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Geiger, Martin (2020): Trifft Corona Liechtensteins Wirtschaft härter? Kurz gefasst. Wirtschaft Regional, 11. September 2020.

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Academic year: 2022

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«Kurz gefasst»

Trifft Corona Liechtensteins

Wirtschaft härter?

Die liechtensteinische Konjunktur schwankte in den letzten Jahrzehnten wesentlich stärker als jene grösserer Staaten. Dementsprechend war auch der letzte grosse Wirtschaftseinbruch, die Finanzkrise 2008/09, wesentlich stärker ausgeprägt als anderorts. Das liechtensteinische Bruttoinlandspro- dukt schrumpfte inflationsbereinigt 2009 um fast 12 Prozent, nachdem es schon 2008 um 4 Prozent gefallen war. In der Schweiz lag der Rückgang 2009 bei ca. −2 Prozent, im EU- Schnitt bei ca. −4 Prozent. Ist Liech- tensteins Wirtschaft nun von der Coronakrise wieder viel stärker betroffen?

Entsprechend den in Liechtenstein verfügbaren Indikatoren hat die Wirtschaft den konjunkturellen Tief- punkt der Coronakrise hinter sich gelassen und befindet sich aktuell am Beginn einer wirtschaftlichen Erho- lung. Die Erholungsdauer hängt nun entscheidend vom weiteren Pande- mieverlauf ab. Noch sind die Auswir- kungen der Coronakrise auf das Bruttoinlandsprodukt deshalb schwie- rig abzuschätzen. Die verfügbaren konjunkturellen Indikatoren weisen darauf hin, dass der Wirtschaftsein- bruch am Tiefpunkt der Coronakrise in Liechtenstein im Vergleich zur Finanzkrise etwas stärker war. Der Konjunkturindex «Konsens», der die Wirtschaftsaktivität Liechtensteins anhand der verfügbaren Konjunktur- indikatoren zusammenfasst, liegt im zweiten Quartal 2020 bei einem Wert von −4,5 Indexpunkten. Im Vergleich dazu lag der Index am Tiefpunkt der Finanzkrise bei −3,6. Betrachtet man den durch die Coronakrise verursach- ten konjunkturellen Einbruch in anderen europäischen Ländern, zeigt sich, dass der Wirtschaftseinbruch auch dort stärker als in der Finanzkrise ist. In vielen Ländern scheint der aktuelle Wirtschaftseinbruch aber sogar mehr als doppelt so stark zu sein wie in der Finanzkrise.

Dies bringt uns zurück zur Ausgangs- frage: Ist Liechtensteins Wirtschaft stärker von der Coronakrise betroffen als jene anderer europäischer Staaten?

Blickt man nur auf die absoluten Zahlen, ist durchaus zu erwarten, dass der wirtschaftliche Einbruch in Liech- tenstein höher ausfällt als in den meisten europäischen Staaten. Im Vergleich zu früheren Rezessionen sollte die Differenz zu den anderen Staaten bei der Coronakrise jedoch deutlich geringer sein. Dies hat einen einfachen Grund: Die Coronapande- mie beeinträchtigt auch die Binnen- nachfrage massiv, welche in der Regel in wirtschaftlich schwierigen Zeiten relativ konstant bleibt und somit in früheren Rezessionen in grösseren Staaten stabilisierend wirkte. Entspre- chend müssen in dieser Krise grössere Länder ähnlich massive Wirtschafts- einbrüche verzeichnen wie Liechten- stein, wo die Binnennachfrage traditio- nell eine geringe Rolle spielt.

Martin Geiger,

Forscher am Liechtenstein-Institut

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Meinung

Gastkommentar

Mut zu unkonventionellen Lösungen

Jede und jeder kommt im Leben wohl irgend- wann an den Punkt, an dem man die Zeit gerne anhalten würde. Doch das ist unmöglich. Wir können höchstens versuchen, durch eine gesun- de Lebensweise die Lebensqualität zu erhalten.

Ganz ähnlich ist es auch beim Staat. Auch er ist Entwicklungsprozessen ausgesetzt, die sich nicht exakt steuern, aber durch die Politik beeinflussen lassen.

