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Schlechte Blutzuckerkontrolle wegen Lipohypertrophie

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Academic year: 2022

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F O R T B I L D U N G F O R M A T I O N C O N T I N U E

BR I T I S H ME D I C A L JO U R N A L

Zwei Fallberichte erinnern an eine Ursache für schlechte Blutzuckerwerte und Hypo- glykämien bei mit Insulin behandelten Zuckerkranken.

Die Lipohypertrophie ist eine benigne

«tumorartige» Schwellung des Fettgewe- bes, die durch subkutane Insulininjek- tionen verursacht werden kann. Diese Gewebeveränderung führt zu Resorpti- onsstörungen und kann Ursache einer sich verschlechternden Kontrolle des Blut- zuckers (BZ) sein.

Fall 1

Bei dieser 37-jährigen Frau war seit dem 7. Lebensjahr ein Typ-1-Diabetes bekannt.

Sie wurde im Jahr 2000 an ein Diabetes- zentrum überwiesen, weil sie trotz gut eingehaltener Diät und regelmässiger BZ- Selbstkontrolle fluktuierende BZ-Spiegel, rezidivierende Hyperglykämien und häu- fige, nicht vorhersehbare Hypoglykämien hatte. Bei der letzten Jahreskontrolle zeigte sie eine leichte Retinopathie ohne andere mikro- oder makrovaskuläre Kom- plikationen. Die Lipid-, Harnstoff- und Elektrolytwerte sowie Schilddrüsenfunk- tionstests waren normal. Ihr glykosiliertes Hämoglobin war jedoch mit 9,1 Prozent eindeutig zu hoch (Normbereich 3,6–

5,1%). Sie erhielt humanes Actrapid® (Tagesgesamtdosis 30 E) und humanes Insulatard® (26 E zur Nacht), die sie mit einem Pen spritzte. Ausserdem wurde sie

zu einer spezialisierten Diabetesschwester überwiesen. Dieser fielen fluktuierende BZ-Spiegel und häufige Hypoglykämieepi- soden (3- bis 4-mal pro Woche) auf. Sie liess sich von der Patientin die Injektions- technik vorführen und bemerkte dabei eine beträchtliche Lipohypertrophie an den Injektionsorten in der Bauchdecke.

Sie empfahl der Patientin, diese Injekti- onsstellen in Zukunft zu vermeiden und die Insulindosis um 10 Prozent zu reduzie- ren. Über die nächsten sechs Monate ver- besserte sich die BZ-Kontrolle, und die Häufigkeit der Hypoglykämieepisoden sank auf weniger als eine pro Monat.

Trotz der reduzierten Insulindosis fiel ihr glykosiliertes Hämoglobin innert dreier Monate auf 6,8 Prozent.

Fall 2

Diese 56-jährige Frau wurde wegen schlechter Diabeteskontrolle überwiesen.

Bei ihr war vor zehn Jahren ein Typ-2-Dia- betes diagnostiziert worden. Wegen se- kundären Versagens der oralen Therapie war sie vor vier Jahren auf Insulin umge- stellt worden, als ihr glykosiliertes Hämo- globin 9,5 Prozent betrug. Sie erreichte mit zwei Injektionen von humanem Mixtard®30 (Tagesdosis 64 E) innert sechs Monaten eine akzeptable BZ-Kontrolle (HbA1c6,4%). Bei der letzten Jahresvisite fiel jedoch eine Verschlechterung der Glyk- ämiekontrolle auf, und die Behandlung wurde zu humanem Actrapid®und Insula- tard®mit einer täglichen Gesamtdosis von 52 E geändert. Trotz guter Diätcom- pliance, regelmässiger BZ-Selbstkontrolle und Anpassung der Insulindosis hatte sie immer noch erratische BZ-Konzentratio- nen und ein HbA1c von 8,9 Prozent. Die übrigen Untersuchungsergebnisse waren hingegen normal. Auch hier fiel der spe- zialisierten Diabetesschwester eine schwere

Lipohypertrophie an den Injektionsorten auf. Sie empfahl der Patientin, diese Stel- len zu meiden, die Injektionsorte regel- mässig zu wechseln sowie die Insulindosis um 10 Prozent zu reduzieren. Innert dreier Monate fiel das HbA1c auf 6,7 Prozent, ihre BZ-Werte besserten sich trotz der ge- ringeren Insulindosis, und Hypoglykämien blieben aus.

