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Geiger, Martin (2021): Wirkung der befristeten MwSt.-Senkung in Deutschland. Kurz gefasst. Wirtschaft Regional, 17. Dezember 2021.

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Academic year: 2022

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«Kurz gefasst»

Wirkung der befristeten

MwSt.-Senkung in Deutschland

Um die Effekte der Coronakrise abzufedern, wurde in Deutschland ein unkonventionelles Instrument der Wirtschaftspolitik angewendet: Mit Anfang Juli 2020 wurde die reguläre Mehrwertsteuer für einen befristeten Zeitraum von einem halben Jahr von 19 % auf 16 % gesenkt. Einer aktuel- len Studie einer Forschergruppe unter Beteiligung des renommierten Öko- nomen Rüdiger Bachmann zufolge war die Massnahme effektiv und führte zu einem Anstieg der Konsum- ausgaben von insgesamt ca. 34 Mrd.

Euro. Dabei hängt die konkrete Wir- kung stark vom wahrgenommenen Effekt der Steuersenkung auf Endver- braucherpreise, von der Neigung und der finanziellen Situation der Haus- halte und der Art konsumierter Güter ab.

Um die Effektivität wirtschaftspoliti- scher Massnahmen zur Stützung der Wirtschaft in der Coronakrise zu bewerten, wurden diese wissen- schaftlich eng begleitet. Das gilt insbesondere für die temporäre Mehrwertsteuersenkung in Deutsch- land, ein Beispiel eines relativ neuen und unkonventionellen Instruments der Wirtschaftspolitik. Um die direk- ten Effekte der Steuersenkung zu isolieren, wurden Sonderauswertun- gen bei Konsumentenbefragungen durchgeführt und statistische Verfah- ren angewandt, um ein kontrafakti- sches Szenario ohne Einführung der Steuersenkung zu konstruieren.

Laut der Studienergebnisse ist es für die Wirksamkeit der Massnahmen entscheidend, ob Konsumenten eine allfällige Reduktion der Endverbrau- cherpreise durch die Mehrwertsteuer- senkung tatsächlich wahrnehmen.

Haushalte, die die Preisreduktionen als hoch wahrnehmen, geben etwa 36 % mehr aus als Haushalte, die die Preisreduktionen als niedrig oder gar nicht wahrnehmen. Besonders gross ist der Effekt bei langlebigen, grösse- ren Konsumausgaben wie Möbel, Fernseher, Kühlschränke etc. Diese Konsumentscheidungen werden in der Regel nicht ad hoc und oft nicht aus einer akuten Notwendigkeit heraus getroffen, sondern längerfris- tig geplant. Eine kurzfristige Preissen- kung kann deshalb zu Vorzieheffekten führen, welche während einer kon- junkturellen Abkühlung die Wirt- schaft stimulieren können.

Welche Haushalte haben nun ihr Verhalten am stärksten angepasst?

Wenig überraschend reagieren jene Haushalte stark, die besonders preis- bewusst und auch sonst für Rabatt - aktionen zugänglich sind – Schnäpp- chenjäger. Ausserdem reagieren jüngere Haushalte, die sich in einer relativ schwachen finanziellen Situati- on befinden, überproportional stark.

Da Schnäppchenjäger in der Regel relativ viel konsumieren und oft ein mittleres bis höheres Einkommen haben, überschneiden sich beide Gruppen nicht notwendigerweise.

Martin Geiger,

Ökonom am Liechtenstein-Institut

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Meinung

Gastkommentar

Wandel gestalten statt erleiden

Unsere Wirtschaftsregion zeichnet sich durch eine überdurchschnittlich hohe Industriedichte, Export- quote und einen grossen KMU-Anteil aus. Das ist keine Selbstverständlichkeit: Schliesslich ist das Lohn- und Preisniveau in der Ostschweiz und in Liechtenstein ausgeprägt hoch, und dennoch gibt es zahlreiche Unternehmen aus der Region, die in ihrem Segment Weltmarktführer sind. Sie sind der Konkurrenz stets einen Schritt voraus und setzen sich im internationalen Wettbewerb erfolgreich durch, ohne sich auf den Kampf um die tiefsten Preise einlassen zu können.

Damit diese beachtliche Leistung unserer Export- industrie möglich ist, muss sie sich ständig erneu- ern. Denn noch schwieriger, als an die Spitze zu gelangen, ist es, an der Spitze zu bleiben. Das lateinische Wort «innovare» steht für «erneuern»:

erneuern im Sinne eines gesteuerten, geplanten Veränderungsprozesses, damit Neues entstehen soll und kann. Die Innovationskraft regionaler Unternehmen ist im besonderen Masse verant- wortlich für deren Erfolg und damit für den Erfolg der gesamten Wirtschaftsregion.

