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Badr ad-Din Lu'lu' von Mosul (reg. 1233-1259):

Zu Auftraggebern islamischer Kleinkunst

im 13. Jahrhundert

Von Annette Hagedorn, Bonn

In Inschriften mittelalterlicher Kleinkunstobjekte und in zeitgenössi¬

schen Quellen werden häufig Auftraggeber und Beschenkte erwähnt. Es

handelt sich dabei um Sultane, Sähs, einen Großwazir, Wazire, AmTre,

hohe Offiziere, Angehörige der Herrscherfamilien und um den hier im fol¬

genden vorgesteUten Badr ad-DTn Lu'lu'.'

Objekte wie die sog. Blacas-Kanne von 1232 n.Chr.2 entstanden

1232 in Mosul, als diese Stadt unter der Regentschaft von Atabeg Badr ad-

DTn Lu'lu' stand. An seinem Regierungsstil und der Form seiner Hofhal¬

tung soll examplarisch die herausragende Bedeutung eines höfischen

Machtzentrums für die kultureUe und politische Entwicklung einer mittel¬

alterlichen orientalischen Stadt nachgezeichnet werden.

Badr ad-DTn Lu'lu' wurde 1234/631 nach dem Tod des letzten Mosuler

Zangiden vom Kalifen al-Mustansir (reg. 623/1226-640/1242) zum Herr¬

scher von Mosul eingesetzt. Um seine Unabhängigkeit und mächdge

Position als Potentat auch öffentiich darzustellen, entwickelte er ein klares

Konzept. Eine Verbindung von politischer Lenkung und überzeugender

Selbstdarstellung führte dazu, daß Badr ad-DTn bis 659/1259 in Mosul re¬

gieren konnte.

Zunächst schaltete er seit 630/1233 die zangidenfreundliche geistige

Opposition aus, denn die Nichtachtung religiöser Strömungen innerhalb

der Bevölkerung hatte unter den Zangiden zur Unzufriedenheit vieler

Stadtbewohner geführt. Um diese Teile der Bevölkerung hinter sich zu

bringen, gründete Badr ad-DTn Lu'lu' mehrere Schreine. Aus elitären

Ehteschulen der Zangidenzeit wurden durch den Einbau von Schreinen öf-

1 Untersucht wurden für diese Arbeit die in E. COMBE — J. SAUVAGET — G. WIET:

Repertoire chronologique d'epigraphie arabe (17 Bde., Kairo 1931 ff) gesammelten In¬

schriften des 12.-13. Jh.s und die in der Literatur zur islamischen Kunst des 9.-14. Jh.s publizierten Inschriften. Ungefähr 100 Namen von Aufu-aggebem oder Beschenkten wer¬

den genannt.

2 London, British Museum, Inv.Nr. 66.12-69-61.

Cornelia Wunsch (Hrsg.): XXV. Deutscher Orientalistentag, Vorträge, München 8.-13.4.1991

(ZDMG-Suppl. 10). - © 1994 Franz Steiner Veriag Stuttgart

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fentliche Stätten.^ Relgiöse Stiftungen wurden so zur persöniiciien Machtpolitik.

Mosul war im 12. Jh. unter den Zangiden zur prächtigen Stadt ausge¬

baut worden. Es gibt keine Gründe anzunehmen, die Stadt wäre im 13.

Jh. in einem baufälligen Zustand gewesen. Die vielfältigen Baumaßnah¬

men, die Badr ad-Din Lu'lu' sofort nach seiner Herrschaftsübernahme be¬

gann, können deshalb nur als überzeugende Repräsentadon eigener polid¬

scher Ansprüche gewertet werden. Durch eine eigene Monumentalarchi¬

tektur verweist Badr ad-DIn auf das Ende der Zangidenherrschaft.

In Mosul sind einige Ruinen seiner Bauten erhalten, die von FRIEDRICH

Sarre und Ernst Herzfeld zusammenhängend publiziert wurden.'*

1) Das Schloß Qara Sarai am Tigrisufer

2) Die Grabmoschee für 'Aun ad-Din

3) Die Grabmoschee für Yahya Abü 1-Qasim

4) Ein TeU der Stadönauem (Bäb Singär)

5) TeUe in der Großen Moschee des Nür ad-Din

Außerhalb der Stadt:

1) Die Karawanserei Al-Qa'an (zwischen Singär und Mosul)

2) Eine Brücke in Araban

3) Das Grabmal der Zainab in Singär

Daß mit der Architektur auch ein ideologischer Bedeutungsgehalt ver¬

bunden war, beweisen die überaus reichhaldgen Bauinschriften, die stets

den Bauherren nennen. Als Beispiel für die zeitgenössische Bewertung

und Bedeutung solcher Inschriften gilt z.B. die Schilderungung b. BTbis

über den Bau der Stadtmauer von Konya:

"Er befahl, daß jeder einzelne seinen Namen in Gold auf Stein an¬

bringen lasse, damit durch viele Menschenalter hindurch von ihren

Werken Ruhm und Zeugnis dauerten."^

Die Ehrentitel, die Badr ad-DIn bei derartigen Bauinschriften zugedacht

werden, haben religiösen und politischen Gehalt. Verweis auf eine histori¬

schen Legitimation haben Titel, wie "le Chosroes de l'Iran"* oder "der Rustam-i-Zal dieser Zeit".'

Münzen sind das populärste Darstellungsmittel politischer Veränderun¬

gen. Die Münzbilder des 12. und 13. Jh.s der Gazira unterscheiden sich

stark von anderen islamischen Münzbildem, da sie vorislamischen Fonnen

3 PATTON 1982: 363 f

'* Dazu zuletzt EUGEN WIRTH in: Baghdader Miaeilungen [im Dmck].

