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Geschichte der Dynastien der Hamdaniden
in Mosul und Aleppo.
Von
Proff. Dr. «. W. Freytag.
Einleitung.
Der Stammvater der beiden Dynastien , deren Geschichte wir
zu erzählen im Begrilfe ^tebn , beisst Qamddn ■), Sobn des Bam>
dün. Hamdün soll ein Sohn des No'mdn gewesen seyn, der von
Rääid, einem Sohne des Räfi" und Enkel des Mas'üd, abstammte.
Einzelne arabische Schriftsteller beweisen durch eine lange bis
zu 6anm, dem Sohne des Taglih, hinaufgeführte Abnenreibe ,
dass er zum Stamme Taglih gehörte. Der Stammbaum Taglib's'
eines Bruders des Bekr und Sobnes des Wäil, hing durch Asad
mit Rabi'ab zusammen, der zum Unterschiede von Andern dieses
Namens Rabi' at - alfaras genannt wird, weil sich diese Familie
besonders mit Pferdezucht abgab ») oder sich durch Pferde und
Reiterei auszeichnete. Dieser Rabi'ab wiederum führte das Ge¬
schlecht der Taglibiden durch seinen Vater Nizär, Sohn des
Ma'add, auf'Adnän, durch diesen aber auf Ismael zurück. Dar¬
auf bezieht sich was (»emäl-aldin Abu'l-flasan in seinem Abrisse
dieser Dynastien sagt: L^**i''j i.iLf« Jj.xJI ^-s^l CT i^JjAJl
W \j<Xi iJibUIj Ij^j ^j-nJ\ o^i «-t-jl (^*s vy*Ajj blj-^l
■ix^ji Ulj yJUÄi ^ßj^ de«-
Dynastien von edelstem Ursprung und festester Begründung
1) Der gelehrte ScWo»»er, Weltgeschichte Bd, Ilj Th. 2, S. 25t , nimmt an, dass die „Hamadaniden" von der Sladt Hamadan (Echalana) den Namen erhallen hahen. Genau aber heisst es Hamdaniden, vom Stammvater Ijlamdän.
Im medischea Hamadan sind sie nie gewesen. Es scheint, dass die'Namen
^ylj*.*> und ^.)i^*=> der Vorväter dieser Dynastie ursprringlich lobens- werlhe Eigenscliaften bezeichneten.
2) Die Araber erklären diesen Beinamen, Rabi'ab der Rosse, dadurch, dass ihm aus der Erbschaft des Valers die Pferde zugefallen seyen, wäbrend das übrige Vermögen unler seine drei andern Brüder gelhellt worden sey; allein ich gestehe, dass mir diese Theilung, wovon auch die andern Brüder Bei¬
namen erhallen baben sollen, welche aber bei diesen nichl so fest geblieben sind und nicht recht passen, unwahrscheinlich vorkommt. Ich glaube, dass diese andern Beinamen erst später erfunden sind. Vgl. Cnussin Essai , T. I, p. 187.
3) Wörtlich: „von den festesten was die Zellpflöcke belrilft", weil durcb fest eingeschlagene Zeltpilöcke das Zelt selbst fest steht.
Freytag , Geschichte der Dynastien der Hamdaniden. 433
Ihr Ahncnhaus^ ist eines der berühmtesten und am höchsten ange¬
sehenen unter' den Arabern. Ihr Stammvater ist Tag-lib, der
jrrössere Stamm aber, zu dem dieser gehört, ist Rabi'ab.« Die
ursprüngliche Heimath des Stammes Rahfah war unstreitig die
Umgegend von Mekkah, unter deren Insassen Ismael seinen Wobn¬
sitz aufgeschlagen hatte. Allein die Unfruchtbarkeit dieses Land¬
striches machte die Auswanderung der Ismaeliten nothwendig, und
da die Nachkommeo des Rabi'at-alfaras, wie arabiscbe Geschicht¬
schreiber berichteo , später mit deo Röoigen von Jemen ein Bünd¬
niss scblosseo, so ist es wahrscheinlich, dass dieser Stamm, wenn
auch oocb io Hi^äz wohnhaft, sich an den Gränzen von Jemen
und selbst jenseits derselben ausbreitete. Aus diesem Bündnisse
kann nber nicht mit Sicberbeit geschlossen werden , dass derselbe,
wie Caussin Essai T. I, p. 110 annimmt, den Königen von Jemen
tributpflichtig gewesen sey. Vielleicbt sollteo durch dieses Büod-
niss Dur die gegenseitigen Verhältnisse geregelt werden, um die
ackerbautreibenden Bewohner Jemens vor feindlichen Einfälleo uod
Raubereieo zu sichern, Caussin T.I, p. 116. Später fiodeo wir
deo Stamm Bekr und Taglib io Ne^d, wobio er vielleicbt dess-
wegeo gezogen war, weil ihm seine Wohnsitze zu enge wurden
und dadurch Streitigkeiten mit den sesshaften Bewohnern Jemeos
entstaoden. Dass im 5. Jabrb. n. Chr. ein Köoig von Jemen,
§abbäh, Soho oder Enkel Abrahali's, in diese Gegend zog, um
sich die Stämme Rabi'ab zu unterwerfen, lässt uns ebenfalls auf eine
frübere Verbioduog derselben mit Jemen sehliessen. Die Regie¬
rung dieses König-s voo Jemeo wird von arabischen Schriftstel¬
lern als gleicbzeitig mit der Regierung des persischen Königs
Jezdegerd II. angenommeo. Um diese Zeit, also in der zweiten
Hälfte des h. Jahrh. o. Chr., hatten sich Bekr und Taglih wohl
schon voo deo übrigen Stämmen Rabi'ab getrennt, deoo ebeo die¬
ser König setzte zu ihrem Fürsteo deo Zohair eio, der somit
dem Könige voo Jemeo unterworfen und tributpflichtig war, in¬
dem iiber jene Stämme, wie über die von Ma'add abstammenden
nomadischeo Araber überhaupt, zuoäcbst die Köoige von Kindah
herrschten. Der Stamm Bekr hatte sich aber schon io der Nähe
VOD, Basrab bis nacb Köfah bin ausgebreitet, und daher kam es,
dass Qo^r mit dem Beioameo Äkil-almorär mit den Lacbmiden-
Köoigen, weicbe io ^irab ihren Sitz hatten, in Krieg verwickelt
wurde, weil diese das Gebiet des Stammes Bekr in Bahrain be¬
anspruchten. Es ist sehr wahrscheinlich, dass in diesem Kriege
besooders der Stamm Bekr kämpfte, desseo Gebiet die Sacbe
aoging, und dass der Stamm Taglih ibm nur beistand. In dem
damals erfocbtenen Siege ist wobl der Grund davon zu sucben,
dass die beiden Stämme, welche ibre Macht kennen gelernt hat¬
teo, sicb von deo Köoigeo voo Kiodab und der jemeoischen
Oberberrscbaft frei zu machen suchten, da nach dem Tode des
^o^T, dessen Sohn 'Amr, mit dem Beinamen Almalf für, ein
434 Frey tag , Geschichle der Dynastien der Hamdaniden.
Bcliwacher Regent war, sich eine gute Gelegenbeit dazu darbot.
Es scheint, dass diese Empörung hauptsäcblicb im Stamme Taglih
ihren Aofaog nahm und die beiden Brüder Kolaib und Mohalhil,
heide sehr stolz, die Häupter derselben waren. Deswegen glaubte
der den beiden Stämmen vom Könige ron Jemen als Emir vor¬
gesetzte Zohair ben Ganäb die Empörung durch die Gefangen¬
nehmung Kolaib's und Mohalhil's unterdrücken zu können. Diese
Gefaogennehmung aber brachte gerade die entgegengesetzte Wir¬
kung hervor; denn nm diese beiden jungen Leute, welche grosses
Ansehen nnd daber auch einen zahlreichen Aohaog hatteo , zu be¬
freien, vereinigten sich die beiden Stämme Bekr und Ta^lib, und
vielleicbt schlössen sich ibnen noch andere an. Nachdem jene
beiden Söbne des Rabi'ab hen-Härit befreit worden waren und
Zohair sich oacb Jemen zurückgezogeo holte, um deo Stamm durch
Waffengewalt wieder znm Gehorsam zu hringen, giogen die ver¬
einigten Stämme Bekr und Taglih ■) dem aus Jemen heran-
siebenden Heere entgegen , und in der Scblacbt voo Solläo, einem
Orte in Tihimah an der Gränze voo Jemeo, wurden die Jeme-
nenser besiegt Es scbeint aber, dass dieser Sieg nocb nicht
vollständig war und dass die beiden Stämme, so lange Rabi'ab
ben ßirit lebte, fortwäbreod Tribut ao den König von Jemen
zahlten; denn es wird berichtet, dass ein Maon, der von tiassäu
abstammte und die Schwester des Kolaib geheiratbet batte , noch
nacb jener Zeit den Tribut einforderte. Üeber den Namen dieses
Mannes ist mao nicbt eioig. Eiost hatte er seiaer Fron eine
Ohrfeige gegeben. Der Stolz ibres Bruders Kolaib konnte diesen
Schimpf nicht ertragen, nnd er tödtete deswegeo den Monn. Dies
war der Grund einer nenen Empörung, welche das Treffen am
Berge ^m&z oder Qazäzä ') zur Folge hotte, worin die Je-
menenser gänzlich geschlagen wnrden. Aus den Worten des 'Amr
ben KoltAm V. 68 seiner Ho'allakab muss mao scbliessen, dass
der Krieg nicht eigentlich gegen den Stamm Taglib, sondern
gegen andere Nacbliommen des Nizar gerichtet war, und der
Stamm Taglib nur, zn Hülfe gerufen, die Sache dieser Aodern
snr seinigen macbte. Der Anführer des siegenden Heeres, Kolaib,
ward von beiden Stämmen zum Fürsten ernannt Dieser Sieg
und diese Wahl aber vermehrten seinen früheren Stolz, und zn
diesem scheint nocb Anmassnng nnd Härte gekommen an aejn,
welche ihn seinen nächsten Anverwandten verbasst machte. Die
Veranlassung znm Zwist zwiscben Kolaib nnd Öassäs gah ein
Kameel, welches der Basüs (oach Andern dem vun ibr be-
1) Es ist wahrscheinlieh, dass sieh die mit ihnen verwandlen Stämme snn Theil diesem Zage anschlössen nnd ihr Heer vergrösserten. Qirit fiihrte dasselbe.
2) Dieser Berg soll anf dea Wege von Basrab nach Mekkah liegen.
Marlfid n. OLJ'r^i
Freylag, Geschichte der Dynastien der Hamdaniden. 435
scheuten Sa'd) gehörte. BasAs war eioe Verwandte dea Öassin,
unter des«en Schutze sie lebte uod mit desseo Kameelen das ihrige
auf die Weide ging. Kolaib hatte dieses Kameel geseheo und
es mit eioem Pfeile am Euter verwundet. Deswegen schrie BasAa
um Rache und (Jassäs , unstreitig schoo früber über den Stola
und die Anmassung des Kolaib aufgebracht, tödtete denselben.