Je mehr innerhalb einer Volkswirtschaft innoviert wird, desto besser ist die langfristige wirtschaft - liche Entwicklung, und umgekehrt. Daher ist es einerseits Anlass zur Freude, dass wir eine innovati- onsstarke Region sind. Andererseits wäre es töricht, sich nun zufrieden zurückzulehnen und sich der Selbstgefälligkeit hinzugeben. Es muss uns An- sporn sein, weiterhin konsequent für ein innovati- onsfreundliches Umfeld einzustehen. Nur so können wir unsere Wettbewerbsfähigkeit und unseren Wohlstand langfristig halten.

Denn Megatrends wie die Globalisierung, die Digitalisierung oder der gesellschaftliche Wandel verstärken den Wettbewerb um die besten Ideen und Köpfe. Jobs und Produkte ändern sich, ganze Unternehmen müssen sich in einem dynamischen

Umfeld immer wieder neu erfinden. Gleichzeitig bildet die Innovationsfähigkeit von Unternehmen das Fundament für die Reaktions- und Anpas- sungsfähigkeit bei Schockereignissen, wie die Coronapandemie in aller Deutlichkeit aufzeigt.

Umso wichtiger ist es für uns als Gesellschaft, die zentralen Innovationstreiber für die Region zu identifizieren und zu forcieren. Die IHK St. Gallen- Appenzell hat sich daher dieses Jahr im Austausch mit Expertinnen und Experten aus Wirtschaft und Forschung intensiv mit der Frage auseinander - gesetzt, wie Innovationen gelingen können. Die Diskussionen wurden anschliessend gemeinsam mit Studierenden der Fachhochschule OST in einem WTT-Praxisprojekt vertieft.

Die wesentliche Erkenntnis: Innovationen entste- hen nicht in Daniel-Düsentrieb-Manier im stillen

Kämmerlein, sondern im Austausch mit Kunden und Lieferanten sowie in interdisziplinären Netz- werken zusammen mit Forschungsinstitutionen, so die Einschätzung von 80 Prozent der befragten Unternehmen. Gleichwohl findet nur in der Hälfte der Ostschweizer Unternehmen ein Austausch mit externen Wissenstransferpartnern statt. In der Vernetzung von Forschungsinstitutionen und Unternehmen besteht also zumindest in der Ost- schweiz noch Potenzial.

Erfreulich ist in diesem Zusammenhang die dieses Jahr erfolgte Gründung des Switzerland Innovation Park Ost, welcher nebst Organisationen der Privat- wirtschaft auch von allen Ostschweizer Kantonen und dem Fürstentum Liechtenstein getragen wird.

Der Innovationspark setzt sich zum Ziel, die Lücke zu schliessen zwischen der vorhandenen, exzellen- ten Grundlagenforschung in der Region (z. B. der Empa, dem Kantonsspital oder der HSG) auf der einen Seite und der Produkt- und Prozessentwick- lung in den regionalen Unternehmen – oftmals in enger Zusammenarbeit mit der FH Ost und RhySearch – auf der anderen Seite. Die Gründung des Innovationsparks ist damit ein wichtiger Mei- lenstein zur Stärkung eines innovationsfreundli- chen Umfelds.

Denn insgesamt muss und kann der Wirtschafts- raum Bodensee-Rheintal die Innovationskraft als KMU-Region noch besser organisieren, koordinie- ren und selbst steuern und so die Wirtschaftskraft und damit unseren Wohlstand für die Zukunft sichern. Gestalten wir den Wandel – und erleiden ihn nicht.

I Freitag, 17. Dezember 2021

«Innovationen entstehen nicht in Daniel-Düsentrieb- Manier im stillen Kämmerlein,

sondern im Austausch mit Kunden und

Lieferanten.»

Markus Bänziger

Direktor der Industrie- und

Handelskammer St. Gallen-Appenzell

Markus Bänziger Direktor der IHK

«In 20 Jahren Arbeit mit Opfern von Krieg, Gewalt und politischer Verfolgung habe ich noch nie erlebt,

dass sich eine Gruppe demokratischer Staaten zusammengeschlossen hat, um ein einzelnes Individuum

so lange Zeit bewusst zu isolieren, zu dämonisieren und zu missachten» – sagt Nils Melzer, UN-Sonderbe-

richterstatter für Folter, in seinem Buch über Julian Assange.

Karikatur: Silvan Wegmann

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