5 B. Bibl: III.

* VAN BERCHEM 1906: 201.

' SARRE—HERZFELD 1911-20: Bd. 1, S. 15.

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Badrad-Dln Lu'lu' von Mosul: Zu Auftraggebern islamischer Kleinkunst . 495

folgen. Aufgegriffen werden andke, byzandnische und sassanidisehe

Herrscherportraits, rehgiöse Darstellungen und astrologische Symbole.

Badr ad-Din Lu'lu's Name erscheint seit 631/1234 auf Münzen. Während

seiner Regentschaft wird ein Münzbild geprägt, das einen männlichen

Kopf in Profilansicht zeigt. Das Bild folgt dem Typus antiker Vorbilder,

ohne eine dhekte Kopie zu sein.*^

Historische Kondnuität orientahscher Symboltraditionen offenbart da¬

bei die Darstehung eines hockenden Mannes mit dem Symbol des Neu-

mondes.9 In einem Gesamtkonzept astrologischer Zeichen ist die Bedeu¬

tung einer solchen Darstellung wissenschaftlicher Natur. Wird aus einem

Gesamtzusammenhang ein Motiv herausgelöst, kann durch diese Beto¬

nung eine neue, symbolische Bedeutungsebene vermutet werden: Das

Motiv taucht schon in sassanidischer und frühislamischer Kunst auf und

dient als Verkörperung des Mondgottes.Der Mond hatte im Orient tradi¬

donell eine große Bedeutung. Seine Lichtsymbolik scheint in Verbindung

mit dem Glücksglanz zu stehen. Er wird als "Oberherr" bezeichnet. Die

Attribute, die ihm zugeordnet werden, sind Herrschaftszeichen: Pracht,

Herrlichkeh, Kraft und Stärke. Das Motiv ist auf Münzen und Bauplastik

nicht astrologisch zu deuten, sondem wird als Einzelemblem Herrschafts¬

zeichen. Neben der Darstellung auf Münzen dient das Motiv Badr ad-DTn

Lu'lu' als Wappen auf der Stadtmauer von Mosul." Indem er dieses

Symbol verwendete, stellte er seine Herrschaft in die persische Tradition.

Die Münzen waren so neben der Architektur die zweite Form der

fürstlichen Selbstdarstellung.

Zur Hofhaltung gehörte neben der Repräsentationsarchitektur ein gro¬

ßer Hofstaat. Am Hof spielte sich ein prunkvolles Hofleben mit Turnieren,

Jagdveranstaltungen und Festen ab. Zum Hofstaat Badr ad-DTn Lu'lu's

gehörte nicht nur ein Heer von Beamten, Ministern und Militärs, sondern

- wie anhand von zeitgenössischen Quellen und Inschriften zu ermitteln ist

- auch Dichteri2, Musikanten'3, Historiker'", Architekten'-'', Handwer-

Abb.: LOV/ICK 1985: 164-167.

9 LOWICK 1985: Nr. 51.

'0 L'ORANGE 1953: 66 (Abb. 40 c); BELENITZKI 1980: 191 und Abb. 59; GALL

1986: 388.

'' Erhalten ist das Bäb Singär, das 641/1243^ unter der Aufsicht von Hofarchitekl Sa'ad ad-Din Sunbul al-BadrI im Auftrag von Badr ad-DTn Lu'lu" errichtet wurde. (SAR¬

RE—HERZFELD 1911/20: Bd. 1, S. 29 mit Abb. 48).

'2 B. at-Tiqtaqä: 67 f , sagt, daß Badr ad-Din Lu'lu' eine Anzahl von Poeten an seinem Hof versammelt hatte. Der gleiche Autor beschreibt die Verehrung Badr ad-Din Lu'lu's für den Dichter Kamal ad-dln Haiderah, Sohn 'Ubaid al-Husainis (ibid.). Hofdichter Badr ad-DIns war Ahmad b. Muhammad b. al-Wafa Sarafaddin at-TaiyIb b. al-Halawi ar-

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ker'* und Buchmaler''. In den Quellen wird besonders Badr ad-DTn Lu'lu's Interesse für Poesie und Musik hervorgehoben.'^

Neben der hofintemen Repräsentadon gehörten öffentlich inszenierte

Auftritte zur Selbstdarstellung und Propaganda und dienten dazu, das Volk

vom Herrscher und seiner mächtigen Position zu überzeugen. Von Badr

ad-DTn Lu'lu' weiß man, daß er in Notzeiten Almosen und Kleider an das

Volk verteilte.'^ in der Öffentlichkeit zeigte sich der Herrscher stets mit

Raba (1206-1258) (BROCKELMANN 1943/49: Bd. 1, S. 290; Kai. Gotha: Bd. 4, S.

217, Nr. 21%). Werke wurden Badr addln von Dichtem gewidmet: LECH nennt ein nicht näher bezeichnetes Werk von 'Ali b. Magarraf (1968; 22). Dediziert wird Badr ad-Dln Lu'lu' ein Werk über Transoxanien, TafidTl ar-Rihla', von einem anonymen Verfasser.

(ibid. 122).

'3 Der Kahf al-Musta'sim erbittet von Badr ad-Dln Lu'lu' Musikanten für seine Feste (b. at-Tiq(aqä: 43).

l'* Hofhisloriker war AbO-l-Husain 'All b. Muhammad Izz ad-dln b. al-Atir, der die geschichdichen Ereignisse von Anbeginn der Welt bis 1231 fesüiält.