Dieser Mord forderte Blutrache, und da Gassäs von seioer Familie
vertheidigt ward, so entstand ein langjähriger Krieg zwischen'
den beiden Stämmeo Taglib nod Bekr. Der Stamm Taglib war
in diesem Kriege beständig siegreich, so dass der Stamm Bekr
ausserordentlich litt. Härit beo 'Abbdd, eio tapferer Mann , war
■it seioem Aohange vom Kampfe entfert geblieben , weil dos Un¬
recht auf der Seite der Stammes Bekr war. Doch da seio Volk
durch das Uebermass der Rache, die der Stamm Taglih nahm,
sehr litt, so liess er sich eodlich bewegeo, als Friedeosstifter
aufzutreteo. Er schickte seioeo Sobn Bogair ao Mohalhil, der
als Rächer seines Bruders Kolaib aucb das Haupt des Krieges
war, mit der Bitte, dass er, da nun Rache genommen sey, mit
dem Unglück des verwandten Stammes Mitleid haben möge. Aber
wie früber der Üebermuth Kolaib's durcb Erbitterung der Ge¬
müther den Krieg entzündet hatte, so verhioderte nun der Üeber¬
muth Mohalhil's die Beendigung desselben. Als dieser hörte,
wer Bog-air war, tödtete er ihn mit den Worten: ^»jy *j
• •• gr^^
„stirb für deo Schuhriemeo Kolaib's!" (denn mebr bist dn nicht
werth). Härit ben 'Abbdd wollte sich selbst über die Ermordnog
seines Sohnes zufrieden geben, wenn nur der Friede dadurch
uuter den Stämmen zu Stande käme; als er aber die stolzeo und
geringschätzigeo Worte Mohalhil's erfuhr und erkannte, dass das
Blut seioes Sohnes nutzlos vergosseo war, da trat er mit seioem
Anhange auf die Seite des Stammes Bekr, nnd nun veränderte
Sick die ganze Sachlage, s. Arabb. Provv. T. I, p. 686. Bei dem
Berge l^idab ') war die erste entscheideode Schlacht, uod nacb der¬
selben blieben die Bekriden Sieger. Wann dieser Krieg geendet
bat, darüber ist man nicht im Klaren, eben so weoig als über
seioe eigeotliche Dauer; deoo „vierzig Jahre" bezeichnet wobl
nur überhaupt eioe lange Zeit. Wie es mir scheint, wurde die
feindselige Stimmung unter den beideo verwaodteo Stämmeo,
dereo Fürsteo, durch Wechselbeiratbeo verbunden, aucb, wie
■an aus dem Anfaoge des Krieges Basüs sieht, nahe hei einan-
1) Ijlidah, K»aä, ist ei» steiler Berg io dem nördlichen Theile von
iUl*Jt • ^'csem Kampfe der Slamm Bekr der angreifende
Theil war, so ist es wahrscheinlich, dsss er in das Gebiet des Stammes Taglih eindrang und dieses sicb also nach Jemimah hinein erstreckte.
436 Freylag, Geschichle der Dynastien der Hamdaniden.
der wohnten >), durcb die Beeodignng desaelben nicht unter,
drückt; deoo wir fiodeo bei eioigeo Schriftsteilern, dass die bei-
den Mo'allakah des 'Amr ben Koltüm uod des Härit beo Qillizah
durch einen Zwist veraolasst wurden, bei welchem der Stamm Bekr
Leuten des Stammes Taglih Wasser verweigert batte, wodurch
mehrere verdurstet wareo, und zu dessen Schlichtung man sich
an den Köoig 'Amr beo Hiod io Qirab gewendet hatte. Dieser
Umstand lässt uns mit Recht scbliessen, dass die beiden Stämme
zu dem Könige in einer Art von Abhängigkeitsverbältniss standen.
Bisher haben wir gesehen, dass der Stamm Taglib io Negd
nnd den angränzenden Ländern wobnte; später finden wir ihn in
Mesopotamien , ohoe Zweifel uoter der Oberherrschaft der Könige
von Qirab; denn als 'Amr ben Hind denen, weicbe es geleugnet
hatten, beweisen wollte, dass die Mutter des 'Amr ben Koltüm
sicb nicbt für zo gut balten werde, seiner Mutter Dienste zu
leisten, lud er den'Amr ben Koltüm zu sicb nach pirah ein.
In dessen Lebensbeschreibung aber, welche Kosegarlen aus dem
Kitib-alagAni mit seiner Mo'allakah p. r berausgegebeo bat, beisst
es, dass derselbe mit seinen sämmtlicben Stammgenossen aus Meso-
potamien nach Hirah gekommen sey : 8,*^ J,l Sßj^
U<ii Vj**»* *älj/j vXlfl> KeUa. ^
otyiJI, BjJi. „Darauf zog'Amr mit deo sämmtliehen Taglibiden
aus Mesopotamieo nach Hirah und auf Befehl des'Amr ben
Hind wurde sein Zelt zwischen Hirah uod dem Euphrat aufge¬
scblagen". Ist diese Erzäblung wabr, so beweist sie, dass dieser
Stamm schoo vor Mobammeds Zeit über deo Euphrat oach Meso¬
potamien gegangen war Wabrscbeinlicb war der Krieg Basüs,
in dessen zweiter Periode der Stamm Taglih bestäodige Nieder-
lageo erlitteo hatte, und die nach gescblosseoem Frieden fort¬
dauernde feindselige Gesinnung des Stammes Bekr gegen den
Stamm Taglih die Grundursache dieser Auswanderung. Später
möcbte sicb der Stamm Taglih kaum noch io Negd uod deo ao-
grensenden Ländero oachweisen lassen, es sey denn dass ein¬
zelne Tbeile des Stammes zurückgeblieben wären , die vielleicht
1) Als dass&s den Kolaib tiidtlicb verwundet batte , bat ihn dieser um elwas Wasser. Er schlug es ibm ab mit den Worten : LSaa^SI. ,jas»"5(l ojjLs?'
„Dn bist an den Gewässern Ala^ass und Aliobaiti vorübergegangen" (da hät¬
test dn trinken sollen). Diese beiden Gewässer aber liegen in Ne^d ; sie müssen also dort ibre Wohnsitze gehabt haben.
2) 'Amr ben Koltam sagt in seiner Mo'allakah V. 28 : ,,Wir haben un¬
sere Zelte in DA-Telöh nacb den Bezirken Syriens bin aufgeschlagen , ver¬
treibend die nns Bedrohenden", und V. 31 nennt er den östlichen Theil von Ne^d als Kampfplatz seines Volkes. Dü-folüh ist ein Ort, welcber den Stämmen Dabbah, Dobaib, l^isl und ^osail gehörte, äbnlich dem Orte )^im&- Parijjah.
Freytag, Geschichle der Dynastien der Hamdaniden. 437
mit dem Stamme Bekr in ein besseres Vernehmen kamen. Der
Haupttbeil des Stammes, — denn 'Amr ben Koltilm war der Fürst
desselben, — war schon dort. Ob nun ein Theil des Stammes
Bekr, der nach dem Kriege Basüs sich der Auswanderung an¬
schloss, hinzog, oder ob dieses erst nacb Mohammed geschah,
Iässt sich nicbt mit Gewissbeit sagen. Gewiss ist, dass ein
grosser Tbeil von Mesopotamieo später aus den Provinzen Dijär-
Rahfah, Dijär-Modar und Dijär-Bekr bestand, so geoaont, weil
diese Stämme dort ihre Wohnsitze hatten. Zu Dijär-Modar ge¬
hört Harräo und als Hauptstädte Alrakkab und ^ar^isijä fCirce-
sium). Den Anfang des Gebietes Dijär-Rabi'ab , von Dijär-Modar
aus, bildete die Stadt Räs-Ain. Der gelehrte Alsum'äoi reebnet
diese Stadt zu Dijär-Bekr, während Andere sie zu Algezirah,,
d. h. Mesopotamieo ausser jeoeo drei Proviozeo, ziehen. Zu
Dijär-Rabi'ab gehörten die Städte Nesibis ,^***aj, Singär ^Lsu«,
Kafrtütä 13^', B«'«'' Sfirt oyu. oder O^t ■),' uod
Märidio ^jl-. Das Gebiet dieses Stammes fäogt also von Ne¬
sibis uod Räs-Aio ao uod gebt bis über Singär binaus, indem
es sich durch Beled oach dem Tigris bioziebt. Von Dijär-Bekr
soll nach Ibo-Sa'id die Hauptstadt Majjäfdrikfo y^^UÜ. gewesen
seyn (Aodere rechnen sie zu Mesopotamieo); ebeodazu gehörteo
Alrabbah iu»jJl und Albattäb ^ü^f, ferner Qizdn und
Ämid J^r. Dieses Gebiet geht oberhalb Maridfn bis nach Ar¬
menien hinauf. Das Gebiet der Stammes Mo^ar liegt am Eupbrat
diesseits und jenseits des Chaboras und enthält die Städte Rah-
bah, Rakkah und Räfikah.
Ich habe im Obigen die Schicksale des Stammes Taglih bis
zn den Zeiten herabzufiihren gesucht, in welchen die Familie
Qamddn aus ihm hervorging. Der kriegerische Sinn , die Tapfer¬
keit nnd der dadurcb erzeugte Stolz dieses Stammes war ihm,
wie wir aus der Mo'allaliah des 'Amr ben Koltüm seben, auch
in Mesopotamieo gebliebeo , uod diese Eigenschaften begründeten,
als der Throo der 'Abbäsideo zu wanken anfing, die Erbebung
der Familie Hamdän. Durch die Macht ihres Stammes war dieselbe
io Mesopotamien eioflussreich, in desseo erblicher Tapferkeit faod
sie Hülfe, io seioem Stolze eioeo Antrieb zu grosseo Uoteroeh-
mungeo. Wie der Stamm es schon voo den frühesten Zeiten ge¬
than hatte, strebten aucb die QamdänideA nach Unabhängigkeit.
I) 0jn4,\ («. Ztschr. Vni, S. 357, Aom. 3) und liegen nahe zu¬
sammen. >>jitM>\ ist also wohl die Gränze von Dijär-Rabrah, nnd ^izin von dieser Seite der Anfang der Provinz Dijlr-Bekr.
438 freylag , Geschichte der Dynastien der Uamdaniden.
Bevor ich zu der Geschichte der Hamdänideo seihst über¬
gehe, sey es mir erlaubt, kurz die Quelleo aozugeheo, welche
ich beoutzt habe.
1. Handschriftliche.
1) Aus dem grossen geschichtlichen Werke des Nowairi
(gest. im J. 732 d. H.) die Theile, welche a) von den
'Abbasidischeo Herrschern, b) den Bujidischen, c) den
Aegyptischen , d) deo Hamdänideo insbesoodere handeln,
8. Dizionario degli autori Arabi piü celebri voo De Rossi,
Parma 1807, p. 152.