Diskussion

Diabetische Lipodystrophien, insbeson- dere Lipoatrophie, waren unter bovinen und porcinen Insulinen häufig anzutref- fen. Mit den rekombinanten humanen In- sulinen sind Lipoatrophien selten gewor- den, Lipohypertrophien bleiben jedoch ein Ernst zu nehmendes Problem, schrei- ben die Autoren. Die Prävalenz einer kli- nisch signifikanten Lipohypertrophie wird bei Typ-1-Diabetes auf 20 bis 30 Prozent,

Schlechte Blutzuckerkontrolle wegen Lipohypertrophie

Eine Folge unsachgemässer Insulinjektionen

M M M

M e e e e r r r r k k k k -- --

s ä t z e s ä t z e

●Wird Insulin häufig in dieselbe Stelle gespritzt, kann sich eine lokale Lipohypertrophie entwickeln.

●Die insulininduzierte Lipohyper- trophie führt zu unregelmässiger Insulinresorption mit erratischen Blutzuckerwerten und

Hypoglykämien.

●Wichtigste vorbeugende Mass- nahme und Therapie bei

bestehender Lipohypertrophie ist der Rat, die Injektionsstellen sorgfältig zu rotieren.

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bei Typ-2-Diabetes auf etwa 4 Prozent geschätzt.

Die Veränderung scheint auf einer zel- lulären Antwort der Adipozyten auf die lo- kalen Effekte des injizierten Insulins zu be- ruhen. Die Empfänglichkeit für diese Komplikation variiert jedoch stark, wes- halb auch immunologische Faktoren an- zunehmen sind. In diese Richtung weist die Beobachtung, dass das Ausmass der Lipohypertrophie bei Kindern und Ju- gendlichen mit Typ-1-Diabetes direkt mit den Titern von Insulin-Antikörpern korre- liert. Andere vermutete Risikofaktoren sind häufige Injektionen in dieselbe Stelle, Typ des Insulins, Zahl der täglichen Injek- tionen, Tagesgesamtdosis, Wiederver- wendung von Nadeln und Einsatz von Pens anstatt Spritzen.

Die Injektion von Insulin in lipohypertrophe Areale kann die Resorption signifikant ver- zögern und zu erratischen BZ-Werten so- wie Hypoglykämien führen. Lipohypertro- phe Hautstellen können ästhetisch störend

sein. Einzige Behandlung ist dann die Lipo- suktion. Allerdings können sich die Verän- derungen mit der Zeit auch zurückbilden, wenn weitere Injektionen an dieser Stelle vermieden werden.

Bei den jährlichen Kontrollen waren die Patientinnen zwar nach den Injektions- orten gefragt worden, und die klinischen Routineinspektionen hatten nichts Auffäl- liges ergeben. Erst die gezielte Suche nach den Veränderungen zeigte den Befund, der besser zu palpieren als zu sehen ist. Li- pohypertrophien sind oft asymmetrisch, da die dominante Hand bei der Injektion eine Seite bevorzugt.

Bei Beginn einer Insulintherapie ist es zwingend, die Patienten auf die Notwen- digkeit der Rotation der Injektionsorte aufmerksam zu machen. Sind Lipohyper- trophien einmal aufgetreten, darf nicht mehr an diesen Stellen gespritzt werden, und die Injektionsorte müssen sorgfältig gewechselt werden. Damit ist wie in den beschriebenen Fällen eine Verbesserung

der Glykämiekontrolle und des Insulinbe- darfs zu erzielen. Zusammen mit den Empfehlungen zur Änderung der Injek- tionstechnik ist auch die Insulindosis zu reduzieren, da sonst Hypoglykämiegefahr wegen besserer Insulinresorption droht.

Ein Wechsel zum rascher wirkenden Insu- linanalog Insulin lispro (Humalog®) soll weniger Lipohypertrophien verursachen, da die Adipozyten so weniger lang den lipogenen Wirkungen des Insulins aus-

gesetzt sind. ●

Tahseen A. Chowdhury, Valerie Escudier (Mile End Diabetes Centre, Royal London Hospital, London/UK): Poor glycaemic control caused by insulin induced lipo- hypertrophy. Brit. med. J. 2003; 327:

383–384.

Halid Bas

Interessenlage: Die Autoren deklarieren keine Interessenkonflikte.

Schlechte Blutzuckerkontrolle wegen Lipohypertrophie

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