'5 Der Architekt eines von Badr ad-Din 646/1248-49 in Aufuag gegebenen Mausole¬

ums eines schiiüschen Geisdichen heißt Sunbul al-Maliki al-Badri (SARRE — HERZFELD 1911/20: Bd 2, S. 267; WILBER 1976; 37, Nr. 49; MAYER 1956: 125 f Anm. 2). Der gleiche Architekt baute 641/1243-44 im Auftrag Badr ad-Din Lu'lu's das Singär-Tor.

(SARRE—HERZFELD 1911/20: Bd. 1, S. 28-30).

'* Der Handwerker der Tür eines Mausoleums von 646/1248-49 heißt 'Umar b. al-Kidr

al-Maliki al-Badri (SARRE—HERZFELD 1911/20: Bd. 2, S. 267; WILBER 1976: 37;

MAYER 1956; 125 f Anm. 2).

" Muhammad b. Abi Talib al-Badri kopierte in den Jahren 614-16/1217-1219 das Kitäb al-agäni. In 5 von ursprünglich 20 Bänden befindet sich ein Kolophon: Bde. 2,4, 11, 13: Kairo, M.fl.K., Inv. Nr. 579 ; Bd. 20: Kopenhagen, Königliche Bibliothek, Cod. arab. 168 (STERN 1953: 501 f.). Die Künstlemisba al-Badri verweist auf Badr ad- Din Lu'lu' (RICE 1953: 129 ff.) Die Künsdemisba al-Mausili beweist zwar weder Zu¬

sammenhänge mit dem Hof Badr ad-Din Lu'lu's, noch ist sie eindeutiges Indiz dafür, daß Handschriften in Mosul produziert wurden. Der Hinweis auf Mosul durch die Nisba al- Mausili zeigt jedoch, welche Hochschätzung künsderische Produkte aus dieser Stadt im 13. Jh. genossen. Illusüierie Handschriften aus der Zeit Badr ad-Din Lu'lu's sind: Dios¬

curides; Materia Medica, 626/1228 kopiert von Abü Yüsuf Bahnam b. Müsä b. Yüsuf al- Mausili (Istanbul, T.K.S. A 2127); Hariri: Maqamen, 654/1256 kopiert von 'Umar b. Ali b. al-Mubarak al- Mausili (London, B.M., or 1200); as-SOfi: Kitäb suwar al-Kawäkib, 630/1233 kopiert von DO-l-Qada (Beriin, Staatsbiblioüiek, Lbg.71).

18 "Badr'addin Lu'lu, prince of Mosul, through numerous sessions with men of arts, and his deep conversation on poetry and anecdotes, discovered good ideas and realised the nicest points." (b. at-Tiq|aqa: 15). "In die private parties of Badr 'addin Lu'lu, die late prince of Mosul, the commonest topics were quotations of pleasing poetry and amusing stories." (ibid.: 4).

19 PATTON 1982; 157, ohne Angabe der Quelle.

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Badr ad-Dm Lu'lu" von Mosul: Zu Aufiraggebem islamischer Kleinkunst . 497

Gefolge. Volksnah waren auch Besuche und Stiftungen von Heiligtümern

oder Schreinen.20

Zur prunkvollen Ausstattung des Hofes gehörten Kunstgegenstände

aller Art.^' Die Fürsten beauftragten offenbar für die Kleinkunst die

Künstler der städtischen Märkte. So beschreibt z.B. der Hofchronist b.

BTbT, wie Sultan Izz ad-DTn Kaikavus seine Tochter verheiraten wollte und

"darauf für die Herstellung der Aussteuer geschickte Handwerker und

hervorragende Goldschmiede kommen [ließ]."22 Und b. Sa'ad berichtet

1250: "In Mosul gibt es viele Kunsthandwerker, die vor allem tauschierte

Bronzegeräte herstellen, die versandt werden und Herrschem angeboten

werden."23 Hatten die Fürsten für solche handwerklichen Produkte keine

20 B. at-Tiqtaqa: 67 f ; PATTON 1982: 363 f

21 Benötigt wurde von den Fürsten eine Vielzahl von Objekten zur Bestückung von Schatzkammern (LOMBARD 1978: 194-199; HUSSEIN o. J.: 83-85; b. Bibl 1959: 18, 58, 75, 77 u. a.), Magazinen, als Haushaltsgegensiände (IZZI 1965: 259; Widmung auf dem Tablett für Badr ad-DTn Lu'lu' (München, Völkerkundcmuscum, Inv. Nr. 26-N- 118) und als Geschenke für viele Gelegenheiten. MaqrTzi berichtet, welche großen Men¬

gen dabei von Fürsten geordert wurden: "According to al-MaqrTzT, in 692/1293 Sultan al-MalUc al-Ashraf Khalil b. Qala'un ordered his vizir to write to Dama.scus for 100 copper candlesticks bearing the titles of the sultan, as well as 100 other candlesticks, 50 of gold and 50 of silver" (ALLAN 1986: 50).