2) Das geschichtliche Werk von Dehebi, ebend. p. 60.
3) Ein geschichtliches Werk unter dem Titel : vjlxf
«Ui^l ^.)^ li »Buch der Nachrichten über die Geschichte
der Chalifen" von Mohammed ben Mohammed Ibn.
A/imräoi ')• erzählt Manches genauer und ausführ¬
licher als Andere.
4) Eio Werk des Jahjä ben-Sa'id ben-Batril^ des Antioche-
ners , welches dieser im Anschluss an das Geschichtswerk
seines Vaters verfasst hat, vXasmi fj^t^ ȟo vLJLJ'
^jL^ ^ *Xf*M. ^jLiJ L«Iäj ^^[hji\. Nach einer ara¬
bischen Handscbrift ist der Vater Sa'id hen-Batrik im Jahre
263 d. H. ( Cbr. 866—7) geboren. Im sechzigsten Jahre
seines Alters wurde er Patriarch voo Alexondrien und starb
am Ende des Regeb im Jahre 328 (Anf. Mai 940), nachdem
er jene Würde sieben Jahre sechs Monate bekleidet hatte.
Sein vorerwähntes fjäi ist bekanntlich von J. Seiden
Oxford 1658 in zwei Quartbänden mit. Ed. Pocock's lat.
Uebers. berausgegeben worden. Das Werk ist nicht ohne
historischeo Wertb.
5) />l5"Stj ^^yi\ fXc ^ jblxÜ iü»} von dem Oberrichter Ibn- Al£o]|foah. Er starb 883 d. H. , s. De Russi unter S^ohnn.
6) »LULÜ fHij^ Sojüti, 8. De Rossi unter. Sojuti.
7) Cod. 6.37 der Pariser kaiserl. Bibliotbek von 'Afif-aldtn
Abfl-Mohammed 'Abd-Alläh n. s. w., gestorben im ersten
(^omädä d. J. 778 d. H. Im Paris. Cataloge hat das Werk
den Titel: Le miroirdes esprits et l'aiguillon des Sultans etc.
8) ajfW^i ^ >i6jLt S „Die glänzenden Ge¬
stirne über die Könige von Misr und Cairo", wovon den
ersten Tbeil Prof Juyoboll herausgegeben bat Leyden
1852 u. 1855.
1) Arimrioljjah, wober Arimrioi kommt, ist eioe tiegead bei Mosul.
Lobb-allobäb.
Freytag , Geschichte der Dynastien der Hamdaniden, 439
9) Das Werk wUj- ^vj^Lj 8AJ3 „ Cremor lactis cx
historia Halebi", von dem icb ausführlicb in Selecta ex
historia Halebi gehandelt habe.
10) Ein W^e«''' (iemäl-aldin Abu'I-Hasan 'Ali, Sohn des
Recbtsgelehrten Abu 'I-Mansür Zäfir ben-Alhosain ben-6äzi
Alhalabi Alazdi, dessen zweiter Theil die abgesonderten
Dynastien behandelt.
11) Das Werk SySV^I ^ 8^1 SvXj. „Cremor cogitationis
de historia fugae" vom Emir Baibars Rokn-aldin Almansürf,
welcher im J. 725 starb. '
12) Das Werk des Ta'älibi JU^ theils nach der Hand¬
schrift, theils nach Dieterici's Mutanabbi und Seifuddaula, Leipzig 1847.
13) Ein türkisches historisches Werk, unstreitig aus neuerer
Zeit, welches früher dem verstorbenen schwedischen Ge¬
sandten d'Ohssoo gehörte und dessen dritter Theil von der
Dynastie der Hamdaniden handelt. Es ward mir erlaubt,
den für mich wichtigen Tbeil daraus abzuschreiben. '
2. Gedruckte.
1) Selecta ex historia Halebi , von mir mit historischen und
andern Erläuterungen zu Paris 1819 herausgegeben.
2) Regierung des Sa'd-aldaulah. Der Text aus dem näm¬
lichen Werke ,,»1^1 B-Xjj in Steindruck mit deutscher Deber¬
setzung und Anmerkungen Bonn 1820 herausgegeben.
3) In der vou mir uoter dem Titel : vXÄ, JLI JwxJj^JI vUXJl
^l^'KI f.'Üif i Bonn 1823 herausge-
gebeoeo Chrestomathie, p. 41—71, der Text der Regie-
ruogsgeschichte des Sa'id - aldaulah aus dem nämlichen
Werke abgedruckt.
4) Ibn Challikaoi vitae illustriuoi. virorum ed. Wüstenfeld.
5) Abulfedoe Annales ed. Adler, Hafn. 1789—94.
6) Abul-Pharajii historia Orieotal. ed. Pocock , Oxon. 1672.
7) Bar-Hebraei chrooicon Syriacum ed. Bruns et Kirsch
Lips. 1789.
8) Leo Diaconus, Bonn 1828.
9) Georg. Cedrenus, Bonn 1838.
10) Zonarae Annales.
GeschkebtstuM der Familie Hamdän.
I
"Ot
I s.
Qsmdän 1.
Ibrahim
•i.
'Abd-Alläh Abu'l-Hai^ä
3.
Nasr Abu'l-Sarjä
'Ammar ben-Abi'l-Sarjä
.4.
Sa'id starb 323 Abu'l-'Alä
I ' 2.
I^osaln starb 338
^ Diu
i.
Alhärit
Abu-Firäs Abü - Abd - AlUh
1.
^asao Näsir-aldaulab
2. "
■Ali Saif-aldaulab
i
t f
§
.✓v».
1. 2. 3. 4.
Abü-Ta#lib Qamdäot3t>7 Abu'l-tjliisim Abu'l-MoU'
Fadl-Allih 1 Hibat-Alläh Du'l-karnaia
'Oddat-aldaulah i Abu'l-Sarjä
5. 6. 7. 8. 9.
Moliammed Abu'l-Mar^a Abu-Tlhir Abu'l-Berekät Abu-'Abd-Alläh
Abä-Fawfiris Ibrähim Lu}r-Alläh Al^osaiu?
1. Abu'l-Ma'ali
Serif
Abu'l-Ma'ili Sa'd-aldaulah Abu'l-Fadiil Sa'id-aldan'lab
I 2. 'Ali Abn'l-tfasao.
Frey lag, Getchiehte 4er Dynattien der Bamdaniden. 444
Stammbaom der Qamddniden in Mosul.
Q-o. iCJjjJI.^U
Nlfir-aldaalab Qasan starb 858
aUI J-oai wJl«3 ji\ /ü^\ icjjjjf BAc
'Oddat-aldaulah Algadaofar AbA-Taglib
Fadl-AlUh starb 369.
Der früher erwähnte Stannavater Qamdän ben Elamdün war
ein Fürst des Stammes Taglib in der Gegend voo Mosul uod
hatte sechs Söhne: 1) Ibrähim, 2) Qosaio, 3) Nasr Abu'l-Sarjä
4) Abu'l-Halgä'Abd-Alläb, 5) Abu'l-'Alä Said, 6) Däüd. Ahu'l-
Haigä's zwei Söboe wareo Qasao, der später vom Chalifen den
Ehrentitel Näsir-aldaulab , Helfer der Dyoastie, uod 'Ali, der den
Ehrentitel Saif-aldaulab, Scbwert der Dynastie, erbielt, voo deoen
jener, der ältere, der Stifter der Linie in Mosul, dieser, der
jüngere, der Stifter der Linie io Aleppo ward. Von den andern
Brüdern werde ich sprechen, wenn sie in der Geschichte auftre¬
ten. Im J. 255, als Ja Itüb der Soho des Lait mit dem Beioamen
AlsafiFär, der Kupferschmidt (vgl. Historia priorum regum Persa¬
rum post firmatum io regoo Islamismum, Viennae 1782, p. 20,
107, 113), sich in den Provinzen KeVmän und FÄris der Sacbe,
weon auch nicht dem Namen nacb vom Chalifen unabhängig
gemacht und der sogeoannte §ähib-Alzeng (Herr der Aethiopier»)) sicb ganz voo der Obergewalt der Cbalifen losgesagt hatte, soll jeoer
Qamdän die Gelegeobeit benutzt habeo, sich der Burg Märidin
zu bemächtigen und die meisten in Mesopotamien wobnenden
Araber uoter seioe Botmässigkeit zu bringen (Türk. Hdschr.)r
Dass derselbe mit dem Chalifen in gutem Vernehmen blieb und
die Burg behielt, wird ans Folgendem wahrscheinlich. Im J. 260
hatten die Bewohoer voo Mosul ibreo vom Cbalifeo Almo'tamid
eingesetzteo Präfecten Asatekin wegen seiner vielen üogerechtig-
keiteo vertriebeo und die Leitung ibrer Angelegenheiten dem Jahjä
ben Solaimän übergeben. Deswegen zog der zum Präfecteo der
Stadt eroaonte Isbäi^ beo Ajjüb vom Stamme Taglih, nachdem vorher
1) Wie der Name Lj^it soszospreeben sey, ist nicbt gewiss.
3} Dieser Heerrübrer biess 'Ali ben Mohammed nnd soll znm Stamme 'Abd-Alkais gehört baben. Er rühmte sich von 'Ali abzustammen nnd stiftete eine Sekte. In Bahrain trieb er sein Wesen seit dem J. 249 nnd brach von dort in die Gegend von Basrab ein , wo er grossen Anbang nnler jenen Aethiopiern fand, weicbe sicb in den sumpfigen ISiederungen niedergelassen halten. Davon erhielt er den obigen Beinamen. Im J. 260 entzog er sich zuerst der Herrschaft des Chalifen und im i. 270 ward er getödtet. Abul¬
feda.
Bd. X. 29
2 9
442 Freylag, Geschichte der Dynastien der Hamdaniden.
Abu'l-Haitam Len'Abd-AlIdh von den Einwohnern zurückgetrieben
worden wor, mit 'iOOOO Maoo nnd von ^arnddo beo Qamdün un¬
terstützt gegen die Stadt (Nowairi). Es ist wahrscheinlich, dass
die kräftigere Führung des Cbalifats und die Besiegung des Sähib-
Alzeng durch Mowaffalf , deu Bruder des Chalifen, dieses ünter-
würfigkeitsverhältniss noch längere Zeit erhielt, denn wir finden
Hamdän ben Hamdün als Gesellschafter des AImo'tadid-billäb, wel¬
cher im J. 279 von Almo'tamid zum Nachfolger im Cbalifate er¬
nannt worden war. Qamdäo gehörte damals zu den Vertrauten
desselben und hatte Leute auf dem Markte in Bagdad, welche
ihm die Neuigkeiten aus der Stadt hinterbrachten, die er dann im
Kreise des Chalifen mittbeilte (Mohammed Ibn-AfimrÄni). Dieses
gute Vernehmen dauerte bis zum J. 28L In demselben zog der
zwei Jabr vorber zur Regieruog gelaugte Chalif AImo'tadid, Soba
des Mowalfak, gegeo I^amdnn , welcher sich in seiner Burg Märi¬
din hefaod uod, wie dem Cbalifen berichtet worden war, sicb auf
die Seite des Rebelleo Härüo ') oeigte, ja sogar für ihn warb.