Derzeit steht unser Land, salopp gesagt, voll im Saft (mal abgesehen von coronabedingten Einbussen): Die Staatsfinanzen sind gesund, die Steuerbelastung tief, die Sozialsysteme intakt, wir verfügen über vielfältige Bildungs- möglichkeiten, sind eingebettet in eine wun- derbare Landschaft, Waffengewalt und Kriege sind weit weg, Demokratie und Rechtsstaat funktionieren. Beinahe paradiesische Zustände also und man würde jetzt gerne die Stopp-Taste drücken und die Entwicklung auf diesem Stand belassen. Denn zunehmend machen sich auch Nebenwirkungen des enormen Aufschwungs der letzten Jahre bemerkbar. Die Strassen sind zu Stosszeiten überlastet, Grünflächen werden verbaut und so zum zunehmend teuren und raren Gut.

In den letzten 20 Jahren ist die Zahl der Beschäf- tigten in Liechtenstein von rund 27 000 auf fast 41 000 gestiegen. Setzt sich dieser Trend fort, werden wir in weniger als 20 Jahren die Marke von 50 000 Beschäftigten knacken. Wie alles in der Welt hat auch diese Entwicklung Opportuni- tätskosten. Doch wollen wir dieses Wachstum bremsen? Wenn ja, was ist der Preis und was sind die Konsequenzen? Eine klare Antwort auf diese Fragen gibt es nicht. Klar aber ist: Wir müssen Lösungen finden, um die negativen Aspekte dieses enormen Wirtschaftswachstums möglichst gering zu halten.

Zunkunft.li hat in der Studie «Raumentwicklung Liechtenstein» Möglichkeiten aufgezeigt, die Entwicklung bewusster und ressourcenschonen- der zu gestalten. Ausserdem zeigt das Fokuspa- pier «Road Pricing», dass durch eine nutzerori- entierte Abgabe die Verkehrsspitzen gebrochen und die bestehende Strasseninfrastruktur opti- maler genutzt werden kann. Der Vorschlag beinhaltet, dass die Benützung der Strassen zu den Hauptverkehrszeiten kostenpflichtig wird.

Gleichzeitig würde die Motorfahrzeugsteuer für Personenwagen abgeschafft und der öffentliche Verkehr deutlich ausgebaut. Dadurch entsteht ein finanzieller Anreiz, die Strassen zu Stosszei- ten zu meiden. Die Fahrbahn wird freier für den Bus, der so auch zu Hauptverkehrszeiten den Fahrplan einhalten kann – eine zwingende Vo- raussetzung, damit der ÖV zur valablen Alterna- tive zum Auto wird.

Jede Lösung hat Vor- und Nachteile. Die Vorteile eines Road Pricings dominieren aber ganz eindeu- tig. So wird das Verkehrsvolumen in Spitzenzeiten um rund ein Viertel abnehmen. Das Staurisiko wird deutlich sinken und die Umweltemissionen werden reduziert. Die Autofahrer zahlen mit

«Road Pricing» nutzungsorientiert und zeitab- hängig anstatt eine nutzungsunabhängige jährli- chen Motorfahrzeugsteuer zu leisten. Mit einer Verhaltensänderung können sie ihre Kosten aktiv senken und gleichzeitig zu einer Verbesserung der Verkehrssituation beitragen.

Nach dem Nein zur S-Bahn sind wir im Verkehrs- bereich umso mehr gefordert, unkonventionelle Lösungswege in Betracht zu ziehen. Es wäre eine verpasste Chance, den Road-Pricing-Vorschlag nicht eingehend zu prüfen und faktenbasiert abzuwägen, ob ein solches System für Liechten- stein Sinn macht. Dies sollte geschehen, bevor weitere Millionen in die Strasseninfrastruktur investiert und noch mehr wertvolle Landressour- cen verbraucht werden. Erfahrungen im Ausland sind mehrheitlich positiv und die Schweiz wird demnächst konkrete Versuchsanordnungen zu Road Pricing testen. Wir wären also keine Exoten, wenn wir diesem Ansatz eine Chance geben würden. Seien wir mutig – mit Blick auf die Zu- kunft und die kommenden Generationen.

I Freitag, 11. September 2020

«Es wäre eine

verpasste Chance, Road Pricing nicht eingehend zu prüfen.»

Doris Quaderer, Stiftung Zukunft.li

Nationalratsession oder Besuch im Spiegelkabinett? Das ist hier die Frage!

Doris Quaderer Stiftung Zukunft.li

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