Eine alte Fürstentugend war die Großzügigkeit. Diese Fürsteneigenschaft wird in den Inschriften der Kunstobjekte angesprochen und angemahnt. Die Fürstenetiiik ist in einem bestimmten Geschichtsbewußtsein begründet. So hön man im Säh-nama Firdausis: "Bist du freigebig, so legst du Ehre ein" (zit. KNAUTH 1975: 192). Diesen Grundsau vennit¬

telt auch der Seldschukenwesir Nizäm-al-mulk in seinem Fürstenspiegel Siyasat-näma:

"Kein Verhalten ist besser, als die Freigebigkeit" (zii. ibid.). Weniger idealistisch inter- pretien al-GazzälT die Gründe für die Freigebigkeit: "Das zeigt, daß die Liebe zum Wohl¬

tater ein Zwang ist, dem man nicht entgehen kann, eine natürliche Anlage, die sich nicht ändem läßt. [...] Denn der Wohltäter trägt ja mit Geld und Gut und sonstigen Mitteln zur Erhaltung und Vollkommenheit des Daseins und zur Erlangung der Güter, die das Dasein ermöglichen, bei."" (al-öazzalT: 185).

In welchem immensen Ausmaß Geschenke verteilt wurden, beschreibt Hofchronist b. BTbT: "Die Herren des Landes standen zur rechten und linken des Thrones und stfeuten zahllose Dirhem und Dinare in die Menge. Und wertvolle Ehrenkleider und Ehrenge¬

schenke gelangten aus den Schaukammem des Sultanates zur Verteilung an die (ver¬

schiedenen) Rangstufen der Emire und Großwürdenträger." (b. BTbT: 18 f ) "Seine Frei¬

gebigkeit war von solchem Ausmaße, daß er den Tribut für fünf Jahre, den man ihm auf einmal überbrachte, in Gegenwart des Abgesandten mit dem Ende des Polostockes für die Vomehmen und das gewöhnliche Volk aufteilte. Die Gebildeten, die Dichter und Künstler führte er durch gütige Rangverteilung aus der Wüste der Armut und Bedürftigkeil in die Gärten der Ruhe und des Wohlsein." (ibid.: 32).

22 Ibid.:ll.

23 Zit. nach RICE 1957: 284.

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eigenen Hofwerkstätten, geht jedoch aus den Quellen hervor, daß die

Herstellung von Handschriften wohl in höfischen Ateliers geschah.

Eine Metallarbeit wie die Blacas-Kanne ist eine Facette in der zur Schau

getragenen Inszenierung des Fürstentums. Die Dekorationen von Klein¬

kunst und Buchmalerei können dabei nicht auf besdmmte zeitgenössische

Personen bezogen werden, sondern sind formale Idealdarstellungen mit

genau referierter Zeitmode. Mythische Identifikationsfiguren, wie der auf

der Blacas-Kanne gezeigte Bahäräm Gur dienen einer subtilen Erläuterung

des eigenen Herrschertums. Gewählte Vorbilder werden mit der eigenen

Person gleichgesetzt, indem Inschriften den Namen des Auftraggebers

nennen. Werden solche Objekte verschenkt, ist mit der Geste des

Schenkens eine ideologische Botschaft verbunden. Bildprogramme wie

das der Blacas-Kanne, das eine Geschichte aus dem §äh-näma Firdausis

illustriert, umschließen indhekt das Modell des idealen Herrschers. Durch

die Allgemeinheit der Darstellung wird ein Demonstrationsprogramm

entwickelt, das eine defergehende Bedeutung hat, als sie eine Dokumen¬

tadon aktueller Ereignisse haben könnte.

Die Wünsche, die in den Inschriften auf diesen Objekten angesprochen

werden, beziehen sich auf Gesundheit, ein langes Leben, Glück, Reich¬

tum, Ruhm, Erfolg, erfolgreiches Regieren; Handlungsmaximen sollen

sein: Ernsthaftigkeit, Tugend, Sorgfalt, Fürsorge, Klugheit und Gerech¬

tigkeit. Der Wunsch "Sieg über Feinde" ist nicht nur Glückwunsch für

Kriegserfolge eines Fürsten, sondern schheßt auch den Auftrag ein, Land

und Einwohner, die vom Fürsten beherrschten Menschen, vor feindlichen

Übergriffen zu schützen. Zusammengenommen bilden diese Wünsche und

Handlungsmaximen die Kurzfassung eines Fürstenspiegels. Werke dieser

literarischen Gattung wurden als Ratgeber für Könige abgefaßt.^" in

ihnen werden Ratschläge von praktischem Nutzen und philosophisch¬

theologisches Gedankengut vermittelt.25 Als Autoritäten gelten vorisla¬

mische Könige, von denen in Anekdoten erzählt wird.

Auch die Fürsten des Vorderen Orients im 12.-13. Jh. machten solche

Abhandlungen zur Grundlage ihrer Herr.schaftsausübung. So werden in

Die belcanntesten sind: Qabüs-näma von Kaikavus (1083); Naäihät al-Muluk von al- Gazzäll (ca. 1109/10); Siyasät-näma von Nizäm al-Mulk (st. 1092); Bahr al-Fawa'id, anonym für einen Herrscher in Aleppo (1157/8-1161/2). Alle Angaben bei LAMBTON 1971; 420 f

25 BAGLEY 1964; S. DC-XVl; LAMBTON 1970; 419 und innerhalb ihrer Abhandlungen über einzelne Fürstenspiegel. Die Form der Fürstenspiegel geht auf sassanidisehe Tra¬

ditionen zurück; "It seems certain Üiat Islamic mirrors were influenced by the old Persian manuals of court edqutte, Üie a'in-nama and andarz-nama" (ibid.: 421).