Die Araber, theils dem ^amddn zugetban, tbeils wohl auch ihm
uotergebeo, hatteo Nachricht von der .Aukunft des Chalifen er-
halten und rüsteten sicb ^um Kampfe. Allein der Chalif, dem
diess nicht uobekannt geblieben war, überfiel' sie plötzlich mit
ausgewählter Reiterei, richtete ein Blutbad unter ihnen an und
jagte einen grossen Theil in den Fluss Zäb wo viele er-
traokeo. Nach diesem Siege giog er oach Mosul, um von da
gegen die Burg Märidin zu- ziehen. Hamdän, durch die Nieder¬
lage der Araber der Hülfe beraubt, auf die er gerechnet batte,
wartete die Ankunft des Chalifen nicbt ab, soodern entfloh aus
der Burg, worin er einen, seiner Söboe als Stellvertreter zurück-
liess. Der Chalif belagerte die Burg eioeo Tag laog und wagte
es am zweiten, an ^ie Mauer hinanzureiteo uod deo Sohn Qom-
däo's persönlicb zur OeS^nung des Theres aufzufordern. Dieser,
1) Von diesem HÄrfin heissl es in der törkischen Hdschr. : (äUi Juu
^UA vA' t^^' ^.^^^^ kdV ^ S;»J^
^jjjl jLel «j'jLäÄj „Nachher schloss er sich dem Hlriin Aliari , dem Häuptlinge der Empörer, an und begann Unheil anzurichten und Unfug zn treiben." Napb einer aodern Stelle derselben Hdscbr. war Härün das Haupt der sofrilischeo Empörer.
2) Die beiden Flüsse Zäb, der kleinere und der grössere, ergiessen sicb nicbt weit von einander in den Tigris. Da nun die Araber, weicbe Qamdün nnterstülzen wollten, wahrscheinlich seine Stammgenossen, die Banü- Taglih und Banü-Bekr waren, so bqt man wobl anzunehmen, dass sie, die am wesllichen Ufe/ des Tigris in Mesopotamien selbst wobnien , über den Fluss gegangen waren, um dort den Chalifen, von dem sie wussten dass er am jenseiligen Ufer von Bagdad herankam , anzugreifen. .Sie mussten sich in der Nähe des kleineren Zäb gelagert hahen, weil sie dort überfallen wurden. Nach Abulfars^ hatten sich auch Kurden mit den Arabern vereinigt, was von der türkischen Kdschr. beslätigt wird.
Freylag, Geschichte der Dynastien der Hamdaniden.
in der Meinung, der Clinüf wiinscLe eine friedliche Beilegnng
de« Streite« , liam der Aufforderung noch. Der Chalif liess dar¬
auf Alles, was sich in der Borg befand, fortbringen und sie
selbst lerstören, den Hamdan aber eifrig verfolgeo nnd seine<
Güter eioziehen. Nachdem AImo'tadid nach Bagdad zurückgekehrt
war, ohne sich des Hamdan bemächtigt zs haben, erhielt er im
J. 282 die Nachricht, dass derselbe in Mosul sey. Da berief er
ibn und Ishäk beo Ajjiib zu sich, eotweder um ihren Gehorsam
zO prüfen, oder aoch um sie zur Beruhigung der Arnber und
Kurden zu verwenden. Ishäk ben Ajjiib beeilte sich dem Befehle
zu geborcheo, IJamdän aber befestigte seine Burgen und brachte
seine Schätze und Weiber in Sicherheit. Dadurcb erzürnt,
schickte AImo'tadid nnter der Anführung des Wasif Muätekin >),
des Nasr AlkafiürJ und Anderer Truppen gegen ihn. Durch
Ueberfall tödteteo sie eioe Menge seiner Lente ond er selbst
ward auf der Flucht voo der Reiterei so in die Enge getrieben,
dnss er sich in dos Zelt des Ishäk ben Ajjüb flüchten nnd diesen
um Schutz bitten mnsste. Durch die Gefangennehmung Hamdän's
war aber der Aufstand keineswegs unterdrückt, denn Härün beharrte
darin nnd Almo'tadid sah sich dadurch im J. 283 genöthigt, wie¬
der nach Mosul zu ziehen, dessen Umgegend der eigentliche
Heerd der Empörung war. Er wusste wohl, dass es scbwer
seyn würde, den Härün in seioe Gewalt zu bekommen, und
bescbloss daher, List anzuwenden. Hamdän hatte es mit Härün
gebalten; am fdglichsten war daber jener Zweck durcb Personen
voo des Erstem Familie'^ tu erreicben, weil diese mit Häpün'a
Aufenthaltsorte bekannt waren uud sich demselben am leichtesten,
ohoe Verdacht zu erregeo, nähern konnten. Als der dncu goi
eignetste Mann ward Alhosaio vom Chalifen ausereehen. Db der
Vater desselben in Fesseln schmachtete, so konnte Härün glauben,
dass Alhosaio, wenn er mit seinem Gefolge voo Mosul heran käme,
sicb vor dem Chalifen zu ibm flüchten wolle; deoo weoogleiob
Alhosaio nicbt in die Empörung seioes Vaters gegeo deo Chalifen
verwickelt gewesen zu seyn scheint, so lässt sich doch oicht an¬
nehmen , dass er geradezu gegen seinen Vater Partei genommeo
habeo sollte. Der Cbalif liess iho also zu sicb kommeo, um ibn tu
bewegen , Härüo gefaogen zn nebmen. Alhosaio ging daranf ein
unter drei Bedingungen, deren erste die Freilassung seines Vaters
war; die heiden andern auszusprechen, bebielt er sicb für die Zeit
vor, wenn die Onternebmung gelungen seyu würde. Und sie ge-
1) Der Name Wasif kommt in jener Zeit hänfiger vor, s. den Index zn Seleeta ex bistoria Halchi. Die versehiedenen Wasif werden dnreh Bei¬
namen nntersebieden. Dieser war noslreitig eia Feldherr am Hofe des
Chalifen.
2) Ich bin niebt sieber, wie das Wort ^^j^ÄäJI aasznsprecheo 1st nnd
»ovoa es herkommt.
29*
444 Freytag , Geschichle der Dynastien der Hamdaniden.
lang. Er zog mit dreiLundert Reitern ans und brachte Hdrüu
gefangen zu Almo'tadid nach Mosul. Der Chalif begab sicb nun
mit dem Gefangenen nach Bagdad, wo er am 22. des ersten
Rabi' ankam. Häriln wurde auf eiuem Elephanten in die Stadt
gebracht und gekreuzigt, Alhosain aber mit einem Ehrengewande
und einer Halskette beschenkt '), und auch seine Brüder, welche
wobl an der Sache Theil genommeo hatten , erhielten Ehrenge,
wänder. Ibrem Vater Hamdän wurden die Fesseln abgenommen ;
man gestattete ibm grössere Freiheit und versprach seine völlig^
Freilassung.
Von dieser Zeit an finden wir neun Jahre long in den Ge¬
schichtsbüchern keine besondere Erwähnung der Familie Elamdän.
Es scheint, dass nach dem Untergange des Härün von jener
Seite Ruhe in Mesopotamien herrschte und , nachdem Hamdän aus
dem Gefangnisse entlassen war, die Glieder seiner Familie theils
am Hofe theils in der Provinz lebten und sich die Gunst des
Chalifen erwarben, im J. 291 scheint Alhosain mit Mohammed
beo Soloimän gegen die in Aegypten und einem Theile von Syrien
herrschenden Tuluniden gezogen zu seyn und den Vorderzug be¬
fehligt zu haben; s. Selecta ex historia Halebi p. 112 sq. adnott.
Im Anfange des J. 292 hatte der Chalif Almoktafi-billäh die
Herrschaft über Mosul dem Abu'l-Hoigä'Abd-Alläh ben Hamdän
Ubertragen, und deswegen bezeicbnen die arabischen Geschicht¬
schreiber dieses Jabr als das erste der Glamdäniden-Dynastie. Er
langte im Moharrem 293 in der Stadt an; so nach dem VFerke
Bj^SJVjJI ^jlö j byCäJt «Ajj. Der Grund dieser Auszeichnung lag
unstreitig darin, dass die Kurden jenseits des Tigris sich der
Botmässigkeit des Cbalifen entzogen hatten und er keinen zu
ihrer Bekämpfung geeignetem Mann finden konnte. Da, wie wir
gesebn hoben, der Stamm Taglih, zu dem die Familie Hamdän
gehörte, seine Wohnsitze in der Gegend von Mosul hatte und
mächtig und kriegerisch war, so konnte diese Familie in einem
1) Die Geschichtschreiber schweigen iiber die zwei nicbt ansgesprocbe- nen Bedingungen. Vielleicht bezogen sie sich eben anf das Ehrengewand, welches bloss eine Auszeichnung ist, und auf die Halskette, welche oft dio Belehnung mit einer Provinz und die Uebertragung eines Oberberehls be-
wl
deatet; denn beim J. 302 beisst es: y^syl} •l.^U^Jtj^t Odü „Abu '1- Hai^a erhielt Mosul als Provinz". Docb finden wir ausdrücklich angemerkt, dass diese Ketten auch gegehen wurden weil Jemand einen Empörer getödtet hatle, ood darauf kann sich diess auch beziehn. In dem oben unter Nr. 10 der handsebrifllichen Quellen aufgerührten Werke des Gemäl-aldiu Abu '1- li^asan 'Ali wird von Alhosain berichtet: LijJa ^^jjä.c^ «tXic ^LS"
U^ji^ jUUäJ LfJL« >liJL^I jJL> „er besass zwanzig und
etliche Halsketten, als von den Cbalifen erbaltene Ehrenzeichen, von denen ihm eine jede für die Erlogung eines Empörers verliehen worden war."
Freylag, Geschichle der Dynastien der Hamdaniden. 445
Kriege gegen die Kurdeu auf Unterstützung iLres Stammes mit
SicherLeit recbneD. Abu'l-Haigä zog dalier aucii scLon am zwei¬
ten Tage DOcIi seiner Anitunft in Mosul über die Brücke auf das
jenseitige Ufer des Flusses zum Kampfe aus. Er stiess auf die
Feinde am Flusse Alfeäzir zwiscben Mosul und Arbela oder viel¬
mebr zwischen Mosul und dem obern Zäb; denn in diesen, nahe
bei seiner Einmündung in den Tigris, ergiesst sich der ^äzir.
