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Zu Cl. Huart's Bemerkungen.
(Zeitschrift 55, S. 341).
Von Enno Littmann.
Ich bin Herrn Cl. Huart für das durch seine Bemerkungen
bekundete Interesse an meiner Veröffentlichung ,Ein arabisches
Karagöz-Spiel* recht dankbar; leider muss ich gestehen, dass ich
einige davon nicht für richtig halte und nur in einem Falle eine
wirkliche Förderung des Verständnisses meines Textes sehe. Da
Herr Huart die Diskussion vor die Öffentlichkeit gebracht hat,
kann ich nicht umhin, meine Antwort hier abdrucken zu lassen ; ich
bin aber gern bereit, etwaige weitere Erörterungen privatim ab¬
zumachen.
S. 666, 1. 12: An meiner Übersetzung „Der ist [ein] unan-
genehm[er Kerl]' muss ich fest halten. Man sagt von Personen
häufig 'inte bärid; vgl. Dozy s. v. fade, insipide, sot, fou u. s. w.
Der Karaközäti selbst bezog das Wort auf den 'Afyüni , und nur
so erklären sich m. E. Z. 16—18. Huart's Auffassung wäre
sonst möglich, aber in diesem Falle ist sie nicht anzunehmen.
Partizipia in prädikativem adjektivischem Gebrauche sind heute
nicht selten.
ib. 1. 19: 'amsi (Rasid sprach als Damascener 'amie) wurde
mir in beiden Fällen als „Peitsche" erklärt. Karaköz beantwortet
hier die Frage des 'Afyüni (wo ist die Peitsche ?). Dies Wort als
„marche'' zu fassen, scheint mir unmöglich; soweit ich den Sprach¬
gebrauch beobachtet habe, könnte es dann nur lauten 'imsi oder msi
(auch määSl absolut gebraucht, wie man z. B. sagt rüh, rauwih^).
Damit wird dann die Zusammenstellung mit türk. »iAjLS» hinfällig.
Ibid. 1. 20: Die ursprüngliche Bedeutung von ^..^i^jyi: ist
auch mir bekannt, und für den Fall, dass ich sie vergessen hätte
(jjLaavJJ! ^yL^wJ'if! stehen mir die Lexica zu Gebote.
Meine Übersetzung ,es wird nass" suchte das Wortspiel des Textes
wiederzugeben; ich gebe zu, dass dieser Ausdruck vielleicht nicht
ganz glücklich gewählt ist. Ralld erklärte mir die Stelle so, dass
Afyvini damit meint beddö yihra, Kar. aber denke räh itSättl.
606 Littmann, Zu Cl. Huart's Bemerhungen.
S. 668, avant-derni^re ligne ; Mein Versehen in der Auffassung
von 'ana thut mir leid. Huart ist hier sicher im Rechte. Als
adjektivisches Fragewort kommt es auch in meinen inzwischen er¬
schienenen Arabischen Schattenspielen vor. Ich kann hier im Voraus
bemerken , dass meine Jerusalemer Texte die Weiterbildung 'anü,
fem. 'ant; Plur. 'anun haben.
S. 674, note 3: Mein Zweifel bezüglich der Richtigkeit von
hat-talatt il-'anakil bezog sich natürlich nur auf die Doppelsetzung
des Artikels vor dem Zahlworte. Sie wird bekanntlich von den
meisten arabischen Grammatikern missbilligt, ist aber wie ich mich
jetzt überzeugt habe, nicht ungewöhnlich. Ich würde in „Zur
Entzifferung der Safä-Inschriften" S. 2 in der Anm. auf Huart's,
Notes p. 80 verwiesen haben, wenn sie mir damals bekannt gewesen
wären. Die Übersetzung „diese" statt des betonten „die" wäre
deutlicher gewesen.
S. 678, note 1. Die Etymologie ijju^ für wilak scheint mir
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Das Tsi-veiida'.
Linguistische Studie.
Von Carl Meinhof.
Nachdem ich durch meinen „Grundriss einer Lautlehre der
Bantusprachen' Leipzig 1899. Abhandl. der D. M. G. XI. 2 meine
Ansichten über den Bau der Bantusprachen in thunlichster Aus¬
führlichkeit dargethan habe , hat für mich die Behandlung anderer
Bantusprachen insofern ein erhebliches Interesse, als einzelne Partieen
der Lautlehre und Formenlehre, die ich dort nicht erschöpfend
behandeln konnte, sich aus andem Bantusprachen aufklären lassen.
Thatsächlich machen wir ja in der Linguistik ebenfalls die Beob¬
achtung, die dem Zoologen so wohl bekannt ist, dass Bildungen
in dem einen Gebiet lebensvoll und kräftig erhalten, in dem andern
aber nur rudimentär und schwächlich vertreten sind und sich wie
Abnormitäten ausnehmen. Mir scheint das Tsi-venda' eine ein¬
gehende Behandlung besonders zu verdienen , da es Formen er¬
schöpfend erklärt, die in anderen Sprachen solche Rudimente sind.
Vgl. z. B. 29, b , Palatalisation' mit dem in 40 des Grundrisses
Gesagten; ferner 14, c. 2) „halbe Nasalierung' mit demselben Vor¬
gang im Suaheli, Grundriss p. 56.
Ausserdem giebt das T.si-venda in ganz einzigartiger Weise
Gelegenheit das Eindringen von Vokalen in den Stamm
zu beobachten und die Bildung der schweren Vokale aus
den leichten zu verstehen, s. 29, b. 2).
Femer ermöglicht das Tsi-venda mit Sicherheit festzustellen,
dass die von mir als unursprünglich angesprochenen, „alte Misch¬
laute" genannten Konsonanten thatsächlich mit den Grundkonso¬
nanten nicht auf derselben Stufe stehen, s. Bem. zu 20.
Ferner ist im Tsi-venda' zum ersten Male von allen Bantu¬
sprachen der Unterschied des dentalen von dem cerebralen n sicher
festgestellt und so unter den Nasalen die den „alten Mischlauten"
entsprechende Lautfärbung gefunden. Der Unterschied wird auch
im Suaheli gehört und ist für etymologische Forschungen im Suaheli
unerlässlich, aber bis jetzt nirgend in der Suahelilitteratur zur
Anwendung gebracht. Vgl. Taylor, African Aphorisms. London
1891, p. XIL
Bd. LV. 40