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Badr ad-ESn Lu'lu' von Mosid: Zu Auftraggebern islamischer Kleinkimst 499

den Quellen als Ratgeber Nizäm al-Mulk^^ und al-GazälT^' genannt und

es werden von zeitgenössischen Autoren - wie z.B. b. at-Tiqtaqä - allge¬

meine Hinweise auf Geschichtsbücher und Biographien gegeben. 28 Eine

besondere Bedeutung hatte das Säh-näma Firdausis als Geschichtsquelle

und als programmatischer Regierungsratgeber^^, weil in den Thronreden

der 32 Sassanidenkönige die Ideale des Regierens genannt werden. Jeder

Abschnitt^o über einen sassanidischen König wird im Säh-näma durch

eine mehr oder weniger lange oder eindrucksvolle Rede eingeleitet. Die

Könige formulieren dort Grundgedanken und Grundlagen ihrer zukünfti¬

gen Herrschaft.

Die auf den alten Orient zurückgehende Theorie des idealen Herr-

schers^' wurde getreu der Fürstenspiegel und des Säh-näma auch zum

Regierungskonzept von Herrschern im 12. und 13. Jh. Offensichtlich

wird das bei Teilen des Hofzeremoniells (z.B. Vorhang, Devotionsakte),

aber auch durch die Taten der Herr.scher, die das Land durch Brücken,

Straßen und Karawansereien erschlossen und damit den königlichen

Auftrag der Fürsorge für das Land aufgriffen.32

Alles in allem scheint der Ausdruck "polidsche Kunst" erlaubt. Ein

Fürst wie Badr ad-DTn Lu'lu' war nicht im eigentlichen Sinne Mäzen; die

von ihm in Auftrag gegebenen Kunstobjekte dienten vielmehr der Legi¬

timation der eigenen Machtposition. Selbstdarstellung waren nicht nur die

repräsentative öffendiche Kunst (Architektur und Münzen) und inszenierte

Auftritte des Herrschers, sondern auch in einer interneren Anwend¬

barkeit - die Kleinkunst. 33

^° B. Bibi: 101. Das persische Original des Fürstenspiegels von Nizam al-Mulk wurde für den Begüniden AlpQudug [...] ins Arabische übersetzt (MEIER 1939: 298).

2' B. Blbl: 101.

28 B. at-Tiqtaqa: 4.

29 MEUKIAN-CHIRVANI 1988: 33^0; BOMBACI 1967,

30 Wenige Könige werden nicht erwähnt: Adhumarseh (reg. 309), Hormizd II (reg.

457/9), Zamasp (reg. 497/9), Bahram VI (reg. 590/1); die Thronwirren in den letzten Jahren des Sassanidenreiches werden durch eine immer schnellere Abfolge der Könige deudich. Im Säh-näma werden diese in nur wenigen Sätzen beschrieben. Erst der letzte der Sassanidenkönige, Yazdegird III (reg. 632-651), hält wieder eine Thronrede.

31 KNAUTH 1975; 128-195.

32 Ein Beispiei für eine solche Inschrift befindet sich an der Karawanserei al-Khan in

der Nähe von Singar. (Abb.: ETTINGHAUSEN—GRABAR 1987: 302).

33 In den Inschriften mehrerer Metallarbeiten wird Badr ad-Din Lu'lu' als Aufuaggeber genannt: 1) TableU: London, V&A, Inv.Nr. 905-1907. 2) Tablett: München, Völkerkun¬

demuseum, Inv.Nr. 26-N-118. 3) Dose: London, B.M., Inv.Nr. 78. 12-30. 674. 4)

Kerzenleuchter: Leningrad, Eremitage, Inv.Nr. K.N. 3690. 5) Schüssel: Kiew, Akade¬

mie der Wissenschaften, Inv.Nr. 1036. Alle Objekte bei RICE 1950, dort wird die bis

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Die am Beispiel des Mosuler Regenten Badr ad-Din Lu'lu' charakteri¬

sierte Gruppe von Personen bildete die Aristokratie der mittelalterlichen

islamischen GeseUschaft. HEINZ HAHN schrieb 1987 dazu:

"Die Offiziere dieser Armeen, die Emire bildeten eine Militäraris¬

tokratie, in die aufzusteigen jedem offenstand, auch dem ehemaligen

Kriegssklaven. Diese Schicht übernimmt in der mittelalterlichen

islamischen Welt die RoUe, die im Abendland der erbliche, land¬

ansässige Feudaladel spielt; aus ihr rekrutieren sich Heerführer,

Stadt- und Festungskommandanten, Provinzstatthalter, Wesire und

Sultane."34

Auf der Grundlage einer Untersuchung von ca. 3000 Objektinschriften

konnten drei Gruppen von Auftraggebern, Käufern und Beschenkten er¬

mittelt werden: 1. Angehörige des Hofes, 2. Kaufleute und 3. nicht zu

idendfizierende Personen. Dabei sind 93% der Inschriften auf adelige

Kreise zu beziehen. Die wenigen Auftraggeber aus kaufmännischen oder

nicht zu idendfizierenden anderen Kreisen beweisen zwar, daß auch in

dieser Bevölkerungsgruppe ein Bedürfnis für Kunstobjekte bestand, kei¬

nes dieser Kunstwerke ist jedoch mit einem höfischen Dekorprogramm

geschmückt,35 die Stücke sind vielmehr ausschließhch mit floralen oder

kaUigraphischen Mustem dekoriert.

Zur sozial etablierten Schicht der Stadt gehörten Soldaten, Laden¬

besitzer, städtische Kaufleute, Teppichweber und andere produzierende

oder kaufmännische Bemfe.^*

Dabei läßt sich ermitteln, daß die Einkommen zwischen 1 und 9 Dinar

monatlich lagen,^' Ärzte und Physiker konnten bis 15 Dinar verdienen.