In dem Kampfe zwischen heiden Parteien wurde einer von den
Busgezeichoetsten Genossen des Abn 'l-Haigä, der Hamdänide
Simä, getödtet. Abu'l-Haigä sah ein, dass er nicht stark genug
war, um als Sieger aus dem Kampfe hervorzugehen; er zog sicb
daher zurück und scbrieb an den Cbalifen um Hülfstruppen. Erst
nach mehrern Monaten erbielt er sie. Mit ihnen zog er nun im
ersten Rabi' 294 gegen die Feinde. Diese batten sich 5000 Fa¬
milien stark zusammen gezogen; als sie aber das feindliche Heer
erblickten, bielten sie es fdr rathsamer, sich auf das Gebirge
Salak ') zurückzuziehen, welches sich am Zäb bis nacb l^ebrzür
erstreckt. Da kam ibr Anführer heran und liess dem .4bu'l-Haigä
dnrch einen Abgeordneten die Einstellung der Feindseligkeiten
vorscblageo , wogegen er seine Kinder als Geissein zu stellen
versprach. Abu'l-HaigÄ ging darauf ein. Aber Mohammed ben
Biläl — so hiess der Anführer — batte bloss durch eine Kriegs¬
list Zeit gewinnen wollen ; denn als er nnter dem Vorwaode, die
Geisselo zu holen, zu seinen Leuten zurückgekehrt war, trieb
er diese an , nach Aderbeigän zu fliehen. Auf die Kunde hiervon
setzte ibnen Abu'l-Haigä nach nnd holte einen Theil von ibnen
ein, während ein anderer sieh in die Gebirge rettete. Abu'l-
Uaigä kehrte nun nach Mosul zurück; Ibn Biläl aber erschien
wieder im Gebirge Salalt und fing sein Unwesen von neuem an.
Da nun Abu'l-Haigä einsah, dass er die Feinde nur durcb Aus¬
dauer bezwingen könne, scbloss er sie auf jenen^,'Gehirge ein
und setzte diese Blokade selbst im Winter fort, so dass sie in
die grösste Noth gerietben. Nur Mohammed ben Biläl rettete
sich mit seinen Weibern, Kindern und Angehörigen; die Uebri¬
gen mussten um Pardon bitten. Abul-Haigä bemäcbtigte sieh
ihres Gepäckes, ibrer Schätze und ibrer Familien, behandelte sie
aber mit Milde; denn er liess nur den, welcber seinen Genossen
Simä getödtet hatte, mit dem Leben büssen, sonst gewährte er
ihnen den erbetenen Pardoo, gab iboen ibre Habe zurück und
entliess sie in ihre Heimath. Diese wohlberechoete Milde hatte
auch deo besten Erfolg; selbst Mobammed ben Biläl kam zu ihm
nach Mosul nnd blieb daselbst; dann folgten die Kurden, weicbe
den Namen X-mX*«^! führen , desgleicben die Kurden vom Ge-
1) Vollstäodig v-ÄL. „Salak bani 'l-yasan"; s. Marasid
u. d. W. <J ^
2 9«
446 Freylag, Geschiihie der Dynastien der Hamdaniden.
birge Däsin nördlich von Mosul auf dem östlicheo Cfer des Tigri«.
Anf diese Weise wurde wieder Ruhe im Laude, und diese dauerte
ununterbrochen fort bis zum J.301 (Nuwairi und die tiirk. Hdschr.).
In der Zwischenzeit spielte besonders Alhosain, einer der
Söhne Qamdän's, am Hofe des Chalifen nnd als Anrührer im
Heere eine bedeutende Rolle. Wahrscheinlich wurde er im J. 294
Statthalter der Stadt Aleppo, jedoch, wie es scheiot, nur um die
unruhigen arabischen Stämme Kelb, Jemen (?), Asad und andere
so wie die ^armatiten io der Umgegend der Stadt zu bekämpfen;
deoo nacbdem er von deo Stämmeo im Monate Ramadän in die
Flucht geschlagen und bis an die Thore der Stadt verfolgt worden
war, dann aber in demselben Jahre die l^armatiten vollständig be¬
siegt hatte, ward ihm die Provinz wieder abgenommen. (Selectn
ex historia Halebi, p. 29 d. Uebers.)
Im J. 295 hatte .Almoktadir, erst dreizehn Jahr alt, das
Chalifat angetreten. Bs scbeint, dass bald nachher in dem näm¬
lichen Jahre Alhosain, damals Anführer der Truppen in Bagdad,
dem Dukä, den der Chalif Almoktaf! über Aleppo gesetzt hatte,
zu Hülfe geschickt wurde, weil der mächtige arabiscbe Stamm'
Tamim in Syrien sich empört hatte und den Dukä selbst in Aleppo
belagerte. Er zog in der Nacht aus Alrabbah '), lagerte sich
bei ^unäsirah, machte viele Araber jenes Stammes zu Gefan¬
genen und erlöste dadurcb den Dukä aus seiner Bedrängniss.
Für diese Waffenthat lobte ihn ein syrischer Dichter in folgenden
Versen (s. Selecta ex bist. Halebi p. f., Uebers. p. 31):
LX.i er e^-' '^'^^ ^ g^'
(2 ^ rXaJU *-iL_r IXL. L.. \j>\ uix^L. ^o.^
Wiederhergestellt hat den Friedeo zwischen Tamim und Dukä ein
hoheithrjckender Mann, der mit Lanzen die Klagen aller Klagsteller beseitigt.nnd, wenn er einherziehl, mit seinem Heere alles nieder¬
wirft, gleich als wäre er Soleikah Sohn des Solaka
Zu dieser Zeit mag er auch, um die Karmatiten zu bekämpfen,
npcb Damaskus gekommeo seyn, da Aldebebi dieseo Kriegszug
in die Regieruog Almoktadir's setzt.
1) Unstreitig ist dasjenige Rabbah gemeint, welches unterhalb Karkisijä am Euphrat liegt; denn der Name Alrabbah ist vielen Oertern gemein.' Da dieses aher zu der Provinz Dijär-Bekr gehört, so scbeint der Verfasser an¬
zunehmen , dass Alhosain in jenem Jahre Slallhalter dieser Provinz war.
Diess ist möglich , obgleich er sieh als Anrdhrer der Truppen in Bagdad befand, — Dehebi sagt, er sey unler der Regierung des Alinoktafi zur Be kämpfung der f »loni'lcn mit einem Heere nach Syrien gekommen.
2) Eine dureh Versmaass und Reim erzwungene Veränderung der überlieferten
« « > O- 1
Namensform K^-Jl «J^-vU, s. Arabb. Provv. III, 2, S. 316, Z. 2 ff. ;
Ibn Duraid's Kitab alistikäk, S. |oI, Z. 2; diese ZUchr. Bd. V, S. 192,
Nr. 127, u. S. 294, Nr. 165. FI.
Frey tag, Geschichte der Dynastien der Hamdaniden.
Bei dem jugendlichen Alter dea Chalifen hatte sich der Vezir
desselben, Afabbäs ben Alhasan , znm Alleinherrscher gemacht
und vernochlässigte das seiner Wichtigkeit sich wohl bewusste
Heer. Dadurch hutte er sich die Missgunst einer grossen Partei
und, wie mon sagt, noch überdiess deo besondern HuSs Alhosaio'4
dadurch zugezogen, dass er eine Dieneriu desselbeo, in die er
verliebt wor, zu einem Stelldichein zu bewegen gesucht hatte.
Seioe deswegen on sie geschriebenen Billets waren von ihr selbst
ibrem Herro überliefert worden. Der Vorsteher aller Regierungs-
kaozleieo unter Almoktafi und Almo'tadid, 'Ali ben 'Isd ben Däiid
ben Algorräli, warnte den Vezir; dieser aber bielt sich für voll¬
kommen gesichert. Die sich vorbereitende Katastrophe ward so
ruchbar, doss selbst der junge Chalif, welcher zum Ballspiele
BUsgeritten war, durch §äfi Alharami ^^Lo Nachricht davon
bekam und der Sicherheit wegen in sein Schloss gebracht wurde;
allein der Vezir, der das Nümliche erfuhr, liess sich nicht ab¬
halten, nach seiner Gewohnheit auszureiten, zu seiner Rechten
Alhosain beu Hamdän, zu seiner Linken Fälik, ein Client des
Almo'tadid. Als sie an deu Ort kamen, der »Ul beisst,
zog Alhosain plötzlich das Scbwert und lähmte dem Vezir mit
einem Hiebe die Schulter; ouf Fätik's Frage, was er thue, ant¬
wortete er mit mehrern neuen Hieben , und Wasif Suratekin
^ASofjy« gab dem Vezir vollends den Rest. In Folge davon wur¬
den die Häuser des Gemordeten uod seiner Schützlinge geplün¬
dert. Dieses war das erste wichtige Ereigniss nach der Thron¬
besteigung des Cbalifen; im Zusammenhange damit stand, dass er
selbst abgesetzt und Ibn-Almo'tazz zu seinem Nachfolger ernannt
Wurde. Der Grund dieser Absetzung lag wohl hauptsäcblich in der
Jugend des Chalifen, welcher dem Spiele ergeben war und von einer
dem Heere abgünstigen Partei beherrscht wnrde, ferher in der
Beliebtheit des Ibn-Almo'tazz, der als fein gebildeter Mann und
Dichter ausgezeichnet, dabei ober bis zur Schwäche gutmüthig
war, so dass die Partei, weicbe ibm znm Chalifat verholfen hatte,
mit Sicherheit nicht nur auf seine Dankbarkeit, sondern auch
darauf rechnen konnte, dass sie ihn vollständig beherrschen würde.
Wir wollen diese Begebenheiten hiernächst nach Nowairi und Ibo-
Afimräoi (s. obeo S. 4.S8 No. 3) erzäbleo. Der damalige Vezir
hotte sich mit dem Kädi, den Regierungs-Secretären und den Ao-
fUhrero des Heeres geeinigt, dem Ibn-Almo'tazz durcb Abgeord¬
nete dos Chalifat aozutragen. Ibn-Almo'tazz machte zur Bedin¬
gung seiner Annahme , dass kein Blut vergosseo würde und kein
Krieg daraus entstände. Diess wurde ibm zugesagt. Bei der
Sache waren besonders thätig gewesen der Vezir, Mohammed
ben Däüd ben Algarräh uud Abu'l-Mojtannä ^jCUl^t, der ^Lädi
Ahmed ben Ja'küb, und von den Befehlshabern der Truppen Al¬
hosain ben Samdän, Badr Aragemi und Wasif beu Suratekin
448 Freytag, Getchiehte ier Dynastien der Bamdaniden.
f^jj^jyto oder f^ji^\jyM. Der Vezir, da er am Bude seioen Vor¬
tbeil dario faod , bei Almol^tadir zu bleiben , zog sich zurück
und wurde (nach Nowairi) deswegeo getödtet '). Nach dem Mit¬
tagsgebete begabeo sicb alle Verschworeoeo io deo Pallast des
*Abd-Alläh Ibo-Almo'tazz und leisteteo ihm den Eid der Treue.
