, wenn nicht der betroffene Patient zuvor in die Offenbarung seiner Patientendaten wirk- sam eingewilligt hat. Eine solche Einwilligung erfolgt gegenüber privaten Versicherungen in der Regel durch Abgabe einer (meist vorformu- lierten und sehr global gehaltenen) Schweige- pflichtentbindungserklärung des Versicherten.

Seit der Entscheidung des Bundesverfassungs- gerichts vom 23. Oktober 2006 (1 BvR 2027/02) steht fest, dass eine umfassende Schweige- pflichtentbindung in einer Vertragsklausel, die sich sowohl auf die Behandlung in der Vergan- genheit als auch in der Zukunft bezieht, unzu- lässig ist, weil sie den Versicherten in seinem Recht auf informationelle Selbstbestimmung aus Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs.

1 des Grundgesetzes verletzt (siehe Peter Kalb im Bayerisches Ärzteblatt 1/2007, Seite 17).

Erklärung

Zu unterscheiden ist die Entbindung von der Schweigepflicht zum Zwecke der Risikoprüfung der Versicherung von derjenigen zur Leistungs- prüfung. In beiden Fällen hat die Erklärung gemäß § 4a Abs. 1 Seite 3 des Bundesdaten- schutzgesetzes schriftlich zu erfolgen.

Bei der Schweigepflichtentbindung zur Risi- koprüfung ist es den privaten Versicherungen erlaubt, sich im Hinblick auf einen Antrag auf Abschluss eines Versicherungsvertrages bei Ärzten zur Prüfung möglicher Versiche- rungsrisiken des zukünftigen Versicherungs- nehmers zu informieren. In diesem Fall ist eine globale Entbindungserklärung zulässig, da dem Versi-cherungsnehmer im Zeitpunkt der Antragstellung der Kreis der Ärzte und die Behandlungs-daten, die er preisgibt, bekannt sind. Dabei dürfte eine Nachfragefrist der pri- vaten Versicherung bei den entsprechenden Ärzten von sechs bis maximal zwölf Monaten angemessen sein. Bei der Entbindung von der Schweigepflicht zur Leistungsprüfung hinge- gen wird die private Versicherung ermächtigt, im Versicherungsfall insbesondere bei Ärzten und Krankenhäusern die Daten abzufragen, die zur Beurteilung der Leistungspflicht erfor- derlich sind. Eine solche Erklärung umfasst in der Regel die Auskunftserteilung während der gesamten Laufzeit des Versicherungsvertrages.

Hier ist eine prospektive unspezifizierte glo- bale Entbindungserklärung unzulässig, da der Versicherungsnehmer zum Zeitpunkt der Erklä- rung in der Regel noch nicht beurteilen kann, ob er letztlich damit einverstanden sein wird, dass in der Zukunft ein (im Zeitpunkt der Erklä- rung möglicherweise noch unbekannter) Arzt (im Zeitpunkt der Erklärung ebenfalls noch unbekannte) Behandlungsdaten an die private Versicherung offenbart.

In diesem Fall ist vielmehr erforderlich, dass die Einwilligung zeitlich sowie inhaltlich hin- reichend bestimmt ist. Der Arzt, der um Mit- teilung der Patientendaten gebeten wird, muss namentlich benannt sein und konkret für ein bestimmtes Auskunftsersuchen von der Schweigepflicht gegenüber der privaten Versi- cherung entbunden werden.

Handlungsempfehlungen

Verantwortlich für eine rechtlich zulässige Of- fenbarung von Behandlungsdaten ist immer der Offenbarende, hier in aller Regel der be- handelnde Arzt. Er hat bei Vorliegen einer wirk- sam erteilten Schweigepflichtentbindungser- klärung das Recht, nicht aber die Pflicht, Daten an den privaten Versicherer weiterzugeben.

Hierzu kann er nur von seinem Patienten selbst

als Nebenpflicht aus dem Behandlungsvertrag verbindlich aufgefordert werden. Im Interesse einer zügigen Bearbeitung des Antrages bzw.

Versicherungsfalles seines Patienten wird er regelmäßig abzuwägen haben, ob eine Offen- barung der angeforderten Daten an den Versi- cherer rechtlich einwandfrei ist und dem Willen seines Patienten entspricht.

Zur Minimierung des Risikos, sich gegebenen- falls strafbar zu machen, wenn Daten ohne Vor- liegen einer wirksamen Schweigepflichtentbin- dungserklärung übermittelt werden, sollen für Sie als Ärztin/Arzt folgende Hinweise dienen:

»

Lassen Sie sich die schriftliche Schweige- pflichtentbindungserklärung unbedingt vorzeigen! Erklärungen, eine solche liege vor, sind unzureichend.

»

Werden Daten zum Zwecke der Risikoprü- fung angefordert, reicht eine global ge- haltene Entbindungserklärung aus. Achten Sie in diesem Fall darauf, dass zwischen Anforderung der Daten bei Ihnen und An- tragstellung Ihres Patienten beim Versiche- rer nicht mehr als sechs bis zwölf Monate liegen. Lassen Sie sich gegebenenfalls (falls nicht ohnehin schon mit der Anforderung geschehen) das Antragsdatum mitteilen.

»

Sollen die von Ihnen erfragten Daten zur Prüfung der Leistungspflicht der Versiche- rung dienen, muss die Erklärung der Ent- bindung von der Schweigepflicht auf Ihren Namen ausgestellt und spezifiziert sein.

»

Haben Sie Zweifel an der Korrektheit der Erklärung, fragen Sie bei Ihrem Patienten nach. So können Sie gleichzeitig sicherstel- len, dass die Schweigepflichtentbindungs- erklärung noch aktuell ist und nicht wider- rufen wurde.

Detaillierte Informationen und Hilfestellungen zur Frage einer wirksamen Schweigepflichtent- bindungserklärung enthält der Beitrag des Un- abhängigen Landeszentrums für Datenschutz Schleswig-Holstein „Sind ärztliche Auskünf- te an private Versicherungsunternehmen auf Grund von üblicherweise verwendeten Schwei- gepflichtentbindungserklärungen zulässig?“

unter www.datenschutzzentrum.de/material/

themen/gesund/versentb.htm

Dr. jur. Herbert Schiller, Justiziar BLÄK und KVB

Schweigepflichtentbindungserklärung

Freibrief für die Datenübermittlung oder Gefahr der Strafbarkeit für den behandelnden Arzt?

Referenzen

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