1950 publizierte Literatur angegeben. Neuerdings zu 2): ZICK-NISSEN 1976. Neuere Abbüdungen von 1): BAER 1983: Abb. 118; zu 3): BAER 1983: Abb. 56. Eine Schüssel wurde für einen Offizier Badr ad-Din Lu'lu' s produziert: Bologna, Museo Civico Medie¬

vale, Inv. Nr. 2128.

Daß mit Kunstobjekten Politik gemacht wurde zeigt b. at-Tiqtaqa, der beschreibt, welch kostbare Geschenke Badr ad-Din Lu'lu' einem Minister des Bagdader Kalifen al- Musta'sim schickte, (b. at-Tiqtaqa: 324) Zum gleichen Thema: b. Bibi, z.B. S. 57,119, 270.

34 In: HAARMANN 1987: 200 f

35 Ausnahme ist der Bobrinski-Eimer, dessen Aufuaggebcr jedoch nicht bekannt ist.

36 Nach LAPIDUS 1967 (bes. S. 82); ASHTOR 1%9; ZIADEH 1953; GOfFEIN 1961-

68.

3' Aus den zeitgenössischen Quellen läßt sich folgendes Lohngefüge rekonstruieren: ein Fußsoldat verdiente 2 Dinar, Imame in Stadtmoscheen 1,66-3,33 Dinar, Pharmazeuten 5,56-8,91 Dinar, Krankenhausärzte 6,12-10 Dinar, ein Physiker 15 Dinar, Studenten 0,5 Dinar (10 Dirhem), Hilfslehrer 1 Dinar (20 Dirhem), Träger 0,5-1 Dinar (10-20 Dirhem). Die Künstler selbst verdienten weniger als die andere Stadtbevölkerung; ein

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Badr ad-Din Lu'lu' von Mosul: Zu Auftraggebern islamischer Kleinkunst ... 501

Die Einkommen von Künstlern lagen am unteren Ende dieser Skala. GOI¬

TEIN gibt daher zu bedenken:

"Using the data about the cost of hving known to us [...] we arrive

at the conclusion that an independent craftsman obtained a fair mar¬

gin above the average [...] needed by a lower class family. The

others averaged incomes falling far below this minimum.''^^

Aus einem Vergleich von Lebensmittelpreisen und sonstigen Ausgaben

und Einkommen kann man schließen, daß nur reiche Ärzte und Profes¬

soren eine damals übliche Familie von fünf Personen ernähren konnten.^^

B. Haldün nimmt im 14. Jh. zu dieser Situation Stellung: "The best quality

of any type of goods is restricted to wealthy people and the entourage of

the ruler. They are very few in number.'"'O Bedenkt man die Preise für

Kunstobjekte - z.B. 40 Dinar für ein Geschirr aus Schüssel und Kanne,

immerhin 10 Dinar für einen tauschierten Griffelkasten - so werden die

Diskrepanzen zwischen Einkommen und möglichen Ausgaben für Kunst¬

objekte innerhalb der städtischen Bevölkerung ganz deutlich.

Vergrößert wurde der höfische Auftraggeberkreis und somit das Be¬

dürfnis nach Luxusartikeln durch die Existenz einer Vielzahl von kleineren

Fürstentümern und Stadtstaaten im Vorderen Orient während des 12. und

13. Jh.s.

Neben den ayyübidischen Fürstentümern existierte eine ganze Anzahl

kleinerer Staatsgebilde, die im 12. Jh. entstanden waren. Im 13. Jh. be¬

standen im Vorderen Orient (Ägypten, Syrien, Nordmesopotamien, Tür¬

kei) gleichzeitig 13 Machtzentren."" Diese geschichtlichen und lokalspezi-

fischen Entwicklungen erklären die Produktionsteigerung der Kleinkunst.

Die Ergebnisse der wirtschaftsgeschichtlichen Untersuchung zeigen,

daß Kunstobjekte für die Stadtbevölkerung unerschwinglich waren."^

unabhängiger Meister 2 Dinar (4-6 Dirhem täghch), seine Angestellten 1,5-6 Dirhem täglich. (GOITEIN 1966: 276-277).

38 Ibid.-.m.

39 ZIADEH 1953: 102.

B. Haldün: Bd. 2, S. 337.

41 1) Ayyübiden in Ägypten; 2) Ayyübiden in Damaskus; 3) Ayyübiden in Aleppo; 4) Ayyübiden in Diyärbakr, 5) Ayyübiden in Hisn Kaifa; 6) Ayyübiden im Yemen; 7) klei¬

nere Fürstentümer der Ayyübiden (BOSWORTH 1967: 61); 8) Rasüliden im Yemen; 9) Artukiden in Diyärbakr (bis 1232); 10) Artukiden in Märdin; II) Zangiden und Badr ad- Din Lu'lu' in Mosul; 12) Rumseldschuken 13) Kalifal in Bagdad. Zusammengestellt nach

BOSWORTH I%7.