Zur Zeit des Abeodgebets zweifelte Niemand mehr, dass die
Sacbe glücklich abgemacht sey (nach Ibn-Afimrani), und man
schlug vor seinem Pallaste zur bestimmten Zeit die Pauken ;
dasselbe geschah aucb weiterbin zur Zeit des Nachtgebets bXa
K*ÄKil und des Morgeogebets H^Lo vor dem Pallaste des
Cbalifen Almoktadir '). Als mao dem Ibo-Almo'tazz am Sonnabend
zir Zeit des Mittagsgebetes den Eid der Treue geleistet batte,
nabm er den Ehrentitel : der durch Gott Gerechtigkeit Uebende
»üii vJioÄÄU ao 3) und machte Mohammed ben Däüd ben Algarräh
zum Vezir. Indessen war eine Partei, und darunter bedeutende
nnd kluge Männer, im Chalifenpallaste bei Almoktadir geblieben,
welche die Nacht gut anwendeten, um das Volk für ihn zu ge¬
winnen. Es waren der Kammerberr Süsen, ^äfi Alharami, der
Schatzmeister Münis, und Mdnis der Eunuch |>>>L^I, der Client
Almo'tadid's , und eine Anzahl Trabanten, während sämmtliche
arabische, türkische und andere Truppen, alle Regierungs-Secre-
täre und Richter für Ibn-Almo'tazz wareo. Während der Nacht
hatte dieser die Anordnung getroflFeo, dass das Heer getbeilt
würde. Der eine Theil sollte voo der Land-, der andere von
der Wasserseite gegen deo Chalifenpallast anrücken, wenn dessen
Ucbergabe verweigert würde. Am Soontagsmorgen scbickte der
Vezir des Ibn-Almo'tazz dem Vorsteber der Garderobe deo Befehl,
die Zeicbeo der höchsten Würde: den Mantel BJ»jJt, das Rohr
vy»*^fi3l und den Siegelring *) dem neuen Chalifen zu über-
1) Ibn-Arimräni giebt andere Gründe Tür die Ermordang des Vezirs an.
Sie kSnnen wobl alle mitgewirkt baben. Die Ermordung errolgle nacb No¬
wairi am 20. des erslen Rabf 296. Am folgenden Morgen wählte man Ibn- Almo'tazz zum Chalifen.
2) Es that dies die Wache vor dem Hanse des Cbalifen als Zeicben der Anerkennung seiner Würde.
3) Die 'Abbäsiden nahmen dergleichen Titel beim Antritte des Cbalifats an, zuerst Almo'tasim, und naeb ibm die folgenden Chalifen; s. Abulf. Ann.
T. II, p. 174 nnt. '
4) Der Mantel war der, welcber dem Ka'b ben Zohair von Mohammed umgehängt wurde , als er das Gedicht .jL«*» ,i>jLj vor ihm recitirt hatte.
Nach Ka'b's Tode ward er seinen Söhnen von dem Cbalifen Mo'äwijah für
20000 Drachmen abgekauft und gehörte von dieser Zeit an zur Amts¬
tracht des Chalifen, vgl. meine Ausg. jenes Gedichtes p. XXI. — Mohammed hatte mehrere Stöcke, dereo er sich bedieate, und es scbeint, dass er darin die Sitte der edlen Araber nachahmte, die einen solchen Stock selbst in dem Hofzirkel des Königs No'man bei sich trugen, wohin sie wcftl kein Schwert
Freytag, Geschichte der Dynastien der Hamdaniden. 449
senden. Der zurückkommende Abgeordnete meldete, dass Almoli:-
tadir selbst mit diesen Insignien bekleidet sey. Darauf wandte
Bich Ibn-Almo'tazz an die ibn umgebenden Secretäre, Richter und
Krieger mit den Worten: ^^1 ^JJjULJ} g.«i3Äji j^t UusüJ
■ „Jetzt ist es Zeit, dass das Recht ans Licht komme und
das Unrecht zu Schanden werde". Darauf antwortete Mobammed
hen Chalaf , bekanot uoter dem Nameo Waki', mit den Versen,
weicbe der Dichter Aratähijab einst auf den Cbalifen Almahdi
gedichtet batte:
L^-JLijJ j'j^' luJi VJ\£U vSUJi juul
I4] ^^fgJUaj tiVi sJ ^'t gJlAOj iAj fM
Folgsam kam die ChallfeDwürde zu ihm , ihre Kleidersäume nach¬
schleppend ;
Denn nur er war ihrer, nnr sie seiner würdig",
und dabei sagte er gleicb das gaoze Gedicht her.
Auf diese uod ähnliche Weise scheint durch Mangel an
Energie und übel angebrachte Schöogeisterei eine unersetzliche
Zeit verloren gegangen zu seyn; denn als sich endlicb der neue
Chalif zu kräftigen Maassregeln entschloss und Alhosain ben
Qamdän rufen liess, war es zu spät. Zwar befahl er diesem,
nach Alhosnä ') zu reiten und eine AnzabI Leute auf
Schiffen gegen den Chalifenpallast zu senden , um die Besatzung
desselben zu beschäftigen. Während dieser Zeit sollten die An¬
dern, Alhosain an der Spitze, von der Landseite anrücken.
Dieser Befehl ward ausgeführt, aber mit wenig Nachdruck, da die
von der Wasserseite Angreifenden die Leute im Chalifenpallaste
verachten zu können glaubten und daher nur saumselig zu Werke
giogen. Dann näherte sich Alhosain dem Pallaste voo der Landseite,
faod aber um denselben eine unermesslicbe Volksmenge in Waffen,
nm der Besatzung beizusteho. Diese bekam dadurch Muth, fiel
aus uod griff die Truppen Alhosain's an. Wäbrend eines kurzen
Kampfes verwundete ein Scbleuderstein Alhosain im Gesichte
mitbringen durften, vgl. Gagnier de vita Mohammedis p. 154 adn. — Im siehenten Jahre der Flucht legte sich Mohammed einen silbernen Siegelring
zn, worauf die Worte aUI iA*^ „Mohammed der Gesandte Gottes",
in drei Zeilen, so dass jedes Wort eine Zeile ausmachte, eingegraben waren.
Diesen erbten seine nächsten Nachfolger. Nocb der Chalif 'O^mfin bediente sich seiner. Im J. 30 aber fiel er ihm von der Hand in den Brunnen Aris zn Medinab und ward nicbt wieder gefunden. Man machte daber einen an¬
dern nach, dessen sich die folgenden Chalifen bedienten.
1) Eig. das Schönste, Name des von Almo'tadid im J.d.H. 280 erbauten Chalifenscblosses ; a. JuyuboiVt Abulmahäsin, II, i|j tO— 12. Fl.
450 Freylag , Geschichte der Dynastien der Hamdaniden.
uni «lo Pfeil in der Seite, iür kehrte desshalb in seine Wohnung
EUrück, um sich verbinden zulassen. Aber die scheinbare Flucht
'des Anführers zog die wirklicbe der Soldaten nach sich, und während
Alhosain nocb verbunden wurde, meldete ibm einer seiner Leute
doss keiner von ihnen mehr um das Schloss zu seheo sey und
das Volk gesiegt habe. Almoktadir komme schoo angeritten.
Auf diese Nachricht flob Alhosain allein auf der Strasse von
Sämarrä (^Sorra-man-raä) nach Mosul in seine Provinz zurück
Dos Volk aber warf die nocb zurückgebliebeoeo Soldaten mit
Ziegelsteioeo und rief deo Almoktadir-billäb als Sieger aus. Als
Ibn-Almo'tazz dieses Geschrei hörte, fragte er, was die Ursache
davon und ob Alhosain in Alhosoä eiogezogeo sey? Darauf
wollte er sich zu Pferde setzen; allein nun eröffnete man ihm
Alhosaio sey geflohen und die Truppen hätten sich zerstreut.
Aucb erfuhr er auf seine betreffeode Frage, dass das Volk gegen
ibn sey. Da spracb er den Halbvers:
er ^!>? tj^yi LTjJ
Der heatige Tag ist nieht der einzige gegen mich ungerechte,
womit er meinte, dass das Volk aucb bei der Absetzung Almos-
ta'in's gegeo seioen Vater Almo'tazz gewesen sey. Bald kam
das Geschrei seinem Pallaste, den man mit Schleudern beschoss,
ganz nahe. Br wollte sicb nach der Wasserseite retten, be¬
merkte aber, dass die Anbänger Almoktadir's ihm die Flucht
dahin schon abgeschnitten hatten, indem ungefäbr 500 Schiffe
gegen seinen Pallast heranzogen, angeführt von 6arib, dem
Onkel Almoktadir's. So sah er seinen Untergang vor Augen, und
die, weicbe noch bei ihm im Pallaste waren, verloren sich Einer
nacb dem Andern, indem sie sich uoter das Volk mischten oder
dnrcb Schwimmen retteten. Das Volk drang nnn ein und schleppte
ihn auf schmähliche Weise fort. Er ward in ein Stück Zeug ge¬
wickelt nnd dessen beide Enden zugebunden, so dass er erstickte.
Dann trug man ihn in seine Wohnung und begrub ihn. Unter
allen 'Abbäsiden war er der gebildetste und der beste Dichter,
sehr bewandert in dem Traditionsrechte und den Lesarten des
Korans, besooders ausgezeichnet aber in den sebönen Wissen¬
schaften s^^t Als Almolftadir wieder zum Cbalifate ge-
1) Diess ist wohl ein Irrthum oder eine Ungenauigkeit des Schriftstellers, denn jene Provinz batte damals Abu'l-Hai^ä. Zu diesem floh er also wohl;
s. Abulfara^ p. 285 d. Text.
2) Die Absetzung des Almoktadir nnd die Einsetzung des Ibn-Almo'tazz wird ven Nowairi im Einzelnen sehr verschieden erzählt. Nacb ihm bedauerte AI\iosain, nicbt vor dem Vezir den Cbalifen getödtet zu baben, da dieser
durch den Tod jenes gewarnt worden sey. Mohammed ben Said Alazrak
war beauftragt, das Volk dem Ibn-Almo'tazz huldigen zu lassen. Bei der Huldigung waren nur Ibn-Moklah nnd die Verlrauten des Almoktadir nicht zugegen. Der neue Cbalif nahm den Ehrentitel «11^ ^^>tü_^\ (der in GoU
Freylag, Geschichte der Dynastien der Bamdaniden. 45 l
langt war, machte er den Ibn-Alforät, welcher sich nicht fiir Ibn-
Almo'ta« erklärt hatte, zu seinem Vezir; Mohammed ben Däüd,
der Vezir des Ibn-AImo'taiz, wurde ergriffen ' und hingerichtet,'
'Ali ben 'Isä nach Wäsit verbannt, der ^ddi 'Amr nm 100,000
Denare und ebenso Ibn-Al^assäs um eine grosse Geldsumme ge¬
straft. Die Liste der Uebrigen, welche gegen Almoktadir Uülfe
geleistet hatten , wurde in den Tigris geworfen ; gegen die 'ab-
bäsidischen Hausverwandten nnd die Bittsteller erwies man sich
freigebig und die Heerführer stellte man durch reiche Gescbenke
zufrieden, so dass ein grosser Theil der öffentlichen Gelder
darauf ging.
