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Konfrontation statt Kooperation?

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Bayerisches Ärzteblatt 5/2008 283

Konfrontation statt Kooperation?

sondere in der – jetzt fakultativen – Installation von Pflegestütz- punkten zur Koordinierung von medizinischen Leistungen durch Pflegepersonal sowie im Entlassungsmanagement bei statio- närer Versorgung zum Ausdruck. Dadurch wird die hausärztliche Koordinierungsfunktion, wie im Sozialgesetzbuch V (SGB V –

§ 73b) festgeschrieben, in Frage gestellt. Die Pro-Pflege-Stütz- punkt (für 20 000 Einwohner) vorgesehene Anschubfinanzierung von 45 000 Euro pro Stützpunkt, welche zu Ausgaben von bis zu 180 Millionen Euro führen kann, sollte besser zur Stärkung der hausärztlichen Versorgung in das Förderprogramm Allgemein- medizin fließen.

Als besonders problematisch sind die im Gesetz vorgesehenen Modellprojekte nach § 63 Abs. 3b und 3c SGB V zu sehen, in denen Pflegeberufe Verbands- und Pflegehilfsmittel selbst ver- ordnen und die inhaltliche Aus gestaltung der ärztlich verordneten häuslichen Krankenpflege vornehmen können oder Physiothera- peuten Auswahl, Dauer und Frequenz der physikalischen Thera- pie bestimmen können. Des Weiteren soll in diesen Modellpro- jekten die Übertragung (Substitution) ärztlicher Tätigkeit im Sinne einer selbstständigen Ausübung der Heilkunde von entsprechend qualifizierten Pflegekräften („first contact practitioners“ bzw.

„nurse practitioners“) erprobt werden. Dies läuft eindeutig auf die Implementierung einer neuen, nicht-ärztlichen Versorgungsebene hinaus. Auch ist hierin ein „dritter Weg“ des Zugangs zur Heilkun- deausübung zu erkennen, neben der Berufsordnung für Ärzte und dem Heilpraktikergesetz aus dem Jahre 1939. Das lehne ich ab.

Also Konfrontation statt Kooperation? Wir Ärztinnen und Ärzte unterstützen die Idee, die ambulante, aber auch die stationäre Versorgung durch stärkere Einbeziehung der Gesundheitsfach- berufe weiterzuentwickeln. Dem werden wir im ambulanten Bereich durch Fortbildungs-Curricula für medizinische Fachan- gestellte bis zu einer Qualifikation zur Betriebswirtin gerecht.

Nicht gemeint ist damit freilich die Etablierung der „Gemeinde- schwester-Agnes“ (Arztentlastende, Gemeinde-nahe, E-Health gestützte, Systemische Intervention). Im stationären Bereich ar- beiten wir gerade an der Vereinheitlichung der Qualifikation zum operationstechnischen Assistenten (OTA), wobei für den Opera- teur und die erste OP-Assistenz der Arztvorbehalt weiterhin un- eingeschränkt gelten muss. Dabei muss aber die Einheitlichkeit der Heilkundeausübung gewahrt bleiben.

Deshalb lehnen wir eine Substitution ärztlicher Tätigkeiten ab und plädieren stattdessen für Modellvorhaben im Sinne erwei- teter Delegationsmöglichkeit zusatzqualifizierter Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in Praxis und Klinik bei adäquater Finanzierung.

Originäre ärztliche Tätigkeiten, wie Diagnostik, Therapie und Aufklärung des Patienten, bleiben weiterhin dem Arzt persönlich vorbehalten. Die Zukunft liegt in der Kooperation durch Arbeitstei- lung unter gegenseitiger Respektierung beruflicher Kompetenz.

Dies wird auch dazu beitragen, dass das Berufsbild der Gesund- heitsfachberufe sowie das Berufsbild Arzt den Stellenwert erhält bzw. behält, der ihm bei der Versorgung unserer Bevölkerung zu- kommt. Der Deutsche Ärztetag in Ulm wird sich mit diesem The- ma intensiv auseinandersetzen.

Bereits in ihrer Koalitionsverein- barung vom 11. November 2005 hatten CDU/CSU und SPD die Absicht vereinbart, zu prüfen, in- wieweit nicht-ärztliche Heilberufe stärker in Versorgungskonzepte einbezogen werden können. Die Bundesregierung hatte in ihrem Prüfauftrag an den Sachverstän- digenrat die Frage gestellt: „Wer macht in Zukunft was?“ – „Welche Art der Arbeitsteilung entspricht den Anforderungen an das Ge- sundheitssystem der Zukunft?“.

„Die Diskussion um neue Ko- operationsformen und Kompetenzen von Ge sundheitsberufen ist nicht primär aus der Perspektive der Berufsgruppen, sondern auf der Basis der zukünftigen Anforderungen an das Gesundheits- system – das heißt aus der Patientenperspektive zu führen“ – stellt das Gutachten 2007 des Sachverständigenrates zur Begut- achtung der Entwicklung im Gesundheitswesen fest.

„Die wichtigsten künftigen Anforderungen ergeben sich aus der Demographie, dem Krankheitsspektrum, der Innovation und der Integration der Versorgung“, soweit im Gutachten unter dem As- pekt des medizinischen Leistungsspektrums. Weitere Heraus- forderungen für das deutsche Gesundheitswesen sind im sich abzeichnenden Ärztemangel mit der damit verbundenen Leis- tungsverdichtung und der unzureichenden Finanzierung insbe- sondere auf Grund der wirtschaftlichen Entwicklung zu sehen.

Der Sachverständigenrat spricht sich für eine Neuordnung der Aufgabenverteilung im Gesundheitswesen aus und stellt fest, dass die „Verteilung der Tätigkeit zwischen den Berufsgruppen nicht den demographischen, strukturellen und innovationsbe- dingten Anforderungen entspricht“. Des Weiteren merkt er kri- tisch an, „es zeigt sich eine nicht immer effiziente Arztzentriertheit der Krankenversorgung“ und fordert, dass moderne Ko operation weiterentwickelt und ausgeweitet werden, 1. durch das ambu- lante multiprofessionelle Team, 2. das transsektorale Case-Ma- nagement, das die Fallführung in den drei Sektoren ambulanter, stationärer und rehabilitativer Versorgung zum Ziel hat, und 3.

das hochspezialisierte Behandlungsteam im Krankenhaus, das auf neue Formen der Zusammenarbeit der Berufsgruppen zu- rückgreift, zur Umsetzung von Innovationen.

Der Deutsche Bundestag hat Mitte März das Gesetz zur struk- turellen Weiterentwicklung der Pflegeversicherung (PflWG) be- schlossen. Das Pflege-Weiterentwicklungsgesetz verändert die Strukturen der Pflege, insbesondere aber die Rolle des Arztes.

So wird in Artikel 15 und 16 des neuen Gesetzes der Weg zur Öffnung des Arztvorbehaltes in der medizinischen Versorgung beschritten, der dahin führen soll, dass Angehörige anderer Gesundheitsberufe den Arzt in bestimmten diagnostischen und therapeutischen Maßnahmen ersetzen soll. Dies kommt insbe-

Dr. Max Kaplan, Vizepräsident der BLÄK

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