42 TABBAA weist auf die unterschiedliche Beurteilung der ökonomischen Situation im 13. Jh. durch Historiker und Kunsthistoriker hin. Er zählt die Gründe auf, wamm es gerade im 13. Jh. zu einem immer größer werdenden Unterschied zwischen herrschender Klasse und der sogenannten Bourgeoisie kommt. "Economic historians and art historians

(10)

gibt keine eindeutigen Quellen, die die Vermutung zulassen, daß Kunst¬

mäzene auch im städtischen Umfeld zu fmden waren. Da den Bürgern der

Städte die wirtschafthchen Mittel für den Erwerb von Kunstobjekten fehl¬

ten, kann es sich bei den in den Inschriften erwähnten Kaufleuten nur um

Femhändler gehandelt haben. Die Händler standen in Verbindung mit dem

Hof und wurden bevorzugt behandelt. Sie standen unter dem direkten

Schutz des Herrschers: "Die führenden Händler gehörten zu den reichsten Männem ihrer Zeit, oft waren sie Emiren gleich.""^ Das soziale Ansehen

des einzelnen verbesserte sich parallel mit seinen Verbindungen zum Hof

Führende Geschäftsleute gehörten zur gesellschaftlichen Spitze des Lan¬

des. Ein Grund dafür war, daß sie die Luxusgüter für den Hof herbei-

schaften.

Das große Ansehen der Kaufleute ist neben ihrer realen wirtschafdichen

Stellung in der historischen Entwicklung des Islams begründet, und seine

Rechtsgmndlage ist bereits im Koran verankert.'*" Ethik und Moral des

Handels sind dem islamischen Glauben und Dogma konform. Schon die

ersten Träger der islamischen Religion waren Händler.'*^ Die soziale

Position der Kaufleute ist nicht nur durch die Rechtsgmndlage gefestigt,

sondern auch durch die historische Bedeutung der Kaufleute Arabiens."**

So weitete sich ihr Einfluß schnell aus, und sie nahmen außer im eigentii¬

chen wirtschafdichen Bereich bald auch politische Stellungen ein."'

GOITEIN nennt Beispiele aus den folgenden zwei Jahrhunderten, in denen

are, then, clearly at odds with regard to the relative affluence of middle class in twelfüi- and thirteenth-century Iran. Nearly ruined according to Ashtor, they are almost as rich as the aristocracy according to Etünghausen and Grabar." (1987: 110).

"3 LAPIDUS 1967: 81.

"*" "Gou hat (nun einmal) das Kaufgeschäft erlaubt." (Sure 2/275) "Wenn am Freitag zum Geltet gerufen wird, dann wendet euch mit Eifer dem Gedenken Gottes zu und laßt das Kaufgeschäft (so lange ruhen). [...] Doch wenn das Gebet zu Ende ist, dann geht eiu-er Wege und suebt danach, daß Gott euch Gunst erweist, indem ihr eurem Erwerb nachgeht." (Sure 62/10 f.).

"5 GOITEIN erwähnt Abü Bakr (1. KaliO, der Kleiderhändler war, und Ulmän (3. Ka- ÜO, der ein Weizenhändler war (1966: 223), und zitiert einen Ausspruch "put into the mouüi of the Caliph 'Umar I": "I prefer dying on my camel's saddle while travelling on business, to being killed in the Holy War: has not Allah himself menüoned those Üiat tra¬

vel on business before diose diat fight 'on die Paüi of God' (Sure 43/20)" (ibid.: 222).

■** "The Meccans, the rulers of die new Muslim state, had üiemselves originally been üie sons of a merchant city" (ibid.: 230).

"The leader of the Abbassid propaganda, who bore Üie proud üde 'The Vizier of Üie House of Muhammad' - Üie fu^st man in Muslim history to bear die üüe Vizier - was none other than AbO Salama, die vinegar merchant." (ibid.: 235 f). Zur Bedeutung der Kauf¬

leute innerhalb der 'ulamä' in Mosul vgl. PATTON 1982: 262 I .

(11)

Badr ad-CXn Lu'lu' von Mosul: Zu Auftraggebern islamischer Kleinkimst 503

immer wieder Kaufleute und Händler in hohe politische Ämter aufstiegen.

Er kann zeigen, daß diese aufstrebenden Händler das Lebensgefühl und

die kulturellen Ideale der herrschenden Klasse übemahmen; sie mußten es,

um anerkannt zu werden.'*^ Die finanziellen Möglichkeiten gaben den gro¬

ßen Femhändlern neben den Fürsten eine mächtige Position,"^ die immer

wieder besonders bildlich beschrieben wird.^o Der Stolz der Händler ist so

begründet durch ihre finanzielle Unabhängigkeit von der herrschenden

Klasse.51 Ihre soziale Stellung, ihr pensönliches Selbstgefühl und ihre

finanziellen Möglichkeiten verbanden sie ganz eindeutig mit den aristo¬

kratisch, höfischen Kreisen. Die Händler gingen bei Hof ein und aus und

standen unter dem persönlichen Schutz des Herrschers, der - folgt man

z.B. den Ausführungen b. Bibls - um ihre Macht wohl wußte. Bisher ist

es jedoch nicht möglich zu ermitteln, in welchem Maß die Femhändler auf

die Quantität und Qualität der produzierten Kunstobjekte Einfluß nahmen.

Es ist jedoch bemerkenswert, daß die Stücke, die durch Inschriften mit

dem kaufmännischen Milieu in Verbindung gebracht werden können, nicht

mit figürlichem Schmuck dekoriert sind.

Neben den Kleinkunstobjekten mit inschriftlich genannten Auftrag¬

gebernamen ist jedoch eine Vielzahl von Gegenständen nicht auf einen

bestimmten Mäzen zu beziehen. Bei den kalligraphischen Dekoren dieser

Objekte handelt es sich meist um Glückwünsche für den (anonymen)

Besitzer und/oder um Auszüge aus klassischen literarischen Werken. Ging

man bisher davon aus, daß diese "anonymen" Kunstobjekte für den Markt

der bürgerlichen Kunsdnteressenten produziert wurden, zeigt jedoch die

Untersuchung des Preis - Lohngefüges, daß auch diese Kunstwerke für

die sog. bürgerliche Mittelschicht unerschwinglich waren und somit auch

48 Diese Ansicht belegt auch ein Text ad-DimiSqis (11. Jh. ?), den ETTINGHAUSEN zi¬

tiert: "[...] Because he who has dealings wilh prinees may nol bc able to afford the ex¬

penses Ülis involves, yet he still has to appear in a shining garmel and turban and has to keep beautiful horses with clean harnesses, saddles and reins and slaves as well." (1970:

115). Weitere Literaiurangaben ibid.: 115, Anm. 4).