Wir haben gesebn, dass Alhosaio die Flucht ergriffen hatte.
Zu seiner Verfolgung wurde Alkäsim der Sohn des Simä mit
mehrern andern Anführern abgeschickt. Sie kamen bis nach
Karkisijä ') ohne ibn zu erreichen, und kehrten anverrichtetar
Sache nach Bagdad zurück. Der Chalif Almoktadir schrieb nun
an Abu'I-Hai^ä'Abd-Alläh, den Bruder Alhosain's, dass er die¬
seo verfolgen solle. Abu'l-Hai^ä zog wirklich mit Ibn-Simä aus
und stiess bei Tekrit auf Alhosain, der die Flucht ergriff.
Erpebene) an. Man fertigte dem abgesetzten Cbalifen den Befehl zu, in das Haus des lbn-?ähir /urücLzukehren , wo er früber gewohnt hatte. Er bat um Aufschub nur bis zur Nacht. Als er aber nocb am folgenden Morgen nicbt vom Platze gewichen war, bekämpfte Alhosain die Diener, Trabanten uod Fusssoldaten im Pallaste vergeblich den ganzen Tag, und Oob dann in der Nacht mit seiner Familie und seinen Schätzen aus Bagdad nach Mosul.
Almoktadir batte sich wirklich in seine frühere V^'ohnung zurückziehen wollen, ober die Seinigen waren entschlossen gewesen zu kämpfen. Dann schiBlen sie nach der Wohnung des Ibn-Almo'tazz, nnd da dessen Anhänger die Menge der Heranziehenden sahen, wurden sie mathlos und ergriffen schon vor ihrer Ankunft die Flucht. Viele waren der Meinung, Alhosain's Rückzug sey im Einverständniss mit Almoktadir erfolgt. Als nun Ibn-Almo'tazz diess sab, flüchtete er mit seinem Vezir ins Feld, in der Hoffnung, dass die Truppen, welche ihm gehuldigt , ihm folgen würden ; da diess aber nicht geschah,' kamen sie zurück. Mohammed ben Däüd versteckte sicb in seinem Hause,'
Ibn-Almo'tazz suchte mit seinem Trabanten lomn Schutz im Hause des
Abü-'Abd-Allah ben Al^assds. Die meisten derer, weicbe ibm gehuldigt hatten, verbargen sich. Der Befehlshaber der Sudtwache juj^äJIj Jbn- 'Amraweih, erklärte sich mit seiner Truppe, obgleich er dem Ibn-Almo'Uzz
gehuldigt hatte, öffentlich Tür Almoktadir, das Volk aber schalt ihn einen Lügner, so dass er sich verbergen mussle. Almoktadir übertrug den Befehl der Sladtwache dem Eunuchen Münis und ernannte'lbn-Moklab zum Vezir.
1) Karkisijä gehörte zur Provinz Dijür-Bekr. Wahrscheinlich hatte Al¬
hosain diesen Weg desswegen eingeschlagen, weil entweder Dijär-Bekr seine Provinz war , oder er dort auf besondere Unterstützung rechnen konnte.
2) Tekrit liegt in Mesopotamien am Tigris nicht weit von Bagdad. Mao muss also annehmen, dass Alhosain, dnrch seinen Anbang verstärkt, sicb nach der Rückkehr des Ibn-Simä der Stadt Bagdad genähert hatte. Es ist übrigens nicht wahrscheinlich, dass Abu'1-Hai^ä seinen Bruder wirklich ge¬
fangen zu nehmen gesonnen war, denn er würde dadurch der Macht seiner Familie and somit sich selbst empfindlich geschadet babeo. Aach jener I^isim
452 Freylag, Geschichle der Dynastien der Bamdaniden.
Doch da jetzt sein Bruder auf der Seite Almolttadir's stand
glaubte er der Fürsprache desselbeo gewiss zu seyn, und schickte
daber einen aodern seiner Brüder, Ibrdbim , nach Bagdad, u^,
sicb vom Cbalifen Pardon zu erbitten. Dieser ward ihm auch
gewahrt, entweder bloss um die vielvermögende Familie zu scho¬
nen, oder aucb weil er selbst, nach einer unter dem Volke ver¬
breiteten Meinung, der Partei des Ibn-Almo'tazz nicht so fest
zugetban gewesen und, als ihm der Sieg derselben zweifelhaft
schien , absicbtlich geflohen war. Als er nacb Bagdad kam, wurde
er sogar mit einem Ehrenkleide beschenkt und erhielt die Provinz
Komm und I^Uia, wobin er auch abging ■). Diess geschah im
J. 296.
Es war indessen unstreitig sein Wunsch, hald wieder in die
Nähe seiner Familie zu kommeo, uod dieser musste ebenfalls an
seiner Rückkebr viel liegen, weil dadurcb ihre Macht bedeutend
vergrössert ward. Dnd so finden wir denn, dass er, sey es auf
seine Bitte, sey es dnrcb den Einfluss seiner Familie und Freunde,
im J. 298 die Provinz Dijär-Bekr mit den Hauptorten ^j^arkisijä
nnd Alrahbah erbielt. (Dehebi.)
Im J. 301 batte Abu'l-Hai^ä in Mosul auf eine uns unbe¬
kannte Veranlassung dem Cbalifen Almoktadir den Gehorsam ver¬
weigert, und Münis Almofoffor ward mit eioem Heere gegen ihn
geschickt. Zn schwach, demselben erfolgreicheo Widerstand
zu leisten, bat er ibn um Pardon uod übergab sich auf dessen
Zusicberuog. (Ibo-Afimräoi.) Müois führte iho mit sich nach
Bagdad , und es mag wobl der Verwendung desselben zuzuschrei¬
ben seyn , doss er schon im folgenden Jahre wieder in seine Pro¬
vinz eingesetzt ward.
Albosain hatte die ihm im J. 298 zugetbeilte Provinz Dijär-
Bekr mit dem hauptsäcblicb vom Stamme Ta^lib bewohnten Dijär-
Rabi'ab vertauscht, wann? kaon icb nicbt sagen, aber wohl schon
einige Zeit vor 303, weil in diesem Jahre (vgl. Abulfara^ p. 286
d. Text.) der Vezir 'Ali ben 'Isä Tribut voo ihm einforderte und,
da er ihn^nicht zahlte, die letztere Provinz den Unterpräfecten
JLjJI *) zu übergeben befahl. Als Alhosain nun aucb diess vor¬
der Sohn des Sim& war vielleicht ein Qamdanide, denn wir haben früher geseben , wie Alhosain den Tod eioes zn seiner Familie gehSrenden Sima rächte. Unler diesen Umständen konnte der Cbalif wobl nicht erwarten, Alliosain in seine Gewalt zn bekommen.
1) ^omm nai ^kkka sind zwei Städte im persiscben Irak 12 Parasangen voa einander entfernt. Die Verleihung dieser Provinz an Alhosain ist also wobl als eine Art Verweisung zn betracbten , wodurch er von seiuen Stamm¬
verwandten getrennt werden sollte. Abulfeda. Maräsid.
2) Während das Ganze unter dem Oberpräfecten stand, wurden die ein¬
zelnen Theile der Provinz von Unterpräfecten verwaltet. Verliess also der Oberpräfect die Provinz obne einen Stellvertreter erbalten zu baben , so
Freylag, Geschichle der Dynastien der Hamdaniden. 453
weigerte, rüstete der Vezir gegen ihn ein Heer unter der An¬
führung des ältesten RäYk ^*Iül t^t^ nnd schrieb zngleicb nn
den Münis, welcber in Aegypten gegen die Anbänger dea Al¬
mahdi focht, dass er, sobald der Krieg dort beendigt seyn werde,
gegen Alhosain nach Mesopotamien ziehen solle. In dem heftigen
Kampfe, den Räik mit Alhosain zu bestehn hatte, blieh dieser
Sieger und bekam das Gepäck des Räik in seine Gewalt. Räilf
wollte sich nun mit Münis vereinigen, erhielt aber Befehl in
Mosul zu bleiben '). Münis seinerseits rückte in Eilmärschen
vor, um Alhosain bald zu erreichen. Als dieser seine Annähe¬
rung erfuhr, scbickte er Abgeordnete mit Entschuldigungen an
ihn; indessen kam nach mehrfachen Verbandlungen kein Vergleich
zu Stande, und da Münis zum Angriff^heranzog, entfloh Alhosain
mit seinem Gepäcke und seinen Kindern nach Armenien, während
seine Truppen sich theils zerstreuten, theils zu Münis übergingen.
Münis schickte dann ein Corps unter der Anfübrung des BalJlj
oder Bolaik zu seiner Verfolgung ab. Als dasselbe den
Hügel von Fäfän ') erreichte, fand es diesen Ort niedergebrannt
und seine Einwobner getödtet. Von dort setzte man ihm eifrig
nach, holte ibn ein, grifi' ibn an und jagte ihn mit seinen Ge¬
fährten in die Flucht. Endlich ward er mit seinem Sohne 'Abd-
Alwahhäb, der ganzen Familie und dem grössten Theile seiner
Leute gefangen genommen. Was er besass, nabm man ibm ab.
Münis kehrte dann über Mosul nach Bagdad zurück, indem er
Alhosain mit sich fübrte. Vater und Sohn worden, mit Kapuzen
auf dem Kopfe uod mit rotbeo härenen Hemden angethan, auf
einem Kameele in der Stadt herumgeführt und dann gefangen
gesetzt. Nur einer von Alhosain's Söhnen hatte sich durch die
Flucht gerettet, zog Anhänger an sich und marschirte gegen
Ämid Sie wurden aber von dem Befehlshaber der Stadt über¬
fallen und der Soho Alhosain's getödtet. Seinen Kopf schickte
man nach Bagdad ♦). Die ganze Familie wurde im Chalifen¬
pallaste gefangen gehalten; die von ihnen beherrschten Provinzen
übertrug mao Andern. Die Verwaltung zu Mosul erbielt ein Ein-
geborner dieser Stadt, A^med ben-(jiimäd. Erst im J. 305 wur-
musstc er die Regiernng der einzelnen Landestheile jenen l'nterprärecten übergeben.
1) Es scheint also, dass aneh Aba'l-Hai|^ü die Provinz Mosnl nicbt mehr besass, sondern sich der Empürnng angeschlossen halte, da er nacb der Gefangennehmung Alhosain's mit der übrigen Familie ins Gefängniss gewor¬
fen ward.
2) Ein Ort am Tigris unterhalb Majjäfirikin. Bei demselben ergiesst sich der Fluss Al-Zarin in den Tigris.
3) Eine alle feste Stadt in Üijür-Bekr, in einer schönen Gegend am Tigris, welcber sie wie ein Halbmond umgiebt.
4) Abu'l-Haif^ä mit allen übrigen Brüdern wurde von Münis gefangen nach Bagdad geführt nnd ihre sämmtliche Habe eingezogen.