Welches Handelsvolumen bei den Transaktionen erreicht wurde, zeigt ein Hinweis al- Maqrlzis: "Die Warensteuer (maks) eines Kaufmannes (für eine Lieferung, A. H.) betfug 90 000 Silberdirhem für [...] aus Syrien mitgebrachte Waren" (zil. nach LABIB 1967:

292.

50 "They were in their houses like kings on their thrones" (al-Gahiz, zii. nach LAMB¬

TON 1962: 123). "The merchant is a king in his own court" (ibid.. zit. nach GOITEIN 1966: 241). Bin anonymer Kommentator des 10. Jh.s: "Merchants arc more powerful Üian viziers" (zit. nach GOITEIN 1966: 239).

51 Prägnante Worte findet dafür b. al-Gahiz: "Merchants. They were not bound lo hum¬

ble themselves as were those who undertook the .service of sultans" (al-Gahiz, zil. nach LAMBTON 1962: 122).

(12)

diese Objekte anscheinend für höfische Kreise produziert wurden, denn

die dominierende RoUe in der mittelaherhchen orientalischen Stadt spielte

trotz der reichen Fernhändler der Hof Mit dieser Beobachtung sdmmt ja

auch das aufgezeigte Verhälmis der in Objektinschriften genannten Fürsten

(93%) und Händler (3%) überein. Die Dekorprogramme waren durch die

Wünsche der adeligen Auftraggeber initiiert und geprägt, weil die Art der

Dekoration der Vorstellungsweh und den Idealen der höfischen Kreise

entsprachen und sie deshalb Kunstprodukte bestellten und ihre Herstellung förderten. B. Haldün schrieb dazu im 14. Jh.: "[...] it is the ruling dynasty that demands crafts and their improvement. [...] the dynasty is the biggest

market"52, und einer der bekanntesten war im 13. Jh. sicherlich Atabeg

Badr ad-Din Lu'lu' von Mosul.

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(16)

Museum Berlin*

Von REINGARD Neumann, Berlin

Im Jahre 1981 fand im Berliner Otto-Nagel-Haus aus Anlaß des 75.

Todestages des Fotografen Friedrich Ferdinand Albert Schwartz, des wohl

bedeutendsten Fotodokumentaristen der rasanten industriellen Entwick¬

lung Berhns gegen Ende des 19. Jh.s, eine Gedenkausstellung statt.' Um

dem Besucher einen besseren Eindruck vom Zeitgeist des ausgehenden

19. Jh.s zu vermitteln, hatte man neben der umfassenden Fotodokumen¬

tation auch eine "gute Stube" des aufsO-ebenden Bürgertums ausstellungs¬

technisch nachempfunden. Zur Abrundung des gezeigten Jugendstilinte¬

rieurs diente die im folgenden vorzustellende Seidenbrücke (Abb. 1).

Bereits während des Ausstellungsbesuches wurde mir klar, daß es sich bei

dem mehr zufallig präsentierten Stück um einen safawidischen Seiden¬

teppich aus dem 17. Jh. handelte.^

Nach Schließung der Ausstellung erhielt ich vom Museum die Mög¬

lichkeit, die seidene Brücke, Inv.-Nr. 51.56, eingehender anzusehen. Ich

konnte mich davon überzeugen, daß bei dem Teppich tatsächlich von einer

persischen Provenienz ausgegangen werden kann, was 1982 die Neu-

* Für die Unterstützung, die mir seitens des Märkischen Museums Berlin durch die Kolleginnen K. Wamicke und M. König zuteil wurde, sowie für die Erlaubnis, den Tep¬

pich zu veröffenthchen, möchte ich mich an dieser Stelle herzlich bedanken.

1 Vgl. dazu H. BROST—L. DEMPS: Berlin wird Weltstadl. Photographien von F. Al¬

bert Schwanz, Hof-Photograph. Leipzig 1981.

2 Die zum Jugendstü gezogene Verbindung wird dadurch erklärbar, daß zwischen den fließenden Fonnen des Jugendstils sowie der hier üblichen Farbpaletle imd den unter der Regentschaft Schah 'Abbäs I. (1588-1629) entwickelten künstlerischen Ausdrucksfor¬

men durchaus gewisse Ähnlichkeiten bestehen. Auch im textilen Bereich gewinnt man den Eindruck, daß sich die Jugendstil-Designer z.T. von Vorlagen aus der persischen Re¬

gion anregen ließen. Vgl. dazu R. SCHMUTZLER: An Nouveau-Jugendstü. Stuttgart 1962, S. 291, Abb. 306; R. RHEIMS; Kunst um 1900. München 1965, S. 225, 321 und

322, Abb. 339,374,398,413,443; M. WALLIS: Jugendsid. Dresden—Warschau 1974,

Abb. 83.

Cornelia Wunsch (Hrsg.); XXV. Deutscher Orientahstentag, Vorü-äge, München 8.-13.4.1991

(ZDMG-Suppl. 10). - © 1994 Franz Steiner Veriag Stuttgart

Referenzen

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