454 Freytag, Geschiehte der Dynattien der Hamdaniden.
dm alle wieder frei gelassen. (Türk. Hdscbr.) Alhosain aber
kam einige Zeit nachher in den Verdacht, mit dem Vezir ihn.
Alforit im geheimen Einverständnisse zur Anzettelung einer Ver-
scbwöruog gewesen zu seyn, und wurde deswegen im ersten Öo.
mädä umgebracht, der Vezir aber gefaogen gesetzt. Die Ge>
scbichtscbreiber erzüblen die Ursache davon verschieden. Der
Vezir hatte sich gegen den Chalifen Almoktadir verpflichtet, das
gesammte Heer zufrieden zu steUen, alle Ausgabeo zu bestreiten
uod oacb der Erfüllung dieses Versprechens noch Tag für Tag
eioe bestimmte Summe eiozuliefero. Da nun der Vezir, nachdem
er das Amt zum zweiten Male 5 Mooate und 17 Tage verwaltet
hatte, sich ausser Stande sab, sein Wort zu lösen, und die Trup.
pen wegen verzögerter Auszahlung ihrer Löhnung sehr unruhig
wurden, sn bat er den Cbalifen, eine Summe uus seinem Privat¬
schatze herzugeben, zu welcber er eine gleich starke hinzufügen
wolle. Der Cbalif war darüber sehr ungehalten und glaubte dem
Vezir nicht, welcher als Ursache die geringen Einkünfte und die
grossen Kosteo des Krieges gegeo Ibu-Abi'l-Sä^ ') angab. An¬
dere behaupten , der Vezir habe Alhosaio angeblich gegen Ibn-
Abi'l-Sä^ senden wolleo, dabei aber die Absiebt gebabt, Alhosain
solle mit demselben gemeinschaftliche Sache machen. Desswegen
sey zuerst Alhosaio getödtet und eineo Mooot später der Vezir
ins Gefängniss geworfeo worden. Es ist möglicb , dass beide
Gründe die Gefangensetznng des Vezirs bewirkt haben; Alhosain
aber wird docb wobl nur desswegen umgebracht worden seyn,
weil man ihm nicbt traute und neuen Verrath fürchtete. — Tap¬
ferkeit, Kühnheit und Unternehmungsgeist lassen sich diesem
Manne nicht absprechen. Der Cbalif Almoktafi hatte ihm den
Krieg gegen die 'J'nluniden Ubertragen; Almoktadir macbte ihn
zum Anführer gegen die Knrmatiten. Er war der Erste aus die¬
ser Familie, der sich mehrmals voo der Oberherrschaft der Cba¬
lifen unabbäogig su macben. strebte nnd gewissermasseo die Er¬
folge der beiden Brüder Näsir-aldaulab und Saif-aldaulab vor¬
bereitete.
Im J. 307 verlieh Almol^tadir die Statthalterschaft Mosul dem
Abu'l-Hoi^ä, uod als im nämlicben Jabre die Strassen nach Cho¬
räsän und Dinawer ') durch Räubereien unsicher gemacht wnrden,
scbickte er ibm und zugleich seinen Brüdern Abu '1 - Alä und Abu 'I
1) Aba'l-S4|( bi&d, der Vater des ObeDgaDannten , war nnter Almo'tazz im ersten Rabf 254 als Präfeet fiber Aleppo and l^innesrin gesetzt worden, bebanptete diese Stelle aber nicbt lange, denn wobl scbon im folgenden Jabre wurde er derselben von Abned ben 'Isä ben Saib beraubt; vgl. Selecta ex bistoria Halebi p. 2t d. lat. Uebers. Ueber seinen Sobn vergleiebe ebenda das Register naler MuhsMed ben-Abi-Alsadj.
2) Dinawer, eine Stadt im persiscben Irak nnhe bei fiarmisin, ist 40 ParSaaogen vos Mosnl und nngefähr 20 von Hamadin ealftemt, von welchem leUtern Orte es nordfiallieh liegt.
Freylag , GeickiehH der Dynastien, dtr Btmdaniden. 455
Sarjä Bhrengewänder und trug Ui« auf, die Sicberbeit der Straa«
sen wiederheraustellen » ), Die Pronos Dijdr-BaW'ali erhielt
desseo Broder IbrAbim , und da dieser schon im Anfange des
J. 308 starb, wurde sie im foJgeodeo Jahre seioem aodern Bru¬
der Daüd übertrageo.
Es ist wabrscbeinlich , dass, als Abu'l-Hui^d zur Ausführung
des ihm vom Cbalifeo gegebenen Auftrags Mosul verliess, die
Kurden, wie sie es früber schoo oft gethan, am andern Ofer
des Tigris oufstonden und in der Umgegend Unfug trieben , aurh
dass in Mosul selbst Uoruben ousbracbeo. Desswegeo scbickte
der Cbolif noch im J. 309 den Kommerberrn Mohammed ben Nojr
mit einem Beere gegen Mosul. Dieser überfiel die Kurden, tödtete
einen Theil und machte Aodere zu Gefangenen, von denen er 180
nach Bagdad schickte, wo sie öffentlich herumgeführt wurden.
Seit dem J. 277 war zuerst in der Gegend voo Küfah (a.
Abulf. Aod. T. II, p. 267) eioe Sekte, oacb ihrem Stifter die
Karmatiten jdb^lyill ^) genannt, aufgetreten, die sich nach und
nach so vermehrt hotte, dass sie durch ihre Raubzüge grossen
Schaden anrichtete, selbst viele bedeutende Aofübrer besiegte und
grosse Heere in die Flucht schlug. Sie waren keine strengen
Mobammedauer, bielten es auch nicbt für Unrecht, die Mekkoh-
Pilger zu beraubeo und zu mordeo. Zuerst scheioeo sie diess
im J. 294 getjiao zu baben. Obgleich in diesem Jahre für ihren
Frevel durcb eine Niederlage gestraft, setzten sie ibr Uowesen
doch fort, so doss der Chalif Almoktadir im J. 312 sicb genö¬
thigt sab, dem Abu'l-Hai^d die Sorge für die Sicherheit der
Strasse nach Mekkah zu übertragen. Erst nachdem die Karmati¬
ten die zurückkehrenden Pilger überfallen, ibnen alle Kameele
abgenommeo, das Uebrige aber gelasseo hatteo, so dass die mei¬
sten , ausser Stande ihre Reise forttusetzeo , verhungert nnd ver¬
durstet wareo, — zog Abu'l-Hai^a gegen die Räuber aus, ward
aber mit Mehrern, darunter Ahmed ben Nadir, dem Oheim der
Mutter des Cbalifen, gefangen genommen, jedocb wieder frei
gelassen.
Es ist nocb zn berichten, aass im J. 308 im ersten GomädA
ein gewisser in Albawäzi^ ^) wobobafter Sälih ben Mabmüd sich
empörte und io die Wüste jenseits des Flusses ging, wo eioe
Anzahl Banü-Mälik sich ibm anschlosseo. Von da wandte er sich
1) Das lürkische Werk verlegt diess ins J. 314 nnd fügt hinzu, Ahu'I- Hai^ä habe, da er in Bagdad gewesen sey, seinen Sohn Näsir-aldaulab zum Stellvertreter eingesetzt, der dann aucb die Kurden und Araber, welche die Wege unsicher machten, zur Ruhe gebracht und die geraubten Sachen gröss¬
tentheils ihren Eigentbümern wieder zugestellt habe.
2) Die Erklärung des Wortes Ja><J ist unsicher.
3) Eine Sudt am Tigris, nabe bei der Einmündung des untern Zäb,
höher am Flosse hinauf als das anf der andern Seite liegende Tekrit.
456 Freylag. GeschiehU der Dynastien der Bamdaniden.
Dach Sia^dr, von dessen Einwohnern er Geld erhob, dann nach
Alsä^ijah iU>LiJl im Gebiete von Mosnl. Voo deo Mohamme-
danern liess er sich deo Zeboten , von den Christen das Kopf,
geld entrichten. Dort kam es aber zn einem Treffen, in dem
viele seiner Leute getödtet wurdeo; auch nahmen die Einwohner
voo Alhaditah ') einen Sohn von ihm, Namens Mohammed,
gefangen und führten ihn nach Mosul. Diese Umstände mögen
ihn bewogeo babeo, auf das westliche Flussufer überzusetzen.
Dort wendete er sicb nach Aisinn ^y>*>i\ ^) und dann nacb Alba,
wäzi^ zwiscben Tekrit und Arbela. Die Bewobner voo AUiuQ
erkauften den Friedeo mit Geld. Als er aber io das Gebiet voq
Mosul kam, wurde er am 5. ^a'bäo von Nasr ben Qamdän an¬
gegriffen. Es entspaoo sich ein harter Kampf, worin hundert
Feinde getödtet und Sälih nebst seioeo Söbneo zu Gefangeueu
gemacht wurden. Diese bracbte man nach Mosul und von da
nach Bagdad. (Nowairi.)
im J. 312 ward Sa'id ben Qamdän vom Chalifen zum Kriegs,
obersten gegen Nehäwend ^) gemacht Im J. 314 wurden die
Einkünfte Abu'l -Haifa's sehr vergrössert. Er blieb in Bagdad
während sein Soho Näsir-aldaulab in Mosul statt seiner die Re!
gierung fübrte.
Als im J. 316 eioe Uoeioigkeit zwischen Münis und dem
Chalifen entstand, verband sicb Abu'l-Hai^ä, welcher mit einem
grosseo Heere aus dem persischeo Irak herbeikam, mit Münis.
(Nowairi.) Dieser zog eodlich mit seioem Anbange vor das Tboi
voo Aliammäsijjah *). Dort vereinigten sicb mit ihm Abu'l,
Hai^ä und Näzük <), der die Stadtwache Xh^iuli befehligte, unc
Andere. Der Chalif versammelte nun bei sich Härün 6arib ,
Abmed ben Kigfla^, die Trahanten mit Namen Xj^^vä, die Fnss-
soldaten mit Namen iCA&Uatt, n. s. w.; docb schon am Ende dieses
Tages, des 1. Moharrem 317, verliessen die meisten derselben
deo Chalifen uod giogeo zu Münis über. Hierauf schrieb Münis
dem Chalifen einen Brief des Inbalts: das Heer sei unzufrieden
mit der Verschwendung für Eunuchen und Weiber, so wie mit
deren Einfluss anf die Regierung und Verwaltung. Es fordere
1) Eine kleine Stadt im Gebiete von Motnl anf dem östlichen Ufer des Tigris, nabe beim obern Zäb, an der Gränze von Irak.
2) Eine Stadt am Tigris bei der Einmündnng des kleinen Zäh , 10 Para¬
sangen von Altiaditab.
3) Eioe Stadt im persischeo Irak, 14 Parasangen von Hamadan.
4) Su genannt von der im böcbsten Tbeile von Bagdad gelegenen Ebene AUammäsijJab.
5) Dieser Name wird auch »^j,Li Nirök, bei Abulfeda t^j^\| Järuk, noch anderwärts (3;jL) Näzül gescbrieben.